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2 70. 25. März 1916. Redaktioneller Teil. die Entwicklung unserer deutschen mathematischen Literatur in erster Linie die großen Verlagsbuchhandlungen maßgebend gewesen sind. Voran steht natürlich der Verlag, den wir schon früher wegen seiner überragenden Bedeutung für unser Fach genannt haben: B. G. Teubner in Leipzig. Träger der mathematischen Bestrebungen des Verlags ist von den drei jetzigen Inhabern der Seniorchef Alfred Acker mann, dessen große Verdienste um die mathematischen Wissenschaften 1911 bei der Jahrhundertfeier des Verlags, dem so wohlgelungenen Fest »deutscher Kultur«, auch wiederholt von mathematischer Seite hervorgehoben wurden.*) Wir haben schon (a. a. O.) die Festschrift er wähnt, die der Teubnersche Verlag zu seiner Jahrhundertfeier 1911 herausgegeben und in der Conrad Müller (Professor der Mathematik an der Technischen Hochschule Hannover) ein anschauliches Bild von der Entwicklung des mathematischen Verlags gezeichnet hat. In dieser über achtzig Seiten umfassenden Darstellung findet man in großen Zügen den Werdegang der mathematischen Forschungsinteressen dargelegt, ergänzt durch die Bilder von 28 verstorbenen Mathematikern, deren Schriften in dem Verlage erschienen sind und noch erscheinen,wie die des ältesten unter ihnen, Euler. Die Festschrift zeigt uns aber auch, wie der Verlag sehr wesentlich an den pädagogischen Wandlungen beteiligt ist. Gibt die Festschrift nur eine Übersicht, ohne Vollständigkeit zu bezwecken, so bringen die großen Kataloge, die der Verlag dem Internationalen Mathematiker-Kongreß 1908 in Rom und 1912 in Cambridge widmete, ein vollständiges Verzeichnis aller seiner Werke auf dem Gebiete der Mathematik, Naturwissenschaften, Technik sowie Grenzwissenschaften. Neben den Teubnerschen Katalogen wollen wir aber auch auf die Verzeichnisse anderer deutscher Verleger Hinweisen, die für die Mathe matik besonderes Interesse gezeigt haben. Wir denken da zunächst an den Braunschweiger Verlag Friedrich Vieweg L Sohn, bei dem u. a. durch Dedekind die Dirichletschen Vorlesungen über Zahlen theorie und durch Hattendorfs Niemanns »Partielle Differential gleichungen und deren Anwendung auf physikalische Fragen« heraus- gcgeben worden sind. Aus Berlin sei der Verleger des Crelleschen Journals und des Jahrbuches über die Fortschritte der Mathematik, Georg Reimer, genannt, bei dem die gesammelten Werke von Borchardt, Dirichlet, Kronecker und Steiner erschienen sind: ferner der Springers che Verlag, bei dem Weierstraß 1886 seine Ab handlungen über Funktionentheorie veröffentlichte und sein Schüler H. A. Schwarz seine eigenen gesammelten mathematischen Abhand lungen herausgab. Die gesammelten mathematischen Werke von Weierstraß dagegen sind bei Mayer L Müller in Berlin er schienen, dem Verlage der von Mittag-Leffler, dem schwedischen Schüler von Weierstraß, herausgegebenen L-Iatkieinatiakl. Von Leipziger Verlegern müssen wir ferner S. Hirzel nennen, bei dem Baltzers »Theorie und Anwendungen der Determinanten« erschienen und die gesammelten Werke von Möbius herausgegebcn wurden; eines seiner Verlagswerke aus der neuesten Zeit ist von Mangoldts dreibändige Einführung in die höhere Mathematik. Besonderes Interesse für mathematische Lehrbücher zeigt auch der Leipziger Verlag von Veit L Comp., bei dem eine Reihe bekannter moderner Lehrbücher erschienen ist: es sei nur hingewiesen auf die »Funktionentheoretischen