Volltext Seite (XML)
Lommatzsch entdeckt worden. Bei der in seiner Behausung stattgefundenen Haussuchung fand man nicht nur eine betreffende Platte und sonstiges Fäl schungs-Material, sondern auch außer falschen Zehn- pfennigstücken noch Falfificate von sächsischen und bayerischen Zweimarkstücken mit der Jahreszahl 1876 resp. 1877. Vermischtes. Bezüglich der Ursache des Eisenbahnunglücks bei Hugstetten ist man jetzt der Meinung, daß eine Reihe theils unglücklicher Zufälle, theils ungehöriger Betriebs-Einrichtungen die nothwendige Ursache des Unglücks war. Die betreffende Linie Freiburg- Breisach war an sich nur als Nebenbahn gebaut und so von Haus aus etwas schmal und schwach angelegt. Ihre Schienen sind viel kleiner und dünner als auf den Hauptbahnen. Sie sind dann bei dem leichten Unterbau, der schweren Locomotive, dem schweren Zuge und seiner rasenden Schnelligkeit wie Streichhölzchen auseinandergerissen worden. Die Bahn hat von Freiburg aus ein starkes Gefälle, so daß Wagen auch ohne Dampfkrafl von selbst die schiefe Ebene dem Rheine zu hinuntsrsausen. Nun hat man — und hier kommt die schwere Verschul dung der Betriebsleitung — für den schweren Per- sonenzug. . . Güterzugs-Locomotiven benutzt. Der artige Locomotiven ziehen zwar gewaltige, schwere Lasten, sie thun es aber nur langsam. Auf schnel les Fahren sind sie gar nicht gebaut. Die Güterzugs- Locomotive, welche einen Personenzug von 24 Wa gen mit 12—1400 Reisenden zu schleppen hatte, fuhr jedoch mit rasender Geschwindigkeit dahin. Jener Wolkenbruch hatte in Freiburg die Abfertigung des Zuges über 10 Minuten verzögert; der Zug sollte diese Zeit wieder einholen und sauste mit einer Geschwindigkeit, die allen überlebenden Paffagieren aufgefallen war. Die ungeheure Wagenlast drückte bei diesem Tempo und bei diesem Gefälle auf die Maschine. Diese fing hin und her zu fliegen (zu schwingen) an, sie drückte auf den äußeren Schienen strang. Der Führer fürchtet eine Entgleisung, er hofft dieselbe zu vermeiden, indem er bremst. Da durch aber führt er geradezu die Entgleisung herbei; denn er hemmt wohl durch das Bremsen den Lauf der Maschine, aber die nachfolgenden, nicht gleich zeitig mit gebremsten Wagen behalten ihren rapiden Lauf bei und drücken mit solcher Wucht auf die Maschine, daß diese aus dem Geleise auf die Wiese geschleudert wird. Nun erfolgt die Katastrophe. Hätte der ganze Zug in einem Augenblick gebremst werden können, so wäre vielleicht die Katastrophe vermieden worden. Der Zugführer hatte in Frei burg mehr Bremser verlangt, sie waren ihm aber verweigert worden. Zur Mordstatistik in Bayern im Juli und August. Am 8. Juli ein Einbrecher in Eisenstein von einem Gendarmen erschossen (Nothwehr). Am 9. Juli ein Sägefeiler in Tittmoning von einem Maurer er stochen. Am 19. Juli ein Forstgehilfe in Oswald bei Frauenau von einem Häuslerssohn erstochen. Am 20. Juli eine Bahnwärtersfrau bei Rosenheim von ihrem Gatten erschlagen. Am 26. Juli ein neugeborenes Kind in München von seiner Mutter erdrosselt. Am 7. August ein Hausknecht bei Hergers- berg meuchlings erschossen von einem Försterssohn; ew Mädchen in Zillham bei Wasserburg von ihrem Geliebten erstochen. Am 8. August ein Photograph >n Schrobxnhaifixn Augsburg von einem Unbe kannten beraubt und erstochen. Am 13. August ein Reitknecht in München von einem 19jährigen Bur schen erstochen. Am 14. August ein Dienstknecht in Würzburg von zwei „armen Reisenden" beraubt Und erstochen, ein Polizeidiener in Berschweiler