Volltext Seite (XML)
Dieses Blatt wird den Lesern von Dresden und Umgebung am Lage . er bereits als Abend-Ausgabe zugestellt, während eS die Post-Abonnenten am Morgen tu einer Gesamtausgabe erhalten. SerugsgedMi: 1.dmL vrr«!>eu und dri nachlien Umaebuna. vo in- Sulra°»n, durch «lerne Volt» >der KommiMlinarr eriolat. rrtialtkn ,a« Blatt a» Wochentaaen., die ,,cht aulSvnu. oder Seierwlie iol,en. u zwei Lkilau^gaben abrnd» und viuruk»» juoeslclll iro» druck aller Artikel u, L. - »" nüt deu^^^ ÄVrS-üUt! üulmvte werden MiUeilluwen nur OueNenanr-be iM»,. diack »ivruwe du.„— releirammAdrekt«: Nachricht»» chrrSd«» ^eg^LrrrSeL L8SV Nevlag von Kiepfrh s- Reichcrrdt. ^nreigen-caM. Annahme von Ankündigungen dir nachinittags s Uhr. Tonn- und Seierlagr nur Marienstraße W von N bis >/,l Uhr Die rivaitige Grund- «etle ica. s Süden! so Pf,.. An- künd:gungen aut der Vrivatictte Zeile L Pta : die 2ivaIli,e Zeilc als „8 m- gelandt' oder aus Lerticile so Pf« In Nummeni nach Sonn- und Seier tagen l- de» rivaltige Grund,eilen so. so de, W und so Mg, nach dc- iondcrem Tari! Auswärtige Aut trage nur gegen Borausdesadluna. Belcgdliltter werden mit ro Ptg. derechnet. Sernivrechantchlud: Am« I Nr. U uird Nr. «OS«. VU88rrÄ8vLt Lb°" 8.8vdüurovk8 NLvkL., Wil8lIl'Mkl'8ll'. Kr. SS. W,ul: Der Ausstand in Holland. Äkencste Drahtberichte. Gcrichlsvelhandlnngen. Hofnachrichten, Mnsikec-Verbaud, Verunreinigung der Elbe, Das Fürstentum Liechtenstein. Donnerstag, 9. April LW3. Neueste Drahtmeldunaen vom 8. April. Der Ausstand in Holland. Amsterdam. Die ausständigen Eisend ahnange stellten haben an Boden verloren. Die Direktion traf Anordnungen, den Dienst allmählich regelmäßig zu aestalten. Durch die Arbeitgeber im Transportaeweroe sind einer Schätzung zufolge 2000 Arbeiter ausgeschlossen, die tatsächlich nicht zu den Ausständigen gehören. Die Gesamtzahl der Transportarbeiter, die künftig ar beitslos sein werden, entzieht sich noch einer Schätzung. Der Ausstand der Bäcker wird wahrscheinlich nicht allgemein sein, da nur ein Teil der Angestellten der Brotfabriken feiert, wäh rend die meisten Angestellten der großen Bäckereien weiter- arbeiten. Wenn der Ausstand der Eisenbcihnangestclltcn bis Sonnabend dauert, wird der Kongreß der sozialistischen Partei, der in Enschede stattfinden fall, nicht abgcbalten werden können, da die Führer der Sozialisten nicht i» Zügen fahren werden, die von Nlchtausständigen bedient werden. Eine große Fabrik für Maschinen- und Eisenbahnmaterial, in der noch 400 von 1400 Angestellten arbeiteten, hat die Aiisspcrrunn der Ar- beiter verfügt, sie hat aber den nichtausständigen Arbeitern eine Entsckädiguilg zugcstchert. Rotterdam. Gestern abend wurde eine grohe Versamm lung der Bau Hand Werker abgcbalten. An dieser beschlossen die Maurer und Zimmerlcute und die Arbeiter verwandter Ge werbe. in den AnSs'and zu treten. Die Bäcker haben für morgen abend eine Versammlung cinberufen. Ter Ausstand der Eisen- bahnangestellten nimmt an Umfang ab: einige Mafchinisten haben sich wieder zum Dienst gemeldet. Es herrscht vollkommene Ordnung. Amsterdam. Gegen das sozialistische Blatt ist ein Strafverfahren eingeleitet worden wegen eines beleidigen den Spottbildes, das den Ministerpräsidenten Kuyper als Würger des Arbeitcrstandes darstellt. Amsterdam. Am Haag wie in Amsterdam ist der Rus sland der Bäcker für den Augenblick als gescheitert anzuseben. Die Bäckereien arbeiten unter militärischem Schutz. Der Eisen bahnverkehr nimmt allmählich wieder seinen regelmästigen Gang an. Haag. Zweite Kammer. Der Justizininistcr erläuterte den Zweck der die Ausständc betressenden Vorlage. Die