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Meitage zum Ireiöerger Anzeiger und HageUatt F L3V Dienstag, de» 3. Oktober 18SS SS. ch Ent ¬ rinde». ißt 10 Seiten. sü» 1er hr verschied leiden unser re durch leit zur lummer- ren tief- anst" in n1»/,M°n, eigen rer 18S9, unk Frau. uns, den rcbt tr ltr, tüz M meiner cgesetzten, bekannten e beim einer nach : zu früh r ederger. Freiberg, ppendors, br. 189S. rger bliebenen. Standesamtsnachrichte» ans Großhartmannsdorf sür Monat September 1899. Geburten: Dem Postboten Paul Richard Schöne ein Sohn; dem Wirlhschastsbesiyer Karl Emil Neubert ein Sohn; dem Maurer Ernst Richard Oehme ein Sohn; dem Friseur und Zahnkünstler Karl Anion Metzler eine Tochter; dem Gutsbesitzer Max Kurt Weigand eine Tochter; dem Wirthschastsbesitzer Heinrich Robert Eilzer ein Sohn. Aufgebote: Der Fleischer Emil Woldemar Grauert in Frei berg mit dem Hausmädchen Marie Flora Kramer hier. Eheschließungen: Der Eisendreher Hermann Arthur Köhler in Leisnig mit dem Hausmädchen Lina Marie Reichelt hier; der Fleischer Emil Woldemar Granert in Freiberg mit dem HauSmädchen Marie Flora Kramer hier; der Maschinenschlosser Bruno Oskar Rößler in Wintersdors, S.-A. mit dem Dienstmädchen Marie Amalie Elisabeth Berger hier. Sterbefälle: Des Postboten Paul Richard Schöne Sohn lohne Vornamen), 1 T. alt; des Bäckermeister Robert Oswald Weichelt Sohn, Oswald Fritz, 5 M. 11 T. alt; der Bergarbeiter Ernst Louis Bernhardt, 54 I. 1 M. 12 T. alt; des Klempnermeistcr JuliuS Otto Kreher Tochter, Ida Martha, 1 M. 23 T. alt; der Bäckermeister Johann Alexander Klemm, 30 I. 6 M. 18 T. alt; die Handarbeiterin Johanne Christiane verw. Göpsert, 80 I. 10 M. 8 T. alt. die Mnd» spätestens U xpedition ein- gelrngen erst bdruck. Eine i der Anzeigen en kann nicht hriften sür ne Expedition, Theil «u die Standesamtsnachrichten ans Freiberg vom 29. und 30. September 1899. Geburten: Dem Geschirrsührer Zimmermann eine Tochter, dem Hüttenarbeiter Mende eine Tochter; dem Monteur Matthiis ein Sohn; dem Geschirrführer Günsel eine Tochter; dem Flachsspiunerei- arbeiter Geißler ein Sohn. Ferner eine uneheliche Tochter. Aufgebote: Der Handarbeiter Gustav Arrhur Hofmann in Furth und Frieda Thekla Anke daselbst; der Monteur Johannes Walz hier und Emma Margarethe Pfaff in Frcibergsdorf; der Sattler Eugen Richard Kieselbach aus Tilsit in Ostpreußen und die Schuhmacher»- witlwe Ernestine Pauline Hubert, geborene Lippmann hier. Eheschließungen: Der Bleiwaarensabrikarbeiter Paul Richard Pfeiffer und Anna Klara Lorenz hier. Sterbesälle: Des 's Bergarbeiter A. F. Müller Tochter, Anna Rosa, Näherin, 23 I. 3 M. 3 W. alt; der Landrichter Hugo Kindler, 39 I. 10 M. 27 T. alt; deS Cementsteinwaarensabrikarbeiter Moosdorf Tochter, Elisabeth Martha, 1 I. 7 M. 18 T. alt; deS Baibier May in Löbtau Sohn, Fritz Georg, 3 M. 2 T. alt; de» Geschirrsührer Altdorf Tochter, Elsa Gertrud, 1 I. 8 M. 3 T. alt; die Bergarbeiterswittwe Johanne Christiane Glöckner, geborene Böhme, 72 I. 1 M. 18 T. alt; des Stadtbauaufseher Wolf Ehefrau, Emma Auguste, geborene Kirbach, 44 I. 9 M. 22 T. alt. FamMen-Nachrichten. Geboren: Ein Knabe: Hrn. Zahnarzt vr. Jentsch in Bau tzen, Hrn. Pfarrer I)r. Dietterle in Burkhardswalde; Hrn. Wendelin Schwalbe in Plauen i. V.; Hrn. Gerhard Schrader in Leipzig. — Ein Mädchen: