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„Gaceta" der Inhalt der Unterredung zwischen dem Könige Alfonso und dem Präsidenten Gr^vy ver öffentlicht werden, womit der Zwischenfall al« er ledigt angesehen werden soll. Portugal. Jetzt hat auch Portugal eine Revolution. 3000 Bauern haben in der Gegend von Valenzo del Mino unter dem Rufe: „Es lebe die Republik" revoltirt. Militär zur Unterdrückung de« Aufstan des ist aufgeboten worden. Zu einem blutigen Zu sammenstöße ist es bereits gekommen. Die Trup- penabtheilung hat sich nach Paredes zurückgezogen und dort verschanzt. Der Bewegung soll übrigens keine Bedeutung beizumessen sein. Amerika. Die fanatischen Temperenzler haben im Staate Ohio mit ihrem Antrag auf Verbot des Spirituosen- Verkaufs eine Niederlage erlitten. Die dazu nöthige Aenderung der Verfassung ist mit 75,000 Stimmen Majorität abgelehnt. Es wird also fort getrunken! Aus dem Muldenthale. *Waldenburg, 17. October. Der heutige erste Jahrmarktstag war jedenfalls infolge des stürmischen Wetters seitens der Landbevölkerung sehr schwach besucht, auch die Zahl der Marktfieranten ist dies mal eine geringe, kaum das zweite Hundert ist voll zählig geworden; wahrscheinlich trägt der Umstand hierzu mit bei, daß diesmal gleichzeitig mit unserem Jahrmärkte der Zwickauer Markt zusammenfällt. — Einen traurigen Abschluß fand die Feier der siibernen Hochzeit eines Bergarbeiters in Zwickau. Der Silberbräutigam kam mit seinem Sohne in Differenz, wobei Letzterer so geschlagen wurde, daß er blutend zusammenbrach und Polizei requirirt werden mußte. Aus dem Sachsenlande. — Wie es heißt, hat sich das Gesammtministerium bereits in seiner letzten, von Sr. Majestät dem Könige präsidirten Sitzung mit der Thronrede be schäftigt. Der willkommenste Passus dieser, bei der am 12. November mittags vom König in Person verlesenen Eröffnungsrede dürfte die Mittheilung fein, daß ein stetig gebliebener Mehrertrag in den Einnahmen den vollen Erlab des außerordentlichen Steuerzuschlags vorzuschlagen ermöglicht. In Be zug auf die Zusammensetzung des Präsidiums in der zweiten Kammer verlautet zuverlässig, daß von keiner Partei Aenderungen der bisherigen Besetzung erstrebt werden. Für den Fall, daß der bisherige Präsident die Wiederwahl ablehnen sollte, würden die Conservativen aus der Besetzung des Präsidiums mit einem ihrer Partei angehörigen Abgeordneten, voraussichtlich Herrn Geh. Hofrath Ackermann, be stehen. — Zur Affaire Graszewski wird neuerdings aus Berlin geschrieben, daß von der Erhebung einer Anklage Abstand genommen werden wird, da das bisher in der Voruntersuchung gewonnene Material keinen Anhalt bietet, um eine Anklage wegen Lan desverraths gegen den greisen Dichter zu begründen. — Die im § 227 des Strafgesetzbuchs enthaltene Strafandrohung wegen Betheiligung an einer Schlä gerei, welche den Tod oder eine schwere Körper verletzung eines Menschen verursacht hat, gelangt, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Straf senats, vom 15. Juni d. I., auch gegen denjenigen Betheiligten zur Anwendung, welcher nachweislich den eingetretenen schweren Erfolg persönlich nicht verursacht, sondern im Gegentheil auf der Seite des Getödteten oder Verletzten gestanden hat. — Eine unverhoffte Meßfreude ward einem Buch händlerlehrling in Leipzig noch am letzten