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Oesterreich. Ueber die am 6. d. in Wien erfolgten Arbeiter massenverhaftungen wird nunmehr ausführlicher geschrieben: Die Verhaftungen erfolgten in den ersten Morgenstunden. Nach Mitternacht vertheilten sich die Polizeibeamten unter Assistenz einer ent sprechenden Anzahl von Detectivs in die einzelnen Bezirke und Vororte. Um 2 Uhr wurden sämmt- liche Verdächtige ausgehoben und bei denselben Haus durchsuchungen vorgenommen. Bei letzteren wurden viele social-revolutionäre Druckschriften und Bro schüren, ferner socialistische Schriftstücke und Werke aufgefunden und saisirt. Die Verhafteten wurden in das neue Gefangenhaus gebracht, welches damit seiner Bestimmung übergeben wurde. Am 6. d. waren den ganzen Tag mehrere Beamte mit der Sichtung der saisirten Korrespondenzen beschäftigt. Am 7. d. beginnen die Verhöre der Verhafteten. Es wird den Verhafteten dann der gerichtliche Verhafts- befehl eingehändigt und bleiben dieselben bis zum Abschluß der Voruntersuchung, welche 14 Tage dauern dürste, in Polizeigewahrsam. Aus deutschen Kreisen Prags kommt eine sen sationelle Nachricht. Man will nämlich yeraus- gebracht haben, daß dort seit Jahren seitens des tschechischen Hochadels und des Clerus, so wie des übrigen wohlhabenden Alttschechenthums bedeutende Summen einer geheimen Agitationskasse zuge führt werden, welche ausschließlich dazu bestimmt sind, die Tschechisirung Oesterreichs und nament lich Wiens zu unterstützen. Diese Absicht soll vor nehmlich durch die Förderung einer massenhaften tschechischen Einwanderung in Wien erreicht werden, wo auch in der That seit einer Reihe von Jahren das tschechische Element fortwährend in großer Zu nahme begriffen ist. Unter diesen tschechischen Ein wanderungen sind alle Gesellschaften und Berufs klaffen vertreten. Die Masse bilden Tagelöhner, Fabrikarbeiter, Handarbeiter und allerlei Gewerbe treibende. Dazu kommen noch tschechische Beamte, Künstler, Journalisten und Vertreter anderer Be- rufsklassen. Wien Hal auch schon sein deutsch ge schriebenes Tschechenblatt und wird demnächst eine tschechische Volksschule erhalten; ja es ist dort bereits so weit gekommen, daß gewisse Stadttheile, zumal Vorstädte, fast ausschließlich von Tschechen bewohnt sind und in den Straßen der ersteren kaum mehr ein deutsches Wort zu hören ist. Frankreich. Einen recht liebenswürdigen Vorschlag macht der Pariser „Sitzcle". Es sollen nämlich allen in Frankreich lebenden Deutschen einfach 10 Pro- cent von ihren Gehältern oder Löhnen in Abzug gebracht werden, damit auf diese Weise die Ungleichheit zwischen ihnen und den französischen Arbeitern aufgehoben würde. Der „Siöcle" be hauptet, daß etwa eine Million Fremder in Frank reich beschäftigt seien und daß, wenn man den durch schnittlichen Jahresverdienst ganz gering und nur zu 1000 Frcs. anschlage, nicht weniger als 100 Millionen durch diese Fremdensteuer aufgebracht werden könnten, eine Summe, die zur Begründung großartiger Versorgungsanstalten für Arbeiter mehr als ausreichen würde. Der Erzbischof von Paris, Cardinal Guibert, hat vom Papst Leo XIII. ein Schreiben empfan gen, in welchem die Haltung der französischen Epis kopats in Sachen der Unterichtsfrage auf das Nach drücklichste gutgeheißen wird. Der Papst rühmt in dem Schreiben die unerschütterliche Einigkeit