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Nr-td-r«er «kqeis-r <«d Lagedlitt. Sette r. — 21. Mai 11« ISS» p u d e, Z da er he so A V ei si vi und F« 'den enl wie dei Kinder betreff« manda Thamt nnd n< dieser einen in de« Boote -m» T die fik Glied« Kirche und k krönte Dürft Missi heute Gefül ^raul T deffr, nnd Plan deu I Grz» sich Der als I Aor von zwisi «rker sorg, dem säße mir selb« sollt uns« und sich deS pass verl Abt verl „D Uns ein ant vor Ab Hal der Eb fta> In uni ein Ml Ri m, nm UN Bl Hel ebl mi sch uv de PolMsche Umschau. Freiberg, den 20. Mai. Bekanntlich muß jeder preußische Prinz ein Hand werk erlernen. Wir haben bereits gestern mitgetheilt, daß Kronprinz Wilhelm in Plön einen Kursus im Drechslerhandwerk durchmachen wird. Hinzugefügt sei noch, daß der Deutsche Kaiser die Schriftsetzerei erlernt hat. Kaiser Friedrich lernte die -Tischlerei, Prinz Leopold das Schlosserhandwerk. Das Netz der Flottenvereine, welches bereits über Deutschland ausgespannt ist, um die Binnenländer über die Be- -deutung einer starken Flotte für unser Vaterland aufzuklären, wird immer dichter. Immer lauter aber räsonniren auch frei sinnige und sozialdemokratische Blätter über diesen „Unfug". ^Weshalb „Unfug"? Ist es nicht eine in hohem Grade verdienst liche Aufgabe, die Bevölkerung über diese bedeutsame nationale Sache zu belehren? Die „Freisinnige Zeitung" erklärt in wenigen Zeilen, weshalb diese Angst vor den Flottenvereinen auf der Linken um sich greift: „Die Flottenvereinc haben — so schreibt das Richtersche Organ — doch weiter keinen Zweck, als das Volk auszuregen gegen den Reichstag für den Fall, daß derselbe ein mal neue über das Flottengesetz hinausgehende Vermehrungen .der Flotte ablehnen sollte." Was geht im Grunde genommen -die „Freisinnige Zeitung" das an? Das Flottengesetz haben ihre -Leute abgelehnt, und daß dieselben grundsätzlich und unter allen Umständen gegen jede noch so nothwendige Verstärkung der nationalen Wehrkraft stimnien, kann als so selbstverständlich er dachtet werden, daß man darüber kein Wort zu verlieren braucht. Daß nun die Flottenvereine im Volke das Berständniß für die Verwerflichkeit einer solchen grundsätzlichen Opposition in nationalen Dingen verbreiten und dadurch der Demokratie Boden abgraben, bringt di« Bedrohten in Angst. — Ein gutes Zeichen! Die auch in d. Bl. übergegange Meldung, daß sder Ab geordnete Freiherr Heyl zu Herrnsheim für die Zwecke der Lungenheilstätten eine Schenkung von drei Millionen Mark ge macht habe, wird von der „Kölnischen Zeitung" als unbegründet bezeichnet. In der zweiten hessischen Kammer wurde am 16. und 17- dss. Mts. über die Interpellation des Abg. David über die Vor kommnisse am Gymnasium zu Darmstadt verhandelt. ES wurde behauptet, daß ein Lehrer des Gymnasiums, vr. Ahlhcim, dem Sohne deS Oberschulrathes Dettweiler fortgesetzt über daS mäßig frei wird, waren gegen zwanzig Anwärter vorgrmerkt selbst wenn alle 2880 Pariser Briefträger entlassen worden wären, wären noch unbefriedigte Bewerber geblieben. Die Störungen im Gesellschafts- und Geschältsleben waren allgemein und unleidlich, trotz der Anstrengungen, die die Verwaltung machte, um aus dem Stegreif einen Bestellungsdienst einzu richten; die als Briefträger verwendeten Garde- und Linien soldaten zeigten großen Eifer, doch ungenügende Gewandtheit. Skttzlanv. Zar Nikolaus hat eine Kommission einbe« rufen, welche über die Abschaffung der Deportation von Verbrechern nach Sibirien berathen soll. Damit würde eines der häßlichsten Kapitel auS der Kulturgeschichte Rußlands seinen Abschluß finden. Es wird hierüber telegraphirt: Peters burg, 19. Mai. Hier wurde unter dem Vorsitz des