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Beilage zu Nr. 290 Zchönliurger Tageblatt und Waldenburger Anzeiger Di-nst°g, d »4 D-zemb. sie Aobelpreisverieilung. Die Feier in Stockholm. Die feierliche Verteilung der Nobelpreise sand in dem neuerrichteten Stockholmer Konzerthaus statt, des sen großer Saül mit 2000 Personen gefüllt war. Unter den Anwesenden befanden sich der König von Schwe den, mehrere Prinzen, sowie die Mitglieder der Re« gierung. Professor Schück, Vorsitzender des Vorstan des der Nobelstiftung, hielt die Begrüßungsrede. Nus den Händen des Königs empfingen die Professoren Franck, Hertz, Zsigmondy und Svedberg ihre Preise und Diplome. An Stelle von Bernhard Shaw, der nicht erschienen war, nahm der englische Gesandte in Stockholm den Literaturpreis für 1927 entgegen. Abends fand im Grand Hotel ein Festessen zu Ehren der Preisträger statt, an dem mehrere Mitglieder des königlichen Hauses teilnahmen. Am Sonntag gab der König ein Festmahl. In Oslo trafen bei dem Nobelpreiskomitee des Storthings Danktelegrammc der neuen Träger des Friedens-Nobelpreises Stresemann, Briand, Chamber lain und Dawes ein. Reichskanzler Dr. Marx sandte Dr. Stresemann ein Glückwunschtelegramm nach Genf. * Erklärungen Stresemanns und Chamberlains. Dr. Stresemann, der voraussichtlich am heutigen Montag nach Berlin zurückkehrt, hat anläßlich der Glüchvünsche, die den neuen Trägern des Nobelprei ses dargebracht wurden, den Genfer Pressevertretern ge genüber folgende Erklärung abgegeben: Die Verleihung des Nobel-Fricdcnprcises iü mir eine aufrichtige Freude und Genugtuung. Ich sebc in diesem Ergebnis weniger eine persönliche Ehrung sür die Außen- Minister Englands, Frankreichs und sür mich, vielmehr be trachte ich die Entscheidung als Symbol der Anerkennung, die die Welt der Politik zollt, deren Anfang durch die Na- inen London, Locarno, Gens und Thoiry gekennzeichnet ist. Das Ziel dieser Politik ist der dauernde Frieden und das Wohlergehen der Völker. Wird dieses Ziel erreicht wer den? Ich vertraue daraus, solange Männer wie Briand nnd Chamberlain die Geschicke ihrer Völker leiten, zwei Männer, die aufrichtig nnd unter Einsetzung ihrer ganzen Persönlichkeit eine wirkliche Verständigung erstreben nnd deren große Verdienste nm den Frieden der Welt bereits geschichtliche Tatsache find. Auch Chamberlain gab der Presse eine Er klärung, in der es heißt: Ich fühle mich sehr geehrt durch die Zuerkennung des Friedenspreises, weil dieser für das in Locarno vollbrachte Friedcnswcrk das Siege! internationaler Billigung darstcllt. Die Vertreter von sieben Mächten haben zu den dort er reichten Ergebnissen beigetragen. Aber der größte Teil jed weden Verdienstes darf von Briand und Stresemann be ansprucht werden, nnd eS ist mir eine doppelte Freude, daß mein Name mit dem ihrigen durch die Zncrkennun« des Friedenspreises verknüpft worden ist. Die umstrittenen Ostsestunaen. Di- votschasterkonferenz verweigert die Entlastung. Die Sitzung der Botschafterkonfercnz am Freitag nachmittag hat nicht das erhoffte Ergebnis gehabt. In den vorhergehenden Verhandlungen zwischen dem interalliierten militärischen Komitee und General von Pawelsz stellten sich in der Frage der Ostfestungen Nef- gehende Meinungsverschiedenheiten heraus. Offiziös wird darüber berichtet: Während General, von Pawel-z sich, bisher daraus be- schränkt habe, unter veranztehung juristischer Erwägungen Lie Zulässigkeit der alliierten Forderungen betreffend die Festungen im Osten -Deutschlands »»bestreiten, habe er sich fetzt lediglich auf den militarlkchen Standpunkt gestellt und »!e These vertreten, daß