Aus stände beruhten auf einem Zustande der Gesetzlosigkeit. Es sei Pflicht des Gesetzgebers, die persönliche Freiheit zu gewährleisten. Die Rechte und die gemästigte Linke sehen von einer Besprechung der Vorlage ab, während die Sozialisten ihr lebhaft widersvrechen. Troelstra sSoz.f bekämpft sie in dreieinbalbstündiger Rede, in deren Verlaufe er mehrere Male zur Ordnung gerufen wird. Namens der Demokraten erklärt Drucker, der jetzige Ausstand sei durch- aus ungerechtfertigt und trage den Charakter des politischen Anar chismus. Die Generaldiskussiou wird hierauf geschlossen. Essen. Infolge des Ausstandcs der Eisenbahner in Holland ist der Kohlen - und Koksversand ans der Eisenbahn dort hin ganz eingestellt. Auf den Grenzstationen warten viele Kohlen züge auf Weiterbeförderung. Auch im Rhcinvcrsand droht eine Stockung einzutreten. .... Berlin. Die Kaiserin unternahm gestern mittag eine Spazierfahrt nach Schlost Bellevue. Berlin. lPriv.-Tel.) Nach der dem Reichtsage zugegangc- nm Geschästsübersi cht des Reich smilitärgerichts von 1902 erstreckten sich die Geschäfte u. a. aus 405 Revisionen, 119 Anträge auf Wiederaufnahme deS Verfahrens, 56 Rechtsbeschwerden. 770 Gnadengesuche, 343 Jmmediaiberichte und 4 Gutachten zu Feld- und bordgerichtlichen Urteilen. Von den Revisionen wurden 6 durch Verzicht erledigt und 109 durch Unzulässigkeitserklärung des Rechtsmittels verworfen. Die Revision wurde in 180 Fällen verworfen, die angefochtene Entscheidung aufgehoben und die Sache an die Berufungsinstanz zurückverwiesen. An 72 Fällen wurde einmal auf Freisprechung erkannt. Von den Anträgen auf Wiederaufnahme des Verfahrens hat das Rcichsmilitärgcricht 72 als unzulässig verworfen. In 5 Fällen wurde auf Freisprechung erkannt. Berlin. Am Wucherprozest Pariser beantragte der Staatsanwalt 2 Aahre Gefängnis, 15000 Mark Geldstrafe und 5 Jahre Ehrverlust. Darmstadt. Prinz und Prinzessin Heinrich von reußen sind heute vormittag mit den Prinzen Sigismund und einrich hier eingetrossen und am Bahnhose vom Grostherzog Ostersei begrübt worden. Sie gedenken, die Oslerseiertage hier zu ver leben. Bromberg. Die „Ostdeutsche Rundschau" meldet: In der Angelegenheit des Bromberger Bauarbciteransstandes fanden heute Einigungs-Verhandlungen vor dem Gcwerbeaericht statt. Die Arbeitgeber lehnten jedes Zugeständnis ab. Die Arbeit- nehmer erklärten sich zur Aufnahme der Arbeit unter den früheren Bedingungen bereit. Die Arbeitgeber behielten sich die Ent scheidung vor. Budape st. Ungefähr 500 Straßenbahnschaffner und Wagen- lcnker. die nahezu die Hälfte der Angestellten bilden, haben spät nachts den Ansstand erklärt. Der Slrastenbahnverkehr wird unverändert autiechk erbalte». Pari s. Die Ansichten in den parlamentarischen Kreisen über die Bedeutung der gestrigen Kammerabstimmung gehen auseinander. Nach der einen wird der Kriegsminister trotz der Ablehnung der Resolution Janres das Versprechen, eine administra tive Unter'uchung einznleiten, unter allen Umständen halten müssen : nach der anderen ist eine die Dreyiusafsäre um fassende Enquete nunmehr infolge der von der Kammer beschlosse nen Tagesordnung unmöglich. Der KricgSminister könne Höchstens Nachstmetningen über die Umstände anstellen. unter denen das Entlassuiiasgesuch des Generals Pellieur vom 31. August 1898 aus de» Allen verschwunden ist, und diese Nachforschungen könnten in keiner Weile zu der von Janres nngestreblen neuen Revision des Prozesses Treysus führen. Diese sich widerwrechenden Auffassungen spiegeln sich auch in den Erörterungen der Blätter wider. Der konservativ nationalistische „Gaulois" sagt, jetzt sei die