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Verordnungsblatt der Kreishauptmannschaft Bautzen als Konfistorialbehörde der Oberlaufitz. AmLsötatt der Amtshauptmannschaften Bautzen und Löbau, des Landgerichts Bautzen und der Amtsgerichte Bautzen, Schirgiswalde, Herrnhut und Bernstadt, des Hauptzollamts Bautzen, ingleichen der Stadtrgtt zu Bautzen und Bernstadt, sowie der Stadtgemeinderäte zu Schirgiswalde und Weißenberg. 129. Jahrgang Freitag, de« 3V September 191V, abends Nr. 227 Orga« der Handels- und Gewerbekammer zu Zittau Erscheinungsweise: Täglich abend» mit Ausnahme der Sona- und Feierlage. Echriftleitung und Geschäftsstelle: Bautzea. Innere Laumstraße 4. Fernsprecher: Nr. 51. — Drahtnachrichi: Amtsblatt, Bautzen. Bezugspreis: Monatlich l Mark. Einzelpreis: 10 Pfennige. Anzeigenpreis t Die ggefpallene Petitzeste oder deren Raum 15 Pfennige, in geeigneten Fällen Ermäßigung. Schwieriger Satz entsprechend teurer. Reklamen: Die Jgcspaltene Petiizeile W Pfennige. Tas Wichtigste vom Tage. An der schlesisch-russischen Grenze nimmt der Fleisch schmuggel seit kurzem einen derartigen Umfang an, daß in einer Woche etwa 100 Schmuggler verhaftet wurden. Von russischer Seite wurden die schärfsten Maßnahmen angeordnet. * In Moabit blieb es gestern Donnerstag bis 9 Uhr abends ruhig, obgleich wiederum Tausende von Neugierigen die Straßen belebten. Kurz darauf kam es jedoch zu einigen Z u - sammcnstößen mit Verletzungen und Verhaftungen: der mit Nevolverschüssen vorgehcnden Polizei gelang aber die Herstellung der Ordnung. Um 10 Uhr inspizierte der Minister des Innern das Streikviertel. In Magdeburg hat der Ausschuß der Stadtverordneten zur Vorbereitung der Wahl eines neuen Oberbürger meisters an Stelle des Finanzministers Or. Lenze die Mehr heit der Stimmen auf Ehrhard-Halberstadt vereinigt. Die geheime Vorwahl findet in 8 Tagen, die definitive öffentliche Wahl in 14 Tagen statt. Gras von Aehrenthal ist in Turin eingetrofsen und am Bahnhofe von dem Marquis di Giuliano empfangen worden. * Die revolutionäre Bewegung in Portugal dehnt sich immer weiter aus und die Polizei scheint dagegen machtlos zu sein. Die neue deutsche T s i n g t a u - D a m p s e r l i n i e ist eröffnet worden. * In Leipzig wurde Donnerstag vormittag in dem Grundstück Sidonienstraße 55 ein Schutzmann von einem Fahrraddieb erschossen. Der Täter wurde verhaftet. * Wetteraussicht für Sonnabend' Bewölkungs zunahme, warm, zunächst noch trocken. * Ausführliche« siehe an anderer Stelle. Zwanzig Jahre „alldeutsch". Bismarcks Heldenherz hatte noch lange nicht aufgehört zu schlagen, als man am Steuer des von ihm geschaffenen Deutschen Reiches allenthalben seine sicher führende Hand vermißte. Der junge Kaiser, der den betagten, großen Diener seiner beiden Vorfahren beiseite schob, trug neue Gedanken. So sehr wir auch heute noch die ernsten Vor gänge von damals bedauern und betrauern: wir verstehen heute manches menschlich, was uns damals völlig unfaßbar war. Das deutsche Volk erkannte nicht ohne weiteres die großen Ziele des neuen Herrschers, die ja auch in ihren vor bereitenden Maßnahmen noch nicht voll zum Ausdruck ge langten. Und stürmisch und schwankend zog damals des Reiches Schiff durch die hohe See. Da traten am 28. Scheidings (September) 1890 in Frankfurt a. M. einige deutsch denkende Männer zu ver traulichen Beratungen zusammen, und was in jener Stunde geboren wurde, war der „Alldeutsche Verband". Damals hat er eigentlich „Allgemeiner Deutscher Verband" ge heißen,' vr. Karl Peters, der trotz aller gegen ihn gerich teten ungerechtfertigten Angriffe und selbst trotz der be rechtigten Einwendungen gegen seine Betätigungsart immer als der Schöpfer unserer wichtigsten Kolonie an gesehen werden muß, gliederte seinen 1886 bereits gegrün deten „Allgemeinen deutschen