die an den Befestigungen auSge- führten Arbeiten unerläßlich gewesen seien, «°d daß sie trotz ihrer Bedeutung nur einen rein defensiven Ehgrakter trügen, der aber keineswegs zu Artikel 1üS des Versailler Vertrages in Widerspruch stehe. " Sämtliche alliierte« militärische« Sachverftiindige« seien sich jedoch darüber ciniggciocseu.dab diese Erklärungen nicht genügte«. Der gleichen Ansicht sei auch einstimmig die Botschasterkonserenz «ewcse«. Sie habe dah^ bezüglich der Erfüllung der militärische» Klauseln des Versailler Ver trages Deutschland nicht Entlastung erteilen können, „ich« einmal unter dem Vorbehalt der spätere« Behebung der letz te« scstgcstellten Verfehlungen. Die Botschafterkonfercnz habe mithin nur den Delegier- ten der in Gens vertretenen Mächte diese Tatsache znr Kennt- »iS bringen können. Sie habe nicht einen Zeitpunkt für «in« neue Sitzung anbcraumt. . Annötige Aufregung. Eine Polnisch« ScnsationSn,eld«ng. - Unter der aufgeregten Ueberschrift: „Vorbereitun gen Deutschlands zum Krieg mit Polen" bringt eine Warschauer Zeitung folgende angeblich aus Königs- berg stammende Meldung eines polnischen Nachrichten, bureaus: , „In dem ganzen ma,»irischen Grenzstrich, zumal kn den Kreisen, die an Polen grenzen, finden deutsche Militärmanöver statt. Die einzelnen Tru^ festgesetzt sind. Die militärische Manüveraktwn wrrd im ganzen Grenzviertel von Allenstein bis Tilsit ge- l h Zu dieser auch von anderen Warschauer Blattern übernommenen Meldung wird deutscherseits halbamtlich erklärt: Tic Meldungen über deutsch« Manöver ,n Ost preußen sind völlig ans der Luft gcgrm«»: es „»den zur Zeit dort lediglich Nebungen eines e,uz,gen Regi ments statt. Zelözugserinnerungen von West- und Ostfront. Aus den Erinnerungen Kraft für die Gegenwart zu schöpfen 'st das Ziel der geselligen Vereinsabende, die der Sachs. Militärverein „Deutscher Kliegerverein" Waldenburg für seine Mitglieder von Zeit zu Zeit veranstaltet, und die immer gern besucht werden. So war es auch am Sonnabend, als am Abend die Mitglieder im Hotel Gewerbehaus, dem Vereinelokol, mit den Frauen wieder zusammen kamen, um den Feldzugs erinnerungen von allen Ironien, die der für den Abend gewonnene Redner Herr Oberleutnt. Papperih so anschau lich darlegte, zu lauschen. Eine sehr zahlreiche Folge von Lichtbildern ernsten und heiteren Inhalts gaben ein klares und vollständiges Bild von Feldzugserleben und machten den Kameraden eine Zeit gegenwärtig, die als bedeutsamster Zeitabschnitt im Leben des Einzelnen steht. Der Vereinsvorsihende Herr vr. meä. R. Müller be grüßte mit herzlichen Worten die Anwesenden am Eingang des Abends und wies eindringlich darauf hin, die geschicht lich bedeutsamen Tage Im Leben unseres Volkes nicht zu vergessen und sich immer sür die Tradition einzusetzen. Auch der heutige Vortragsabend fei dem alljährlichen Ge denken des Tages von Villiers Brie gewidmet. Leiber habe man im Volke recht wenig Sinn noch für die Groß- taten der vergangenen Zeit, darum sollen sie im Verein hochgehalten werden. Einen besonderen Gruß richtete er noch an den Redner des Tages, der nun das Wort er- griff und nach kurzen einführenden Bemerkungen die Bil- der für sich sprechen ließ, dazu kurze, oft humorvoll ge- würzte, aber auch ernst betonte Erklärungen gebend. Mit den Bildern zeigte der Vortragende seine Feldzugsschick sale, die oben in Flandern begannen. Bilder von Brügge, Lille mit den grausamen Zerstörungen des Krieges, Kü ¬ sten- und Badeleben zeigten dos Leben in der Elapp«, langsam ging es Bild um Bild zur Front in die Graben anlagen des Stellungskrieges bis zur vordersten