Volltext Seite (XML)
ValöenburHtr Anzeiger Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Zlhönlmmtr Tagtblnii Malen: in Altstadtwaldenburg bei Herrn scheint täglich mit Ausnahme der Tage «N0 Kaufmann Otto Förster; in Kaufungen nach Sonn- und Festtagen. H A tzs v bei Herrn Fr. Janaschek; in Langenchurs- Nunahme von Inseraten für die nächster- Z UH I SI dorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Meinende Nummer bis mittags 12 Uhr. öl»I aHA HH UH DH A H* / ö glH Aß Herrn Kaufmann Max Härtig, Leipziger;!c. Ser Abonnementspreis beträgt viertehähr- B 8 / 88 U U, HIß ff 88 L LZ L, l VU 163; in Rochöburgbei Herrn Paul Z-^; in lich 1 Mk. 25 Pf. Einzelne Nrn. 5 Pf. SG-V V NS-VR Wolkenburg bei Herrn Ernst No,che; in Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. -v v Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten, «xpedition: Waldenburg, Obergasse 291L. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lsrnzena«, LiMerrftein-Callltberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, St. Cgidien, Threnhain, Frohnsdorf, Falken, Äramßach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Neichenbach, Nemse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. Donnerstag, den 24 Januar 1895. Witterungsbericht, ausgenommen am 23. Januar, nachm. 4 Uhr. Barometerstand 745 MW. reducirt auf den Meeresspiegel. Thermometerstand — 2" 0. (Morgens 8 Uhr — 4°.) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 70"/o. Thaupunkt — 7 Grad. Windrichtung: West. Daher Witterungsanssichten für den 24. Januar: Meist trübe und windig mit Niederschlägen. ^Waldenburg, 23. Januar 1895. Aus Athen, der Hauptstadt des Königreiches Griechen land, kommt die Mittheilung, König Georg I., der seit dem Herbst 1863 die griechische Königskrone trägt, wolle abdanken zu Gunsten seines ältesten Sohnes, des Kron prinzen Constantin, des Schwagers des deutschen Kaisers. Aus Athen setzt man der Meldung noch Dementirungen entgegen, aber diese Erklärungen haben einen wirklich praktischen Werth nicht und beweisen höchstens, daß es dem König Georg nicht darauf ankommt, die Ausführung seines Entschlusses noch um kurze Zeit zu verschieben. Verdenken kann man dem Könige seine Neigung, die Krone mit dem ruhigen Leben des Privatmannes zu ver tauschen, nicht; denn die modernen Griechen haben von ihren klassischen Vorfahren so gut wie nichts geerbt, am allerwenigsten die Tugend der Dankbarkeit. Was heute für Griechenland und die Mehrzahl seiner Politiker, und dort hält sich eigentlich selbst der Straßenkehrer für be fähigt, eine politische Rolle zu spielen, kennzeichnend ist, das ist eine grenzenlose Eitelkeit, ein Großmachtsdünkel, der mit der wirklichen Leistungsfähigkeit des Staates in gar keinem Zusammenhang steht, und die Begier, den großen Herrn zu spielen und auf Staatskosten ein be quemes Leben zu führen. Die Mißwirthschaft in Griechenland unterscheidet sich von der türkischen kaum; Dutzende Male ist es ja in Strafprozessen nachgewiesen, daß Beamte mit Banditen chefs gemeinsame Sache machten und sich ihren Lohn da für, daß sie die Räuberthaten inofficiell protegirten, in klingender Münze auszahlen ließen. Bei großen staat lichen Bauten ist die Hauptsache immer gewesen, daß sich die bestimmenden Personen von den Baugeldern erst die Tasche füllten, während der Bau ruhig liegen blieb. Daraus ist denn auch ein Krach nach dem anderen ent standen, und selbst bei dem großen Nationalproject, der Durchstechung der Landenge von Korinth, ist die Lieder lichkeit eine haarsträubende gewesen. Millionen über Mil lionen sind verschleudert, und von einer Fertigstellung ist nichts zu merken. Zwei Parteien bekämpfen sich in dem kleinen Lande mit wüthender Leidenschaft; thatsächliche, hervorragende Politische Prinzipien hat keine von Beiden, jede ist nur bestrebt, ihren Anhängern einen Freiplatz an der großen Staatsschüsfel