der französischen Bischöfe „gegen die perfiden Pläne der Gottlosigkeit" und den Muth der so zahlreichen Familienväter, welche über diese strafbaren Anschläge in Entrüstung gerathen sind." England. Den „Times" wird aus Paris vom 6. d. ge meldet: Gerüchtweise verlautet, England und die Türkei hätten gleichzeitig mit der Militärconvention einen geheimen Vertrag über die Reorganisation der Verwaltung Egyptens nach der Niederwerfung Arabi Paschas unterzeichnet. Türkei. Mit 1. October treten in den türkischen Staats dienst der Director des österreichischen Eisenbahn- Betriebsamtes Sebald als Unterstaats-Sekretär des Ministeriums der öffentlichen Bauten und Geheim- rath von Nordenflycht als Unterstaats-Sekretär des Ackerbauministeriums. Ersterer übernimmt die Lei tung des gesammten türkischen Eisenbahnwesens und die projectirten Neubauten. Die Anstellung erfolgte durch Vermittelung der deutschen Regierung zunächst aus drei Jahre. Montenegro. Die „Presse" meldet aus Cetinje, daß Sonntag am Markttage in Podgoriza einige Albanesen aus Gruda einen Montenegriner im Weichbilde der Stadt ermordeten, ihm dis Nase abschnitten und hierauf entflohen. Unter den Montenegrinern ent stand ungeheure Aufregung, doch wurde ein blutiger Conflict vor der Hand verhindert. Egypten. Die Londoner Abendblätter vom 7. d. veröffent lichen eine Depesche aus Jsmailia, nach welcher die englischen Truppen in Tel-el-Mahuta am Sonn abend bis Kassassin, die englischen Truppen in Nefische selben Tags bis Tel-el-Mahuta vorrückten. Der Obergeneral Wolseley begebe sich nach Kassassin. Der Wiederbeginn der militärischen Operationen sei Anfangs nächster Woche zu erwarten. Eine eng lische Recognocirungsabtheilung von Ramleh aus zerstörte am linken Ufer des Mahmudiekanals ein Haus, von welchem aus Nachts den Egyptern Feuer signale gegeben worden waren. Ans dem Mnldenthale. ^Waldenburg, 8. September. In heutiger Schöffengerichtssitzung wurde der Weber Hermann Kutzschky in Langenchursdorf wegen Bedrohung und Körperverletzung zu 4 Monaten Gefängniß und Tragung der Kosten des Verfahrens verurtheilt, da gegen der Wirthschaftsbesitzer Eduard Wagner in Langenchursdors von der gegen ihn erhobenen An klage freigesprochen. Als Schöffen fungirten die Herren Oberlehrer Reichhardt hier und Gutsbesitzer Zscherpe aus Oberwinkel. *— Der hiesige Turnverein veranstaltet nächsten Sonntag Nachmittag 3 Uhr auf dem hiesigen Turn plätze ein Schauturnen, wozu derselbe Freunde des Turnwesens mittelst Inserat im heutigen Blatte einladet. *— Der oft vorbestrafte Handarbeiter Jacob Teichmann aus Ziegelheim machte sich im wieder holten Rückfalle nach einander der Entwendung einer Beißzange, einer Ziege und endlich eines Paar Stiefel schuldig und legte sich der der Arretur einen falschen Namen bei. In der am 6. d. stattgefun denen Verhandlung vor der 2. Ferienstrafkammer des kgl. Landgerichts zu Zwickau wurde Teichmann zu 2 Jahren 3 Monaten Zuchthaus, 10 Jahren Ehrenrechtsverlust und Polizeiaufsicht, sowie zu ein wöchiger Haftstrafe verurtheilt, wovon letztere sowie 1 Monat Zuchthaus als durch die Untersuchungshaft verbüßt erachtet wurde. — Die Ankunft Ihrer Majestäten des Königs und der Königin, sowie ihrer Königl. Hoheiten des Prinzen und der Prinzessin Georg, der Prinzessin Mathilde und des Prinzen Friedrich August nebst hohem Gefolge erfolgte