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MD»U>MWMIMM>WEMMW,,N^I>?MWMMUWsZMIM^W>>WWUWW Liese verbreitetste unparteiisch« «Sgttch« 3<it««g kostet monatlich 2S Pfg. In Chemnitz srei tnr Hau». Mit dem Extrabeiblatt Lustige» »ildeebuch kostet der tägliche „««„eiger" Monatlich 88 Pfg- (in Chemnitz frei in» Hau»); außerhalb Chem nitz Zntragen monatlich 1b Pf. Bei der Post ist der Anzeiger nur mit den, Extra-Beiblatte Lustiges Bilderbuch zu beziehen Pir85 Pfg. monatlich. (Nr-SSSÜ 10. Nachtrag zur Postliste.) Telegr.-Adresse: Eeiieralanzeigek. Kernsprechstelle Nr. 138. Sächsischer Landes- General. fü» Chemnitz ^ Anzeiger NN- Umgegend. «n,eigenpreis: «gespaltet» LorpuSzeilesca.S Silben fastend) oder deren Raum IS Pfg. — Bevorzugte Stelle (6gespaltene Petitzeile ca. 11 Silbe» fastend) SV Pfg. Bei wiederholter Aus nahme billiger. — Aiizeigeu können nur bis Bormiltag lv Uhr angenommen werden, da Druck und Verbreitung der große« Anflage längere Zeit erfordern. Ausgabe: Wochentags Abend» lmit Datum deS nächsten Tage»), — DI« Anzeigen finden ohne PreiSausschlag zugleich Per- breitung durch die Chemnitzer Eisenbahn-Zeitung. — Nr. 213. — 12. Jahrgang. — Verlags-Anstalt: Alexander Wiede, Chemnitz, Theaterstraße 5. 1 Dienstag, 13. September 1892. Sächsisches. — Mtchaelismeffe. Der Rath der Stadt Leipzig beschloß neuerdings, die sächsische Negierung zu ersuchen, der Aushebung der diesjährigen Michaelismesse die Genehmigung zu ertheilen. — Feuer. I» Rußdorf bei vimbach brannte das Wohnhaus des Fabrikanten Lösch nieder. — Selbstmord. In Gele» au ertränkte sich die Ehefrau des Schulhausmanns Uhlig. Die BeklagenStverthe war seit langer Zeit krank. — Vom Bahttjttg überfahren wurde am Sonnabend Nach mittag in Niederwiesa ein Kind. Dasselbe hat schwere Ver letzungen am Kopfe erlitte». — — lieber das rechte Mast. Ungeachtet der Mittheitnng des Königliche» Ministeriums des Innern, daß ein Verbot der Ein fuhr von Heringen ans Hambnrg nicht erlassen sei, wird die Verladung von dort nach wie vor verweigert, und zwar mit Bezug darauf, „daß die Gesundheitspolizei sächsischer Städte die Einfuhr verhindere." Einzelne Städteverwallnnge» scheinen aber in der That mit ihren Absperrnngsmaßregeln über jedes vernünftige Maß hinauszugehen. Am rücksichtslosesten verfährt man in Oesterreich-Ungar». Kammzug und Kämmlinge hiesiger Erzeugung z. B. werde» dort überhaupt .nicht zugclasseii. Leinengarne ans Belgien werden einem Dcsinfectivns- verfahren unterworfen, das sie völlig »»brauchbar macht. ES er wachsen daraus Zustände, die auf die Dauer ganz »»erträglich sind. Die Handelskammer hat sich deshalb nochmals a» daS Königliche Ministerium des Innern gewendet und anheimgestellt, mit der öster reich-ungarischen Negiernng, bez. durch Vermittelung des Auswärtigen Amtes in Berlin, in Vernehmen zu trete», zugleich aber von den sächsische» Städten Bericht über die von ihnen getroffenen Ab sperrungs-Maßregeln ciiiznforder» und diese auf dasjenige Maß cinzuschränken, welches durch die Choleragefahr wirklich bedingt wird. —r>. Ottkttdorf b. Mitlweida. Gestern, Sonntag, de» II. dss. Mts., Nachmittags 3 Uhr, fand hier in, Lange'schen Gasthofe