Linie. Eine seltene Aufnahme wurde mit dem Bild des Geschüt zes, das s Zt. Paris beschoß, gezeigt! Die Unterkünste für Mannschaften, Offiziere und Armeeleitung zogen am Auge vorüber. Dann ging es hinüber noch Osten im Kamps gegen die Russen an die Wilna, wieder zurück fesselten die Gebirgskämpfe in den Vogesen, nach der Reimser Stellung führte khn das Kriegsschicksol. Donn entrollte sich Bild um Bild aus den Kämpfen in den Korpaihen. Welche Schwierigkeiten dort durch keinerlei Karten zu überwinden waren, sah man >M Bild. Wie schwer es möglich wär, Verpflegung nachzubringen oder Verwundetezurückzuschoften, und welche Schwierigkeiten erst der Winter brachte. Dabei konnte man landsckasiliche schöne Bilder sehen. Sturm- und Stoßtrupp Ausbildung, der Dienst bet der Fluqzeug-Abtet- lnng waren Abschnitte des inhallreichen Vortrages, der mit einer Reihe von Bildern abschloß, die das ganze Grauen des Krieges in seiner Zerstörung von Natur-und Lebewesen zeigte. Es war eine erschöpfende Übersicht eines Feldzugslebens. Mil der Mahnung schloß der Vor tragende seine Worte, dieser Taten sich würdig zu erweisen, damit sie nicht umsonst waren. - Lebhaft dankte man für die vortrefflichen Darbietungen, dem besonderen Danke des Vereins an den Reder gqd der Vorsitzende lebhaften Ausdruck. In geselliger Weise verlebte man no ch manche Stunde, wozu ein Salonorchester der Stadtkopelle mit musikalischen Gaben die rechte Unterhaltung gab. Vermischte» „Der Oberste -rennt". — Der schweizerische Kurort Arosa hat be kanntlich einen recht lebhaften Fremdenverkehr. Die hauptsächlichsten Anziehungspunkte für die vielen Be sucher bilden die wunderbar gelegenen beiden kleinen Bergseen, der Obersee und der Untersee. Naturgemäß hat Arosa auch eine Feuerwehr. Eines Nachmittags raste nun kürzlich die Feuerwehr in voller Wildheit durch die Stadt, läutete Sturm und zog hinaus zum Obersec, begleitet von der Jugend, die solche Vorgänge mit Halloh und Schreien zu begrüßen Pflegt. Am Obersee angekommen, protzte die Feuerwehr ab und spritzte aus zwei Schlauchleitungen fast eine Stunde j lang Wasser in den See. Eine große Schar Neugieri ger wohnte diesem überaus seltenen Vorgang bei. Man schüttelte staunend die Köpfe und konnte schließlich durch das Ortsblatt erfahren, daß es sich um einen Probealarm handelte, dem die praktische Aufgabe zu Grunde lag: „Der Obersee brennt!" ' Krabbenfang im Wattenmeer. — Eine Eigenart der schleswig-holsteinschen Nord- seefischerei ist der Kräbbenfang, der eine hohe Bedeu tung erlangt hat. Die hauptsächlichsten Landungs plätze hierfür sind Büsum, Tönning und Marne. Hier sind NN Fahre 1924 nicht weniger denn 2'/« Mil- noneu Kilo gelandet worden. Damit steht SchleS- wig-Holstern weit über den Erträgen, die an anderer Stelle crrcrcht wurden. Den Gcsamtfang schätzt man ans etwa 4 Millionen Kilo. Die Krabben kommen in ungehenrcn Mengen im aanzen Wattenmeere vor. eine halbe Stunde lang der Zugluft aussetzt, di« durch das scheibenlose Fenster kräftig hereinwcht. Die Kur wird mehrere Tage lang fortgesetzt, bis die Schmer zen verschwinden. Offenbar ist die vom Volksglauben genährte Autosuggestion so groß, daß die schädlichen Folgen der Zugluft durch sie aufgehoben werden. Seit wann wird die Zitrone kultiviert? — Da man in den älteren rönrischen Berichten die Zitrone nirgends erwähnt findet, und auch Pli- Die wandernde Berliner Stadtküch« ist die neueste Erscheinung in den Straßen der Reichs- Hauptstadt. Wie sich die „Wurst-Maxen" sehr bald und sehr schnell eingeführt haben, werden auch die kleinen wandernden Wirtshäuser mit ihrer „Bouillon", zumal, wenn die