Volltext Seite (XML)
Nr. 70. Leipzig, Sonnabend den 25, März 1916, MNgu"d-"?S ZS im" 8 ^r ^.S.II^M-ltatL IS M. Stellengesuche werden mit 10'Pf. pro ^ Mch">" t> 83. Jahrgang. Redaktioneller Teil Kreiöverein Ost- und Westpreußischer Buchhändler. In der am 12, März in Königsberg HPr, stattgefundenen Außerordentlichen Versammlung ist folgende Entschließung einstimmig angenommen worden: »Die heute in Königsberg tagende Außerordentliche Versammlung des Kreisvcreins Ost- und Westpreutzischer Buchhändler beauftragt seinen Vorstand, unverzüglich die notwendigen Schritte einzuleiten, die entweder den Börsen verein oder die einzelnen Orts- und Kreisvereine ermäch tigen, im Interesse des Sortiments einen allgemeinen Teuerungszuschlag von minimal 1v»/„ auf den Ladenpreis sestzusetzen, da die Wirtschaslsverhältnisse für das Sortiment im Hinblick auf die allgemeine Teuerung und unter der vielfach rücksichtslosen Festsetzung neuer verschlechterter Lieferungsbedingungen vieler Verlagshandlungen und unter den zu ungeahnter Höhe anwachsenden staatlichen und kommunalen Lasten nebst Verkehrssteuern unhaltbar werden,« Königsberg t/Pr,, den 18, März 1918, Der Vorstand, Otto Paetsch, Vorsitzender, Zur Steuersrage. Es ist immer so gewesen und wird auch stets so bleiben: wenn der Staat sich durch neue Steuern Einnahmen verschaffen muß, erhebt sich ein Sturm der Entrüstung, Viele Federn werden angesetzl, um zu beweisen, daß die Steuern eine unerträgliche Belastung darstellen, die das betreffende von ihnen berührte Ge werbe unmöglich tragen könne. Deshalb können auch die borge- brachten Gründe gegen die diesmal von der Regierung vorgeschla- genen neuen Steuern keinen Anspruch auf Originalität machen, weil nach Ben Akiba alles schon einmal dagewesen ist. Und darum werden sie auch Wohl keinen erschütternden Eindruck auf die regie renden Kreise machen. Vor allen Dingen aber dann nicht, wenn man keine besseren Wege angeben kann, wie die nötigen Gelder aufgebracht werden sollen. Denn darüber wird doch Wohl in diesem Augenblick kein Zweifel mehr herrschen, daß recht er hebliche Summen durch Steuern aufgebracht werden müssen, da es diesmal ums Ganze geht. Es klingt ja natürlich recht einfach, das erforderliche Geld durch direkte Steuern auszubringen, aber dem stehen so große Schwierigkeiten entgegen, daß diese auch von den zahlreichen Besserwissern nicht überwunden werden können; denn nach der Verfassung sind die direkten Einkommensteuern den Bundesstaaten zugesprochen, während die Einnahmen des Reiches auf indirekten Steuern und Zöllen beruhen. Aber selbst wenn man sich auf den Standpunkt stellt, daß die Verfassung schließlich nicht Selbstzweck ist, sondern einfach abgeändert wer den könnte, so würden die Bundesstaaten doch niemals ihr Ein verständnis dazu geben, weil sie damit ihre eigene Existenz ge fährdeten, Schließlich werden aber die Bundesstaaten selbst ge zwungen sein, die Einkommensteuer recht erheblich zu erhöhen, und zwar infolge ihrer eigenen Kriegsaufwendungen auf der einen und des Rückgangs ihrer Steuereinnahmen auf der andern Seite, Kein Mensch wird nun behaupten wollen, daß die in den Bundesstaaten bereits angekündigten Steuererhöhungen auf freudige Zustimmung gestoßen sind, und unbestreitbar ist es, daß die Menschen sich mit den indirekten (weil weniger sichtbaren) Steuern leichter abfinden, als mit den direkten Einkommensteuern, Was wurde z, B, von den Beteiligten der Tabakindustrie über die Zigarettensteuer geklagt! Ein gewaltiger Rückgang des Um satzes, Entlassung zahlreicher Arbeiter usw, wurde mit schwarzen Buchstaben an die Wand gemalt. Aber das Gegenteil davon ist Wirklichkeit geworden; ein fabelhaftes Anschwellen des Umsatzes ist erfolgt. So ähnlich geht es bei den anderen indirekten Steuern, Trotzdem hören wir auch diesmal wieder von allen Seiten: »Heiliger Florian, verschon' mein Haus, zünd' andere an!« Ich meine, das ist in dieser Zeit recht wenig patriotisch und einsichtsvoll gehandelt. Der Buchhandel wird diesmal wie Handel und Gewerbe im allgemeinen besonders durch die Verkehrssteuern ge troffen werden. Ein Protest dagegen ist ja im Börsenblatt bereits erfolgt. Auch mir sind Verkehrssteuern aus prinzipiellen Gründen nicht sympathisch, und doch stehe ich heute auf dem Standpunkte, daß außerordentliche Zeiten auch außerge wöhnliche Maßnahmen erfordern. Und deshalb werden wir uns Wohl oder übel auch mit diesen Steuern ab finden müssen. Es sei mir daher gestattet, einige Gründe anzufügen, die vielleicht geeignet sind, uns allmählich mit dem Gedanken dieser Verkehrssteuern auszusöhnen. Denn daß sie ganz aus dem Steuerbukette wieder verschwinden, glaube ich solange nicht, als nicht bessere Vorschläge gemacht werden, Frachtstempel, Wer heute kleine Ballen aus Groß städten, wie z. B. Berlin, bekommt, muß die Erfahrung machen, daß die Spediteure für Rollgeld einen Betrag berechnen, der unter Umständen dem Frachtbetrage gleichkommt. Ich habe nie darüber ein Wort der Unzufriedenheit gelesen. Der Handel hat sich also stillschweigend damit abgefunden, daß ein Privat unternehmen einen Kriegsaufschlag auf Rollgeld erhebt. Aber in demselben Augenblick, wo der Staat einen kleinen Frachtstempel beansprucht, um die — sozusagen — von seinen Bürgern ge machten Schulden auch durch einen Kriegsaufschkag abzutragen, erhebt sich sofort Protest gegen die Belästigung und Erschwerung des Verkehrs, Man steht sich heute infolge des hohen Rollgeldsatzes bei kleinen Sendungen aus Berlin durch die Post besser, weil diese so außerordentlich billig befördert. Die Erhöhung der Postsätze stellt nun gewissermaßen für den Betrieb der Reichspost ebenfalls einen Kriegsaufschlag dar, wie ihn fast sämtliche Gewerbe eingeführt haben. Wenn der Buch handel heute dazu noch nicht übergegangen ist, so ist das ein neuer Beweis dafür, wie konservativ er ist und wie langsam er sich einer neuen Lage anpassen kann. Es kann nun nicht bestritten werden, daß für Firmen, die einen großen Postverkehr haben, die Erhöhung des Portos eine nicht unbedeutende Belastung darstellt, ohne daß diese natürlich in allen Fällen die Bedeutung 317