eine vvHi Gabelsbcrger Steiiogrnphen-Vercjii zu Franken- berg einberiifene Wanderversaininlung statt, welche äußerst zahlreich besucht war. Vertreten waren außer dem eiuberufende» Verein drei Brndervereine a»S Chemnitz, zwei ans Mittweida und der Verein z» Hainichen. Die Versammlung wurde vom Leiter der- selbe», Herr» Rcalschnloberlehrer Thiele aus Frankenberg, mit einer 1>o» großer Begeisterung für die stenographische Kunst zeugenden und mit einem Hoch ans das Andenke» Babelsbergers und sein Werk endenden Ansprache eröffnet, worauf in bunter Reihe ernste und heilere Stenographeulieder mit Trinksprüchen der Herren Ralhsaktnar Wilde, Lehrer emor. Meyer, Kirchner Stein, Stadtbnchhalter Venter, sämmtlich aus Chemnitz, abwechsclte». Ei» Tänzchen, welches »ach 6 Uhr begann, hielt viele Theilnehmer noch längere Zeit beisammen. — Mit der Vorbereitung sür die nächstjährige Wandcrversainmlnng wurde einstimmig der Gabels berger Steno- graphcn-Verci» am Technikum zu Mittweida beanstragt. Chemnitzer Stadt-Anzeiger. »>« mg-r-S Blatt«« w««d«„ ««sucht, „„S wichtig« B-g-li-uh-n-n gütlgsl mN,,N-«II«. Chemnitz, den 12. September. — Gewerbekamme»'. Die am vergangenen Sonnabend vor- gcncm»nc»e» Ergänznugswahlen für diese Körperschaft ergaben, daß die Herren: GevrgNiedel, Schlosser-Obermeister, und Herma»» Schubert, Schmiedemeisler, mit je 242 Stimmen, Bernhard Müller, Buchbinder-Obermeister, »nd Adolf Bi rüste in, Glaser- incistcr, mit je 239 Stimmen, Theodor Körner, Uhrmachermeister und Friedensrichter, mit 241 Stimmen, Otto Hoher, Hutmacher- ineister, »lit 160 Stimmen und Carl Grohmanu, Schnhmacher- uieister, mit 158 Stimmen gewählt worden sind. Auf die weiter mit anfgestcllten Herren Alwin Lenke, Schneidermeister, »nd Otto Löbel, Schornsteinfcgermeister, entfielen je83Stimmen. Im Ganzen wurden diesmal 244 Stimmen abgegeben gegen 107 bei den Wahlen im Jahre 1669. —I. Thalia-Theater. I» der am Sonnabend stattgefniideiie» «Aufführung de» Anzengrnber'schen Vvlksstücks „Der Pfarrer von Äirchscld" brachte Herr Geidner vom Leipziger Stadt-Theater ,dcn jungen Pfarrer zu trefflicher, lebenswahrer Wiedergabe; nur der, dem Innerste» der Rolle nicht entsprechende allzu pathetische, salbungs« '.volle Ton störte mitunter. Herr Striebeck erntete als Wurzelsepp -wohlverdiente Anerkennung, welcher Umstand umsomehr z» windige» ,ist, als gerade diese Nolle bei den letzten Ausführungen des Schau spiels am hiesigen Thalia-Theater durch den gefeierten Charakter spieler Adolf Klei» zur Darstellung gelangt ist. I» der kleinen Partie des Thalmüttcr Loisl zeichnete sich Herr Brovkmann aus. Der 'übersrommc Schulmeister ans Alt-Oetting hätte durch Herrn Haus mann etwas charakteristischer dargestellt werden könne». Die sonstige Besetzung war dieselbe wie bei den früheren Aufführungen. — Die gestrige Ansstihrung des L'tllrronge'schcn Lustspiels „Der Com- pnguott" war sehr zahlreich besticht und fand lebhafte» Beifall Wegen Unwohlsein des Frl. Äer thus Halle übrigens diesmal Frau Görlich die Nolle der'Louise aus Gefälligkeit übernommen. —6—. Feuevwerk in der „Linde". Nachdem das für Donnerstag Abend bereits aiigekündigt gewesene Extraconcert