Witterung sich winterlich einstellt, sicher guten Absatz zu verzeichnen haben. nius 'teine bestimmten Angaben darüber gibt, ist es nicht leicht, mit Sicherheit anzugeben, seit wann die Zitrone als Nutzpflanze kultiviert wird. Als ziem lich wahrscheinlich kann indes angenommen werdest, daß unter dem in den Schriften von Plinius erwähn« ten „medischen" oder „assyrischen Apfel", von dem er erzählt, daß er zum Schmuck der Häuser verwen det wurde, die Zitrone zu verstehen ist. Diese An nahme wird noch dadurch bestätigt, daß ncucrdinaS ein Forscher auf der Nachbildung eines antiken Wand gemäldes eine Pflanze dargestcllt fand, die wir ohne Zweifel als Zitrone erkennen, müssen. Zu Plinius' Zeiten, d. h. im ersten christlichen Jahrhundert, scheint man die Zitronenbäumchen also tatsächlich nur zum Schmuck der Häuser verwendet zu haben. Sie wurden zu diesem Zweck vermutlich schon in Kübel gepflanzt, ebenso wie es auch heute noch geschieht. Die Verwen dung der Zitrone in der Küche ist jedenfalls noch spä? teren Datums. Der Beginn der Zitronenkultur kn Italien ist also verhältnismäßig spät und keinesfalls vor das erste Jahrhundert n. Ehr. zu setzen. Woher komm«« di« EiS-crg«? — Jene kolossalen Eisfelsen, die oft bis ^100 ter hoch über das Wasser hinausragen und als rieM« schwimmende Inseln auf dem Meere treiben, stammen von den gewaltigen Gletschern der Arktis und beson ders der Antarktis (d. h. der nördlichen und südlichen Polargegenden), die ja als große Eisströme mit ihrew Enden, sozusagen Mündungen, in das Meer hinaus«« ragen. Dort brecbcn fortgesetzt riesige und kleiner« Bruchstücke, ost mit- Donnern und Tosen, ab. Diese als „Kalbeis" bezeichneten Bruchstücke, schwimmen dann als Eisberge hinaus und können wegen ihrer großen Masse lange Zeit hindurch der schmelzenden Einwir kung des wärmeren Wassers Widerstand leisten. Die genaue Größe der Eisberge ist schwer sestzustellen, weil sie zu etwa sieben Achteln ihrer gesamten Masse un tergetaucht sind, so daß der ost auch noch sehr erhebliche sichtbare Teil immer nur ein kleiner Bruchteil des gesamten Eiskolosses ist. Aber gerade die untergetauch- 1en, oft weit und spitz hervorragenden Partien sind eS, die die Eisberge der Schiffahrt so gefährlich machen und schon oft — man denke nur an die Katastrophe der „Titanic" — zu schweren Zusammenstößen geführt haben. — nn — Seit wann rasiert man sich? — Bartstoppeln, Haare, unreiner Teint usw. gal ten zu allen Zeiten als Schönheitsfehler. Schon Kö nig Ramses II. von Aegypten, der ums Jahr 1250 vor Christus lebte, hatte einen Hoffriseur; dieser batte sogar mit seinem Kopfe, für die Schönheit des Königs zu haften, und ausgegrabene Bildnisse zeigen, daß dieser Mann sein Handwerk verstanden hat. Die alten Römer ließen sich jedes einzelne Härchen auS- rupfen, ein Verfahren, das jeden Morgen mehrere Stunden in Anspruch nahm; denn nicht nur das Kinn, sondern auch Arme und Beine wurden in der gleiche« Weise mißhandelt. Zur Kaiserzeit, als der Sitten verfall des alten Rom schon erheblich fortgeschritten war und Körperkultur die einzige Beschäftigung des vornehmen Nichtstuers bildete, hielt man sich ein Heer von Sklaven. Diese Sitte ist übrigens auch in un seren Tagen noch nicht völlig ausgestorben. Zu Be ginn der Neuzeit erst kam das Rasieren auf. Für Deutschland war dieses Ereignis von ganz besonderer Bedeutung. Die Rasiermesser erforderten feinstes Ma terial und gediegene Arbeit, zwei Vorzüge, Vie oie deut sche Industrie zu allen Zeiten ausgezeichnet haben. So kam es, daß Rasiermesser aus Solingen oder Remscheid sehr bald in aller Welt beliebt und begehtt waren. -