Tage der verflossenen Michaelismesse zu Theil. Derselbe hatte Anfang October v. I. auf dem Augustuöplatze einen Hundertmarkschein gefunden und denselben unter bezüglicher Anzeige auf dem Polizeiamte ab gegeben. Die von letzterem erlassenen öffentlichen Bekanntmachungen hatten nicht den Erfolg gehabt, den Verlierer des Geldes zu ermitteln, und so er hielt denn, den bestehenden gesetzlichen Bestim mungen gemäß, der Finder den Einhundertmark schein als sein Eigenlhum an Polizeiamtsstelle aus händigt. — Am Montag Mittag wurde zu Chemnitz ein circa 60 Jahre alter Handarbeiter wegen Vergehens nach §176» des Reichsstrafgesetzbuchö festgenommen und der Polizeibehörde zugeführt. Der Festgenom mene hat erst seit Kurzem eine längere Zuchthaus strafe wegen gleichen Vergehens verbüßt. — Beim Einrücken in's Quartier stürzte am 13. d. M. zu Oschatz der Ulan Witzig, aus Bräuns- dorf bei Freiberg gebürtig, derart vom Pferde, daß er sich eine nicht unerhebliche Gehirn-Erschütterung zuzog. Merkwürdiger Weise ist das derselbe Ulan, der vor Kurzem im Dienste aus Versehen den Trompeter Mißbach durch einen Lanzenstich tödtete. — In Oschatz sind eine größere Anzahl Bewoh ner in der Nacht vom 13. bis 14. d. M. durch Nr. 39 (vom 20. September) des „Socialdemokrat", Centralorgan der deutschen Socialdemokratie (Schwei zerische Genossenschaftsbuchdruckerei von Hottingen- Zürich), überrascht worden. Am Morgen des 14. d. fand man das Blatt in Höfen, Hausfluren, wohin man es während der Nacht gebracht hatte, liegend. In der genannten Nummer ist ein Artikel von „Oschatz in Sachsen", der die Unterschrift „Der rothe Strahl" trägt, enthalten, in welchem Oschatzer Vorkommnisse gehässig und unwahr verurtheilt und verschiedene Personen in schonungslosester Weis« verdächtigt und angegriffen werden. — Sehr günstig sind die Aussichten auf die Weinernte in Meißen und Umgegend. Das dortige Tageblatt schreibt: Seit dem guten Weinjahre 1878 hat man das lustige Schießen in unseren Weinber gen nicht in der Weise gehört, wie es dieses Jahr wieder zur Vertreibung der Vögel am Tage und der Diebe des Nachts gehandhabt wird. Es gewährt dies bei den schönen mondhellen Abenden manche Unterhaltung und man kann daraus schließen, daß der Ertrag diesmal des vielen Pulvers werlh ist. Die Prophezeiung in Bezug auf die gute Wein ernte ist doch nicht zu Schanden geworden und das heurige 83er Jahr kann sich seinen berühmten Vor gängern früherer Jahrhunderte am Ende noch getrost anschließen. — Die Kirche zu Mittweida soll jetzt nach den Plänen des Kirchenbaumeisters Altendorff in Leipzig umgebaut bez. renovirt werden. Die Kosten, welche auf 70,000 Mark taxirt sind, werden wahrscheinlich im Wege einer Anleihe aufgebracht. — Gohla bei Nossen ist der Schauplatz eines Mordversuches und Selbstmordes gewesen. Ein in diesem Orte bediensteter Knecht hat kürzlich cm* ein 18jähriges Mädchen, daß seine Liebe verschmähte, einen kurz vorher gekauften Revolver abgeschossen und sie — glücklicherweise nicht schwer — ver wundet. Nach diesem Mordversuche floh er und richtete dann die Waffe auf sich selbst, was seinen sofortigen Tod zur Folge hatte. — An einer im 15. Lebensjahre stehenden Con- firmandin in Crimmitschau ist am Sonnabend Abend von einem leider noch nicht ermittelten Men schen in empörendster Weise ein