mit Feuerwerk im Garten der „Linde" des inzwischen cingeiretcne» Ncgenwettcrs wegen ausfallen mußte, fand dasselbe am vergangenen Sonnabend statt. An Stelle der anderweit beschäftigte» Geldel'schen Capelle concertirte die Capelle deS Herrn Hinkeln,an», deren treffliche Darbietungen reichen, wohlverdienten Beifall fanden. War wan zu dem Feuerwerk mit hochgespannten Erwartungen gekommen, . bürsten dieselben durch das Gebotene nicht nur befriedigt, sonder» wert übertroffen worden sein. Man kann wohl behaupten, daß ein Feuerwerk in solcher Fülle, Reichhaltigkeit »nd Großartigkeit der .ewzclnen Fenerwcrkskürpcr, wie das vom Pyrotechniker Herrn Schmidt veranstaltete, bisher bei uns selten oder nie geboten Worden ist. Als Platz hierfür diente der besonders geeignete erhöhte hinter» Theil des großen Gartens und es gewährte ein prächtiges Schauspiel, die zischenden, prasselnden und funkeusprühenden Fener- werkskörper der verschiedensten Art sich in scharfem Contraste von dem dunklen Nachthimmel abheben zu sehen. Den wirkungsvolle» Abschluß de» Ganze» bildete die Beschießung von St. Privat, sowie der durch Trompetensignale angekttndigle Sturmangriff und der Kampf in den Straßen deS brennenden Dorfes, bei welchem außer einer Trnppe imitirter Franzose» auch eine größere Anzahl Soldaten der hiesigen Garnison i» voller felvmcißiger Ausrüstung inilwirkten. Mit der Gefangennahme der nach erbitterter Gegenwehr besiegten Feinde durch die deutsche» Krieger endete der fingirte Kampf. — Zn bedauern war »ur, daß die treffliche Veranstaltung nicht besser besucht war. Eine Wiederholung bei zu erwartendem etwas wärmerem Wetter würde sich zweifellos eines zahlreicheren Besuches zu erfreuen haben. —oll. Sommerfest. Dank der unerwartet günstigen Witterung hatte sich das große Sommersest, welches der „Verband der Kranken kassen von Chemnitz und Umgegend" zur Feier seines 10 jährigen Bestehens am Nachmittage des gestrigen Sonntages in dem großen Garten der „Linde" abhielt, eines so außerordentlich regen Zuspruchs zir erfreue», daß der damit beabsichtigte edle Zweck, dem Unter- stütznngSfvnd für seine ausgesteuerte» armen Kranke» neue Mittel zu- znfnhren, trotz der nicht nnbedentende» Regiekosten, erreicht worden sein dürfte. Mehr als 1500 Personen halten i»> Garten Platz ge nommen, in welchem sich den» auch unter den Klängen der von der Capelle des Herrn Geidel ausgeführten Conccrtmusik bald ein reges Leben und Treiben, ei» jahrmarktsähnlicher Verkehr, entwickelte. Wie zahlreich namentlich die Kinderwelt vertreten war, das ließ sich am Besten erkennen an dem schier endlosen Znge der Festpolonaise für Kinder, welche sich nuier Aiivrdnniig und Führung des Herrn Adolf Müller in bunter, farbenreicher Reihe durch den Garte» bewegte. Auch sonst war für Belustigung und Unterhaltung von Alt und Jung in reichster Weise Sorge getragen, so daß die Stunden wie im Fluge entschwanden. Ein fröhliches Tänzchen im kleine» Saale der „Linde", welches ebenfalls starke Betheilignng fand, bildete den Abschluß der Veranstaltung. — * Unfall. Heute Nacht in der zwölften Stunde stürzte ei» Glascrgesclle in einem Tanzlokale der Zwickauervorstadt beim