von einem „armen Reisenden" erschoßen. Am 16. August ein Bauer in Laimerstadt bei Regensburg von seinem Sohn erschlagen. Am 27. August ein Knecht in Wörnsmühl in Oberbayern von einem Bauer er schossen; ein Mühlbursche in Jettenstetten bei Erding von einem Unbekannten erschlagen; ein Dienstknecht in Plattling von einem Bauernsohn erstochen. Proviant-Verbrauch eines Ocean-Dampfschiffes auf der Reise viee versa, Hamburg und New-Jork. Der Hamburger Postdampfer „Gellert" hat während seiner letzten Reisen zum eigenen Bedarf als „schwim mendes Hotel ersten Ranges" folgende Massen Pro viant mit sich geführt. Die Mannschaft besteht aus 112 Personen, und 1116 Passagiere waren vor handen. Dieses ergab für eine 13lägige Fahrt resp. Rundreise von 26 Tagen: 21,268 Rationen. Hierzu wurden gebraucht 23,000 Pfund frisches Fleisch, Salzfleisch und sonstige Fleischsorten, 1410 Pfund Fische, 2186 Pfund Geflügel, 564 Pfund Rauch fleisch und geräucherte Zungen, 993 Pfund geräucher ten Schinken, 564 Mettwurst, 920 Pfund Käse, 108 Dosen Sardinen, 13,988 Eier, 441 Dosen Milch, 5200 Pfund Butter, 42,000 Pfund Kar toffeln, 21,268 Pfund Brod, 4200 Pfund Hülsen früchte, 780 Pfund Hafergrütze, 2800 Pfund Kaffee, 180 Pfund Thee und eine Unmasse von Delicateffen, als eingemachte Gemüse und frische Gelees, Säfte, Chokoladen, Cakes rc., ferner frische Gemüse. An Getränken verconsumirte der „Gellert" 820 Flaschen französische und 350 Flaschen Rheinwein div. Marken, 290 Flaschen Champagner, 150 Flaschen Dessert weine, 360 Flaschen Spirituosen, 100 Flaschen Porter und Ale, 9800 Flaschen diverser Biere, 150 Flaschen Sodawasser und 800 Flaschen Selters- und Sauerbrunnen. Briefstylmuster. Die Breslauer Ztg. berichtet: Dieser Tage wurde hier in einer heiteren Gesell schaft ein Brief vorgelesen, den eine Köchin an ihren Verehrer geschrieben hat und der durch einen Zufall in die Hände des Vorlesers gekommen war. Er lautet wörtlich: „Lui meines Herzens. — Theurer ewigliebender Lui, ich ergreife die Feder, Lieber Lui, ich habe lange nach rumgesucht, aber jetzt hab ich eine gefunden, nämlich wo du kannst als Haus knecht sein, denn die Herrschaften sind nich gleich so, wie man sie haben will, aber du sollst alles mitbringen, was zugehört. Denn die Papiere sind nöthig, wie du früher gewesen bist. Lieber lui meines Herzens, du kannst am erschien gleich an treten, wenn es dir recht is, denn bei der Riemerei is doch nischl! wie du selbst sagst, aber es kann nich schaden, daß du Rieme machst, weil du sollst bei das Neitfert mit sein. Denn se haben ein Reitfert, das is aber im Hause mit her und hin. Lieber lui meines Herzens; dein Lohn ist zwei taler die Woche, vor essen und trinken lass mir sorgen, wenn du dir gut einrichst, kannste bestehen. Lieber lui, du hast auch alle Sonntage einen Sonntag und ich werde es so einrichten, daß dein Sonntag auf mein Sonn tag fellt. So daß wir zusammen Sonntag haben. Es ist hier um die Ecke bei Naumanns. Es is ein sehr guter Mann und sieh auch. Lieber lui meines Herzens, weil der forige Friß geheißen, werden se dir auch Friß heißen, aber for mir bleibste doch lui. Denn weil ich sagte, du heißt Lui, so meinten se Nein! Denn weil der forige Friß geheißen, wollen se dir auch Friß nennen, da mußte dir nu gewönnen, und sagte, du wärscht sehr orntlich und daß du mein Kusäng wärscht, wo du must bei stehen bleiben, daß wir bei einerlei Reden bleiben. Lieber lui meines Herzens. Sie nehmen dir auf mein risikoh, denn weils daß de gut bist