Zaren eine Konferenz zur Berathung der Deportationsstage abgehalten. Dabei zog der Kaiser Nachstehendes in Erwägung: Der seit dem 17. Jahrhundert bestehende Modus der Deportation von Ver brechern nach Sibirien hat sich, je mehr das Land durch frei- willige Ansiedler besiedelt wird, nicht nur als unnütz, sondern sogar als schädlich für Sibirien erwiesen. Mit der Verbesserung der Verkehrsmittel und der fortschreitenden kulturellen Ent wickelung Sibiriens hat die Deportation allmählich oen Charakter einer Strafe verloren, während der Schaden, der dem Gebiete durch die Verbannung von Verbrechern dorthin zugefügt wird, mit jedem Jahre größer wird. Nachdem sich mit der Frage der Aufhebung der Deportation und der Zwangsarbeit bereits die Kaiser Alexander ll. und Alexander III. beschäftigt haben, be trachtet Kaiser Nikolaus diese Angelegenheit als ein Vermächtniß seiner Vorfahren und erblickt in der Deportation ein schweres Hinderniß für die Entwickelung Sibiriens. Er hat daher be fohlen, daß unter dem Präsidium des Justizministers eine Kom mission zusammentrete, die über den Ersatz der Deportation durch andere Strafen und über die damit zusammenhängenden Angelegenheiten berathen soll. Rußland ist m der Frage der chlnestsche« Nordbahne» und seiner Ansprüche von einer Offenheit, die i« London ver blüfft und das Tsungli-Damen in Peking sprachlos macht — die hohen Herren der chinesischen Regierung deshalb, weil sie geglaubt hatten, trotz aller bisherigen Erfahrungen auch Rußland gegen über noch eine gewisse Selbständigkeit zu haben. Sie ließen sich daher gegenüber der russischen Forderung einer direkten Bahn verbindung von der mandschurischen Strecke mit Peking zu einem Protest an den russischen Gesandten v. Giers verleiten. Das bekam ihnen nicht gut, denn dieser wurde ohne weiteres zurück- gewiesen, die Annahme des Schriftstückes verweigert. Selbst die „TimeS" meldet: „Das Tsungli-Damen verständigte die britische Gesandtschaft am 10. Mai amtlich, daß Rußland eine Eisenbahn von der Mandschurei nach Peking verlange. Im Laufe einer Unterredung mit dem früheren Leiter der Eisenbahnen Hu-Zu-Fen erklärte Podschew, der Direktor der russisch-chinesischen Bank, die gegenwärtige russische Forderung sei die Folge des Vorgehens Chinas, weil es den Vertrag wegen der Niutschwangbahn den Wünschen Rußlands zuwider unterzeichnet habe. Rußland habe seine Opposition gegen den Bau dieser Eisenbahn trotz des Ver trages nicht aufgegeben und werde sie fortsetzen." — Das ist eine schwere Drohung, die dem englisch-russischen Vertrage jede Be deutung nimmt. Er wurde schon von vornherein als bedeutungs los bezeichnet, aber auch in jenen englischen Kreisen, die ihn als großen Erfolg priesen, wird er jetzt als Blendwerk bettachtet. Aus Peking läßt sich die „Times" melden, in dortigen diplomatischen Kreisen herrsche allgemein die Ansicht, daß das englisch-russische Uebereinkommen nur dazu bestimmt sei, die britischen Wähler zu blenden, nicht aber wirklich die Beziehungen der beiden Mächte im äußersten Osten zu verbessern. Den Chinesen wird aber immer deutlicher klar werden, daß sie unter der Vormundschaft Rußlands stehen, wenn ihnen auch noch eine gewisse Selbständig-! keit gelassen wird. Den Schein einer solchen haben die klugen Ruffen ja selbst dem Emir von Buchara gelassen. Vereinigte Staate«. Aus Manila sind wieder Privat nachrichten eingetroffen, die natürlich von den amerikanischen Berichten weit abweichen und ein ganz anderes Bild von den Ereignissen und Zuständen geben. Zunächst wird mitgetheilt, daß der General Lawton sich freiwillig wieder von Santa Cruz nach Manila zurückzog. Er war von den Philppinern an gegriffen