Tanze» z» Boden und brach hierbei das linke Bei». Der Verunglückte wurde mittelst Kranlentransportwagens nach dem Kranlenhause gebracht. —* Erwischt. Gestern Abend kam ein junger Mann in ein hiesiges Gasthaus und bestellte sich ein Zimnier, was er auch erhielt. Nachdem sich derselbe einige Zeit dort aufgchalten, ging er in die Kttlscherstnbc und wollte die dort anfgchängte» Kleidungsstücke, sowie eine Ziehharmonika stehlen. Eine Frau, welche dies vom Fenster aus bemerkt hatte, schlug jedoch Lärm und hielt den Menschen fest. Nach dem Anzeige erstattet worden war, ergab cs sich, daß der Dieb, ein Lackirergeselle noch weiter die in seinem Besitz befindlichen Legi- timcilivnspapicrc, sowie cine silberne Taschenuhr, gestohlen halte. Letztere hatte er verkauft. —* Diebstähle. Vor einiger Zeit bemerkte der Inhaber eines hiesigen Herrcngarderobe-Geschäftes, daß ihm aus seinem Lager eine große Anzahl fertiger Beinkleider gestohlen worden war. Verdacht bezüglich dieser Diebstähle lenkte sich ans de» Laufbursche» des betr. Geschäftes. Nachdem Anzeige erstattet worden, war dieser auch ge ständig, seit längerer Zeit beinahe jeden Tag bei». Verlassen des Geschäftes ein Beinkleid mitgenommen und sofort bei einem Trödler für 1 Mk. 50 Pfg. bis 2 Mk. verkauft zu haben. Ans diese Weise hat der diebische Bursche seinem Principal gegen 20 Paar Hosen ge stohlen. Das Geld hatte er verthan. — In den letzten Monaten wurde» einem Milchgeschäftsinhabcr wiederholt Geldbeträge aus einem Geldtäschchen, welches in einem Schrank verwahrt gewesen, entwendet. Der Verdacht fiel auf ein 14jähriges dort bedicnstelcs Mädchen, welches auch geständig war, nach und nach 35 Mk. gestohlen zu haben. Da das Mädchen versprach, sich zu bessern, wurde cs im Dienste behalten und von einer Anzeige abgesehen. Kurze Zeit darauf bemerkte ihr Dienstherr, daß ihm wiederum Geld auf die gleiche Weise gestohlen worden war. Auch diesmal kam das betr. Dienst mädchen in Verdacht, die Diebstähle begangen zu habe». Anfänglich leugnete dasselbe; nachdem jedoch verschiedene neue Gegenstände und 25 Mk. Baargeld bei demselben vorgesundcn wurden, gestand es zn, nach und nach abermals gegen 50 Mk. gestohlen nnd sich dafür ver schiedene Gegenstände gekauft zn habe». — I» einem hiesigen Gast hause wurde» am Sonnabend einer Kellnerin von der Thnrc ihrer Stube weg von einem anderen dort bedienstetc» Mädchen ein Paar Stiefeletten gestohlen. —* Frecher Diebstahl. Vor einige» Tagen hatte eine i» der Poststraße wohnhafte Frau ihre 8 jährige Tochter mit einem 5 Mk. enthaltenden Portemonnaie zum Fleischer geschickt. Unterwegs trat ein größeres Schulmädchen an das Kind heran, gab ihm einen Stoß in den Nücke», daß dasselbe z» Bode» stürzte und ihm das Portemonnaie ans der Hand fiel. Das Schulmädchen nahm dasselbe rasch an sich nnd ergriff dann die Flucht. —* Ein Wiithenver. Gestern Vormittag wurde in einem Hanse der Jakobstraße ein dort wohnhafter Handarbeiter sistirt, weil derselbe mit den übrigen Hausbewohner» Streit angcfangen nnd dabei ein solches Gebrüll verübt hatte, daß die Menschen vor dem be treffenden Hause znsammenliesen. Der Weisung des betreffenden Schutzmannes, sich