Kongreß zur Förderung überseeischer Interessen" an, und 1894 legte sich der Ver band seinen jetzigen Namen bei. Geboren aus einer Zeit schwerer deutscher Sorgen, blickt jetzt der Alldeutsche Verband auf eine 20jährige Ar beitszeit zurück. Er hat ohne Lärm gearbeitet, und wir sind sicher, daß es zahlreiche Deutsche gibt, die noch nie etwas von seinem Bestehen vernommen haben. Aber was er geleistet hat, ist desto bedeutungsvoller, und es wird kein dereinstiger Geschichtsschreiber die Geschichte der ver gangenen Jahrzehnke abfassen können, ohne die Wirksam keit des Alldeutschen Verbandes gründlich in sich ausgenommen zu haben. Der Verband feiert auch jetzt kein anspruchsvolles Fest. Er gibt dafür ein schönes, vornehm gehaltenes Buch heraus unter dem Titel „Zwanzig Jahre alldeutscher Arbeit und Kämpfe", das bei der Dieterich'schen Verlagsbuchhandlung (Theodor Weicher) in Leipzig erschienen ist, und darin vereinigt die Hauptleitung die» beachtenswertesten Kund gebungen und Beschlüsse aus all den 20 Jahren. Es schien ihr noch nicht an der Zeit, das Archiv des Verbandes zu öffnen und irgendwie aufsehenerregend- „Enthüllungen" in den Tag zu schleudern,' der Alldeutsch? Verband will ja dem Ganzen dienen, nicht seiner eigenen Verherrlichung. Aber wer die Fülle der Eeisteszeugnisse von seinem Wollen und Walten zu schätzen weiß, die hier zusammengetragen sind, der wird den Männern danken, die es durch die zwei Jahrzehnte in unerschütterlichem Eemeinsinn vermochten, diese Führungs- und Aufklärungsarbeit zu leisten, und die in ihrem vaterländischen Tun auch durch Hohn und Spott, durch Quertreibereien und Beschimpfungen aller Art nicht wankend gemacht worden sind. Kurze Zeit war Karl Peters selbst der Führer des Verbandes: aber schon 1893 trat der Leipziger Professor Ernst Hasse an seine Spitze, ein deutscher Gelehrter vom Scheitel bis zur Sohle, besten Werke heute noch Fundgruben sind für jeden, der sich unterrichten möchte Uber die Denk grundlagen alldeutscher Arbeit. Neben Haste stand, treu aushaltend im Kampfe, sein Freund vr. Adolf Lehr. Im Januar 1908 ist der unermüdliche Pfadweiser des Bundes, Professor Haste, gestorben, und die Mitglieder legten die Führung in die Hände des Mannheimer Rechtsanwalts vr. Claß, eines Mannes von edler Art, der allzeit nicht das Seine suchte, sondern das Beste des deutschen Volkes und Vaterlandes. Der Alldeutsche Verband erhob sein Wort während dieser zwanzig Jahre zu allen Fragen der äußeren Reichs politik: er warb für die werdende Flotte und warnte vor der „Versöhnungspolitik" kurzsüchtiger Träumlinge gegen über den Polen und Dänen, den französischen Lothringern und den Welfen. Die Frage der Reichsangehörigkeit wurde wiederholt behandelt, und ebenso die Frage der Ausländer ^im Reich: zur Reichsfinanzreform und zur Wirtschaftspolitik überhaupt, sowie zur Rastenfrage leistete er gründliche Ar beiten, und die Ausführungen seines politischen Mit arbeiters, des vielgeschätzten Grafen Ernst Neventlow, zu den äußerpolitischen Fragen zeigten immer den Kern der Dinge in treffsicherer Herausarbeitung. Manche Angelegenheit wird heute natürlich auch in den Reihen des Verbandes etwas anders betrachtet als ehedem, als die augenblicklichen Verhältnisse drängten. Aber im ganzen sehen wir durch die zwei Jahrzehnte unser Reichsschiff im wesentlichen die Bahnen ziehen, die der Alldeutsche Verband gezeigt Hot. Natürlich fehlen dem Ver bände auch die Feinde nicht. Es gibt nicht wenige in deut scher Sprache erscheinende Blätter, in deren Spalten das Wort „alldeutsch" zum Schimpfworte ausgebaut worden ist, und der merkwürdige vr. Sigl in München — unver gänglichen Angedenkens — hat sogar den Uberschönen Aus druck „Stalldeutsche" in den politischen Kampf eingeführt, der ihm seinerzeit von den Zentrumsblättern niederster Art