Volltext Seite (XML)
57, 9. März 1912. Nichtamtlicher Teil. öörienölotr ^ L. Dt'ichn. Buchhandel. 3073 ErkrolungSheim für deutsche Buchhändler. E B. — Die Mitgliederversammlung findet am Freitag, den l6. März, abends 8*/, Uhr im Architektenhause, Berlin, Wilhelmstr. 92/93, Saal 6, statt. Der Vorstand bittet um recht zahlreiches Erscheinen. Gäste willkommen. «L-. Vom Reichsgericht. Das Verhältnis zwischen Ab bildungen und Text eines Werkes bei Beurteilung der Unzüchtigkeit. (Nachdruck verboten.) — Der Verlagsbuch. Händler M. K. legte in seinem Verkaufsstand auf der Bartholo- mäusdult zu Landshut u. a. das bei-Richard Ungewitter in Stuttgart erschienene Werk »Nackt«, das 62 Abbildungen nackter Männer, Frauen und Kinder mit zum Teil un- verdeckten Geschlechtsteilen in den Text verstreut ent hält, zum Verkaufe aus, so daß es die Vorübergehenden in die Hand nehmen und durchblättern konnten. Das einzige bei K. noch vorhandene Exemplar wurde als unzüchtiges Werk im Sinne des § 184 des Strafgesetzbuches beschlagnahmt und das Hauptverfahren gegen K. vor dem Landgericht Landshut wegen Feilhaltens unzüchtiger Abbildungen eröffnet. Das Ge richt führte aus, auf den Bildern seien die Geschlechtsteile in offensichtlicher Weise sichtbar; sie seien als grob sinnlich und nicht als Kunstwerke anzusprechen. Die Abbildungen seien nur dazu bestimmt, durch Erregung der Geschlechtslust den Beschauer zum Kauf anzuregen. Sie seien mithin geeignet, das normale Scham- und Sittlichkeitsgefühl zu verletzen. Der Angeklagte sei sich dessen auch bewußt gewesen und habe trotzdem die unzüchtigen Abbildungen feilgehalten. Daher sei er zu IO >l Geldstrafe zu verurteilen. Außerdem müsse gemäß § 41 des Strafgesetzbuches auf Unbrauchbarmachung des einzigen bei K. Vorgefundenen Exemplars erkannt worden. — Der Angeklagte legte gegen diese Entscheidung Revision beim Reichsgericht ein, in der er Verletzung des materiellen Rechts rügte. Der Reichsanwalt erklärte das Rechtsmittel für begründet. Namentlich sei die Feststellung des Untergerichts bedenklich, daß die Abbildungen dem Buche nicht beigegeben seien, um künstlerischen oder wissenschaftlichen Zwecken zu dienen. ES sei falsch, zu glauben, daß dies die einzigen erlaubten Zwecke sein könnten. Das Reichsgericht habe wiederholt ausgesprochen, daß auch Zwecke der Belehrung oder sonstige ernste Fragen in solchen Werken behandelt werden könnten. Noch wesentlicher komme aber für die Auf hebung des Urteils in Frage, daß das Untergericht den Text überhaupt ganz au» den Augen gelassen habe. Die Bilder ständen durchaus mit dem Text in Zusammenhang, wenn sie auch mit den einzelnen Textstellen nicht in räumlicher Verbindung ständen; das sei nicht erforderlich, falls sie nur im Zusammen- Hang mit dem Zweck des Werkes ständen. Er, der Reichs anwalt, stehe persönlich auf dem Standpunkt, daß fast alle Bilder eher keusch als unzüchtig seien; dies sei indessen eine Frage tatsächlicher Beurteilung, mit der sich das Revisions gericht nicht zu befassen habe. Sein Antrag gehe auf Auf hebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache zur noch- maligen Verhandlung an die Vorinstanz. Der höchste Gerichtshof gab diesem Anträge statt, verwies aber die Sache an das Land gericht München I. Neben anderen Bedenken sei namentlich zu beanstanden, daß die Strafkammer die Abbildungen ganz los- gelöst von dem Inhalte des Buches beurteile. Die Bilder seien nicht als selbständige Darstellungen, sondern als Illustrationen eines Werkes zu prüfen. Die Entscheidung, ob die Abbildungen unzüchtig seien oder nicht, hänge von der Beantwortung der Frage ab, wie die Bilder auf den Beschauer wirkten, der zugleich Leser des Textes sei, den sie illustrierten. (Aktenzeichen: I v 82/12.) Die Frankfurter Universität. — In der Budgetkommission des preußischen Abgeordnetenhauses äußerte der Kultusminister sich über die Errichtung einer Universität