worden, hatte ziemlich bedeutende Verluste erlitten und ging Hals über Kopf nach Manila zurück. Die gegen wärtige Hitze und der Regen sollen unter den amerikanischen Truppen starke Verluste Hervorrufen. Von dem Regiment Cincinnati sind 400 Soldaten wegen Insubordination verhaftet worden. Die Philippiner stehen unentmuthigt im Felde und werden den Kampf aushalten, wie lange er auch dauern möge. Die dort ansässigen Fremden schreiben, es habe den An schein, als wenn der Philippinerkrieg von den Generalen aus persönlichem Interesse weiter geführt würde, denn wenn man in der Union von den thatsächlichen Verhältnissen genau unterrichtet wäre, würde den unerquicklichen Zuständen schon längst ein Ende gemacht worden sein. Die wirthschaftlichen Interessen aus den Philippinen, namentlich diejenigen der Fremden werden mit Füßen getreten. Deutsche und Engländer, welchedortdie größten und meisten Geschäfte besitzen, erleiden fortwährend die größten Verluste. Mit einer unverkennbaren Zartheit hat „Reuters Bureau" dieser Tage darauf hingewiesen, daß in den Auswärtigen Aemtern von Berlin, London und Paris Hoh« Entschädigungsansprüche gegen die Union wegen Schädigung der Fremden auf Cuba eingebracht worden seien. Diese Agentur fügt hinzu, das Kabinett von Washington werde wohl diese Ansprüche anerkennen, obwohl es dazu nicht ver pflichtet wäre. Dieser letztere Standpunkt ist nach sonstigen englischen Anschauungen neu, denn England hat bisher überall die unbedingte Entschädigung seiner Angehörigen verlangt. Der Union gegenüber scheint man aber mildere Seiten aufzuziehen. Wenn die Union ihre Entschädigungspflicht auf Cuba anerkennt, so kann sie sich dieser Verpflichtung hinsichtlich der Philippinen auch nicht entziehen. Mit der neuesten Post aus Samoa sind wiederum über die letzten Kämpfe bei Apia ausführliche Berichte eingegangen. Der erste Bericht stammt von dem Führer des Kutters der deutschen Handels- und Plantagen-Gesellschaft der Südsee und stützt sich in der Hauptsache aus Mittheilungen eines englischen Missionars, so daß ihm eine gehässige Tendenz gegen die britischen Befehls haber auf Samoa nicht wird nachgesagt werden können. Der Bericht lautet wie folgt: „Bericht über die Beschießung unk die Niederbrennung der samoanischen DörferSaluasutu, Luvi-Luvi, Faluapuga durch das englische Kriegsschiff „Porpoise", Kommandant Kapitän Stnrdee. Den 21. März 10 Uhr Morgens kam die „Porpoise" vor dem Saluafutu-Hafen an, legte sich quer vor die Einfahrt nnd boinbardirte ohne vorherige Anzeige an die dort wohnenden Deutschen und Engländer, und obgleich der Kommandant wußte, daß iu den, betreffende» Distrikt keine samoanischen Krieger waren, die Dörfer: Saluasutn, Luvi-Luvi Maß des Zulässige« weit hinausgehende „Nachhilfen" zu Thei^, werden ließ, und daß der junge Dettweiler seine „PräparationS" zettel" in mehreren Fällen an Mitschüler verkaufte. Staats minister Rothe verlas in der Kammer die Antwort auf die Inter" pellation. Danach hat der Ministerialrath Soldan gegen den Oberfchulrath Dettweiler und den Gymnasialrath Ahlheim eine Disziplinaruntersuchung eingelettet. Beide erhielten eine Ver warnung. vr. Ahlheim wurde im dienstlichen Interesse an eine andere Anstalt versetzt. Infolge neuerlicher Mittheilungen in der Presse habe Dettweiler eine neue Disziplinaruntersuchung gegen sich beantragt, die Seiten- des Ministeriums sofort einge leitet und noch im Gange sei, Ministerialrath Soldan ergänzt die Erklärungen des Ministers, laut „Mainzer Anzeiger," noch in einigen Ausführungen. Zur Beurtheilung der Sachlage ging Redner eingehend auf die neueren Methoden des lateinischen und griechischen Unterrichtes ein und beleuchtete