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143, 24. Juni 1913. Redaktioneller Teil. sKortsegung zu Seite KSM.i haltend eine Auswahl der Figurenmalerei und Bildnerei der letzten 30 Jahre. Der Name des ersten Vorsitzenden des Vereins, Max Klinger, dürfte Wohl genügende Bürgschaft für die Bedeu tung dieser Veranstaltung sein. Engherzig scheint die Jury auch nicht gehandelt zu haben; denn wer hierher kommt, um einen gediegenen »Futuristen« für feinen Salon zu erwerben, wird ebenso befriedigt werden wie der Freund seriöser Kunst. Uns fehlt leider der Raum, um näher auf die Veranstaltung einzu gehen. Ich hätte aber ihre Besichtigung nicht missen mögen. Wir kehren zurück, um den linken Anbau »Jngenieurbauwesen und Hochbau« noch in Augenschein zu nehmen und einige Zeit in der hochinteressanten Gruppe Siedelungswesen zu verweilen. Durch die anschließende Gmppe Arbeiterschutz und Arbeiterver sicherung gewinnen wir den Ausgang und stehen vor der Stell werksanlage des Preußischen Staates. Am rumänischen Cass und Kinotheater vorüber gelangen wir in die Lindenallee, an der noch eine Anzahl bemerkenswerter Bauten gelegen ist, die unseres Besuchs harren. Wir besichtigen die Sonderausstellung für Kran kenhausbau, die sich des lebhaften Interesses der Ärzte und Sani tätspersonen erfreut, durcheilen die Halle für hygienische Bau- einrichtungen und landen schließlich in dem wunderhübschen Pa villon der Stadt Dresden. Hier fesselt uns besonders das von Prof. Oswin Hempel, Dresden, entworfene und in gediegenem Material ausgeführte Lesezimmer des Dresdner Anzeigers. Auch ein stilechtes Bibliothekszimmer von Tischlermeister Fickler in Dresden will wohl beachtet sein. Nach einem kurzen Besuche des Gebäudes für Architektur des 20. Jahrhunderts gelangen wir in den Pavillon des Sächsischen Staates, der ein schönes Modell der Leipziger Universitätsbibliothek und einen hübschen Leseraum enthält, aus dessen Tisch interessante alte und neue Literatur über die Leipziger Universität aufliegt. Die nebenan gelegene Halle des Vereins »Sächsischer Heimatschutz« hat eine weit über die Lokalgrenzen gehende Bedeutung. In ihr finden wir in einem stimmungsvollen, im Entwurf von Professor Schultze-Naumburg stammenden Raum die H e i ma ts ch u tz li t e r at u r, fast lücken los in Gruppen eingeteilt, vertreten. Am Ende der Lindenallee auf dieser Seite befindet sich noch der große österreichische Staats pavillon, in dessen Jnnerm eine große Anzahl von Bildern, Mo dellen »sw. lebhaft Zeugnis ablcgen von der großzügigen Bau tätigkeit in der Donaumonarchie. Wir überschreiten nunmehr die Lindenallee und begeben uns hinüber in die eigenartige Halle des W e r d a n d i b u n d e s. Ein Gebäude aus allerlei Verblendziegelsteinen, das kein Fenster und keine von außen sichtbare Lichtquelle besitzt. Durch diesen Bau soll der Sinn der Wcrdandi-Ausstcllung dokumentiert wer den, nämlich das Bemühen um die Asthetisterung der modernen Baustoffe. Wir sind zu wenig Fachleute, um diese Art von Kultur zielen in vollem Maße würdigen zu können. Da aber der Wer- dandibund sein Interesse auch der Literatur zuwendet und in seiner Halle dem Buche besondere Aufmerksamkeit geschenkt hat, so müssen wir doch ein wenig bei ihm verweilen. Wir finden in einer der Kojen, die ihr Licht von oben erhalten, ein sehr schön ausgestattetes, leider etwas kleines Bibliothelszimmer, das von Professor Friedrich Seetzelberg und Max Traut, Berlin, ent worfen und von Emil Rotier in Berlin ausgeführt ist. Die Schränke enthalten hinter Glas eine vollständige, sorgsam zu sammengestellte Musterbibliothek, z. T. in kostbaren Einbänden. Daneben befindet sich ein Stand der wohlbekannten Verlagsfirma Ios. Scholzin Mainz, die dort ihre Bilderbücher und Jugend schriften, sowie andere Verlagswerke ausgestellt hat. Eine an dere Koje enthält Prospekte und Kataloge von Buchverlegern zum Mitnehmen. Inmitten des hohen Jnnenraumes erblicken wir das architektonisch gehaltene und sehr bemerkenswerte Kolossalgemälde von Johannes Bossard, das den Gedanken des »Werdanden« symbolisiert. Mit einem Besuch der dom Leipziger Künstlerverein veran stalteten Karikaturenausstellung und der Sport- und Musterturnhalle beschließen wir unseren Spaziergang, der von uns eine nicht geringe