als Riemer, wirscht de auch gut sein als Keinriemer nich, und wirst auch dein Brod essen bei die Hausknechterei, also habe ich dir sehr enfohlen, daß du auch könnst bei das Reitfert sein, weil du es must im Sommer in die Schwemme reiten, da sagte ich: das kann er! wo du must bei stehen bleiben, daß du es kannst. Ich er warte dich diese tage, du kannst mit die eisenbahn kommen, beiliegend erhelst du 2 taler Reißegeld. Ich hätte dir gern in die ellfanten-abtheke gebracht zum stamfen, aber es ging nich, es is besetzt. Aber nu komm auch, daß ich mir nich zum Lügner mache, denn ich möchte nich gerne mir zum Lügner machen. — Lieber lui meines Herzens. Ich verbleibe deine dich liebende geliebte bis ans Ende des Lebens ge liebte Fridericke." Das russische Mädchen. Im äußeren Leben ist das russische Mädchen hart gewöhnt, aber keineswegs hartherzig, sondern außerordentlich weich von Gemüth. Es hat einen lebhaften Charakter, ist an Geist und Körper gewandt, thätig und von Ausdauer, in allen Geschäften brauchbar. Unter guter Aufsicht zeigt das russische Mädchen viel Geschick. Zu Allem läßt es sich anleilen, lernt Alles mit Leichtigkeit, bleibt aber auf halbem Wege stehen, daher findet man bei ihm nur eine oberflächliche Bildung. Es ist betrieb sam, schlau und natürlich beredt und hat einen großen Vorrath von Zärtlichkeitsausdrücken. Ab schlägige Antworten versteht es in so schmeichelhafte Formeln zu wickeln, daß viel Uebung dazu gehört, um den wahren Sinn derselben zu enträthseln. Im Umgänge ist das russische Mädchen gesellig, gesprächig, dienstfertig und außerordentlich höflich. Feine Gesichtszüge findet man seltener, als anderswo, das Klima hat sie verwischt; dabei sprechen aber alle Gesichter einen zufriedenen, behaglichen und fröhlichen Sinn aus. Die Tanzlust ist bei den russischen Mädchen grenzenlos und zerknickt viele Blüthen vor der Zeit. Die Schminke, diese letzte Oelung der sterbenden Schönheit, ist in Rußland beim Edelfräulein, wie beim Bauernmädchen an der Tagesordnung. Allerlei. Wie aus Ajoccio telegraphirt wird, ist der Dampfkessel des französischen Packetbootes „La Meuse" auf offener See explodirt. Der Ober maschinist, der zweite Maschinist und der Heizer wurden getödtet. Das Schiff wurde von einem italienischen Dampfer nach Ajaccio remorquirt. Von der übrigen Mannschaft und den Paffagieren hatte Niemand Verletzungen erlitten. — In Berlin hat ein als Armen-Commissions-Vorsteher fungirender Kaufmann mit 2000 Mark, welche am 1. September unter die Armen des Bezirks vertheilt werden soll ten, das Weite gesucht. Die eigene Familie hat der Betreffende völlig mittellos zurückgelaffen. — Ein Gattenmord wird aus dem Dorfe Wehrda bei Fulda berichtet, wo der Bauer Mohr seine be jahrte Ehefrau, mit welcher er nahezu 50 Jahre in der Ehe lebte, erstochen hat. — Feldmarschall Her warth von Bittenfeld liegt schwer krank in Luzern darnieder. Der greise Feldherr hat sich durch vier tägige Fahrt im offenen Wagen eine Lungenentzün dung zugezogen. — In Newyork hat am 6. d. Edisons Centralstation die electrische Beleuchtung begonnen, und zwar in hundert Gebäuden mit je drei bis hundert Lampen, welche rund um die Centralstation auf Entfernung bis zu tausend Meter liegen. Täglich werden zehn bis zwanzig Gebäude neu hinzugefügt. Alle Abonnenten können ihr Licht Tag und Nacht ohne Unterbrechung haben und zahlen den gleichen Preis wie für Gas. Alle Blätter sprechen von dem Ereigniß in einem enthusiastischen Ton und sicher ist, daß Edison