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ZliMhuM TaaMtt und ... . und Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. L^S Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich L Mr. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Waldenburger Anzeiger Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und «erden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für d,° nächster scheinende Nummer bis Mittags 1- Uhr des vorhergehenden Tages. Freitag, den 29. October IM» ^253 Wal hiesiger eines Waldenburg, den 28. October 1880. Der Wahlausschuß des hiesigen Kirchenvorstandes: Oberpf. vr. Schumann. tag, den October, Nachmittags nach beendigtem Gottesdienst bis ^/s4 Uhr stattfinden. Die bereits in die Liste eingetragenen Wähler für denbnrg werden hierdurch aufgefordert, zur angegebenen Zeit in Stadtkirche zu erscheinen und ihr Stimmrecht noch einmal zur Wahl neuen Kirchenvorstehers auszuüben. Bekanntmachung, -iu- Nachwahl zum hi-sigm Kirchmo-rstand d«tr. waabdon, fu-rr Wirtkschaftsdirector vr. Lamprecht die auf ihn gefallene WM -um MWi.d d°- U--n L'Luk" U M-in-r N-chw-hl"g-L-i»" Dkstlb- M am MnsUg-n s°n°. "Waldenburg, 28. October 1880. Deutsche Colonisation in der Türkei. Durch Lieferung von Rohproducten entzieht uns bekanntlich Amerika alljährlich große Summen unseres Goldes, ohne daß wir Aussicht hätten, diese Summen wieder zu erlangen. In früheren Jahren lieferte Deutschland als Gegenleistung seine Industrie- Artikel nach Amerika, wodurch ein Ausgleich ge schaffen mar, während Amerika noch außerdem durch Bezahlung von Zinsen seiner in Europa aufge nommenen Anleihen das hinübergeflossene Capital zurückgab. Es ist dieser Goldabfluß eine so bedenk liche Sache, daß es hohe Zeit ist, daran zu denken, wie hierin eine Aenderung geschaffen werden könnte. Von Rohproducten ist uns besonders Getreide das unentbehrlichste, dafür aber das baare Gold dahinzugeben, wird mit der Zeit, wie leicht erklär lich, unmöglich, es bleibt demnach nur übrig, einen Getreidelieferanten zu suchen, der als Aequivalent unsere Jndustrieproducte abnimmt. In dieser Be ziehung verdienen die gottgesegneten, aber verwahr losten Gebiete der europäischen und asiatischen Türkei in erster Linie ins Auge gefaßt zu werden. Um dieselben leistungs- und lieferungsfähig zu machen, müssen sie freilich erst von Neuem angsbaut werden und hier wäre denn Platz zu einer ausgedehnten deutschen Colonisation, wie dies die „Post" sehr richtig ausführt. Anstatt nach Amerika oder Australien müßte der Zug der Auswanderung in diese glücklichen Gefilde gelenkt werden, die aller dings erst angebaut werden könnten, wenn die Türkei die nothwendigsten Reformen durchgeführt hatte und gesicherte Zustände geschaffen wären. Um diese Absicht zu erreichen, ist eine wirthschaft- liche Einigung zwischen Oesterreich und Deutschland eine unerläßliche Vorbedingung. Es gehört die ganze philisterhafte Kurzsichtigkeit des volkswirthschaftlichen Congresses dazu, sich aus politischen Gründen hier gegen erklärt zu haben. Die Wegräumung der Zollschranken zwischen Deutschland und Oesterreich würde unserer Industrie erhebliche Vortheile bieten; anders urtheilt vielleicht die Landwirthschaft, der vor der Concurrenz der Bodenflüchte und der Viehzucht Oesterreich-Ungarns zu bangen scheint. Leicht ist das Unternehmen begreiflicher Weise nicht. Na mentlich die Valutaverhältniffe und das Tabaksmo nopol stellen sich einem Zollverbande störend entgegen. So gut aber wie in dem einheitlichen Wirthschafts- gebiete Deutschlands verschiedene Gesetzgebungen über die Brau- und Branntweinsteuer bestehen, so gut könnte es auch in dem durch Oesterreichs Zutritt vergrößerten Zollvereine stattfinden. Wie gesagt, das wäre der rechte Weg, um dem Goldabflusse nach Amerika Einhalt zu thun und den Auswanderungsstrom in ein für das Mutterland nutzbringendes Bett zu lenken. "Waldenburg, 28. October 1880 Politische Rundschau. Deutsches Reich. 