in Frankfurt (Main). Die Regierung werde auf die Frankfurter Anträge nur eingehen, wenn sichergestellt sei, daß die Frankfurter Universität auf Veranstaltung des Staates und in den Anstalten und der Verwaltung der ganzen Organisation nach denselben Grundsätzen wie die anderen Universi täten gebildet werde. Nachdem die Frankfurter Unterhändler sich be reit erklärt hätten, auf dieser Grundlage weiter zu verhandeln, ließ der Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 79. Jahrgang. Minister Prüfungen darüber, ob die Vorbedingungen für dis Universität in Frankfurt vorhanden seien, anstellen, die ein günstiges Resultat ergaben. Der Unterschied zwischen der Frank furter und den anderen Universitäten würde lediglich darin liegen, daß sie nicht vom Staat, sondern von Privaten unterhalten werden soll. Es handle sich nicht um fortlaufende jährliche Subvention durch die Stadt Frankfurt, die den Etat vom Beschluß der Stadtverordnetenversammlung abhängig machen würden. Eine Anzahl Stiftungen in Frankfurt würden zusammentreten, um die gesamten Mittel zur Verfügung zu stellen. Start des Kurators würde das Kollegium und ein großer Rat zur Regelung der äußeren Dinge der Universität an der Spitze stehen. Kongretz für Familienforschung. — In Gießen findet vom 9. bis 13. April an der dortigen Universität ein Kurs zur Einführung in die Genealogie und Vererbungslehre statt. Im Plane des Kurses, an den sich ein Kongreß anreihen soll, stehen Vorträge der Psychiater Professoren Sommer und Dannemann in Gießen, des Jenenser Biologen Professors Strohmeyer, des Geheimrates Ostwald in Leipzig, des Professors Tille (Dresden) u. a. DaS Septuaginta - Unternehmen der Königlichen Gesell schaft der Wissenschaften zu Göttingen, das auf Grund einer Durchforschung des gesamten Materials den ursprünglichen Text der Septuaginta wiederherstellen soll, hat, wie die »Voss. Ztg.« mitteilt, von den dazu erforderlichen zahlreichen Einzelunter suchungen bisher die drei ersten in den »Nachrichten« der Gesell schaft, dazu auch in Sonderabzügen unter dem Titel »Mittei lungen des Septuaginta-Unternehmens« veröffentlicht. Die Kosten des ganzen Unternehmens, das von den dem Kartell der deutschen Akademien zugehörigen wissenschaftlichen Körperschaften unterstützt wird, werden nach der »D. Literaturzeitung« auf 450 000 ver anschlagt, wozu von Preußen ein Jahresbeitrag von 4500 bereitgestellt werden soll. Die Gesamtdauer der Arbeiten wird auf etwa 30 Jahre berechnet. Neue Bücher. «atLloge »sw. für B»chhS»dler. Das literarische Echo. Halbmonatsschrift für Literaturfreunde. Begründet von vr. Josef Ettlinger. Herausgegeben von vr. Ernst Heilborn. Verlag von Egon Fleischel L Co. in Berlin. 14. Jahr, Heft 12, 16. März 1912. Lex.-8°. Sp. 811 bis 882 m. 1 Porträt. Inhalt: Felix Poppenberg, Tolstois Nachlaß. — Charlotte Lady Blennerhassett, Robert Saitschick's Betrachtungen. — Conrad Schmidt, Emil Rosenow. — Georg Hirschfeld, Historie von Schreiberhau. — Fedor von Zobeltitz, Bivlio- Phile Chronik. — Willy Rath, Komödien. 6alv6r8tras86 25.^ 8°^ 36 8. 857 Nro. ^ Nr. 232r LlLS8i8eb6 kbiloloxie uvä^Itsrtul08lruocks. ^.dt. II; Nstrilr. Llugiir, Orcbs8trilc. 8°. 8. 165—263. Nr. 6339—8970. Nr. 236: ^.sx^ptoloxls. 8". 63 8. 1348 Nro. Personalnachrichten. tkrneuuung zum Herrenhaus.«itglled. — Herr Kaiser, licher Rat I. Otto, Präsident der Graphischen Gesellschaft »Unie, in Prag, ist zum lebenslänglichen Mitglied des österreichischen Herrenhauses ernannt worden. Berufung. — Der Großherzog von Hessen hat den Kunst. Historiker vr. Georg Biermann (früher Mitinhaber der Firma Klinlhardt S Biermann in Leipzig) unter gleichzeitiger Be» leihung des Charakters als Professor als Beirat des großherzog. lichen Kabinetts in Fragen der Kunftpslcge nach Darmstadt berusen. Titelverleihung. — Aus Anlaß des Geburtstags Sr. Mas. des Königs von Württemberg wurde Herrn Theodor Cramer, 401