Volltext Seite (XML)
150 ' um Zusendung von Kleidern (n. A. auch Schriften) in seinem Kabinett, und um Auf hebung seiner ungeeigneten (?) Verhaftung nachgesucht, indem er sich auf seine Güter zurückziehen wolle, um die polit. Angelegen heiten ganz zu vergessen. (Hätte er eher thun sollen.) Auf dem Transport nach St. Lo und auch daselbst hatten die Behörden und Trup pen große Mühe, ihn vor dem erbitterten Volke zu schützen. Man rief: Tod dem Po- lignac! Nieder mit dem Brandstifter! Sein Anzug glich dem eines ärmlichen Bänkelsän gers. (8ic trsnsit ßloris munäi.) Er wird scharf bewacht. Aus St. Lo hat er auch an den Präs, der Pairskammer Baron Pasquier geschrieben und um Entlassung auf seine Gü ter oder auch ins Ausland gebeten, oder wenn sein Gcfangenbleiben beschlossen wäre, nur darum, ihn nicht nach der, gegen ihn so auf geregten Hauptstadt, welches eine Art von Barbarei seyn würde, sondern nach irgend einer Festung, am liebsten nach dem Fort Ham, wo er schon in seiner Jugend eine viel- jährige Gefangenschaft erduldet, zu bringen. Es kommt unter andern auch diese merkwür dige Stelle vor: „Man kann mir wenigstens nicht vorwerfen, daß ich in glücklichen Zeit punkten jemals ein Gefühl des Grolles gegen Diejenigen gehegt hätte, die zur Zeit meines Unglücks ihre Macht gegen mich vielleicht mißbraucht haben. Und in der That, H. Bar. wie würden wir Alle daran seyn, wenn bei den beständigen Veränderungen, die unser Jahrhundert darbittet, die polit. Meinungen Derjenigen, die der Sturm erreicht, Vergehen oder Verbrechen in den Augen Derjenigen würden, die glücklichern polit. Meinungen anhängen?" Uebrigens soll er schon nach Paris unterwegs seyn. — Die Gattin des zu Tours gefangenen Er-Min. Chantelauze soll mchrcrn Bekannten einen Brief ihres Ge mahls gezeigt haben, worin er behauptet, die Minister hätten sich den Ordonnanzen lebhaft widersetzt, und nur der gebieterische Wille des Königs habe ihnen die Unter schriften abgepreßt. — Diealtkönigljche Familie. Die Gardes du Corps haben Karl X. zu Vologncs noch ihre Fahnen über geben; er sprach: „Ich hoffe, Ihnen diese Fahnen wicdergeben zu können, wie ich sic empfangen, das heißt ohne Makel. Ich habe mir ihre Namen gemerkt. Ich werde sie meinem Enkel, den Herz. v. Bordeaux, über geben." (Also doch noch Hoffnung!) — Bei der Ankunft in Chcrburg und bis zur Einschiffung auf 2 amerikanischen Pakct- booten, welche am 16- Aug. Nachmittags erfolgte, beobachteten die Einwohner daS tiefste Stillschweigen und kein Ausruf be trübte die Herzen dieser Unglücklichen. Als sic die franz. Küste aus den Augen verloren, sollen sie sich dem lebhaftesten Schmerze hin- gegeben und reichliche Thränen vergossen ha ben. — Am 17. Nachmittags 2 sind Karl X. und seine Familie zu Spithead angclangt und nur dem ersten ist die Landung nicht gestattet worden, als bis Erlaubniß dazu aus London cingetroffen. Die escortirenden franz.Schiffe hatten die Zfarbigc Flagge aufgezogen und gaben Salutschüsse, welche jedoch nicht er- wiedert wurden. Hierauf wurden die beiden, dem Erkönig von Spanien, Joseph Napoleon, zugehörigen, amerikan. Paketbovte durch ein cngl. Dampfschiff nach Cowes, auf der Insel Wight, geführt. — Sie haben Erlaubniß er halten, sich nachknlwooth-Castle zu begeben, sollen aber sämmtlich nur alsPriva tper- sonen behandelt werden.— Vermischtes. Eine Deputazion des Protestant. Konsistoriums hat dem Könige Aufwartung gemacht. S. M. antwortete: „Ich bin stets von den günstig sten Gesinnungen gegen Ihre Konfession be seelt gewesen, und freue mich, daß Sie es nicht vergessen haben. Ich werde meine Ge sinnungen in dieser Hinsicht nie ändern. Ich achte mit gleicher Zuneigung alle Kulte, die unter dem Schutze der Gesetze blühen." (Brav!!) — Der Erzbischof von Paris hat in einem Hirtenbriefe verkündigt, daß er der neuen Ordnung der Dinge beitrete. — Das neue Staatssiegel soll das Wappen von Or leans darstellen, über welchem die geschlossene Kro-