Vorlesungen« von Burkhardt, das »Lehr buch der Mengenlehre« von Hausdorff und das »Lehrbuch der dar stellenden Geometrie« von Nohn und Papperitz. Recht wichtig in mathematischer Beziehung ist schließlich auch der Leipziger Verlag G. I. Göschen (letzt Berlin). Die Sammlung »Göschen« mit ihren kleinen und billigen Bändchen, die sich in den Kreisen der Stu denten großer Beliebtheit erfreut, erstreckt sich über nahezu alle Wis sensgebiete und hat angesehene Fachleute als Mitarbeiter. Die Mathematik ist in dieser Sammlung jetzt durch zahlreiche Darstel lungen vertreten, die bis zur Funktionentheorie aufsteigcn, der Knopp zwei Bändchen gewidmet hat, während Bicberbach daran anschließend die konforme Abbildung behandelt. Im Göschenschen Verlage ist auch die umfangreiche »Sammlung Schubert« erschienen, eine Sammlung mathematischer Lehrbücher, die mit elementarer Arithmetik und Al gebra beginnend zu hyperclliptischen Funktionen, partiellen Diffe rentialgleichungen, mehrdimensionaler Geometrie usw. aufsteigt und deren Bände, wie dies bei solchen Sammelwerken nicht anders sein kann, natürlich nicht alle gleichwertig sind, die aber jedenfalls eine große Anzahl ausgezeichneter Beiträge enthält. Fcldbuchhandlungeu. In den »Mitteilungen des Deutschen Ver- lcgervereins« Nr. 626 lesen wir: Da dem Vorstand des Deutschen Verlegervereins über den Betrieb von Feldbnchhandlungen, über die Rabatte, die gefordert werden, und über die Bücher, die in den Feld- *) Vgl. W. Lorey, Die Jahrhundertfeier des Verlages B. 6). ! Teubner. Zeitschrift für math. und naturwiss. Unterricht, 1911, S. ! 258—261. Unter den 66 Rednern, die bei dem Festakte als Vertreter! Ansprachen hielten, waren 18 Mathematiker. buchhandlungcn geführt bzw. nicht geführt werden, vielfach Klagen zu gegangen sind, hat er an Hand des von seinem Vorsteher bei den Ver handlungen im Großen Hauptquartier am 29. bis 31. Dezember 1915 geführten Protokolls die Angelegenheit nochmals eingehend erwogen und sicht sich veranlaßt, folgendes mitzuteilen: Aus den Verhandlungen geht vor allem hervor, daß die Heeres verwaltung den Hauptgrundsatz, daß alle Gegenstände des Buchhandels nur zum Ladenpreis verkauft werden dürfen, vorbehaltlos anerkennt. Ferner soll kein Buch grundsätzlich vom Verkauf ausgeschlossen sein, außer Dingen, die für das Feldheer ungeeignet find: Schund-Literatur, Miesmacher-Schriften und solche Werke, die sich nur an einen ganz beschränkten Leserkreis wenden. Im allgemeinen sollen die Feldbuch handlungen nur das verkaufen, was sie vorrätig haben, Bestellungen aber an Buchhandlungen in der Heimat überweisen. Mit Rücksicht auf letztere soll es auch jedem Angehörigen des Heeres freistehen, von seiner gewohnten Buchhandlung sich Bücher kommen zu lassen. Die Feldbuchhandlungen sollen selbstverständlich nur während der Dauer des Krieges und der Besetzung in Betrieb gehalten werden. Bei diesen Grundsätzen, die in der Hauptsache bereits durch die Veröffent lichung des Börsenvereins im Börsenblatt Nr. 9 vom 13. Januar d. I. bekanntgegeben morden sind, können die Verleger gewiß auskommcn. Wir hören aber, daß die Feldbuchhandlungen sehr hohe Rabatte ver langen und vielfach auch erhalten. Wie wir von gut unterrichteter Seite erfahren, ist dieses Verlangen vollständig ungerechtfertigt. Die ! Fcldbuchhandlungen arbeiten unter sehr günstigen Bedingungen. Im Operationsgebiet z. B., wo vielfach Zivilpersonen nicht zugelassen werden, wird ihnen außer