rnhig zu verhalten, kam der Mensch nicht nach, sonder» bedrohte denselben unter fortwährendem Schimpfen thätlich. Schließlich mußte der Wischende gebunden nach der Wache gebracht werden. Zur Choleiagcfahr. Die Cholera in Hambnrg läßt jetzt Tag sür Tag erkennbar »ach, wenn auch die Zahl der Nenerkrankungen und Todesfälle leider immer noch groß genug ist. Bon Freitag Mittag bis Sonnabend Mittag sind 310 Erkrank ungen und 163 Todesfälle gemeldet, von welchen aus den Freitag thatsächlich 182 Erkrankungen und 122 Todesfälle kamen. Am Sonntag gab eS dann ater noch an Nachmcldnngeu 71 Erkrankungen nnd 23 Todesfälle. Für Sonnabend waren bisher gemeldet 126 Erkrankungen nnd V2 Todesfälle. DaS Hamburger „Echo" bringt einen SciisalionSarlikel, worin es aiigebllch furchtbare, a» russische Zustände erinnernde Einzelheiten über Wohnverbält- nisse in dem keineswegs eng bebaute» Stadtthetl Haniinerbrook enthüllt nnd sofortige StaatShilse für die Hungernden fordert, da alle Privathilfe, dl« aber doch schon ziemlich cine Million aufgebracht hat, nnzureichcnd sei. Dar Blatt sagt: Wen» der Hamburger Staat nicht sofort ei,«greife nnd niinmschränkte» NothstandSkrcdit gewähre, so werde der Hungertod zum Choleraelend hinzu« trete». Hoffentlich ist eS doch nicht ganz so schlimm. I» der Umgebung von Hamburg ist der Stand der Dlnge unverändert- Epidemieartiges Auftreten der Seuche ist nirgends constatirt. DaS ReichsgcsundheitSamt bat an alle Armeecorps-ComiiiandoS daS Ersuchen nm Entsendung von Militärärzte» in das Hamburger Choleragebict gerichtet. —An Bord des Hamburger Tampser» „Scandia", der vorNew-Aork eingetrosfen ist, wttthet die Cholera sehr heftig, die Passagiere sind meist russische Jude». 8 Todte sind schon verzeichnet. — Nach dem amtliche» Hamburger Cholerabericht sind von Sonnabend Mittag bis Sonntag Mittag 310 Choleraerkranknuge» »nd 161 Todesfälle gemeldet. Die neuesten Pnbltcattoue» im „Neichsanzeiger" berichten von keiner weitere« Ausdehnung der Epidemie. — In Berlin ist der an der Cholera erkrankte Kaufmann Kappel am Typhns gestorben, welcher der Epidemie gefolgt war. Nene Erkrankungen an asiatischer Cholera bei eingeborene» Berliner» find seit Sonnabend voriger Woche nicht vorgekommen; es erkrankte und starb während dieser Zeit i» Berlin nur noch die aus Brandenburg a. H. ge kommene Frau Köppen. Sonntag wurde» 4 Verdächtige in das Cholera- lazarcth überführt, es durfte sich aber auch hier, wie in allen ähnliche» Fällen, um Brechdurchfall rc. handeln. ' — Ueber den Stand der Cholera In Hamburg macht Vr. Reincke, der an Stelle deS bisherigen Medicinal-JnspectorS 1>r. Krans die Leitnng de» Hambnrgische» Medicinalwesens übernommen hat, in der neuesten Nummer der Berliner Kli». Wochenschrift eine Reihe von bemerkenswerthcn Mittheil« »»ge». Nach den statistische» Angaben Neincke's hatte Hamburg bis zum 3. September im Ganze» reichlich 7000 Erkrankungen nnd rund 4600 Todes» fälle zu verzeichnen; davon entfalle» 800 Erkrankungen aus die Zeit bi- zum 27. August. Seit dem 30. August sei ein langsamer Nachlaß nnverkenubar. Auch war erkennbar, daß die Zahl der schwere» Erkrankungen im Verhältnisse im Rückgänge