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LZ? d L ililttthliltungs-ßrilM Sachs. Vollszeitunft .N Sonntag den 7. Februar 1N0L» 2 —— ——-— ——— — c Schweizer Äultnrllmiipfliildrr. Von F. Grandau-:-. ». Forlst-hini^ Nachdruck vorbocen. Langsam zogen die Tage dal,in: Schwester Klara blieb stets, nach »vie vor, gleich freuudlich und liebreich, gleich anspruchslos und bescbeiden. Sie schien nichts anderes zu sinnen, als die beiden der .kraulen zu erleichtern, und wenn Engenie zeitweise in einen Schlummer bersiel, dann betete sie, nicht blos; für die Genesung des Körpers, sondern auch für deren Seelenheil. Engenie hatte ihr schon zngestimint, oaf; die Freuden der Welt doch weiter nichts, als eitles Flit- icrwerk seien, und das; e-:- traurig fei, wenn das Erdendasein i nr Selbstziveck sei ohne höhere, ideale, ewige Zwecke; das; es töricht sei, wenn des Menschen Streben in der Sorge um irdische Güter ausgehe und er eitel sei auf seine Person, sein armseliges Ich- das ein Windstoß knicken und bre chen könne. Hatte Engenie nicht das beste Beispiel an sich selbst? Bor kurzem noch war sie stolz ans ihre Figur, ihre Kleider, ibr Geld; — jetzt lag sie bilflos da, sich selbst zum Ekel, verlassen von ihren Freunden, welche die Ansteckung befürch- teten, die Kleiderpracbt war ein Holm ans sie selbst, das Geld konnte ihr nicht helfen, nur die christliche Liebe. „Wenn e-:- Engel gibt," sagte sie am dritten Tage zu ibrer Mutier, „so ist Scliwester Klara ein solcher; ich kann ihr nie entgelten, was sie an mir getan." Tie Schmerzen waren, wenn auch noch groß, so doch infolge der aufmerksamen Pflege erträglicher geworden; gewann auch noch manchmal bei der Patientin die Ungeduld die Oberhand, so war Engenie doch weil gefaßter, wie Umher. Tie Oaiistmut der Nonne entwaffnete sie, und da nie eine Klage, ein Porwnrf, ein hartes Wort über deren Rippen kam, so gab sich die Kranke mehr nnd mehr M'iibc, M einer solchen Behandlung würdig zu erzeigen, während die Ungeduld der ersten Wärterinnen ihren Mißmut nur verschärft hatte. Tie „unausstehliche" Engenie war trotz ibrer Leiden so sanft geworden, wie die Mutter sie selbst in gesunden Tage» nie gekannt. Eines Mittag:- ging Fran Werner ihrem heinikehren den Manne mit allen Zeichen großer Erregung entgegen. „Was gibt's, Angela?" fragte er besorgt. „Notzeit, ich möchte vor Scham in die Erde sinken!" „Nun. so sprich doch, was ist geschehen?" Weißt du auch, wer Schwester Klara, die unsere Toch- ler so nnerinüdli pflegt und vom Tode errettet, ist?" „Wie sollte üb? ViAlcicht eine Bekannte?" „Sie ist die T hter des Kramer, dem du gekündigt, weil " „Angela!" „Es ist gewiß; ich habe cs soeben erfahren." Werner schritt erregt auf und ab; nach einer Weile fragte er: „Tb sie denn weiß, wie ich ihren Vater be handelt?" „Ohne Zweifel." „Und dennoch hat sie sich unseres Kindes mit solcher Liebe angenommen! Tas ist viel, sehr viel, mehr, als ich für menschenmöglich hielt. Ich muß ihre Eltern entschädi gen, die Kündigung zurücknehmen." „Tas mußt du, und noch etwas mehr tun, als das." „Tu sollst mit mir zufrieden sein; ich werde mein Un recht sühnen." Noch am selben Nachmittage begab sich der reiche, vor nehme Herr Werner in höchsteigener Person in die enge Gasse zu dem armen, aus dem Tienste entlassenen ehemali ge» .Kassierer Kramer und klopfte an dessen Tür an. Der alte Mann erschrak nicht wenig, Werner eintrcten zu sehen. „Nun, .Kramer," fragte er freundlich, haben Sie schon eine neue Wohnung?" „Ach. Herr Werner, drängt es denn so sehr? Es gibt Wohnungen genug, aber alle sind so teuer . . . und ich ver diene nichts mehr. Habt doch Mitleid mit mir." „Ich komme nicht in böser Absicht; ich war neulich et was heftig nnd verdrießlich, »vollen Sic das vergessen?" Kramer traute seinen Ohren nicht; sprach so Herr Wer- »er zu ihm? „Ich will Ihnen einen besseren Vorschlag machen, Kra mer: Sie können wohnen bleiben, wenn Sie wollen, und auf die Miele verzichte ich in Zukunft. Sind Sie damit ein verstanden?" „Aber!" . . . Ter alte Mann sprang in die Höhe, zitternd vor Freude; die bellen Tränen traten ihm in die Augen. „Sie machen Scherz?" fragte er zweifelnd. „Nein, es ist mir voller Ernst. Sie bleiben in dein ! Hause wohnen, nneiilgelllich, so lange Sie leben. Und da Sie Ihre Stelle verloren haben, so können Sie in meiner ! Fabrik einen Posten als Aufseher übernehmen, monatlich 1<»> Franke» Gehalt; ist's Ihnen recht?" Kramer konnte nichts sagen, sein Herz war zu voll; ! das war zu plötzlich, zu unerwartet gekommen; er hätte dem ! Manne die Hand küssen mögen. Er trippelte sprachlos vor . Freude und Ueberraschnng umher, sank dann auf die Knie und rief: „Gott, ich danke dir!" „Wie ist dies aber alles möglich, Herr Werner?" fragte > er, sich langsam erhebend „Wissen Sie, Kramer, daß Ihre Tochter meine Tochter ! Pflegt?" ..Ist Ihre Fräulein Tochter denn krank?" „Tas wissen Sie nicht? Haben Sic Ihre Tochter denn lange nicht gesprochen?" „Vor drei Tagen noch." „Und sie bat Ilmen nicht gesagt, daß sic inein Kind in schwerer Krankheit pflegt?" „Keine Silbe. Sie spricht nie von Klosterange legenheiten." „Ihre Tochter heißt doch Schwester Klara?" „Ganz recht." Und wußte Sie, daß ich Ihnen die Wohnung ge kündigt?" „Tas hatte ich ihr schon früher gesagt; ich war zu voll Leid, als daß ich es ihr hätte verschweigen können." Werner reichte dem alten Manne die Hand und sagte gerührt: „Sie haben eine brave, sehr brave Tochter. Seien Sie stolz auf sie!" „Und auch auf meinen Sohn!" versetzte Kramer, sich anfrichtend. „Was macht denn Ihr Sohn?" „Er sitzt im Gefängnis als ausgewiesener Priester." Werner schwieg. Jetzt erst fühlte er, was dieser Mann gelitten, auch durch ihn gelitten; dann sagte er: „Sic O'n-