Hin. Wilhelm Brüssow in Dresden; Hrn. Betriebssekretär Oskar Graf in Plauen b. Dr.; Hrn. Richard Meutzner in Dresden; Hrn. Ernst Ullmann in Plauen i. V.; Hrn. Otto Heyne in Leipzig-A.; Hrn. Arthur Mayer in Leipzig. Verlobt: Hr. Leutnant Hans Landgraf in Königstein mit Frl. Wally H-user in Hagen i. W.; Hr. Ingenieur Franz Stockig in Berlin mit Frl. Else Ufert in Chemnitz; Hr. Carl Kurth mit Frl. Frieda Keller in Leipzig; Hr. Wilhelm Dubiner mit Frl. Pepi Kremenrr in Leipzig. Vermählt: Hr. Johannes Kaiser mit Frl. Selma Müller in Chemnitz; Hr. Realschullehrer oanä. rev. min. Gottwalt Kreußler mit Frl. Johanna Grüllich in Leipzig; Hr. Friedrich Schöndoerffer, Haupt mann im 146. Jnsanterieregimsnt, mit Frl. Christine Wapler in Leipzig; Hr. Alwin Ploetzke mit Frl. Toni Köhler in Leipzig. Gestorben: Fil. Lisette Guillod, früher Lehrerin sür Nabel arbeit, in St. Blaise b. Neuchätel; Frl. Henriette Thalmann, geborene Liebstem in Dresden; Frau Johanne Sophie verw. Schaff, geborene Sommer in Dresden; Frl. Marie Liebscher in Pirna; Frau Amalie Franziska Richter, geb. Ritter in Zwickau; Frau Louise verw. Bau mann, geb. Zenner in Plauen i. V.; Hr. Kaufmann Carl Wilhelm Fischer in Leipzig; Hr. Carl August Robert Kuhnert, Kaufmann iu Leipzig. Verschiedenes. * Wegen Gattenmorves bezw. Beihilfe dazu standen der Grundbesitzer Franz Pienczewsli und die 17Jahre alteKäthner- tochter Eva Tyburz vor dem Schwurgericht zu Thorn. Es handelte sich um die Unthat eines Mannes, der aus Liebe zu einem kaum dem Kindesalter entwachsenen Mädchen seine Frau, die Mutter seiner drei Kinder vergiftet hat. Der Angeklagte hatte sich in die schöne 96 Morgen große Besitzung hinein- geheirathet. Im vorigen Winter wurde der Angeklagte Sequester auf der Besitzung seines Nachbarn Tyburz und knüpfte ein Ver- hältniß mit der noch nicht 17jährigen Tochter Eva an. Er mar dem Mädchen gegenüber sehr freigebig und Letzteres hatte den Wunsch, ihn zu heirathen. An Kaisers Geburtstag redete sie auf ihn ein, er solle seine Frau bei Seite schaffen. Am 5. Februar gewann der Mordplan festere Form: es sollte Gift besorgt und der Frau auf Wurst gegeben werden. Der Angeklagte verschaffte sich am 10. Februar von auswärts Gift, angeblich um Ratten zu vergiften. Er gab es zunächst der Tyburz, am 11. kaufte er Fleisch, am Sonntag, 12. Februar, ging er pflichtschuldigst in die Kirche, kneipte dann bei seinem Nachbar Tyburz und gab schließlich einen Theil der eingekauften Wurst der Tyburz zur Durchsetzung mit dem Gift. Am Montag früh bot er kaltblütig ein Stück Wurst seiner Frau an, die mit dem jüngsten Kinde auf dem Arm ihm entgegen kam. Die Frau aß sorglos die Wurst, wurde aber bald darauf krank. Um den Fortgang seines teuflischen Werkes beobachten zu können, blieb der Angeklagte kaltblütig bei ihr, lehnte aber alle Aufforderungen, einen Arzt zu holen, entschieden ab. Die Fran rang unter ent setzlichen Qualen bis zum nächsten Mittag mit deni Tode und starb dann. Nachdem sie begraben war, hat der Angeklagte zwei Tage lang fröhlich gezecht. Am 20. Februar wurde die Leiche ausgegraben, sezirt und die Theile nach Berlin zum Gerichts chemiker vr. Jeserich geschickt. Obwohl die Untersuchung erst 14 Tage nach dem Tode begonnen wurde, gelang es doch, in den Leichentheilen Phosphorlatwerge mit aller Sicherheit