ist. Bemerkens,vcrth ist die örtliche Verschiebung ter Seuche; der Hasen ist säst völlig frei, hingegen zieht sich die Seuche jetzt mehr »ach der Richtung gegen St- Pauli, Eimsbüttel und Barnebeck hi». Bo» de» Acrztcn in Hamburg ist, so viel bekannt, bis ans eine» schon wieder genesenen Augenarzt, keiner an der Cholera erkrankt; im Warte-und Traiisporipersonal sind »ur ganz vereinzelt Erkrankungen vorgekommen. Die besitzende» Klaffe» sind nach Or. Reincke auch jetzt noch fast völlig frei. DeS Längere» verweilt lir. Reincke bei der Erörterung der Einschleppung der Cholera. Er polemisirt hierbei gegen Koch. „Nach Koch'S Beobachtungen", schreibt Reincke, „ist eS säst zur Sicherheit geworden, daß aus dem großen Schuppe», der am Amcriknquai sür die Auswanderer erbaut ist, und dessen Abgänge bis dahin ohne vorherige Desinfektion in die Elbe entleert wurden, Keime In da» Wasser gelangt sind, das dann zum Trinken benutzt wurde. Ist diese An nahme richtig, dann war nnser Hase» wahrscheinlich schon inficirt, ehe über haupt ein wirklicher Cholerafall vorkani, »nd die ersten ernstere» Erkrank ungen wären dann nicht als Ursache, iondern als Folge der Wasserverglftniig anziische». Ohne Zweifel war Hamburg zur Zeit der Enischlcppnng wie ein volles Pulverfaß: ES bedurfte »ur eines Fünkchens, um die gewaltige Ex plosion bcrbciznführcn. Solche Fünkchen sind im inoderue» Verkehr, zumal ans dem Landwege, »nuiöglich abzusperre». Allerdings haben die viele» Flücht linge ans Hamburg, die auswärts erkrankt sind, bis jetzt noch nirgends eine Epi demie erzeugt, nnd man glaubt, daß das den dort geübten energische» Jsolirnngcn »nd Dcsinfeklionen zuznschreiben ist. Ich bin ketzerisch genug, die Richtigkeit dieses Schlusses sehr ernstlich zn bezweifeln, schon allein nm der Diarrhöe kranken willen, die allen diese» Maßnahmen nicht nnterworsen werde». Meines Erachtens hängt das Verhalten eines OrleS gegenüber der Cholera viel weniger davon ab, wie bald der erste Fall constatirt wird und was da»» gegen die Weiterverbreit»»!; geschieht, als vor Allem davon, in welchem sanitären Zustande der Ort sich z. Z. der Einschleppung befindet und weiter, ob die in ihren, ursächliche» Zusammenhänge „och wenig aufgeklärten zeitlichen nnd örtliche» Dispositionen Peile,ikofcrs vorhanden sind oder nicht." Weiter hin berichtet 1),-. Reincke eingehend über den jetzigen Stand der Krankenpflege i» Hamburg- Die übertri ebene» lokalpolizciliche» Maßnahme» gegen die Einschleppung der Cholera werden jetzt sammt und sonders durch eine Bcr- üguttg im Neichsanzeiger aufgehoben. An Stelle derselben treten folgende Bestimmungen: 1) Alle aus dem hamburgiichen Staatsgebiet kommende» Personen haben sich während der nächste» 6 Tage »ach dem Verlassen des selben an jedem Ort, an welche», sie aiilangc», spätestens l2 Stunden nach der Ankunft bei der Ortspolizeibehördc »ntcr Angabe ihrer Unterkunft zu nleiden, über den Tag, an welchem sie das vorgenannte Gebiet verlassen haben, anszuwcise». Wo eine solche Meldepflicht »ocki nicht besteht, ist sie sofort n»tcr Androhung angemessener Strafe gegen Zn viderhandlungcn ein- znführe». Die erlassenen Verordnungen sind i» kurzen