mit dieser Central station einen glänzenden Triumph errungen hat. — G. H. Darwin, der Sohn des großen Natur forschers, machte vor kurzem der britischen wissen schaftlichen Gesellschaft über Untersuchungen, die er über den Einfluß der Anziehungkrast des Mondes auf die Erde bei seinen verschiedenen Stellungen zur letzteren vorgenommen, Mittheilungen. Nach diesen ha* sich ergeben, daß der Boden unter unsern Füßen einer fortwährenden, wenn auch nur geringfügi gen Erschütterung ausgesetzt ist. —Am Sonntag wurd^ in den Kirchen Venedigs ein Decret des dortigen Patriarchen verlesen, in welchem derselbe über die zwei Localblätter „Veneto Christiano" und „Fra Paolo Sarpi" und deren Redacteure, Drucker und Abonnenten die große Excommunication verhängt. — Die Felixdorfer Weberei ist am 5. Sept, nachts 1 Uhr, wie aus Wiener-Neustadt gemeldet wird, total eingeäschert worden. Das Feuer dürfte gelegt worden sein. 626 Maschinenstühle sind unbrauch bar, fünfhundert Weber brodlos geworden. Der Schaden ist noch nicht sestgestellt. Die Bücher sind Mit verbrannt. Die Weberei war versichert. Ein Weber ist als verdächtig arretirt worden. Die Wohnhäuser und die Appretur, sowie der Gasometer sind gerettc!. — In Mainz erfolgte am 2. Sep tember abends plötzlich im Hause des Bäckermeisters Stein eine furchtbare Detonation, und aus der halb geöffneten Hausthüre schlug einen Augenblick eine mächtige Flamme, die sich über die ganze Breite der Straße hinwälzte. Gleich darauf stürzten zwei vollständig in Flammen gehüllte Menschen, ein Frau und ein Mann jammernd auf die Straße. Herbei springenden Leuten gelang es, das Feuer zu er sticken. Der Zustand der beiden unglücklichen Men schen war ein schrecklicher, und ihr Anblick ein be- jammernswerther. Die beiden Personen wurden sofort in das Hospital ausgenommen. Die aus dem Hause hervorschlagende Flamme war so heftig, daß ein während der Katastrophe an dem Hause vorüber gehendes Pferd auf der einen Seite vollständig an- brannt wurde. Durch die Erschütterung wurde so wohl in dem Hause, als in dem nebenan gelegenen Hause eine Anzahl Scheiben zertrümmert, auch wurde noch sonstiger Schaden angerichtet. Ueber die Ur sache der Explosion ist durch die Untersuchungsbehörde und durch Fach eute Bestimmtes noch nicht ermittelt worden. Constatirt wurde bis jetzt, daß die zwei Personen, welche beauftragt worden waren, eine Anzahl Weinflaschen in den Keller zu tragen, ein brennendes Licht bei sich halten. — Die Stearin lichterfabrik von Gebrüder Vollmar in Offenbach ist niedergebrannt. — Im Bahnhof Iphofen an der Nürnberg-Würzburgec Eisenbahn ist am 7. d. früh infolge falscher Weichenstellung ein Güterzug verunglückt. Die Locomotive durchbrach die Dreh scheibe, mehrere Wagen stürzten übereinander. 3 Personen sind todt, 6 verwundet, 17 Wagen sind zertrümmert und gegen 600 Schafe getödtet oder verletzt worden. Neueste Nachrichten. Wien, 7. September. Eine Triester Meldung der hiesigen Blätter besagt: Der Bombenwerfer vom 2. August ist angeblich entdeckt worden. Er soll Conlento heißen, Kellner fein und wurde schon längst verhaftet. London, 7. September. Ueber ein am 6. d. stattgefundenes Gefecht wird englischerseits gemeldet: Der Feind erreichte am Mittag auf der Süd- und Nordfeite Canar, wo das 19. Husaren-Regiment ihm entgegen galoppirte. Der Feind war ungefähr 400 bis 500 Mann stark, Infanterie und Kavallerie. Die feindlichen Kugeln flogen zu hoch. Die Egyp- ter müssen stark gelitten haben. Der Berichterstatter