nachzuweisen. — Der Angeklagte war im vollen Umfange des Giftmordes ge ständig, die Tiburz bestritt, die vergiftete Wurst zubereitet zu haben, wurde aber durch den Angeklagten belastet. Wie schon drahtlich mitgetheilt, wurde auf Grund des Wahrspruches der Geschworenen Pienczewsli wegen Mordes zum Tode und Ehr verlust, die Tiburz wegen Beihilfe zu 7^ Jahren Gefängniß verurtheilt. * Ein amerikanisches Panzerzimmer. In dem Maße, wie die technischen Hilfsmittel der Einbrecher vollkommener werden, wachsen auch die Ansprüche, die man an einbruchs sichere Räume, Kassen rc. stellt. So hat, wie der „Prometheus" der „Zeitschrift des Oesterreichischen Ingenieur- und Architekten- Vereins" entnimmt, die Union Trust Company in Pittsburg unlängst eine Kasse oder vielmehr ein Kassenzimmer ausführen lassen, dessen Wände aus Panzerplatten bestehen, die von der Carnegie Steel Company, welche auch die Panzer für die ameri kanischen Kriegsschiffe liefert, hergestellt morden sind. DicJunen- abmessungen dieses Raumes sind: 5,6 Meter Länge, 5 Meter Breite und 2,9 Meter Höhe. Der Panzer besteht aus ge schmiedeten, an der Oberfläche nach Art der Schiffspanzerplatten gehärteten Nickelstahlplatten, die zusammen das stattliche Gewicht von 180 Tonnen besitzen. Die Vorderplatte, welche so zu sagen die Fagade des Zimmers bildet, ist 203 Millimeter dick; sie allein wiegt 20,9 Tonnen. Sie ist zur größeren Sicherheit noch mit einer 165 Millimeter dicken gewalzten Platte hinterlegt die 17,3 Tonnen schwer ist. Die Vorderplatte besitzt eine kreis- : Braun u»> birg. — Lel> melle« Theil arg, jm -cn gner in Frei- hdruklerei uns chm Freiberg, l ß: «r. 7 se: Anzeiger Eingesandt. (Ohne Verantwortlichkeit der Redaktion.) st Keiler Häme Zekallen rx unMrv enrLntirt «vllcken «okvarrsn, »N<I LsiäsnsHoHs, äiv vir «Urvoti an ru dilU-sten krsii« L 6o., MMN 277. Männer. Aber sag' mal, weshalb in aller Welt bist Du denn so schäbig angezogen? Hast Du gespielt?" „Nein", erwiderte Carolath, „aber ich habe auf dem Lande gelebt, ganz abgeschnitten von aller Gesellschaft". Cora schaute ihn flüchtig, aber neugierig an. Dann stand sie auf, ging auf ihn zu, legte ihm die Hände auf die Schultern und sagte, ihm fest in die Augen schauend: „Irgend etwas ist mit Dir nicht richtig. Was ist's denn? Ich habe Dich schlecht behandelt, ja, das weiß ich. Hast Du all Dein Geld für mich hergegeben? Freilich, ich brauche viel Geld, ohne das kann ich nicht leben. Aber augenblicklich habe ich ge nug davon, und Du sollst mit mir theilen. Da, hier hast Du meine Börse. Wir sind doch alte Freunde, weißt Du." Ehe er es hindern konnte, ließ sie eine Hand in die Tasche gleiten und zog eine Börse heraus, die sie ihm aufnöthigen wollte. „Ich weiß nicht, wie viel drin ist", fügte sie hinzu. „Ich zähle mein Geld niemals. Aber irgend welche Banknoten sind drin — vorläufig genug, daß Du damit auskommen kannst." „Aber ich denke nicht daran, das Geld zu nehmen", sagte Carolath heftig. „Ich habe selbst, was ich brauche." „Na, zum Teufel, weshalb kleidest Du Dich denn so schlecht?" fragte Cora ärgerlich. „Früher zogst Du Dich doch so gut an." „Das will ich auch wieder", entgegnete Carolath lachend. Cora nahm wieder ihren Platz ein. „Gut", sagte sie gekränkt, „ich denke, wir verstehen einander. Du hast mich früher für einen Engel gehalten, und