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247 über ihre linke Schulter, und ein ungeheures Stück Wildpret war hin ter ihr an dem spanischen Sattel befestigt. Sie schien in großer Eile zu sein, denn sie trieb ihren Mustang in vollem Galopp die steile An höhe hinauf und stieß mehrere Male einen lauten -Schrei der Bestür zung oder der Wuth aus. Denton vermuthete, daß etwas Ungewöhn liches vorgefallen wäre; sowohl aus Neugier als aus inniger Theil- nahme spornte er sein abgetriebenes Pferd von neuem an, sprengte mit verdoppelter Schnelligkeit vorwärts und erreichte das Haus fast in demselben Augenblick wie die Jägerin. Ein entsetzlicher Anblick bot sich hier seinen Augen dar. Im freien Hofe, nicht zivei Fuß von der Thür, lag ein Kind, dem Anscheine nach nur einige Monate alt. Man hätte vermuthcn können, daß es in einem ruhigen, süßen Schlum mer läge, wenn seine Züge nicht blaß wie Schnee gewesen wären. Das Weib sprang entsetzt von ihrem Pferde, und schaute mit wilden Blicken auf die geliebte Gestalt, welche regungslos zu ihren Füßen lag. Wohl eine Minute blieb sie wie festgebannt aufrecht stehen, blaß wie die kleine Leiche zu ihren Füßen, mit krampfhaft zuckenden Muskeln und klappernden Zähnen, die rechte Hand fest an ihr Herz gedrückt, als wolle sie es hindern, aus ihrer Brust zu springen. Auch die Zunge des Reisenden war vom Entsetzen gelähmt. Er hätte es nicht für möglich gehalten, daß die Wirklichkeit einem Menschen ein solches Bild unaussprechlichen Jammers vorführen konnte. Das schöne Kind, das so still, so lebensähnlich und doch leblos da lag, und neben ihm die gramerfüllte Mutter mit ihren im Winde flatternden Haaren, ihre sonnenverbrannten, vom rothen Abendlicht geisterhaft beleuchteten Züge, ihre Bekleidung von Leder, ihre Mütze von geflecktem Pantherfell, ihre riesenhafte Größe, die lange Büchse, welche noch immer an ihrer Schulter hing, ihr wortloser, tiefer Schmerz, ihr athemloses Schweigen — alles dies erregte in dem Fremden ein unnennbares, fast abergläu bisches Schaudern,