viel nachgebetet worden ist. Heute scheinen sich aber auch diese Blätter solcher Schmähungen zu schämen. Die Hauptbedeutung des Alldeutschen Verbandes be steht heute darin, daß er die vaterländisch denkenden, mit Staatssinn und Volkstreue erfüllten Männer unter seiner Fahne sammelt, und daß er vereint zu gleichem Strebe», was unser Parteientum entzweit. Auch jetzt wartet seiner wieder eine Aufgabe, wie sie ihm immer von Zeit zu Zeit geworden ist: an ihm wird es sein, der parteimäßigen Hetze entgegenzutreten, die seit Jahresfrist in deutschen Landen tobt, den Wohlmeinenden die Notwendigkeit des Zusam menwirkens von neuem begreiflich zu machen und die Folgen der Verärgerung und der Wiegelei hinwegzu nehmen von den deutschbewußten Schichten unseres ganzen Volkes. Der Alldeutsche Verband ist eine völkische Warte über den Parteien: das ist sein Wert, seine Kraft, und zu gleich die Schwierigkeit seiner Aufgabe. In fast allen Städten Deutschlands besitzt er Ortsgruppen, die in seinem Sinne wirken, und seine Jahrestagungen zählen zu den bedeutendsten, was unser kongreßschwangeres Zeitalter all jährlich im Herbste zu bringen pflegt. Möge es in unserem Volke nie an den Männern fehlen, die uneigennützig in seinem Sinne schaffen, die alldeutschen Sinnes sind, auf daß die Verhältnisse im Deutschtum freundlicher scheinen, wenn wieder einmal ein Jubiläumstag den Anlaß gibt zu einer Rückschau auf alldeutsche Arbeit und alldeutsche Kämpfe! ?h. 8t. Politische Nachrichten. Deutsches Reich. Kartell sächsischer mittlerer Staatsbeamten. Das am 15. Oktober 1909 in Dresden gegründete und zur Zeit 11 Verbände und Vereine mit rund 7000 Mitgliedern um fastende „Kartell sächsischer mittlerer Staatsbeamten" hält am 15. und 16. Oktober 1910 in D r e s d e n seinen 1. Kar telltag ab. Am Sonnabend, den 15. Oktober, abends 7 Uhr, werden sich die Kartellmitglieder mit Angehörigen in Meinhold's Sälen (Moritzstraße) zu einem Vortragsabend mit anschließendem Kommers vereinigen. Hierzu haben die Königliche Staatsregierung, die Anstellungsbehörden, Reichs- und Landtagsabgeordnete, der Nat und die Stadt verordneten zu Dresden, die Presse und befreundete Ver eine Einladungen erhalten. Den Hauptvortrag hält Herr vr. Görler über „Das moderne Veamtenrecht mit be sonderer Rücksicht auf Verhältnisse und Wünsche der sächsi schen mittleren Beamtenschaft". Daran werden sich einige Referate über wichtige Einzelfragen schließen. Am Sonn tag, den 16. Oktober, findet vormittags 1411 Uhr im „Viktoriahause", eine erweiterte nichtöffentliche Kartell- Ausschußsitzung statt, in welcher innere und geschäftliche Angelegenheiten behandelt werden und nachmittags 3 Uhr führt ein Dampfschiffausslug die Kartelltagteilnehmer und ihre Angehörigen nach Loschwitz zu einem geselligen Zu sammensein. — Das Kartell hat sich in der Erkenntnis der Notwendigkeit eines engeren Zusammenschlusses der mittleren Staatsbeamten die Aufgabe gestellt, deren ge meinsame Interessen auf materiellem, geistigem und so zialem Gebiete gemeinsam und geschlossen, doch würdig und loyal und immer mit Rücksicht auf das Staatswohl zu vertreten. Es will das Standes- und Zusammenge hörigkeitsgefühl der mittleren Staatsbeamten heben und fördern, den Begriff „mittlerer Beamter" klären helfen, dem Stande auch in der Öffentlichkeit Anerkennung ver schaffen und seinen Mitgliedern eine ernste Pflegstätte vaterländischen und kollegialen Geistes, gegenseitiger Wert schätzung und allgemeinberuflicher Weiterbildung sein. Das verflossene arbeitsreiche 1. Kartelljahr war zunächst dem Ausbau der inneren Organisation und dem Studium der sächsischen Beamtenverhältniste gewidmet. In der Hauptsache aber beschäftigte sich das Kartell mit Wünschen zu einer zeitgemäßen Neuregelung des sächsischen Veamten- rechtes, die im letzten Landtage