Zwischenräume» wiederholt zu veröffentliche», insbesondere durch Anschlag ans den Bahnhöfen bekannt zn mache», cinznschärfen „nd streng zu handhabe». Die gemeldeten Personen sind bis zum Verlauf von 6 Tage» »ach dem Verlassen des ham- burgischen Gebiets mit thnnlichst geringer Belästigung hinsichtlich ihres Gc- slmdhcitsznstandcS polizeilich zn beobachten und, salls sieh dabei der Verdacht der Erkrankung an Cholera crgiebt, ärztlicher Untersuchung zu »»tcrziehen; die letztere ist erforderliche» Falls zn wiederholen. Mit cho'erakrank Be fundenen »nd ihrer Habe ist den sanitätspolizeilichen Bestimmungen ent sprechend zn verfahre». Derselbe» Behandlung unterliegen alle Personen, welche ans einem andere» Orte cintressc», an welchem »ach einer ausdrück lichen amtlichen Veröffentlichung im „Deutschen Reichs- ,„id Preußische» Staats-Anzeiger" Cholera epidemisch herrscht. 2) Quarantänen werden grund sätzlich mir sür den SeeschiffsahrtSvcrkehr durch die Ccntralbchörte» geschaffen. Ausnahmsweise könne» dieselben nach Zustimmung der letztere» von der Landes-Polizeibehvrde für Flußsahrzeagc ans Flüssen dam, eingerichtet werden, wenn die gefährliche Jnfectiv» des Flusses mit Cholcrakeimc» zn befürchten steht. Die Zurückhaltung der Personen in der Quarantäne soll so lange dancrn, bis 6 Tage seit dem Verlassen der verseuchten Gegend oder seit dem Ablauf deS letzten ans dem Fahrzeug vorgekommenen Cholcracrkranlnngssalles vergangen sind. Eine Laiidgnaranläue ist in der Regel »»zulässig, weil sie sür die i» ihr fcstgehaltene» Personen gefährlich, den Verkehr in hohem Grade störend und fast wirk»,,gSIo- ist. Nur in seltene» Ausnahmen, in denen die Sicherheit beflißt, daß die gesunde» Personen von den kranken und diese beiderlei Personell, von den nur möglicherweise mit den, Krankhcitsleime behafteten völlig getrennt zu halten sind »nd die Wirkiamkeit der Quarantäne wegen besonderer Verhält nisse des zn schützende» Ortes sich crwaric» läßt, dars diese Maßregel von der Ortsbehürde nach Zustimmung der LandcSpolljcibchörde angeordnet werden. Unter keinen Umständen dürfen Reisende znm Zweck der Quarantäne ans Bahnhöfen znrückgehaltcn werden; eS müssen viel,»ehr die ersorserlichen Räume anderweitig, getrennt vom Bahnhof, bereit gestellt werden. 3) Die gänzliche Absperrung eines Ortes gegen Pc,so»en ans einer verseuchten Gegend ist im Allgemeinen »»statthast und kann nur von der Landcspoli„ei« behördc höchstens da gestattet werden, wo wegen der besonderen Verhältnisse des abznspcrrcildc» Ortes ein wirksamer Schutz gegen die Cholera durch dies« Maßnahme ermöglicht wird »nd die letztere daher gerechtfertigt erscheint. 1) Die Ein- und Durchfuhr von gebrauchter Leib- und Bettwäsche, gebrauchten Kleider», Hader» und Linnpe» aller Art, Obst, frischem Gemüse, Butter »nd Weichkäse ans de», Hamburger Staatsgebiet ist sofort durch LandeSpolizei- verordninig zn verbiete». Ausgeschlossen vo» dem Verbot bleibe» Wäsche »nd Kleider von Reisenden. Hinsichtlich der vorbezeichnelen Gegenstände, welche vo» ans dem hamburgischen Staatsgebiet kommende» Personen mltge- sühn werden oder etwa in Post- oder anderen Sendungen «»treffe», gelte»