zu sichern. Auf ihre große Vergangenheit bilden sich die modernen Griechen unendlich viel ein; von Opferwilligkeit, die dieser Vergangenheit würdig wäre, ist heute nichts zu erkennen, und daraus, aus dem Charak ter des gesammten heutigen Griechenthums, erklärt sich auch der betrügerische Staatsbankerott, welchen das Mi nisterium Trikupis in Athen, ohne mit den Wimpern zu zucken, vollführte. König Georg ist in den mehr als dreißig Jahren seiner Regierung nicht unpopulär gewesen, aber auch nicht po pulär geworden; vor Allem hat er aber keine Autorität erringen können. Die siegende Partei hat ihm ihren Willen dictirt, und der König hat alle Schritte des je weiligen Ministeriums gut heißen müssen, gleichviel, ob er sie billigte oder nicht. Der schamlose Staatsbankerott hat dem Fasse den Boden ausgestoßen, der König hat das undankbare und unfruchtbare Regieren satt. Und vom griechischen Standpunkte aus betrachtet, kann er noch ganz zufrieden sein, sein Vorgänger Otto von Bayern, der Kraft und Geld dem Wohle Griechenlands opferte, mußte nach dreißigjähriger Regierung Griechenland vor einer Revolution räumen. König Georg, der zweite Sohn des Königs Christian von Dänemark, ist eine anspruchslose, äußerem Glanz ab holde Natur; man kann es ohne Weiteres verstehen, daß die griechische Krone nach seinen bisherigen Erfahrungen nicht sein Alles ausmachen kann. Der Kronprinz Kon stantin, der in Athen geboren und im Gegensatz zu seinem protestantischen Vater griechisch-katholisch ist, ist im Lande recht populär, seit mehreren Jahren auch in der Politik schon merklich hervorgetreten. Der Kronprinz hält vom Parteihader sich fern, er versucht, direct auf die Bevöl kerung einzuwirken. Griechenland steckt heute in Folge der Mißwirthschaft in gewaltiger Geldklemme, Handel und Wandel liegen darnieder, die Bevölkerung ist unzu frieden, und vom Ausland ist nach dem Staatsbankerott eine Hilfe nicht zu erwarten. Da ist schwer eine wirk liche Besserung herbeizuführen, aber möglich ist dieselbe nur, wenn eine ehrliche Regierung eintritt, und dem Aus sauge- und Beutesystem der Parteien ein entschiedenes Ende gemacht wird. Von einem energischen Einschreiten auf diesem Gebiete hängt des Landes Zukunft ab. König Georg will dieses Eingreifen seinem Sohne überlassen, dem man nur die feste Hand wünschen kann, um den Augiasstall der griechischen Mißwirthschaft gründlich zu reinigen, und von der Ehre des griechischen Staates den Fleck abzuwischen, welchen der Staatsbankerott gebracht hat. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser begab sich am Montag Abend in das Reichsmarineamt. Am Dienstag früh machten die Ma jestäten einen Spaziergang im Thiergarten. Hierauf nahm der Monarch im kgl. Schloß den Vortrag des Chefs des Militärkabinets und des Staatssekretärs v. Bötticher entgegen. Beim Kaiserpaar findet heute (Mitt woch) Abend im Rittersaale Defilircour statt. Zur Theil- nahme an der Geburtstagsfeier des Kaisers kommt außer dem König Wilhelm von Württemberg auch König Albert von Sachsen und der Großherzog von Oldenburg nach Berlin. Eine große Huldigungsfahrt von Vertretern aller deutschen Hochschulen zum Fürsten Bismarck soll nun mehr bestimmt am 1. April stattfinden. Die eingeleiteten Vorbesprechungen haben hierüber ein volles Einvernehmen ergeben. Man wird sich am 1. April in Friedrichsruhe sehr einrichten müßen mit Zeit und Platz, bei der Un masse von angemeldeten Abordnungen wird man sonst arg ins Gedränge kommen. Graf Herbert Bismarck bleibt Privatmann. Nach dem erklärt ist, der älteste Sohn des Reichskanzlers werde in absehbarer Zeit keinen Minister- oder Staatssekretär- Posten wieder einnehmen, heißt es nun auch, es werde in den deutschen Vertretungen im Auslande keinerlei Wechsel eintretcn. Eine Berufung des Grafen auf den Petersburger Botschafterposten, wovon gesprochen war, ist also auch nicht, vor