jetzt meinst Du, ich sei ein Teufel. Wer weiß? Ich bin wohl weder das eine noch das andere, sondern nichts weiter als eben nur ein Weib. Ach bitte, schau mich nicht so an! Ich weiß ganz genau, was Du jetzt denkst. Du begreifst nicht, wie Du je in mich ver liebt sein konntest! Das heißt mit anderen Worten, Du liebst eine andere, irgend ein junges Ding vom Lande, ganz Unschuld im weißen Musselinkleid! Na, hab' ich nicht recht?" Carolath mochte in diesem Punkte ihre Neugier nicht befrie digen. Weder wollte er sie kränken, noch vermochte er es über sich gewinnen, hier den Namen seiner Braut auszusprechen. So gab er irgend eine ausweichende Antwort. Darauf versuchte Cora ihren Gefühlen Luft zu machen, in dem sie die Klingel heftig in Bewegung setzte. „Champagner!" rief sie dem eintretenden Diener zu. „Wir wollen ein Abschiedsglas mit einander trinken", meinte sie dann zu Carolath gewendet. „Du kommst natürlich heut zum letzten Male zu mir; das weiß ich recht gut." Der Champagner wurde gebracht, und sie schenkten tapfer ein. Die prickelnde Flüssigkeit that dem jungen Mann wohl; auch Cora gewann ihre gute Laune schnell zurück; sie machte gar nicht erst den Versuch, ihre alte Herrschaft über Carolath wieder zu erlangen; sie mochte wohl einsehen, daß der Versuch ihr doch nicht glücken würde, oder vielleicht verbot ihr auch ein besseres Gefühl, sich zwischen ihn und seine Liebe zu drängen. (Fortsetzung folgt.) runde Oeffnung von 2,21 Metern Durchmesser, die durch «« gleich große kreisförmige Thür geschlossen wird. Diese Ein« gangsthür besteht aus einer etwa 7 Tonnen schweren Panzer platte, die mit einer Gußstahlplatte gefüttert ist, welche in der Mitte 76 Millimeter und am Umfang 152 Millimeter mißt. Das Gesammtgewicht dieser Thür beträgt 10,4 Tonnen. Die beiden Seitenwände sind aus je einer Platte von 152 Millimeter Dicke gebildet, deren jede 13,6 Tonnen schwer ist, während die gleich starke Rückwand 20,4 Tonnen wiegt. Decke und Fußboden sind aus je zwei Platten von ebenfalls 152 Millimeter hergestellt. Jede dieser Platten wiegt rund 19 Tonnen. Die Verbindung der einzelnen Platten ist ohne alle Bolzen ausgeführt, die Ränder fänimtlicher Platten sind mit Feder und Ruth versehen, die so genau ineinandergreifen, daß eine Lockerung der Verbindung ganz ausgeschlossen ist. Die Bodenplatte ruht auf einem massiven Fundamentmauerwerk. Die kreisförmige Eingangsthür schließt hermetisch und ihr Verschluß wird durch 27 radial angeordnete Riegel bewerkstelligt, die mittelst dreier Schlösser versperrt werden. Volkswirthschafl. Chemnitzer Marktpreise vom 30. September 1899. Weizen, fremde Torten 8.30—9.05 Mk., weiß und bunt—.— Mt. si» —Mk., sächs. 7.85—8.10 Mk., Weizen, dieSj. Ernte 7.60 bi» 7.95 Mk., nieder!. Roggen, 8.20 bis 8.35 Mk., sächsischer Roggen, 8.20 bis 8.35 Mk., hiesiger Roggen 7.60 bis 8.00 Mk., preußischer Roggen 8.20 bis 8.35 Mk., Roggen, neu, —bis —Mk., sremder Roggen 8.20 bis 8.35 Mk., türkischer Roggen —bis —Mk., fremde Brau gerste 8.25 bis 9.25 Mk., sächsische Gerste 7.50 bis 8.25 Mk., Futter gerste 6.25 biS 7.25, Hafer, preußischer, 7.45 bis 7.65 Mk., Hafer sächsischer alter, 7.45 biS 7.65 Ml., Hafer, sächsischer, »euer 6.70 bis 7.20 Mk., Hafer sremder, —biS —Mk., Koch-Erbsen 9.— biS 10.