auf dem Zwickauer Bahn hof heute Freitag Mittag gegen 1 Uhr, hierauf findet durch die Bahnhofs-, Reichenbacher- und Werdauer Straße die Fahrt nach der landwirth- schaftlichen Landesausstellung und nach deren Be sichtigung Nachmittag '/r5 Uhr die Rückreise der Allerhöchsten und höchsten Herrschaften nach Dres den statt. — In Zwickau wurde am 6. d. auf dem Aus stellungsplatze einem Herrn eine Brieftasche mit 565 Mk. gestohlen. Aus dem Sachsenlande. — Se. Maj. König Albert jagte am 5. und 6. Septbr. auf Reinhardsdorfer und Cunnersdorfer und am 7. September auf Rosenthaler Revier auf Hochwild. Trotz der wenig günstigen Witterung war die Jagdbeute eine außergewöhnlich reiche, da Se. Majestät auf Reinhardsdorfer Revier auf einem Stande 3 starke Hirsche erlegte. Quartier und Jagddiners wurden am 5. und 6. in Schandau, Villa Quisisana, und am 7. Septbr. in der Schwei zermühle genommen. — Ein Geschäftsvermittler, welchem ein Auftrag zur Vermittelung eines Geschäfts bis zu einer be stimmten Frist zu Theil geworden, und der über diese Frist hinaus seine Bemühungen fortsetzt und endlich nach Ablauf der Frist das Geschäft zu Stande briugt, hat nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Civilsenats, vom 15. Juni d. I., trotz seiner Säumniß einen Anspruch auf die ihm zugesicherte Vermittelungs-Provision, wenn sich sein Auftraggeber stillschweigend die ferneren Bemühungen des Ver mittlers hat gefallen lassen. Auch hat der Vermittler Anspruch auf die ihm zugesicherte Provision, wenn sein Auftraggeber von dem durch den Vermittler zu Stande gebrachten Geschäft willkürlich zurücktritt und es demzufolge nicht perfect werden läßt. — In dem Berichte des Landes-Medicinal-Colle- giums aus dem Jahre 1880 wird am Schluffe auch des Geheimmittelwesens und der Kurpfuscherei ge dacht. Darnach war die Zahl der Kurpfuscher im Königreich Sachsen noch immer sehr groß und es konnte in der Regel nur gegen sie verfahren werden, wenn sie, um sich das Ansehen berechtigter Medi cinalpersonen zu verschaffen, sich Titel als Naturarzt, Homöopath, Specialist rc, beilegten, wegen deren sie im Sinne des 8 147,» der Gewerbeordnung straf fällig wurden. In Chemnitz wurde u. A. ein Lehrer, welcher die Kurpfuscherei in ausgedehntestem Maße betrieb und sich über die Aerzte sehr miß liebig zu äußern liebte, im Auftrage des CultuS- ministeriums in Disciplinar-Untersuchung genommen und veranlaßt, sein Amt niederzulegen. Ungleich zahlreicher sind die Fälle, in welchen wegen Geheim- mittel- und unbefugten Arznei-Verkaufs einzuschreiten war, und es sind mehrfach zahlreiche Depots von solchen Mitteln mit Beschlag belegt worden; nament lich betraf dies mehrere der Kurpfuscher, bei denen zum Theil große Vorräthe der differentesten Arznei mittel gefunden wurden. Unter den Bestrafungen kamen einige vor, wo auf das Maximal-Strafmaß von sechs Wochen Haft erkannt wurde. — Im Publikum ist immer noch vielfach die Meinung verbreitet, als ob die Standesbeamten nicht blos „berechtigt," sondern sogar „verpflichtet" seien, das standesamtliche „Zusammensprechen" von Ehepaaren durch eine „Rede" oder doch eine Art von Rede auszuzeichnen. Es ist dem gegenüber darauf aufmerksam zu machen, daß diese Ansicht absolut falsch ist. Wie das Gesetz selber davon etwas nicht weiß, so hat auch schon die königliche Kreishauptmannschaft zu Zwickau