sodann den Fall des jungen Dettweiler im Speziellen. Als der Vater hierher versetzt wurde, ward er häufig ob der Leistungen seines Sohnes angeredet, die immer geringer wurden. Namentlich als er die Tanzstunde besuchte, zeigte er sich auffallend zerstreut. Es er boten sich mehrere Lehrer zum Unterricht, nicht vr. Ahlheim allein. Die Themata wurden mit dem jungen Dettweiler durch- gegangrn, aber auch mit einer Anzahl anderer junger Leute und ganz entsprechend den Anordnungen, wie sie Professor Schiller in Gießen und Oberfchulrath Dettweiler talS Direktor in Bens heim gegeben. Diese Anleitungen wurden unentgeltlich ertheilt. Eine Nnklugheit und eine Verfehlung habe Ahlheim dadurch be gangen, daß er die Themata mit Dettweiler jun. in seiner Woh nung nochmals durchging. Das habe zu der Mißdeutung Anlaß gegeben, daß man sagte, der junge Dettweiler sei als Sohn des Oberschulrathes anders behandelt worden als andere Schüler. Eine Verfehlung liege vor, aber nicht derart, daß eine strengere Ahndung, als geschehen, am Platze wäre. Gne Ueberschreitung zulässiger Grenzen der Vorbereitung sei ausgeschlossen. Die Noten, welche der junge Dettweiler erhalten, feien keine besonders guten. ES seien ihm keine Eselsbrücken gebaut worden.— Diese Erklärungen des Regierungskommissars wurden in der Besprechung der Interpellation von fast allen Abgordueten als unzulänglich bezeichnet, und das Verhalten der Herren Dettweiler und Ahl heim scharf verurtheilt. Staatsminister Rothe erwiderte, daß er einen juristischen Hilfsarbeiter im Ministerium mit der Unter suchung betraut habe und über das Ergebntß derselben der Kammer sofort nach Abschluß Mittheilung machen werde. Oesterreich. Die 13 Deutschnationaleu und Schoenerianer in Böhmen haben ihre Landtagsmandate niedergelegt, da sie der Ansicht sind, daß der Oberstlandmarschall den MandatS- verlust auszusprechen hatte, und sie ihre Mandate nicht der Gnade der Jungczechen verdanken wollen. Die Mandatsniederlegung bereitet weder den Czechen noch der Regierung Unbehagen, sie richtet ihre Spitze auch nicht gegen sie, sondern gegen die anderen deutschen Abgeordneten, di« bei den Wählerschaften in den Schein gebracht werden sollen, fortan ihre Mandate von ThunS und der Czechen Gnaden zu besitzen. Dieser Schein kann bei der leidenschaftlichen Erregung der Deutschböhmen manchem Deutschsortschrittler zum Berhängniß werden, und es sollte uns nicht wundern, wenn in den nächsten Tagen in den verschiedensten Wahlkreisen die Ausforderung an ihre deutschfortschrittlichen Ver treter laut würde, dem Beispiel der Radikalen zu folgen oder eines Mißtrauensvotums gewärtig zu sein. Der Zwischenfall ist nicht danach angethan, die Hoffnungen auf ei« rasches und völliges Gelinge« der Wiener Verttauensmännerberathungen über die national-politischen Forderungen der Deutschen in Oesterreich zu be festigen; jedenfalls ist es heute noch zweifelhaft, ob das Ergebniß der Berathungen schon am Pfingstsonntag, wie bisher erwartet wurde, veröffentlicht werden kann. Der „Voss. Ztg." wird über diesen Gegenstand gemeldet: Wien, 19. Mai. Ueder die Verhandlungen der Vertrauensmänner wegen Feststellung deS Programmes der Deutschen verlautet Folgendes: Die Forderungen enthalten zu nächst einen politischen und sprachlichen Abschnitt; der zweite Theil enthält die Forderungen der Deutschen in den einzelnen Kronländern. Ueber die Forderung der Anerkennung der deutschen Sprache als Vermittlungssprache herrschte volle Einigkeit. Ueber andere Punkte sowohl deS allgemeinen wie des besonderen Pro grammes entspann sich eine lebhafte Debatte, namentlich betreffs der handelspolitischen Beziehungen zum deutschen Reiche, in welcher