— Mk., Mahl- und Futter-Erbsen 7.25 bis 8.00 Mk. Preisnotirung der Produkien-Börse zu Chemnitz bei Abnahme von 10000 Kilogramm. He« 3.40 bis 4 20 Mk., Stroh 2.40 bi» 2.80 Mk., Kartoffeln 2.50 biS 2.75 Mk. pro 50 Kilo. Butter 2.20 bi» 2.60 Mk. pro 1 Kilo. Leipzig, 30. September. Produktenbörse. Weizen loco Mark 151 bis 155, neuer 144—154, geringer 135—144, ausländischer 164 bis 177 fest. Roggen loco Ml. 158, biS 163, neuer — bis —, Posener — bis — fest. Rüböl, loco Mt 47'/. bcz. Fest bei knappem Angebot. Spiritus (L 70 Mk. Verbrauchssteuer) 70er loco Mk. 44,60 G., 50er loco Mk. —. Fiebes-Rebelleu. Roman von Roy Tellet. (SL. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten-' XXIV. Cora saß in einem Lehnstuhl, mit dem Rücken zur Thür, die Hände hinter dem Kopf gefaltet, in einer Stellung, die deut lich ihre üppigen Formen hervortreten ließ. Als Carolath näher kam, wandte sie den Kopf halb nach ihm um und reichte ihm über die Lehne hinweg die linke Hand zum Gruß. Caro- lath nahm sie; er fand sie groß und plump und garnicht so weiß, wie er sic sich immer vorgestellt hatte. „Da wärst Du also wieder, aurv mio", sagte Cora lässig. „Was ist denn mit Dir los gewesen die ganze Zeit über?" Ihre Sprache schien ihm gemein. War das wirklich die selbe Frau, die er einst so leidenschaftlich geliebt hatte? Sie war ja um zehn Jahre älter als er; ihre Figur war plump, die Augen erschienen künstlich vergrößert durch beUu äonnu; die Lippen — gefärbt, der leuchtende Teint — Kunst; und dann dieser ent setzliche Patchouliduft! Wer von ihnen beiden hatte sich so ge ändert, oder wie kam es, daß er all das früher nie gemerkt hatte ? Nur eines gefiel ihm an ihr: sie schien so wohl wie nur je. Wie sollte er sich nur dies Räthsel erklären? „Ich bin auf dem Lande gewesen", erzählte er; es war ihm unmöglich, ihr die Wahrheit zu berichten. „So! — ach, setz' Dich, bitte, hierher — mir gegenüber. Du bist also auf deni Lande gewesen? Ich glaub's wohl. Weißt Du, mein Lieber, man sieht Dir's an." Und Cora brach in lautes, hartes Lachen aus. . „Erinnerst Du Dich auch", fuhr sie dann fort,' „daß Du Dich sehr häßlich betragen hast, als Du zuletzt hier warst?" „Wirklich?" fragte Carolath gespannt. „Wirklich, fragst Du noch! — Na, ich will's meinen. Du warst damals ein ganz abscheulicher Mensch." „Ja, was hatte ich denn gethan?" „Oh, Du Heuchler, thu' doch nicht, als wüßtest Du von nichts! Auf Deinen Knien solltest Du mich um Verzeihung bitten!" „Bitte, hilf doch meinem Gedächtniß nach und erzähle mir etwas davon! Ich weiß nur, daß ich an jenem Abend sehr auf geregt war." „Nur aufgeregt, mein Lieber? — Toll warst Du geradezu! Und um nichts! Als ob ich nicht mal einen Freund bei mir zum Abendbrot hätte haben dürfen, ohne Dich erst um Erlaub- niß zu fragen! Weißt Du, als Du ins Zimmer stürztest, da hast Du ausgesehen, wie ein wildes Thier. Ordentlich Angst bekam ich im Augenblick vor Dir. Und dann griffst Du noch nach einem Messer! Das war doch höchst unpassend und mußte einen erschrecken. Wie Du es nun mit einem furchtbaren Blick hochhobst, da sprang ich auf und fiel rücklings über den Ofen vorsetzer hinweg zu Boden. Du mußt wissen, was weiter ge schah, ich weiß von nichts — denn ich war ohnmächtig geworden. Aber es war doch nett von Dir, daß Du wenigstens das Geld dagelassen hattest; ich nahm es als Deine Entschuldigung; ich