der Hand wenigstens nicht, in Aussicht genommen. Wie verlautet, sind mit der neuesten Post aus Ost afrika vom Gouvernement wieder sehr zahlreiche Gesuche um Ordensverleihungen beim Auswärtigen Amt einge laufen. Obwohl Herr von Schele bei seinen letzten An trägen recht erhebliche Zurückweisungen erfahren, sollen doch jetzt wieder Gesuche um etwa 30 Decorationen in Berlin eingetroffen sein. In einem Vortrage über „die politische Lage und die conservative Partei", den Frhr. v. Manteuffel-Crossen im Charlottenburger Bürgerverein gehalten hat, theilte Redner mit, die conservative Partei sei an der Arbeit, eine Novelle zum Jnvaliditäts- und Altersver sicherungsgesetz herzustellen; sie sei so geartet, daß sie auf die Mehrheit im Reichstage rechnen dürfe. Hinsichtlich eines Handelsvertrages zwischen dem Deutschen Reich und Japan sind, wie die „Post" hört, nunmehr die einleitenden Verhandlungen ausgenom men worden. Die bayerische Militärverwaltung hat sich dahin ent schieden, daß die grauen Mäntel, wie sie bei den preußischen Truppentheilen eingeführt werden, für Bayern nicht Geltung gewinnen sollen. Der deutsche Vizeconsul Lindner in Birmingham ver öffentlichte kürzlich in der „Daily Post" eine Erklärung, worin als einziges Mittel, um das in England unlieb sam empfundene Zuströmen fremder Waaren von dem dortigen Markte abzuwehren, die Erhebung von Schutz zöllen bezeichnet wird. Infolge dessen ist Herr Lindner vielfach angefeindet worden. Wie aber die „Post" ver sichert, ist der Artikel nur ironisch gehalten. Herr Lind ner gedenkt übrigens wegen seines hohen Alters von seinem Posten zurückzutreten. Auf einem Festmahl, das die nationalliberale Partei anläßlich des 70. Geburtstages ihrer Mitglieder von Hobrecht und Günther veranstaltete, theilte Geh. Rath Planck, Mitglied der Commission für Ausarbeitung des Bürgerlichen Gesetzbuches, mit, daß die Commission in diesem Jahre ihre Arbeit beendigen werde, so daß das Werk im nächsten Jahre dem Reichstag zugehen könne. Ueber den Stand der Zahl der Reichsrentner am 1. Januar d. I. schreibt der „Reichsanzeiger": Die Zahl der seit dem Inkrafttreten des Jnvaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes erhobenen Ansprüche auf Be willigung von Altersrente betrug 304,840. Von diesen wurden 241,864 Rentenansprüche anerkannt und 50,972 zurückgewiesen, 5268 blieben unerledigt, während die übrigen 6736 Anträge auf andere Weise ihre Erledigung gefunden haben. Die Zahl der während desselben Zeit raums erhobenen Ansprüche auf Invalidenrente betrug insgesammt 145,395. Von diesen wurden 101,603 Rentenansprüche anerkannt und 29,686 zurückgewiesen, 7399 blieben unerledigt, während die übrigen 6697 Anträge auf andere Weise ihre Erledigung gefunden ha ben. Unter den Personen, die in den Genuß der In validenrente traten, befanden sich 2178, die bereits vor her eine Altersrente bezogen. Or. Hans Blum bringt jetzt in einem Artikel der „Magdeb. Ztg." die Beweise für die landesverräthe- rischen Verbindungen deutscher Socialdemokraten mit dem französischen Revanchegeneral Boulanger. Auf die Anklageschrift des Generalprocurators Quesnay de Beaurepaire vom 15. Juli 1889 erwidert Boulanger u. a.: „. . . Ich wollte aber vor Allem — Sie nö- thigen mich zu bedeutsamen Enthüllungen — unter meiner Hand Leute zur Verfügung haben, die mit den Socialdemokraten eines gewissen Landes Ver bindungen unterhielten, sodaß ich auf deren Dienste zählen konnte an dem Tage, der dem Ausbruch des Krieges vorausginge, aber erst an eben diesem Tage." (Es handelte sich um den Nachweis der Ausgabe von Geldern aus dem geheimen Fonds des französischen Kriegs ministeriums.) Boulanger hat zu den eben bezeichneten Zwecken 32,000 Francs gezahlt. Am Dienstag wurde im preußischen Abgeordneten haus die erste Etatsberathung fortgesetzt. Abg. Bachem (Ctr.) bestritt, daß die Steuerreform eine Erleichterung