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Voigtländischer Anzeiger. Fünfundfechszigster Jahrgang. Verantwortliche Redaktion, Druck und Perlag von Rorty Wieprecht in Plauen. ZLHrltcher AbonnementSprelS für dieses Blatt, auch bei Beziehung durch die Post, 1 Thlr. 6 Ngr. — Die Znstrtio^geöührm werden mit 1 Ngr. für die gespaltene Corpus-Zeile berechnet, größere Schrift nach Verhältntß des Raumes. — Dienstag. . 14. November 1854. Aettungen Sacksen. Dresden, Landtag. Die erste Kammer hat am 10. Nov. die Berathung des Entwurfs eines Strafge setzbuchs zu Ende geführt. Bei der hierauf beschlossenen eventuellen Abstimmung wurde der Entwurf als Ganzes un ter den von der Kammer genehmigten Modifikationen ein stimmig angenommen. In der zweiten Kammer wurde am 10. Nov. die Berathung über dieselbe Regierungsvorlage begonnen und ist der allgemeine Theil derselben berelts er. ledigt worden. In Bezug auf die Wiedereinführung der Strafe der körperlichen Züchtigung hat sich diese Kammer ebenfalls für deren Ausdehnung auf Personen weiblichen Ge, schlechts erklärt. Dresden, 7. November. Heute ist der Superintendent vr. Kohlschütter zu Glauchau an die Stelle des verstor benen Sup. vr Heymann, zum Pfarrer und Superinten denten hier gewählt worden. Ebenso wurde gestern der Neubau der hiesigen Neustädter Realschule feierlich einge. weiht. Dresden, 6 Nov. Am 27. Oct. verlor ein russischer Courier auf der Station Bornitz bei Oschatz eine Lasche, die Depeschen an verschiedene Gesandtschaften Rußlands in Deutschland enthielt. Diese Lasche ist dem russischen General- Consul in Leipzig amtlich zugestellt worben. Der Courier hatte sich nach dem Abgänge des Zugs, den er versäumte, ängstlich nach der Tasche erkundigt, ohne sich, der deutschen Sprache unkundig, deutlich machen zu können, langte nach einigen Tagen in Dresden an und liegt jetzt hier an einer Gchirnkrankheit schwer darnieder. Bayer«". Aus München vom 5. November wird der Augsb. Postztg. geschrieben: „Auch von unserem Landtage wird ein außerordentlicher Credit für eventuelle Kriegsfälle verlangt werben. Die in Antrag zu bringende Summe wird 12 Millionen Fl. betragen." Oesterreich. Wien, 8. November. Der königlich bay rische Ministerpräsident Freiherr v. d. Pfortten, welcher hier von allen Seiten mit großer Aufmerksamkeit behandelt wor den ist, wird nächsten Freitag seine Rückreise nach München antreten. Die hiesigen Blätter bezeichnen den Erfolg seiner Mission als einen befriedigenden. Im Allgemeinen mag dies auch richtig sein. Die in den zu Berlin begonnenen und hier fortgesetzten Unterhandlungen ausgetausckten Ansichten und Wünsche haben zu der Ueberzeugung geführt, daß das vorgesteckte Endziel auf beiden Seiten dasselbe ist, daß Preu ßen und die jüngst mit ihm in nähere Verhandlung getrete nen deutschen Bundesstaaten Oesterreich keineswegs von Deutschland lostrennen wollen, vielmehr dessen Position mit allen Kräften zu verstärken bereit sind. Andererseits darf nicht bezweifelt werden, baß Oesterreich den jenseitigen Wün schen bereitwillig entgegen gekommen ist, und bestimmte Ga rantien bezüglich eines fernrrn einheitlichen Handelns mit den deutschen Staaten und einer präciseren Abgrenzung der deutschen Interessen keineswegs verweigert. Die Schwierig keiten, welche bezüglich eines definitiven Abschlusses der Un terhandlungen noch zu überwinden kommen, sind lediglich noch formeller Natur, und bei dem gegenseitig unverkennbar vorhandenen guten Willen, zu diesem Abschluß zu gelangen, wird hoffentlich auch die Auffindung der entsprechenden Form hierzu gelingen. Preußen. Ueber Preußens und Oesterreichs Stellung zu den Westmächten schreibt man aus Berlin, 10. Nov.: „Nicht unbegründet scheint, baß die Wcstmächte Schritte gethan haben, um Preußen mehr auf ihre Seite zu ziehen. Doch wirb man hier seine neutrale Stellung möglichst be. haupten. Ueber die Haltung Oesterreichs den Westmächten gegenüber erfährt man, daß dieses zwar neuerdings Verpflicht tungen eingegangen ist, aber daß es durchaus falsch sei, wenn behauptet wird, es wäre ein geheimer Vertrag zwischen Oesterreich und den Westmächten vereinbart worden. Oester, reich hat nur auf dem Wege obligatorischer Noten bestimm tere Erklärungen abgegeben. Die nochmalige Aufforderung Preußens an Rußland zur Annahme der Garantieforberungen hatte zum Theil wenigstens eine Veranlassung, der das österreichische Cabinet nicht fremd war, und man glaubt da, her auch von Oesterreich schließen zu dürfen, daß es sehr zur Mitwirkung für den Frieden geneigt sei. Frankreich. Die wenig günstigen Nachrichten aus dem Orient haben die Regierung von dem Gedanken abgebracht, sofort eine Anleihe zu machen. Dieselbe wird sich dadurch zu helfen suchen, daß sie der Bank von Frankreich 80 Mill, und der Mobiliar,Credit-Bank eine gleiche Summe entleiht und ihnen dafür Tresorscheine giebt. Die Berichte des Ge nerals Canrobert sind keineswegs der Art, zu beruhigen. Der Bericht Lord Raglan's lautet noch weniger ermuthigend, und wer zwischen den Zeilen lesen kann, muß daraus ersehen, baß der englische Oberbefehlshaber am Gelmgen des ganzen Unternehmens zweifelt. Was das hiesige Publikum jedoch am meisten erschreckt, ist die Stelle aus dem Berichte Can- robert'S, wo er sagt, daß die russischen VertheibigungSmittel unerschöpflich seien. In Toulon werden seit einigen Tagen