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118 wie gesprochen wird mit dem, wovon gesprochen wird. Unsere höfische, zösifche, an aller Lustseuche kranke und doch jüngferlichst zimperlichst thuende Vergangenheit hat Wunder , gedacht, was sie für Anstand und Sitte that, wenn sie allen ihren Gebrechen ein Mäntelchen umhing und den Gauner zum Indust» ieritter, das Bordell zum öffentlichen Hause ver wandelte, kurz alles Schlechte und Häßliche mit leidlichen Namen beklebte. Nein, sie hat dadurch nur geschadet; sie hat mit dem verabscheuten Namen bei Vielen auch den Ab scheu gegen den Gegenstand selbst verbannt und Sünde und jegliche Schändlichkeit dadurch erleichtert. Darum das Schnupftuch hinweg, daß man die Schamröthe sieht! Nenne einen Kerl, der es heute mit diesem, morgen mit jenem gehalten, zu jeder Stunde aber beide verrathen hat; der aller inneren Ehre baar und ledig, bei jedem neuen Gesichte, das er — am liebsten auf Münzen — sieht, seine Ueberzeu- gung verwandelt; der für die Hälfte, was Judas Jscharioth erhielt, das Doppelte thut, was Judas Jscharioth that; nenne so einen Kerl getrost einen Lumpen oder Halunken. Du thust dadurch ungleich mehr Gutes, als wenn du sprichst: dieser edle Herr ist stets der Reflex seiner Umgebung rc. Nicht der ist gemein, der von dem Zorneseifer für Recht und Wahrheit getrieben gegen das Gemeine spricht und es bei seinem Ab scheu und Ekel erregenden Namen bezeichnet; der ist's, der das Gemeine thut und jenen nöthigt, davon zu sprechen. Schwankst du also bei einem Aufsatz, der Gemeines nennt, ob er es selbst sei, so frage dich: bekämpft er Gemeinheit der Gesinnungs- und Handlungsweise oder verbreitet er sie? Je nachdem die Antwort fällt, kannst du entscheiden, ob der Verfasser oder der Gegenstand des Aufsatzes die wahre Sitte verletzte. Und dann wirst du es vielleicht be greifen, daß es möglich ist, daß, je reiner und stärker der Zorn und die Entrüstung über eine Niederträchtigkeit in dem Herzen lodert, desto stärker und bezeichnender und darum für dein Ohr desto greller und ungewohnter die Ausdrücke sind, in denen die Entrüstung sich kund giebt. Kurz, der Gegen stand des Stoffes färbt auch die Rede und wie es die Bet glocke ist, welche die frommen Herzen zur Andacht ruft, so läutet, soll das unreine Thier des Volkes Gottes zur Schwemme getrieben werden, die —glocke. Aber diesen Grimm, diesen sittlichen Zorn über schreiendes Unrecht empfinden eben nicht alle. Das sind die Leisetreter und RücksichtSnehmer, die Zweiächsler-und Fuchsschwänzer. Das hat keine Galle gegen das Unrecht, nur Galle gegen den, der solchen Jammer verachtend dareinschlägt. Und da setzt sich wohl auch noch so ein Menschlein hoch zu Gericht, streichelt halb und kratzt halb mit den sammtnen, aber doch kralligen Katzcnpfötlein höchst unparteiisch erst den Einen und dann seinen Gegner, mäkelt an der Schale der Worte und verschluckt ihren Kern. Man sollte denken, sieht man auf den Plunder der Herrlichkeit, mit der er sich zu umgeben versucht, er säße auf Salomo's Throne; zupft man aber an den Fetzen und Troddeln, die dran hängen, so findet man, der Thron ist ein ganz gewöhnlicher — Stuhl, auf den er sich setzen muß, um die Wirkungen seiner Angst und seines Herzensjammerö zu verdecken! Zeitungen Sachsen. Wie sehr das unser jetziges Ministerium im Herzen des Volkes wurzelt, geht daraus hervor, daß bis zum 5. Februar an das Gefammtministeriu« eine sehr große ^e von Adressen nngelauftn, in denen sich daS BtrtraueEiq s< Bevölkerung Sachsens zu demselben lebhaft § weniger als 157 Ortschaften hatten sich bis jetzt dabei bklhMauch und die Adressen waren von 43 Vereinen, 5 BehürdeoWwege Gemeinden und ungefähr 15,000 Privatpersonen unterscbrM sxj — Bei den Kammern waren aus verschiedenenen HMeige; des Landes Zuschriften eingegangen, in denen der AM dal ausgesprochen worden, die Volksvertreter möchten sichMsung weniger als 3 Thalern Tagegelder, wie sie bishciMftine zogen, begnügen. Die erste Kammer beschloß in hierauf, die bisherige Höhe der Tagegelder von 3 ThM ans für die Abgeordneten beizubehalten und den in Dresden Munin wohnhaften Abgeordneten, die seither gar keine AusiM brso» erhalten hatten, die Hälfte, also 1^ Thlr. täglich zukoMm L zu lassen. Die Präsidenten sollen nach dem BeschluMLntra ersten Kammer das Doppelte, also 6 Thlr. täglich erhMsion während ihnen die zweite Kammer nur ein DrittheilWnals: als den übrigen Abgeordneten, also 4 Thlr., zukommen Me der will. Eine der wichtigsten Sitzungen der zweiten KaMfrage in neuester Zeit war die vom 7. Februar. In derselbeMsttUu» schäftigte sich die Kammer mit der Bcrathung des BtMcbnt über das König!. Decret wegen der Fortcrhebung der Mnen. ern. Die Deputation hat beantragt, zu dieser Forterh<Mgang Zustimmung zu geben und die Regierung zu ermächMs be dieselben Abgaben auch noch bis Ende Juni zu erMerunq Ueber die Erhöhung der Steuern hat sie sich noch nichtMke ge gesprochen. Die Debatten darüber wurden besonders Merung Schaffrath und Tzschirner veranlaßt, indem der ersteiMngsm klärte, die Regierung habe nicht das Recht gehabt, siMgt ha der von ihr erlassenen Verordnung auf h. 88 der VerfafsMH bild urkunde zu berufen; die Verordnung möge durch dieM groß» stände allerdings zu entschuldigen sein, aber die RegMcte zu hätte sie auf eigene Verantwortung erlassen sollen. Malsver Ansicht wurde von mehreren Abgeordneten, namentlichMwartei dem Finanzminister Georgi bekämpft. Tzschirner gingM derje» weiter und trug, gegen die Ansicht der Deputation, dMe erf» an, die Bewilligung weiterer Steuererhebung jetzt auszuMn htz. denn cs wäre nicht unmöglich, daß Ereignisse eintreten Mbemfj ten, unter denen eine Bewilligung von längerer DautiMrlctzli Nachtheil wäre; reactionaire G.lüste waren schon Mund H vorhanden. Nachdem der Finarzminister darauf enkgE^^er hatte, dqß ihm reactionaire Gelüste völlig fremd wärenM den» > er auch in seiner Nahe keine bemerke, kam TzschirnkiMchen läufig auch auf die Grundrechte (wegen deren EinfüMS aul ein Königliches Decret eingegangen, in welchem gesagWKamn daß diejenigen Bestimmungen der Grundrechte, die M nach abhingen, daß sie auch in andern Ländern zur GellunM^rcus men, wie z. B. Freizügigkeit, vor der Hand ausgesetzt dMer zw müßten) und meinte, wenn man sie so betrachte, werde Mgliede» auf die Einführung lange warten müssen. M >u.ch Der Finanzminister antwortete darauf, die RegicruiigM Bere, absichtigc alle die Grundrechte, bei denen die erfordeWel, d Gegenseitigkeit nicht entgegenstthe, zur Geltung zu bnM die und aus freiem Antriebe alle politische ZugeständnißM >hnt" machen, welche das Volk erwarte und die nur immerWvvrtlicl ihren Grundsätzen vereinbar wären. Durch eine SteuMwe; ei Weigerung aber werde sie sich nicht dazu zwingen "erbe Ueberhaupt möchte man doch mit dem SteuerbewilligM"em recht nicht so schwierig sein; dcr preußischen Regierung MM""N