Frage die Christlich-Sozialen gegenüber den anderen Parteien eine abweichende Stellung einnahmen. Es wurde im Wege eines Kompromisses eine Neusormulirung der bezüglichen Stellen des Programms vorgenommen. Der gestrigen Sitzung des niederösterreichischen Landtags wohnte die Opposition bei. Landmarschall Baron Gudenus giebt eine Erklärung ab, in welcher es heißt, er habe, als er für eine energische Führung des Vorsitzes eingetreten sei, nicht dem Grundsatz beipflichten wollen, daß Abgeordnete nach Maßgabe des Urtheils des Präsidiums wegen des Inhalts ihrer Reden verschiedenartig behandelt, oder daß ihnen zugefügte Be leidigungen gut geheißen werden dürften. Er habe vielmehr eine solche Führung des Vorsitzes im Sinne gehabt, durch welche Provokationen und Szenen, welche mit der Würde des Landtags unvereinbar seien, verhindert würden. Abg. Lueger bringt unter Bezugnahme auf die Duellforderung Heiterer-Gutenus einen Driuglichkeitsantrag ein, durch welchen der Verfassungsausschuß aufgefordert wird, noch in dieser Session Anträge vorzulegen, welche verlangen, daß die Redefreiheit der Abgeordneten und die Freiheit des Vorsitzenden hinsichtlich der Geschäftsleitung gesichert wird. Der Landmarschall bittet, diese Angelegenheit als eine Privatsache zu betrachten und die Dringlichkeit abzulehnen. Er werde sich bei der Erfüllung seiner Pflichten von keiner privaten Seite beeinflussen lassen. Nach kurzer Debatte wird die Dring lichkeit mit 37 gegen 30 Stimmen angenommen. Dagegen stimmten die Großgrundbesitzer, die Sozialpolitiker, die Liberalen nnd ein großer Theil der Deutsch-Nationalen. Frankreich. Präsident Loubet hat an Kaiser Nikolaus folgendes Telegramm gerichtet: „Es drängt mich, Eurer Kaiser lichen Majestät zum Geburtsfeste meine Glückwünsche und die Versicherung meiner Gefühle sehr lebhafter und tiefer Freund schaft auszusprechen." Kaiser Nikolaus antwortete: „Ich danke Ihnen aufrichtig, Herr Präsident, für Ihren liebenswürdigen Glückwunsch und erneuere Ihnen den Ausdruck meiner unwandel baren und aufrichtigen Freundschaft." Eine Note der „Agence Havas" besagt: Der gestern nicht be stellte Theil der Post wird mit der heutigen Post ausgetragen werden. Gegen einige dreißig Briefträger wird disziplinarisch vorgegangen werden. Die Hauptführer des Ausstandes, die durch die bereits eingeleitete Untersuchung festgestellt werden, sollen entlassen werden. — Der Ausstand der Briefträger mußte scheitern, denn die ungeheure Mehrheit des Parlaments wie der Bevölkerung nahm gegen sie Partei; allseitig wurde verlangt, daß die Negierung die Briefträger, die den Dienst nicht aus- nehmcn würden, unerbittlich entlasse. Für jede Stelle, die regel- gegenwärtig de» Deutschen, den Franzosen und den Ruffen .gemeinsam ist, die Kämpft zwischen den Völkern Oesterreichs, sd« Spannung zwischen Schweden und Norwegen, — das alles sind Stimmungen, die, von den Regierungen eher gehemmt, in den Völkern selbst liegen. So werden wir auf ein im Leben .der Völker selbst liegendes Moment geführt, daS di« Ursache 'von dauernden Reibung«« und Verstimmungen bilden muß. Dies Moment erblicke« wir iu der Ueberreizung des National- «gefühlS. Man hat in diesen Tagen viel gefragt, welchen Ramen wohl das nun ablaufende Jahrhundert tragen könne. Man dürste es nicht übel das Jahrhundert des Nationalitäts-Prinzipes nennen, da »«an hiermit einen der charakteristischsten Faktoren feiner Geschichte bezeichnet hätte. Das Ende des vorigen Jahrhunderts stand unter dem Zeichen deS Kosmopolitismus. Aber jener letzte, ungeheure Versuch Napoleons, die altrömische Idee der Universal monarchie zu verwirklichen, hatte die vielleicht ungeahnte Folge, überall