Dreotus- Angclegenheit gründlich tot und eingesargt. Für alle guten Patrioten sei das ein Sieg. Der gleichfalls nationalistische „Jniransigeant" dagegen ist der Ueberzeugung. dast der Kuegs- minister die Untersuchung einleiten und die Akten dem Knssations- böse übermitteln werde, der dann in aller Stille die Freisprechung Dreysus' verkünden werde. Die sozialistilche „Petit Repubiique" mgt: Trotz Ridot und Eavaignac und trotz aller Fälschungen habe die gestrige Kammersitzung zur Verbreitung des Lichtes und der Wabrbeit beiaeiragen und es werde sicher der Tag kommen, wo Dreysus rehabilitiert sei und die von dem früycren Gcneralstab begangenen Verbrechen gebrandmarkt würden. Mehrere ann- ministerielle Blätter dagegen sagen wieder, die gestrige Sitzung bedeute eine schwere Niederlage für Janres. Ein Teil der Radikalen habe sich im Einvernehmen mit der Regierung von dem Joche der Sozialisten befreit. Der Block der Mehrheit sei er schüttert. Brest. Das hiesige Schwurgericht verhandelte in einer Stiafiacbe gegen einen Schuldruder. Der Angeklagte wurde frei gesprochen, woraus sofort 3<M Arbeiter vor dem Hanse der Schul- briider eine Kundgebung veranstalteten und die Fenster des Gebäudes einwarien. Die Menge wurde von der Polizei zerstreut. R o m. Die Stadt bat beute fast das gewöhnliche Aussehen. Die Läden, Eaies und Wirtschaften sind noch geöffnet Anher den Buchdruckern streiken noch die Fiakerkukichcr. die Angestellten der Straßenbahn, die Maurer und einige andere Arbeitergruppcn. Die zwischen den Bahnhöfen und der Stadt verkehrenden Fiaker, sowie die Hoteisiaker tun wie gewöhnlich Dienst: auch einige Wagen der Straßenbahn sind im Betriebe. Die Händler für die notwendigsten Lebensmittel werden in einer Bekanntmachung des Bürgermeisters angebalten, ihre Läden offen zu halten. Der Vor rat des städtischen Ichiachihanies beläuft sich ans 670 Stück Rind vieh. Eine Bekannimachnna der Arbeiterkammcr ermahnt die Aus ständigen zur Ruhe. Ais Vorsichtsmatzregel wird in verschiedenen Stadtteilen Militär bereit gehalten. Bisher hat sich kein Zwischen fall ereignet; einige Versuche zu Zusammenrottungen wurden sofort vereitelt. .Rom. Der Aus st and verläuft bis jetzt ruhig. Tie Zeitungen sind bis heute morgen noch erschienen. Die Straßen- bahnen und die Omnibusse verkehren iu verhältnismäffiger Zahl unter dem Schutze von Earabinieri. Es wurden vereinzelt Ver suche gemacht. Wagen auszuhalteu, jedoch ohne Erfolg. Au vcr- schicdenen Stadtteilen, aus dem Eolonnaplatze, dem Veuedigplatzc. dem EoAo Bittorio Emauuele und an der Garibaldibrücke fanden Ansammlungen von Ausständigen statt, die aber ohne Widerstand zerstreut wurden. Die meisten Läden sind geschlossen: die Lcbcns- mittelgeschäste sind wie gewöhnlich geöffnet. Heute morgen wollten die Ausständigen eine Versammlung abhallen, fanden das Lokal aber von der Polizei gesperrt, die die Ausständigen vertrieb, wobei eine Anzahl Verhaftungen vorgenommcn wurde. Madrid. Ein Telegramm aus Melilla meldet, daß der spanische Kreuzer „Jnfanta Jiabl" dort eine Abteilung Artillerie gelandet hat. Weiteren Meldungen zufolge hatten die Aufständischen, welche das Fort Trojaua cingeschiosien und an gegriffen hatten, 11 Tote und zahlreiche Verwundete. Die Be lagerten erlitten keine Verluste. Lissabon. KönigEduard und König Carlos statteten in Begleitung des Herzogs von Ovorto dem Handelsgericht einen Besuch ab. König Eönard hielt eine Ansprache. in der er erklärte: „Es ist Mein inniger Wunsch, daß unsere beiden Länder durch Elnmüiigkcit in der Handelsvolitik gemeinsam beitragen zur Aus dehnung des Handels in unseren beiden Ländern und unseren