Sittlichkeitsver brechen begangen word«n. — In Meerane hat am 15. d. eine Volksver sammlung stattgefunven, in welcher Herr Bebel über das Neichskrankenkassengesetz sprach. Natürlich wurde an dem Gesetze kein guter Faden gelassen, was ver steht auch Bismarck von solchen Sachen, da ist Herr Bebel denn doch ein ganz anderer Gesetzgeber. Der bekannte Tischlergeselle Müller ließ ebenfalls fein Licht leuchten. — Nach kaum einjährigem Bestehen der neuen städtischen Oelgasanstalt in Schwarzenberg, ausge- sührt von August Böttner in Zwickau, tritt infolge des reichen Consums schon eine Preisreducirung von 75 auf 70 Pf. pr. edm ein mit prozentualem Nach lasse des Preises bei bedeutendem Verbrauch von 70 bis auf 49 abwärts, welche Preise den Stein kohlenpreisen von 20 bis auf 14 Pf. herab enl- fprechen, da der Verbrauch des letzteren ein 3 Mal größerer bei derselben Lichtstärke ist. (Oelgas hat ein 3*/r Mal geringeres Volumen als Stein kohlengas.) — Wie der „Pirnaer Anz." vernimmt, ist der Postverwalter Herzog zu Liebstadt infolge des Ver dachts den in der Nacht zum Dienstag in der Postver walterei zu Liebstadt angeblich stattgefundenen größeren Gelddiebstahl nur fingirt und das ver mißte Geld selbst unterschlagen zu haben, verhaftet und bereits durch den Kreisobergendarm an die Staatsanwaltschaft Dresden abgeliefert worden. — Der Stadt Bautzen soll ein großartiges Ver- mächtniß zu Theil geworden sein. Ein bereits vor einiger Zeit kinderlos verstorbener Bürger hat näm lich letztwillig verfügt, daß der Stadt zu einer seinen Namen tragenden Stiftung die Summe von 100,000 Mk. ausgezahlt werden ssolle. Da sich im Testament die einschränkende Klausel vorfand: „wenn die Erben einverstanden sind", so hatte sich vie Erledigung der Angelegenheit etwas verzögert. Die Erben werden jedoch demnächst den Willen und die Absicht des Dahingejchiedenen zur Ausführung bringen. — Manchem Menschen erregt es Gefallen, an dere, sei es auch nur aus „Spaß", zu erschrecken. Derartige Leute mögen sich das Schicksal eines jungen Mädchens in Bautzen zur Warnung dienen lassen. Die Betroffene war vor einiger Zeit abends ganz urplötzlich von einem Bekannten von hinten umarmt worden. Die unvermuthete Berührung ließ sie zusammenzucken, und fuhr ihr, wie man so zu sagen pflegt, der Schrecken „in alle Glieder". Es war die« nun thatsächlich auch eingetreten und legte sich der Schreck bei dem Mädchen auf die Beine. Es trat bei dem einen in der Wadengegend eine hochgradige Entzündung ein und später kam Knochenfraß hinzu. Im Laufe mehrerer Wochen schieden sich mehrere Knochensplitter aus, bis vor Kurzem jetzt die ganze Wadenröhre in einer Länge von 10 am herauswuch». Dieselbe war ganz porös. Es scheint, daß das Schienbein intact ge blieben und steht demnach in Aussicht, daß das traurige Geschick, welches das junge Mädchen be troffen, keine weiteren Folgen mehr haben wird. Eine Vrautfahrt. Erzählung von Hans Wald. (Fortsetzung.) „Ich erzählte Ihnen, was mir den Aufenthalt in Seefeld verleidet, indem es meinen guten Ruf un tergrub. Soll ich hier dasselbe erdulden? Das können Sie nicht wollen, Herr Weidner, und des halb bitte ich Sie, stehen Sie ab von Ihrem Ver langen," erwiderte Pauline leise, während sie ihre Augen zu Boden senkte. Franz' Blick flog über die Gestalt der jungen Frau, die wenig