das Nationalitäts-Prinzip neu zu beleben. Das deutsche Nattonalgefühl erwachte, das englische wurde auf seine Höhe geführt; daS französische Selbstbewußtsein wurde durch die napoleonische Gloire aufs Höchste gesteigert und selbst die träge spanische Natton aufgerüttelt. Daß dann diese Entwickelung sich fortsetzte, «ar dadurch gegeben, daß der Kampf zweier großer Völker, des deutsche« und des italienischen, um ihre staatliche Einheit den Hauptinhalt der politischen Geschichte des Jahr hunderts bildete. Damit waren zwei weitere nationale Rivali täten unzertrennlich verbunden, da eS zuerst galt, die vermeint liche politische Vorherrschaft Frankreichs, die für den Neffen des großen Imperators ein Dogma war, zu brechen, dann aber die thatsächliche wirthschastliche Allmacht Englands zu überwinden. Durch alles dies mußte das Nattonalgefühl auf allen Setten gesteigert werden. An sich ist das Nationalgefühl nicht allein natürlich, sondern auch seg«nSreich, da es d«n Wettbewerb und damit den Fortschritt fördert. Und großartig bleibt es selbst in seinen Auswüchsen. DaS tyrannische „6ivw romMU» «um" (Ich bin römischer Bürger) u«d in neuerer Zeit daS „I am an LnAttsbman" (Ich bin ein Engländer) bleiben immer etwas Jmponirendes. Die Auswüchse dieser Gesinnung werden durch ein Ereigniß 1871 treffend illustrirt. Damals arbeitete der Berichterstatter einer Londoner Zeitung beim deutschen Heere in Schußwette der Kanonen des Mont Valörien hinter erleuchteten Fenster» und bot dadurch den feind lichen Geschützen einen sicheren Zielpunkt. Ein deutscher Offizier machte den Engländer darauf aufmerksam und befahl ihm, das -Licht zu beseitigen. „I am an LngUskwan", war die sehr merk würdige Antwort des Briten, die ihm denn freilich hier wenig chals. Aber selbst m dieser naiven Impertinenz spricht aus dieser Gesinnung etwas Großartiges. Gerade die Engländer aber zeigen, wie weit die Ueberzeugung deS Nationalgefühls heute gediehen ist. Es äußert sich bei ihnen in der häßlichen Gesinnung des Neides, die Niemandem etwas Wonnen. DaS haben nacheinander die Deutschen, die Ruffen, die Franzosen, das haben zuletzt die Italiener erfahren, die doch in -der Sanum-Angelegenheit von England schnöde im Stich gelassen 'worden sind. Wir Deutschen wissen unser Nattonalgesühl von Reid frei; aber es fehlt uns, da der Stolz auf unser Vaterland noch zu jung ist, an einer gewissen Selbstverständlichkeit des Nationalen Gefühls. Wir kehren die nationale Rivalität zuweilen heraus, wo sie nicht recht am Platze ist, und sehen wieder andere Dinge nicht national an, die so betrachtet werden sollten. Kurz 'wohin wir auch unsere Blicke lenken, bemerken wir diese Ueber reizung deS Nationalgefühles, die einen fortgesetzten Zündstoff .bildet. Freilich ist auch im Bölkerleben dafür gesorgt, daß die .Bäum« nicht in den Himmel wachsen. DaS im 19. Jahrhundert -so sehr in den Hintergrund gedrängte allgemein menschliche, koS- 'mopolitische Prinzip ist nach den großen Gesetzen der Geschichte »sicherlich dazu berufen, zu seiner Zeit wieder größere Bedeutung zu erlangen; und daß diese Zett nicht mehr so fern ist, beweist per Umstand, daß selbst der mächtige Herrscher im Osten bereits Won einer allgemein menschlichen Idee ergriffen worden ist. Dann, wenn das nationale und das über die Grenzen der Völker weg- sreichende menschliche Gefühl in eine bessere Harmonie gekommen sind, als es heut der Fall ist, dann — erwarten wir freilich noch -immer nicht die „Weltpfingsten", aber dann reifen vielleicht die Früchte der jetzigen Haager Berathungen, und eine spätere Zeit -genießt vielleicht den Geist des Friedens, der auf unser diesjähriges Pfingstfest zurückgehen mag.