Kolonien, deren nuantastbare Anftechtcrbaltung der Gegenstand Meiner teuersten Wünsche und Meiner Bestrebungen ist." An Bord der Jacht König Evuards fand darauf ein Frühstück statt. Hierbei brachte der König von England einen Trinkipruch auf König Carlos aus, in dem er sagte: „Es besteht zwischen unseren beiden Nationen mehr als eine Allianz: es gibt ein starkes Gefühl zwischen ihnen, nicht nur des gegenseitigen Wohlwollens, sondern auch des gegenseitigen Vertrauens. Mein Land, wie das Ihrige, das ist Mein sicheres Empfinden, hat nur den einen Wunsch, näm lich die Ehre umerer Fahnen ausrecht zu erhalten und die Kolonien, die wir besitzen, zu bewahren, ohne die Besitzungen anderer zu ichmälern." In seiner Antwort erklärte König Carlos: „Ihr Be such bat das Herz Meines Volkes tief gerührt. Er hätte keinen glücklicheren Abschluß finden können, als durch die Reden, die Sic heute hielten. Sie können aus Uns zählen als treue, loyale Freunde für immer." Die Jacht mit König Eduard ging bald nach 5 Uhr in See. Bern. T ie Lohnkommission des Personals der Gotthard bahn nahm von den Zugeständnissen Kenntnis, welche die Direk tion im Laust der Lohnbewegung gemacht hat. Sie will auf den Streik verzichten, beauftragt aber die Delegierten des Zentral Verbandes der Angcstelltenverbände. unverzüglich ein Minimal programm mit den letzten Forderungen der Direktion zu unter breiten. Konstantinopel. Der Kronprinz und Prinz Eitel Friedrich besichligtcn gestern von den Sehenswürdigkeiten Stani- buls insbesondere das alte Serail, die Schatzkammer und das Museum. Hier führte der Mustumsdirektor Hamdi-Bcy. Die Prinzen besichtigten sodann in Haidar-Pascha die neuen Hafen anlagen der anatolischen Bahn und folgten einer Einladung bei Direktion der Enenbahugesellichast zum Frühstück. Dann besuchten sie unter Leitung des Geb. Medizinalrats Rieder die ncuerbaute türkische Mcdizinschulc und bewunderten das in seiner Art einzig dastehende Unlernclnnc». das die Türkei dem Sultan verdaut! deutsche Generalkonsul, die Offiziere des Stationsschisses „Loreley" die in türkischen Diensten stehenden deutschen Offiziere und Bcam ten. Der Sultan verlieh Freiherrn v. Wcrngenheim und dem erster Dragoman Legationsrat Gies den Medschidjeorden 1. Klasse. KonstantinopeI. Am 3. d. M. kam es in der Nähe vor Tirnovadschik, östlich von Kirklissa, im Vilajct Adrianopcl, zu einen Zusammenstöße türkischer Truppen mit einer bulgarischer Bande, wobei ein Soldat getötet und zwei Soldaten, sowie zwo Bandenmitglieder verwundet wurden. Die Bande, die Manlicher 1 Gewehre und Dynamit mit sich führte, wurde gefangen gcnom men und nach Ädricmopel gebracht. Das Fürstentum Liechtenstein. Von F. Englicht. Wenn der Tourist mit der Staatsbahn Salzburg in der Richtung nach Bern verläßt, so durchquert er nach dem Verlassen des österreichischen Kaiscrstaates und vor Uebersetzung des Rhein stromes in den Stationen Nendeln und Schaan einen selbständigen Staat. Von der letzteren Station sich auf der chauffierten Straße nach Süden wendend, erreicht er nach einem Wege von 3Vs Kilo. Metern das Städtchen Vaduz, den Hanptort des souveränen Fürsten tums Liechtenstein. Der Umfang beträgt 180 Quadratkilometer, aus denen unter Hinzurechnung der Vermehrung der Bevölkerung letzten Volkszählung etwa 11000 Einwohner römis" " 'chen Stammes wohnen. Die FH seit der liicher Religi isch-katho- äch« und ^. . und deutschen Stammes wohnen. _ „ . Einwohnerzahl mit anderen Staatswesen verglichen, kommen beide gleich dem -schweizer Kanton Appcnzell-Jnncr-Rhoden. Die Einwohnerzahl entspricht etwa derjenigen des Fürstentums Hohcn- ntzischer „ oynerz, , zollcrn-Hechmgen vor seiner Einverleibung in Staat. Die Größe ist gleich dem Flächeninhalt den der preußischen Insel Feh- üten Zeiten iiiarn in der Ostsee und doppelt so groß, als die von a her berühmte Insel Jthaka, Odysseus' Königreich. Der östliche und südliche, größere Teil ist gebirgig, erreicht im Naaskopf an der Südgxenze 2568 Meter Höhe und ist zur Land wirtschaft nicht geeignet, enthält jedoch herrlich« Waldungen, welche 68 Quadratkilometer bedecken, sowie prächtige Almen, wodurch die Viehzucht auf die höchste Stufe der Vollkommenheit gebracht wird. Während die Gebirge einen imposanten Anblick gewähren, bietet die zum Rheine absallende Ebene des Westens ein liebliches Bild mit freundlichen Dörfern und fruchtbaren, wohlbebauten Feldern. Der Staat ist eine konstitutionelle, im Mannesstamme erbliche Monarchie: der Landesherr führt den Titel: Souveräner Fürst und Regierer des Hauses von und zu Liechtenstein und wie auch alle Mitglieder des fürstlichen Gesamthauses das Prädikat „Durch- laucht". Mit der souveränen Würde über Liechtenstein ist auch der Besitz des sehr bedeutenden fürstlichen Familienhanptmajorats verbunden. Der Landesfürst vereinigt in sich alle Rechte der Staatsgewalt und übt die gesetzgebende Getvalt unter Mitwirkung des Landtages aus. Er allein hat das Recht, diesen einzuberufen, zu schließen oder aufzulösen, er ernennt und entläßt die Beamten, —' den Staat nach außen, !ll nur mit Zustimmung . . seinem Namen die Gesetze unter Gegenzeichnung des Ministers erlassen. Chef der Regierung und Vertreter des Fürsten ist ein vom 'ande-herrn ernannter, dem Landtage verantwortlicher Minister mit dem Amtstitel „Landesverweser", den der Fürst gewöhnlich aus den höheren politischen Beamten Oesterreichs wählt. Dem Landcsverwcscr sind zwei Landräte beigegeben, die vom Fürsten aus den wahlfähigen Bewohnern des Landes für je sechs Jahre ernannt werde». Der Landtag besteht aus 15 Mitgliedern, von denen als Krondeputierte der Landesherr für jede Wahlperiode drei aus der wahlberechtigten Bevölkerung sendet, während die 12 anderen durch indirekte Wahlen, das heißt durch Wahlmänner, für vier Aahre gewählt werden. Außerdem werden in gleicher Weise fünf Ersatzmänner gewählt. Das aktive und passive Wahl recht beginnt mit zurückgelegtem 24. Lebensjahre: von je 100 Seelen werden zwei Wahlmänner gewählt. Die Wahlen sind obligat: ungerechtfertigtes Fernbleiben zieht eine Geldstrafe nach sich. Der Landtag muß einmal im Jahre, im Monat Mai ge- wöbnlich, bei einem Regierungswechsel aber binnen 30 Tagen, einoerufen werden. Die Deputierten beziehen für die Dauer der Versammlung Diäten und Reisegebühren. Ist der Landtag nicht versammelt, so bleibt für die Zwischenzeit in der Hauptstadt ein Landesausschuß, bestehend aus dem Präsidenten des Landtages und zwei aus der Mitte der Vertretung gewählte» Abgeordneten, zurück. Die Justiz wird in erster Instanz durch das Landgericht ln Vaduz ausgcübt. Für die Berufung besteht ein fürstlich licchtcn- steinsches Richterkollcgrum mit dem Sitze in Wien. Dritte Instanz ist das k. k. österreichische Oberlandesgericht in Innsbruck. Die direkten Steuern werden von Organen der fürstlichen Regierung in Vaduz erhoben. Hinsichtlich der indirekten Steuern ist Liechtenstein infolge von Staatsverträgcn mit Oesterreich, die seit dem Jahre 1852 immer wieder erneuert wurden, mit dem Zoll- und Steuergebiet Vorarlberg vereinigt. Gemäß dieser Ver träge zahlt Oesterreich an die fürstliche Landeskasse lährlich etwa 40000 Kronen. Die österreichischen Landesbcamten haben für die Dauer ihrer Verwendung in Liechtenstein dem regierenden