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Verordnungsblatt der Kreishauptmannschaft Bantzen als Kousistorialbehörde der Lbcrlausitz. Amtsblatt der AmtLhouvtmannsckaftcn Bautzen und Löbau, des Landgerichts Bautzen und der Amtsgerichte Bautzen, Schirgiswalde, Herrnhut und Bernstadt, des HauptzaUamts Bautzen, ingleichen der Stadträte zu Bautzen und Benistadt, sowie der Stadtgcmeinderäte zu Schirgiswalde und Weißenberg Organ der Handels- und tvewerbekammer z« Zittau. Verantwortlicher Redakteur: Arno Zfchuppe «Sprechstunden wochentags von 10—t t und von 3—4 Uhr). — Verlag, Redaktion und Expedition: Innere Lauenstraße 4. Lelepramm-Adrefic: Amtsblatt Bautzen. — Lernsprechanschluß Rr. 51. Die Banpener Nachrichten erscheinen, ml, SnrnaSm« de, Sonn- »od Festtage, ««glich abend». Prei» de» vterteliäbrllchea Abouuemeut» S JasertloaSgebühr sür den Raum eine, PeM-Sv-IheN, gewöhnlichen Satze« 15 z in qeetgnele» Füllen unter Gewährung von Rabatt; Zislern», Dakevrv- und anderer ichwierigcr Satz entiprechcnd teurer N-chwciSgcbiihr lür iede Anzeige und Jnieriw» '><' für briefliche Nuskunfiser,eil»,-ft Il>P,g «und Par«,). Aiir die Aufnahme vou Anzeigen und Reklamen an bestimmter Stelle mied keine Garantie übernommen. ZM" Nur bis früh 10 Uhr eingehende Inserate finden noch in dem abends erscheinenden Blatte Aufnahme. Joferale wUvnc» die Le« Blatte» und die Bvnooeevbureau» an, de«gle'chen die Herren Walde in Löbau, Claus; in Weißenberg, Lippilsch in Schirgiswalde, Wilkau lsioi ag u, Bevan >d> :>aur In N?nta«boli> bei Ostritz, Reußner in Ober Cunnerbdori und von Lindenau in Nn!?n!p «r. 26V. Donnerstag, de« 7. November 1907, abends. 12«. Jahr-«««. AlS Abgeordnete der Städte und Landgemeinden zur Bezirksversammlung sind aus die Zeit vom 1. Januar 1908 bis Ende 1913 die nachgenannten Herren gewählt bez. wiedergcwählt worden: rr. Vva de« Städte«: Löbau: Kaufmann Emil Reichel in Löbau, b. voa de« Landgemeinde«: Gemetndevorstand Nießner in Dittersbach, Gemeindeältester Direktor Woldemar Schütz in Herrnhut, Gemeindevorstand Glathe in Oberoderwitz, Gemeindevorstand Kurth in Eibau, Konfektionär Friedrich Hermann Krause in Neugersdorf, Gemeindevorstand Gocht in Ebersbach, Gcmeilidevorsiaiid Hensel in Taubenheim, Gemeindevorstand Brussig in Obercunnersdorf, Gemeindeältester, Gutsbesitzer Hermann Jähne in EberSdorf, Gemeindevorstand Mitzscherlich in Großschweidnitz, Gemeindeoorstand Albert in Hochkirch, Gemeindcvorstand Schneider in Kittlitz, Ende 1910 III. Wahlbezirk: Gemeindevorstand Wunderlich in Niederrennersdorf. Löbau, am 2. November 1907. Königliche Amtshauptmannschaft. Sitzung des Bezirksausschusses Dienstag, de« IS. November 1SS7, vormittags V,12 Uhr. Königliche Amtshauptmannschaft Löbau, am 6. November 1907. Die durch Beschluß vom 13. März 1905 wegen Verschwendung erfolgte Entmündigung des Fleischer- gesellen Friedrich Wilhelm Falke in Bautzen ist durch Beschluß vom 30. Oktober 1907 wieder'ausgehoben worden Bautzen, am 1. November 1907. Königliches Amtsgericht. Auf Blatt 470 de« Handelsregister«, die Firma Bantzncr Jndustriewerk mit beschränkter Haftung in Bautzen betr., ist heute das Ausscheiden des Geschäftsführer« Johannes Loose eingetragen worden. Bautzen, den 5. November 1907. Königliches Amtsgericht. Aus Blatt 603 des Handelsregister« ist heute die Firma Elektrisches Ziegelwerk Seidau—Bautzen Emil Elsner in Seidau und als deren Inhaber der Ziegeleibesitzer Emil ElLuer in Bautzen eingetragen worden. Angegebener Geschäftszweig: Handel mit selbstgesertigten Ziegeln Bautzen, den 7. November 1907. Königliches Amtsgericht. Wahlbezirk: die I. IV. V. VI. VII.,X. VIII/IX. XII. XV. XVII. XVIII. XIX. XX Versöhnung oder Enteignung? Die Ankündigung der E u t e i g n u n g s v v r l a g e für den prcuhischeu Landtag bat auf die Polen einen tiefen Eindruck gemacht, einen tieferen, als sie nach anhen Wort haben wollen. Bestürzung und Furcht lasten auf ihren Reihen, und solche Empfindungen sind psychologisch begreif lich genug. Umsomehr mag es überraschen, gerade jetzt auf ihrer Seite Bersöhnungsklängc zu vernehmen und Fric- denswttnschen zu begegnen, so ernst und eindringlich, wie wir sie lange nicht gehört haben. Herr S. v. T u r n v, Besitzer von Objezicrze im Kreise : Obvrnik, einer der begütertsten Männer der Provinz Posen, einer der tüchtigsten polnischen Landwirte und Industriellen, einer der wenigen loyalen Polen, die es in den Ostmarken gibt, hat sich in einer Broschüre „Zum Enteiguungsprojekt" geäußert. Er stellt dem Enteignungsgesctz die Prognose, daß es politisch ein Schlag ins Wasser sein werde, und rät, es statt dessen wieder einmal mit der Versöhnung zu versuche«. Nichts könute törichter sein als solche Worte, wie das wohl hier und da geschehen, als eine polnische Falle anznsehen, als einen Trict, der den harten Schlag des gefürchteten Ge setzes von de» Häuptern der Bedrohten abhalten solle. Ein Mann wie Herr v. Turno hat von dem Enteignnngsgejctz nichts zn fürchte», da der preußische Staat doch gewiß leiu Interesse haben kann, die wenigen polnischen Besitzer zu ex propriieren, die sich als „preußische Staatsbürger" fühlen und zu bekennen den Mnt haben. Trotz alledem möchten «vir nicht zögern, es mit aller Entschiedenheit ansznsprechen, daß uns der Vorschlag, so ehrlich nnd so gnt gemeint er zweifellos ist, in« gegenwärtigen Augenblick vollkommen indiskutabel erscheint. Ja, wenn Herr v. Turno im Namen einer einslußreichen Partei oder auch nur einer bedeutenderen Gruppe seiner Landsleute spräche, wenu er nicht ein Offizier ohne Sol daten wäre! Wer im Namen der polnischen Volksgemein schaft als lleberbringer von Friedenswünschen, als Dol metsch loyaler Gefühle aufzutreten vermöchte, welches Emp fanges märe der bei uns sicher! Gibt es denn im Reiche und insbesondere im Osten Leute, so verrannt in Nativnalitäten- haß, so geschlagen mit politischer Blindheit, daß sie nicht eine solche Wendung im polnischen Lager als das größte Glück betrachten würden, das unserem Vaterlande beschiedcn sein könnte? Herr v. Turno aber ist jener Dolmetsch nicht, und die „Preußischen Jahrbücher" sind falsch unterrichtet, wenn sie die Ansicht vertreten, seine Broschüre habe in der pol nischen Presse eine im ganzen nicht nnsrenndliche Aufnahme - gefunden, und er habe sehr einflußreiche Persönlichkeiten - und Kreise hinter sich. Gewiß wird man den Vertreter jenes kleinen Kreises von Großgrundbesitzern, die sich nm das so genannte „K a s i n o" gruppieren, auf deutscher Seite stets gern und mit Respekt hören, aber eine politische Bedeutung wird man diesem Kreise dermalen unmöglich zusprechen können. Längst hat ja der polnische Adel seine Führer rolle im nationalen Kampfe an Elemente abgegeben, die , das Banner des nationalen Radikalismus entfaltet haben, und diese Elemente haben den Vorschlag des Herrn v. Turno einmütig und zum Teil in schroffer Form abgelehut. „Die Volksgescmtheit wird", so schreibt der „Knrjer Pvznanski", „mit Ausnahme einer kleinen Handvoll utopistischer Poli