Lokal, Licht, Heizung auch das nötige Per sonal gestellt, sie genießen für ihre Sendungen die Portofreiheit der Feldpost usw. Sie haben dafür einen Teil des Roh- oder Reinge winnes für Wohlfahrtszwecke an die Heeresleitung abzugeben. Bei dem Wohlwollen, das diese bei den im Hauptquartier mit den Ver tretern des Buchhandels gepflogenen Verhandlungen bekundet hat, werden die Feldbnchhandlungen in keiner Weise gedrückt, dürfen viel mehr, wenn sie sich vertrauensvoll an die Behörde wenden, selbst da, wo sie sich etwa bei Übernahme der Pacht im Ertrage geirrt haben, auf eine angemessene Verbesserung ihrer Bedingungen rechnen. Die Heeresleitung will nicht Geschäfte machen, sondern die Soldaten mit gutem Lesestoff versorgen und hat das sichtliche Bestreben, dem Verlag und Sortiment die jetzt so schwere Existenz an ihrem Teil zu er leichtern. Ter Verlag hat ein starkes Interesse daran, daß bei der langen Kriegsdauer nicht ein für viele Verleger nicht unbedeutendes Absatzgebiet durch ungerechtfertigt hohen Verlegerrabatt unfruchtbar wird. Wir weisen daher unsere Mitglieder darauf hin, daß zur Ge währung von Extrarabatten an Feldbnchhandlungen kein Anlaß vor- licgt und geben anheim, uns etwaiges Material zu Beschwerden über ungerechtfertigte Ansprüche von Feldbnchhandlungen zur Verfügung zu stellen. Wir werden kein Mittel unversucht lassen, um zu verhin dern, daß die Feldbuchhandlungen nicht die ihnen zusallende monopol ähnliche Stellung zum Schaden des in Betracht kommenden Verlags ausnutzen. Wie aus der Bekanntmachung des Börsenvereins hervorgeht, ist als oberster Grundsatz aufgestellt worden, daß die Feldbuchhandlnngen reguläre buchhändlerische Privatbetriebe sein sollen, die den allgemein für den Buchhandel geltenden Bestimmungen unterworfen sind. Nur in Ausnahmefällcn, und soweit es durch höheres Interesse geboten erscheint, sollen Heeresbuchhandlungen eingerichtet werden, für die im übrigen aber ebenfalls die buchhändlerischen Gesetze gültig sind, insbesondere also der Verkauf zum vollen Ladenpreis. Mit dem drohenden Papicrpiangcl beschäftigen sich auch die »Mit teilungen des Deutschen Verlegervereins« Nr. 326 in nachstehenden Ausführungen: Die Papier-Beschaffung und die wirtschaftliche Lage der deutschen Zeitungen und Zeitschriften werden immer schwieriger. Die Preise sind in letzter Zeit sprunghaft und unerwartet in die Höhe gegangen, und die Neigung vieler Verleger, sich mit Vorrat möglichst reichlich cinzudecken, trägt offenbar zu dieser Preissteigerung bei. Die Angelegenheit ist daher nicht nur für Zeitungs-Verleger, sondern auch für unsere Mitglieder, namentlich insofern sie Verleger von Fach-Zeit schriften, Sammel- und Serienwerkcn sind, brennend geworden. Da wir die weitere Preissteigerung nicht hindern können, werden wir bei den Zeitschriften dem llbel nur dadurch etwas begegnen können, daß wir ihren Umfang allmählich verringern. Nur so werden wir noch möglichst lange mit den vorhandenen Papier-Vorräten und den Roh stoffen dazu ansreichen. Für den Fall, daß mehrere Fach-Zeitschriften auf einem Gebiete bestehen, empfehlen wir unseren Mitgliedern, daß sich die Verleger dieser gleichartigen Zeitschriften auf ein möglichst gemeinsames Vorgehen einigen, und sind gern bereit, wenn dies von einzelnen Gruppen gewünscht wird, durch entsprechende Vorschläge den Weg zu einer Verständigung anzubahnen. Wie wir hören, haben die Verleger der Tagespresse erreicht, daß die Negierung dem Syndikat 319