Fürsten Treue und Gehorsam onzugeloben und tragen neben der öster reichischen auch die licchtensteinscbe Kokarde. Das Jahrcsbudget des Fürstentums bewegt sich um die Summe von 400000 Kronen. Eine sehr nachahmungswürdige Einrichtung ist die obligate Ver- sicherung der Gebäude gegen Brandschäden und die Verordnung, welche in den Gemeinden jeden männlichen Bewohner vom 16. bis 60. Lebensjahre zum Feuerlöschdienste verpflichtet. Der Ge- meindcvorsteher und sein Stellvertreter, die auf drei Jahre gewählt werden, sowie der Gemeindekassierer werden in Eid genommen und beziehen einen fixen Gehalt. Die Kommunikationen, meistens Landesstraßen, die Uferschutz, und Wasserbauten stehen unter der Aufsicht und Leitung eines Landestechnikers und sind mustergültig, lieber den Grenzfluß Rhein vermitteln den Verkehr mit der Schweiz auf der 23 Kilo Meter langen licchtensteinschen Grenze nicht weniger als ein, Eisenbahnbrücke und vier Brücken für den allgemeinen Verkehr Sämtliche Orte des Landes werden von Chausseen berührt. Für das Schulwesen, das im Verein mit der Regierung vom Landes schulrat geleitet wird, ist in vorzüglicher Weise gesorgt. Es be stehen in Vaduz eine höhere und in den Gemeinden 31 Volks schulen. Im Verhältnisse zur Einwohnerzahl ein günstiges Ver hältnis. wie es kaum seinesgleichen geben dürfte. Nach Ucberein- kunft beider Staaten sind die österreichisch-ungarischen diploma tischen Missionen und Konsulate vom Auslande beauftragt, auch die Interessen der Liechtensteiner zu vertreten. Das fürstliche Haus ist eine der ältesten AdelAamilien Deutsch lands und gehört infolge der sehr bedeutenden Privatbcsitzungen, deren Umfang dem Gebiete des Kirchenstaates in seinem letzten Stadium entspricht, zu den reichsten Fürstenhäusern Europas. Der gegenwärtige Landesherr, Fürst Johann II., geboren 1840, ist durch unheilbare, schwere Krankheit verhindert, die Regierung seines Landes^gcriönlich auszuüben. Er lebt im südlichen Mähren. Diese harte Schicksalsprüfung hat jedoch sein Gemüt nicht ver bittert. Er wendet seine Lieoc und sein Wohlwollen seinen Unter tanen zu, hat das regste Interesse und eine stets offene Hand für sie. Man kann sagen, daß man in Liechtenstein auf Schritt und Tritt Zeichen des Wohlwollens und Wohlfahrtseinrichtunaen des Fürsten findet. Tie Mnaten des fürstlichen Hauses haben sich von icher in die Dienste Oesterreichs gestellt »nd daselbst oft hervor ragende und leitende Stellungen beim Militär und in der Divlo- matie eingenommen. Besonders zu erwähnen ist Fürst Joseph Wenzel, geboren 1696, der die österreichische Artillerie reformierte, und Fürst Johann Joseph, geboren 1760, als glücklicher Feldherr in den Befreiungskriegen gegen Napoleon I. DaS Fürstentum Liechtenstein umfaß! die Gebiete der ehe- maligen unmittelbaren Herrschaft Vaduz und Schcllcnberg, die sich im Privatbesitze des fürstlichen Hauses befanden und im Jahre 1719 vom Kaiser Karl VI. zu einem Reichssürstentum unter dem gegenwärtigen Namen erhoben wurden. Der Fürst erhielt dadurch Sitz und stimme im Deutschen Reichstage und hatte mit den Fürsten von Hoinnzollern, Neuß, Schaumburg-Lippe. Lipvc-Det- mold und Waldeck in der engeren Bundesversammlung eine ge- meinsame, hingegen in der weitere» Bundesversammlung eine eigene Stimme. Zur Bundesarmce war er gehalten, eine Jn- fanteriekompagnie zu stellen. Im Kriege des Jahres 1866 stand er, treu den Traditionen seines Hauses, ans seiten Oesterreichs. Bei der Neubildung des Deutschen Bundes schied Liechtenstein aus dem Verbände desselben und löste 1868 das Militär auf Seither sind die im Lande stationierten österreichischen Finam- >. .'N