erstmalig zur Sprache kam und an der mitzuarbeiten sich auch der mittlere Staats beamte berufen und verpflichtet hält. Die Treue zu König und Vaterland und die Treue zum Stand und zum Berufe wird alle Arbeiten des Kartells leiten. Aber auch die Treue zum Kartell und die Ueberzeugung von der Not wendigkeit einer gemeinsamen Interessenvertretung und Sammlung aller Standesgenossen hat ein festes Band um alle Mitglieder geschlungen, die sich zum ersten Male am 15. und 16. Oktober in Dresden in größerer Anzahl ver einigen werden. Das Vermögen der Stadt Dresden hat sich im Jahre 1909 gegen das Vorjahr wiederum erheblich ver mehrt und zwar hat sich das Stammvermögen von 106 901 942 ^l auf 113 014 395 -ll erhöht. Die zum Stamm vermögen gehörigen Grundstücke stehen mit 113 093 613 ,1t zu Buche. Die Summe der Aktiven beziffert sich auf 117 613 679 ctt. Ihr stehen Passiven im Betrage von 4 599 284 -N gegenüber. Das Bezirksvermögen bezifferte sich Ende 1909 auf 343 695 ^t. Das Betriebsvermögen berechnete sich Ende 1909 auf 6 482 822 Die Anleihe schulden der Stadt Dresden beliefen sich Ende 1909 auf 154 323 630 <tt. Vergleicht man diese Summe mit dem Eesamtvermögen der Stadt von 221 359 080 -N, so ergibt sich ein reiner Vermögensbestand von 67 035 450 -tl. Das bedeutet eine Steigerung gegenüber dem Vorjahre um 1 345 194 -N. Das Vermögen der vom Rate zu Dresden verwalteten Stiftungen belief sich Ende 1909 auf 50 892 284 Mark. Arbeitslosenversicherungs-Kasse zu Leipzig. In Leip zig hat man schon seit längerer Zeit in kleinem Umfange einen p r i v a t e n V e r s u ch mit der Arbeitslosenversiche rung gemacht, der bislang geglückt ist. Es ist von fünf Jahren vom Verein „Arbeiterwohl" und dem Verein „Ar beitnehmerschutz" eine Arbeitslosen-Versicherungskasse ge gründet worden, der dem neuesten Geschäftsbericht zufolge 185 Personen angehören. Arbeitslos meldeten sich im Laufe des Jahres 26 Versicherte mit zusammen 685 Werk tagen, gegen 1042 im Vorjahre. Der Einnahme in Höhe von 1987,60 -ll stand eine Ausgabe in Höhe von 1551,49 -ll gegenüber. Der Vermögensbestand betrug am Schlüsse des Geschäftsjahres 19 729,10 -4t ohne die Garantiesumme in Höhe von 40 600 -4t. * * * Die Mitwirkung der Frauen an der Rechtspflege fordert eine Eingabe von Frau Minna S ch m i d t - B ü r k l y an die Strafprozeßkommission des Reichstages: Die Mitwirkung der Frauen an der Rechtspflege wird in manchen Fällen den Richtern das Verständnis für die Beweggründe des Angeklagten erleich tern, ganz besonders wenn es sich um ein Strafverfahren gegen Angehörige des weiblichen Geschlechts oder gegen jugendliche Menschen handelt. Wenn auch nicht zu verkennen ist, daß auf dem Lande es nicht leicht ist, die erforderlichen Kräfte zu finden, und dort schwierigere Fälle seltener vorkommen, auch die Menschen einander näher stehen und sich besser kennen, ein besonderes Be dürfnis also für das Land nicht besteht, so liegen die Verhältnisse in den großen Städten ganz anders. Hier können Frauen als Schöffen Ersprießliches wirken, und da eine genügende Anzahl Frauen, die zu diesem Amt geeignet und bereit sind, in allen Städten von über 1V0 000 Einwohner zw finden ist, bitte ich die Kommission, für die großen Städte in der erwähnten Beschrän kung weibliche Laien als Schöffen vorzuschreiben. Es wird ge nügen, wenn nur je eine Frau zum Schöffengericht herangezogen wird. Eine Liste deutscher Güter, die seit dem 14. April r n polnische Hände übergegangen sind, verösfent- lrcht der „Osten". Sie weist in den fünf Monaten 50 000 Morgen Land im Werte von 17 bis 18 Millionen Maik auf. Darunter befinden sich 22 große Güter, die sich auf die vier Ostprovinzen ziemlich gleichmäßig verteilen, mit im ganzen 36 000 Morgen. Von den 49 großen Bauerngütern von 80 bis 800 Morgen entfallen je 17 auf Westpreußen