tiker das in der Broschüre enthaltene politische Programm nicht als das ihrige, sondern als ein fremdes ansehen." Ter „Knrjer Pvznanski" ist, wie wir ausdrücklich bemerken möch ten, durchaus kein Hetzblatt, sondern vielleicht die vor nehmste nnd bestredigierte Zeitung, die unsere Polen haben. Die Urteile anderer Blätter lauten noch ablehnender und je nach ihrer Tonart schroffer. So das des „Goniee Wielko- polski" und des „Postemp" lbeide in Posenj, deS „Lech" lGncsenj, des „Kuryer Schlonski" lKattvwitz). Charakte ristisch ist auch, wie der Posener Korrespondent eines War schauer führenden Blattes, des „Kur. Warszawski", urteilt. Er vermag die Turnoschc Schrift nur damit zu entschuldigen, daß der Verfasser keine Fühlung mit der polnischen Volks seele habe, nnd fügt dann offenherzig hinzu: „Tie polnische Volksgesamtheit geht immer und überall legal vor, zettelt keine Verschwörungen an, zahlt Stenern, dient im Heere, aber — l o y a l c U n t e r t a n e n werden nnd könn e n die Polen nicht sein." Wir möchten den preußischen Staatsmann sehen, der gegenüber einer so entschiedenen Ablehnung des Ver söhnungsgedankens durch die öffentliche Meinung der Polen den Mut findet, die schwere Last der vstmürkischen Sorgen leichtherzig ans den schmalen Steg zn schieben, den der Ge danke der Versöhnungspvlitik darzubieten vermag. Ist aber dieser Weg in der Tat heute ungangbar, so wird etwas an deres nicht übrig bleiben, als das einzige politische Werk zeug anznweudcu, das in der dermaligen Lage Erfolg ver spricht, — die Enteignung. Der Schrecken, den die bloße Ankündigung dieses gesetzgeberischen Mittels im pol nischen Lager verbreitet hat, mag dafür bürgen, daß cs nicht wirkungslos sein würde. Hat aber der preußische Staat den Polen erst einmal ernsthaft gezeigt, daß ihre Versuche, seine Ansiedelnngspvlitik zu durchkreuzen, vergebliche sind, jv wird gerade damit dann der Boden sür eine künftige V e r- s ö h n n n g s p o l i t i k auf das erfolgreichste vorbereitet sein. Ein schweres SchisfSvvglück der deutschen Marine. Gestern abend empfingen wir von der Continental« Telegraphen-Compagnie folgende, g'strrn bereits bekannt gegebene Depesche: Flensburg, 6. November. Heule früh kurz nach 9 Uhr ist auf dem bei Mürwick liegenden Schulschiff „Blücher" cm Kessel explodiert. Bisher sind 8 Tote aufgefunden worden. Die Zahl der Verwundeten beträgt, soweit bisher feststeht, 22. Alle verfügbaren Aerzte aus Flensburg haben sich nach der Unglücksstäite begeben. Dec „Blücher" ist dem Twpedoschulschiff „Württemberg" als Hulk für Wohn- und Unrerrichtszwrckr zugeteilt. Zu der folgenschweren Explosion auf der Hulk wird uns noch amtlich mitgeteilt: Die große Zahl von 8 Toten und 22 t ilweise schwer Verletzten erklärt sich den bisherigen Noch- echten zufolge aus dem Umstande, daß der Kessel die über chm liegenden Decks durchschlagen hat, wodurch auch ahlreiche unbeteiligte Leute getroffen wurden. Bei der Explosion handelt es sich um den achteren Kessel. Soweit bis jetzt frstgestellt, wurden getötet: Obermaschtnist Becker, Obeimaschintstermaat Wilhelm Hildt, Maschinffrenmaal Johann Saul, OberbootSmannsmaat Karl Hiyn, Torpedo- Heizer Oswald Teller, Heizer Edmund Schmitz, Johann -keller, Obermatiose Pau« Nirckan, Matrose Wilhelm Leu nd Heizer Wilhelm Kellner. Schwer verwundet sind: roipcdoobcrmcschinist Voß, Toipedomaschinlitenmoat Karl Nißmüller, ToipcdoobermasLintstiuanwäcter Max Dedrr- mann, Willi Penner, Richard Ballhaus», Nase, Torpedo- maschinistrnanwärter