geistige und körperliche Anstrengung verlangt hat. Das Erholungsbedürfnis stellt sich ein. Wir wandern nach Alt-Leipzig, jener wundervollen Minia turnachbildung einer deutschen Stadt vor hundert Jahren, statten dem Dörfchen und dem Vergnügungspark noch einen Besuch ab, um uns schließlich irgendwo festzusetzen und unser Augenmerk den leiblichen Genüssen zuzuwenden und unser Ohr der mehr oder weniger lärmenden Musik zu leihen. Zum Schlüsse noch ein Wort über den sehr umfangreichen Katalog der Ausstellung, der im Verlag von C. F. Müller, Leipzig, erschienen und in der Offizin von Otto Spamer gedruckt ist. Da er vor Fertigwerden der Ausstellung herauskam, ist er nicht ganz lückenlos; eine neue Auf lage soll dem Mangel abhelfen. Hoffen wir, daß es dem Be arbeiter, Felix Schloemp, gelingt, dadurch seinem durch die »Meschuggene Ente«, den »Gekitzelten Äskulap« und andere Leistungen erworbenen Ruhm in »ernsthafter« Arbeit ein neues Lorberreis hinzuzufügen. Die manuellen graphischen Techniken: Zeichnung, Lithographie, Holzschnitt, Kupferstich und Radierung, sowie die verwandten graphischen Verfahren des Hoch-, Flach- und Tiefdrucks. I. Band: Die Schwarzweitz- kunst. Erweiterte neue Auflage des Werkes: Die Tech niken des Tiefdrucks. Herausgegeben von Walter Ziegler. Mit 120 in den Text gedruckten Abbildungen. Halle a. S., Verlag von Wilhelm Knapp. 1912. 9 80 H ord. Der Verfasser des vor 12 Jahren erschienenen Werkes »Die Techniken des Tiefdrucks«, Kunstmaler und Techniker der graphischen Künste, hat sich berufen gefühlt, eine dem Fortschreiten der Gegenwart entsprechende Erweiterung seines Werkes zu schaffen; er gibt es setzt in zwei Bänden heraus, von denen der erste vorliegt, der die ein farbige Graphik, also alles, was unter den Begriff »Schwarzwetß- kunst« sällt, behandelt, während der zweite bas Wesen der mehr farbigen Druckbtlberzcugung bringen wird. »Gedruckte Bilder«, sagt er, »sind indirekte Produkte; um sie hcrzustellen, bedarf es der Kenntnis von Vorgängen, die aus dem fertigen Blatte nicht ersehen werden können, es ist deshalb für den, der graphisch arbeiten will, unumgänglich nötig, daß er sich Kenntnis verschaffe von allen Mani pulationen, die zu dem Endresultat, dem gedruckten Bilde, führen». Uns zu diesen Kenntnissen zu verhelfen, ist das neue Ziegiersche Buch vortrefflich geeignet. Sein erster Teil behandelt die Zeichnung, — die Arten der Druckplattenbearbeitung, — die Lithographie und die graphischen Techniken des Flachdrucks, — die manuellen graphischen Techniken des Hochdrucks — den Tiefdruck, — die Radierung, — den Stich, — die Schabkunst, — Roulette, — Aquatinta, — Durchdruck verfahren und weichen Grund, — Aussprengverfahren, — Monotypie sOlwischzeichnnng), — die Nacharbeit und das Fertigstellen der Platten, — photomechanisches Verfahren des Tiefdrucks. Es folgen bann noch Abhandlungen über den rein mechanischen und über den chemischen Teil der Arbeiten, über die Säuren, sowie Rezepte für die graphischen Techniken des Flachdrucks und die des Tiefdrucks. Der Inhalt des XII und 324 Großokiavseiten starken Werkes ist wie die vorstehend ausgezählten Rubriken erkennen lassen, ein außer ordentlich reicher, mannigfaltiger und den Gegenstand erschöpfender; ein Studium wird durch die klare, gemeinverständliche Sprache er leichtert, und die zahlreichen vorzüglichen Abbildungen tragen, wo nötig, zu dem Verständnis der technischen Belehrungen in jeder Hinsicht bei, falls das Wort allein hierfür dem Nichttechniker möglicherweise nicht genügen könnte. Die typographische Ausstattung des auf sehr kräftiges weißes Papier gedruckten Werkes ist eine vorzügliche, und man darf dem Erscheinen des zweite» Teils mit Spannung entgegensehcn, um so mehr, als er die mehrfarbige Druckbilderzeugung behandeln wird. Theod. Goebel. Kleine Mitteilungen. Das Kaisers,,biläum und die Zeitungen. — Das Zeltungs- museum in Aachen beabsichtigt, alle Erzeugnisse der periodischen Presse, die in Wort oder Bild das Regierungssubilänm Kaiser Wil helms II. behandelten, zu sammeln, um sie der im Zeitungsmuscnm vorhandenen Hohenzollern-Mappe cinzusllgen. Die Verwaltung des Zeitungsmuseums bittet deshalb die Zeltungsvcrlcger um Übersendung der betreffenden Nummern, und zwar möglichst in je zwei Exemplaren.