älter als er selbst, so Schwere schon in ihrem Leben .erduldet. Die schwarze Trauerkleidung, die sie noch immer trug, konnte ihre Anmuth nicht verwischen, ließ sie vielmehr doppelt interessant erscheinen. Ihre Freundlichkeit, ihr sanftes Eingehen auf alle seine launenhaften Wünsche hatten ihn völlig gefesselt, und ihrs be scheidene, rührende Bitte ließ jetzt eine heiße Nei gung zu der mädchenhaften jungen Frau in ihm erwachen. „Fürchten Sie, Pauline, daß auch ich jemals so von Ihnen sprechen könnte?" fragte er mit stocken der Stimme. Sie sah ihn mit ihren ruhigen, klaren Augen voll ins Gesicht und erwiderte dann einfach: „Nein!" Eine Helle Freude blitzte in des jungen Mannes Augen auf, ehe sie es sich versah, zog er sie unge stüm in seine Arme und wollte sie küssen. Pauline wurde blaß wie der Tod. Eine Flechte ihres langen schwarzen Haares hatte sich bei der plötzlichen Umarmung gelöst, und hing neben dem blrichen Gesicht herab. Mit bebenden Händen, aber großer Kraft befreite sie sich von Franz, der mit starren Augen sie jetzt anschaute. Sie bedurfte einiger Augenblicke, um sich zu sammeln. Franz besann sich, wollte aufs Neue ihre Hand ergreifen, doch sie entzog sie ihm hastig. „Pauline," bat er mit tief erregter Stimme, „zürnen Sie mir über meine Kühnheit? Ich hab Sie lieb, fo lieb, daß ich mein Leben für Sie da hin geben könnte. Schon lange habe ich es kn meinem Herzen gefühlt, vorhin bei Ihrem Nein, da zuckte es wie ein Feuerstrom durch meine Adern, mein Blut brauste, ich konnte mich nicht mehr be herrschen. Ich wollte es Ihnen sagen, wollte um Ihre Gegenliebe bitten —" Seine stürmischen Worte gaben ihr Zeit, ihre Ruhe wieder zu erlangen. Ihre Stimme zitterte freilich noch leise, als sie ihm zu antworten begann, gewann jedoch an Festigkeit, je länger sie sprach: „Ich will Sie begleiten, Herr Weidner, heute, weil Sie es wünschen und weil ich hoffe, daß Sie sich dadurch überzeugen werden, ich zürne Ihnen nicht." Sie winkte abwehrend, als er sprechen wollte, „aber, dann — dann, sobald es Ihre Ge sundheit gestattet, dürfte es doch wohl an der Zeit sein, Ihrer Familie in Seefeld einen Besuch abzu statten. Ihre Mutter und Fräulein Hedwig wer den sich gewiß recht sehr freuen, Sie wiederzusehen. Mich aber werden Sie dann bald vergessen." Sie wandte sich scheinbar ruhig ab und nahm auf ihrem gewöhnlichen Sitze Platz. Anders Franz. Immer mehr hatte sich sein Antlitz geröthet, wäh rend sie so sprach, und al« sie geendet, stand er einige Zeit wie angewurzelt da. Dann folgte er ihr, stürzte auf seine Knie und verbarg sein Antlitz in ihren Händen. Ein. dumpfer Schmerzenslaut entrang sich seinen Lippen. Lange herrschte feierliche Stille in dem Zimmer, Pauline wagte sie nicht zu stören, sie war sichtbar bewegt, in ihren Augen standen Thränen. Mit schmeichelnder Hand fuhr sie über sein volle- Haar, da zuckte er endlich empor. Ein blutleeres Gesicht war es, das unendlich traurig zu ihr aufschaute und durch feinen seltsamen Ausdruck sie entsetzte. „Herr Weidner," rief sie ängstlich, „fassen Sie sich! Ich habe Sie ja nicht verletzen wollen. Sie wissen, daß ich Sie hochachte, schätze, mehr, mehr, wie jeden Anderen. Fassen Sie Muth, Sie —" „Aber Sie lieben mich nicht," erwiderte er ein tönig, ohne sich zu erheben. „Franz," bat sie dringend, sie nannte ihn zum