Richard F 'tziche, Kurt Randig, Heinrich Cordes, Johannes Schrickel, LoutS Dickmann, Torpedohrizer Willi Kerzlrr, Oberheizrr Adolf Weber, Paul Rozocki, Heizer Heinrich Peters, Torpedoheizer Wilhelm Nülle, OberbootS» n annSmaat Walter Burath, Obermatrose Richard Schwabe, Matrosen Anton Toenfing, Piter Thiel, Paul Mtgga, Ober- bottelirrgast Heinrich Schrader. : Prszetz Bülow-Braud. Vor der zweiten Strafkammer deS Berliner Land gerichts II begann heut« ^/,10 Uhr die Strafsache ^.egrn den Schuflstellec Brand wegen Beleidigung deS Reichskanzlers. Als Zeugen waren u. a. erschienen: Wirklicher Geheimer Rat Holstein, vr. Hirschfeld, Schelm« Rat Scherf« und Fürst Eulenburg. Nicht erschienen waren d e Grafen Hohenau und Lynar, Der Staatsanwalt teilt mit, daß der Anglklagte gestern uoch eine große Reihe Zeugen vorgrschlagen habe, die meist in Rom wohnen. Ec habe sitz an den dortigen Polizeipräsidentin gewandt, der trle- ycaphisch geantwortet habe. Für die Urbersltznng sei ein italienischer Dolmetscher geladen. Der Veriltdigec Brands erklärt, rö sei zweifelhaft, ob Brand imstande sein werde, der Verhandlung zu folgen. Der Gerichtshof beschließt, einen Arzt zuzuziehcn. Der Verteidiger ^ibt anheim, ob es Zweck hat, in die Verhandlungen rinzu« « eten, da viele Zeugen fehlen, namentlich Graf Schulenburg, auf den ec unmöglich verzichten könne, ebensowenig wie auf ie Zeugen aus Rom Der zugezogrne Arzt erscheint hierauf, um oen Angeklagten auf seinen Gesundheitszustand zu unter» suchen. Es tritt eine vie<te'stündige Pause ein. Nach der Pause begann die Vernehmung des Ange klagten. Gr ist 33 Jahre alt und unverheiratet. Gr ist vor» veflraft wagen Beibrettung unzüchitger Schriften in Leipzig zu 2 Monaten Gefängnis, wegen Beleidigung in Tilfit mit 2 Mo» nrten G sängnts, wegcn öffentlicher Beleidigung in Berlin mit l Johr Gefängnis. (Gs handelt sich dabei um den Angriff auf den ReichstagLabg. 0r. Lieder.) Kerner abermals wegen Ver breitung unzüchtiger Schriften in Bulin mit 200 Mark Geld« stcofc und wegen Vergehens gegen die öffentliche Ordnung in Berlin mit 3 Monaten Gefängnis. Brand erklärt, er sei seit 11 Jahrcn Schriftsteller. Eine Zciilang habe er einen Schriften« »erlag gehabt. I» seiner Zeitschrift „Der Eigene" habe er ein« mal einige LtcbeSgedichte gebracht, die in homosexuellen Kreisen Aussehen erregten. Seit dieser Zeit trete er für Abschaffung deS Z 175 ein. Er habe daran nicht nur ein wissenschaftliches, sondern ein persönliches Interesse, da er selbst homosexuell fühle und denke. Gr verstehe unter Homosexualität dle große Leidenschaft, in einem Freund aufzugehen und aus Frauen zu verzichten. Die geschlecht» lichen Dinge überlasse er vollständig den Medizinern. Der GerichtSschretber verlas dann den EeöffnungSbeschluß. Der Titel des inkriminierten Flugblattes lautet: „Fürst Bülow und die Abschassung des h 175." Der Staatsanwalt behält sich für fpäter dm Antrag auf Ausschluß der O.ffentltchkeit vor. Der Angeklagte habe übrigens vom Gefängnis auö zwei Gnadengesuche an den Kaiser gerichtet, in denen er angibt, er habe sich in der Haft bekehrt und sei gläubig und köntgttreu ge worden. Ais das Flugblatt verlesen «erden soll, erscheint Mcdt- zinalrat vr. Störmer und erklärt aus Befragen des Vorsitzenden, er müsse, um den Zustand deS Angckiagten beurteilen zu können, Brand untersuchen. Hierauf tritt eine längere Pause ein. Noch Wiederbeginn der Verhandlung erscheint der Angeklagte wieder. Der Ltaaisanwalt teilt mit, daß vom Grafen Wedel