damals, als feiten eines Standesbeamten „Reden" des fraglichen In halts erschienen und öffentlich empfohlen und ver breitet worden waren, auf das Unstatthafte solchen Vorgehens aufmerksam gemacht und in einer unterm 14. December 1877 ergangenen Verordnung aus drücklich erklärt, „daß die Standesbeamten bei der Vornahme von Eheschließungen derartige Ansprachen zu unterlassen, vielmehr auf ein kurzes einleitendes Wort zu dem gesetzlich normirten Acte sich zu be schränken und sich insbesondere der Bezeichnung des letzteren als „Trauung" zu enthalten haben." Es wird ausdrücklich hinzugesügt, „daß auch feiten der Aufsichtsbehörden der Standesbeamten dafür Sorge zu tragen sei, daß die erwähnten oder ihnen ähn liche — namentlich das religiöse Gebiet betretende — Reden von den Standesbeamten bei Eheschlie ßungen nicht gehalten werden." — Zu der in Wildenfels erfolgten Beisetzung der Leiche der Frau Gräfin Ida zu Solms hatten sich außer der gesammten gräflichen Familie die Geschwister der Verewigten, Graf Karl und Gräfin Elise Castell, Ihre Durch!. Fürstin von Schönburg- Waldenburg, Ihre Erlaucht die Gräfin Elisabeth von Schönburg-Glauchau aus Netzschkau und Se. Erlaucht Graf Karl von Schönburg-Forderglauchau aus Dresden eingefunden. Im Allerhöchsten Auf trage Ihrer königl. Majestäten nahm Herr Amts hauptmann v. Bose aus Zwickau an der Feierlichkeit Theil. — Von den vereinigten Sängerchören der.Anna- berger und Zschopauer k. Seminare (gegen 300 Sänger) soll Sonntag in der Hauptkirche in Zscho pau, unter Mitwirkung des Organisten Rollbusch daselbst und unter der Direclion des k. Musikdirec tors Oberlehrer Lohse aus Annaberg, und des Oberlehrer Höpner aus Zschopau, ein Kirchenconcert stattfinden. Der Reinertrag des Concertes ist der Caffe des sächsischen Pestalozzivereins für Lehrer- wittwen und Waisen zugedacht. — In Falkenstein wurde am 3. September unter entsprechender Feierlichkeit und unter Theilnahme der städtischen Behörden und der Bevölkerung das den im Kampfe gegen Frankreich 1870/71 gefallenen Söhnen dieser Stadt gewidmete Denkmal enthüllt. Dasselbe steht an der denkbar günstigsten Stelle der Promenade, unmittelbar unter dem Schloßfelsen. Eingerahmt von einem eisernen Gitter erhebt sich auf einem Sandsteinsockel der aus geschliffenem Syenit bestehende Gedenkstein. — In Frauenbach bei Mittweida verunglückte in der Nacht vom Sonntag zum Montag in der dasigen Papierfabrik beim Auflegen eines Treib riemens der daselbst schon seit mehreren Jahren beschäftigte Arbeiter Ernst Thomas aus Frauenbach. Der Unglückliche gerieth in das Getriebe, und wurde der Körper förmlich zermalmt und ein Bein und ein Arm abgerissen. Nach einer Stunde unsäglichen Leidens entwich dem so zerrissenen Körper das Leben. Thomas hinterläßt eine Frau mit 4 uner zogenen Kindern. — Bei Eröffnung der Jagd am 1. September schoß ein Jagdpachter aus Dresden, Herr Hempel, auf Johnsbacher Revier einen Junghirsch an. Beim Nicken desselben wird er plötzlich von einem anderen ganz in der Nähe stehenden Jäger, welcher jeden falls dem Hirsche seine Ladung geben wollte, in die Beine geschossen, so daß er sofort niederstürzte. Posten und Schrot waren ihm durch die Waden gegangen, die anderen mußten vom Arzte heraus geschnitten werden. Der Unglückliche liegt in Glas hütte in Pflege. — Ein Münzfälscher ist in einem Dorfe be>