konnte es gerade gut gebrauchen." Carolath hörte mit angespannter Aufmerksamkeit zu. Er mußte sie doch sicherlich mit dem Messer verletzt haben, aber durch dm Schreck und die gleich folgende Ohnmacht hatte sie es wahr scheinlich gar nicht gefühlt oder bemerkt. „Meinen Freund hast Du fast noch mehr erschreckt als mich", suhr Cora laut lachend fort. „Er lief davon wie ein scheuge- wordenes Pferd. Ich necke ihn heute noch damit. Als ich wie der zu mir kam, war er fort; das Geld lag verstreut auf dem Fußboden, die Tischdecke war halb herabgerissen, und das meiste Geschirr natürlich zerschlagen; sogar von einem Messer war die Klinge abgebrochen". Jetzt wurde dem jungen Manne alles klar. Das mußte offenbar das Messer gewesen sein, mit welchem er den Streich geführt. Wahrscheinlich hatte es an dem Stahl von Coras Mieder Widerstand gefunden und war abgebrochen, während er geglaubt, daß es ihren Körper durchbohrt hätte. Das war da mals alles so blitzschnell geschehen, und er hatte sich in solcher Aufregung befunden, daß ihm für Beobachtungen keine Zeit blieb. „Jedenfalls war Dir nichts gescheben", bemerkte er im Tone großer Erleichterung. „Nichts weiter, als was Essig und Löschpapier nicht hätte gut machen können," entgegnete Cora. „Nur mein Kleid hatte ich mir vorn aufgerissen, obgleich ich mir garnicht denken kann, wie das kam." Offenbar hatte sie keine Ahnung davon, daß Carolath wirk lich nach ihr gestochen. Sie bildete sich ein, daß er alles nur ge than, um sie zu erschrecken, und jetzt amiisirte sie der Gedanke, daß es ihm so gut gelungen war. Daß es jemanden im Ernst Unfällen konnte, ein so reizendes Wesen, wie sie es war, um- bringen zu wollen, das kam ihr garnicht in den Sinn. Kein Gefühl der Sicherheit ist stärker, als das, welches sich auf Selbst schätzung gründet. „Ich nehme an, Du bist gekommen, um mich um Verzeihung zu bitten", fügte Cora hinzu. »Ich hoffe, Du wirst meine Entschuldigung annehmen, wenn stauch etwas verspätet kommt", sagte Carolath. Jeder Funke Balten Grolls war erloschen; ja er war ihr sogar in einer Art dankbar, daß sie seiner Rache entgangen und ihn davor bewahrt hatte, an ihr zum Mörder zu werden. „Oh ja, ich nehme sie an," entgegnete Cora auf seine Ent schuldigung. „Ich trage Dir nichts nach. Jetzt wirst Du sicherlich vernünftiger sein. Deinen Augen sehe ich's an, daß Du ein gut Theil gelernt hast, seit Du zum letzten Male bei mir warst. Damals warst Du ja noch ein halber Knabe, und es machte mir Spaß, Dich ein bißchen zum Narren zu haben. Du weißt doch, daß die meisten Jünglinge sich zuerst in Frauen ver lieben, die älter sind, als sie selbst? Aber sie kommen schon drüber binweg. Du machst Dir jetzt nicht mehr die Bohne aus mir — das merk' ich wohl, und unter uns gesagt, mir thut das tzar nicht leid. Es war wirklich furchtbar unbequem für mich, immer so gut und anständig in Deiner Gegenwart zu thun." Sie besaß einen unglaublichen Freimuth, dieses große, hüb sche Weib. Für Carolath war das, was sie eben gesagt, nicht gerade schmeichelhaft, aber eigentlich gefiel ihm das ganz gut an ihr. „Du mußt nicht etwa glauben, daß ich Dich damals nicht mochte , fuhr sie fort, während sie die reichberingte Rechte vor den Mund hielt, um mühsam ein Gähnen zu verbergen, „Du weißt wohl, daß Du sehr hübsch bist, und ich liebe hübsche