6eldmarschall Graf Moltke veröffentlicht folgende Danksagung: Bei der sehr großen Zahl der Glück wünsche zum Antritt meines 81. Lebensjahres bitte ich, statt besonderer Erwiderung, meinen herzlichsten Dank hierdurch aussprechen zu dürfen. Bei dem hannoverschen Provinziallandtage kam in seinen letzten Sitzungen die Frage der Prügel strafe zur Sprache, anläßlich der Berathung über Abänderung des Reglements über die Veränderung des provinzial-ständischen Werkhauses in Moringen, v. Hinüber stellte dabei den Antrag, körperliche Züchtigung bis zu zwanzig Hieben unter ge wissen Einschränkungen für zulässig zu erklären. Der Antrag wurde damit motivirt, daß die Corri- genden, welche in den Werkhäusern untergebracht würden, oft viel schlimmer seien, als die ärgsten Verbrecher. Bis zum Jahre 1872 sei die körper liche Züchtigung in Moringen in Gebrauch gewesen, jeder Sträfling habe bei Ankunft und Abgang eine Tracht Schläge erhalten, jetzt, nach Beseitigung der Prügelstrafe, sei die Zahl der Corrigenden sehr bedeutend gewachsen. Bei der Debatte äußerte u. A. Schatzrath Hugenberg: „Es sei ein Jrrthum, wenn man blos von der Einführung der Prügelstrafe ein Abnehmen der Vaga: ondage erwarte. Das Ueber- handnehmen der Corrigenden sei hauptsächlich eine Folge der wirthschaftlichen Krisis, mit deren Besei tigung würde sich auch die Zahl der Jnhaslirten verringern. Die Prügelstrafe sei bis 1872 sehr wenig in Anwendung gebracht, sie habe zum Theil günstig gewirkt, aber auch den entgegengesetzten Er folg gehabt. Daher erwarte man von ihrer Wieder einführung nicht zu viel." Der Antrag v. Hinübers wegen Wiedereinführung der Prügelstrafe wurde mit großer Majorität angenommen. Ungarn. Die ersten Repressalien, welche in Oesterreich und Deutschland anläßlich der Deutschenhetze in Pest geübt wurden, haben ihre Wirkung nicht ver fehlt. So hat eine Brünner Firma der Allgemei nen Ungarischen Assecuranz-Gesellschaft einen Ver sicherungsposten von 400,000 Gulden gekündigt, infolgedessen mahnt der „Hon", alles zu vermeiden, was einer Deutschenhetze in Ungarn ähnlich wäre. „Wir können," sagt dieses Blatt, „aus der Hetze, welche jetzt jenseit der Leitha und in Berlin wegen Schließung des Deutschen Theaters und der Skan dale am Herminenplatze gegen uns losgegangen ist, die Lehre ziehen, daß es nicht gut ist, mit dem Feuer zu spielen. Geben wir keiner Action eine gehässige Färbung, wir sollen nicht blos dem Aus lande versichern, es giebt bei uns keine „anti-deutsche" Hetze, sondern auch keinen Vorwand bieten, derarti ges vorauszusetzen oder zu verbreiten. Italien. Die Zahl der Schulen, welche Papst Leo XIII. in Rom gegründet hat, beläuft sich schon auf 52 und in ganz Italien sollen etwa 16,000 Geistliche, Mönche und Nonnen mit Unterrichtgeben beschäftigt sein, eine Statistik, die den Liberalen zu unange nehmen Betrachtungen Anlaß giebt. England. Der Earl of Salisbury sagte bei einem Ban- quet der conservativen Partei: die Orientpolitik der Regierung habe England in den Augen Euro- paß bedenklich gemacht; die Flottenkundgebung habe ihren Zweck verfehlt. Der Sultan sei verflichtst, Dulcigno zu übergeben. Aber Griechenland besitze keine legalen Ansprüche auf das türkische Gebiet. Die Mächte hätten sich keineswegs verpflichtet, die Entscheidung der Berliner Conferenz durch Anwen- dune von Gewalt herbeizuführen. Die Ueber- tragung türkischen Gebietes an Griechenland seitens der europäifchen Mächte würde einer Theilung gleichkommen. England habe Griechenland niemals eine Vergrößerung seines Gebietes versprochen. In Irland ist der Sekretär Parnells, Healy, welcher auch der Landliga als Mitglied angehört, verhaftet worden. Der Haftbefehl war vom Ge neralprokurator erlassen, weil Healy einen Pächter eingeschüchlert haben foll, um denselben an der Ueber- nahme einer Pachtung, aus welcher der frühere Pächter exmittirt worden war, zu verhindern. Healy wurde indeß gegen Caution wieder in Freiheit ge setzt und von der Bevölkerung mit Ovationen be- begrüßt. Eine Depesche des Vizekönigs von Indien vom 26. d. M. meldet gleichfalls, daß in Peschawur seit einigen Tagen Gerüchte von Unruhen in Kabul und selbst vom Tode des Emirs umliefen, seit 21. d. M. haben sie weder die Post, noch Botschaft aus Kabul erhalten. Rußland. Loris-Melikoff holte beim Kaiser in Livadia die Genehmigung zur Berathung einiger Verwaltungs reformentwürfe ein. Nach der Rückkehr Meli- koffs soll auch die Berathung der Revision der Preßgesetze beginnen. Türkei. Bedri Bey soll die Festsetzung der Grenzlinie zwischen der Türkei und Griechenland bei Kunia vorgeschlagen und die Bereitwilligkeit der Pforte er klärt haben, Dulcigno am 1. November d. I. zu übergeben. Meldungen der „Pol. Corresp." aus Constanti- nopel zufolge wies die Pforte Derwisch Pascha in Salonichi an, unverweilt mit vier Bataillonen regu lärer Truppen nach Skutari einzuschiffen, um die Action Riza Paschas zu unterstützen. Die Pforte beauftragte Riza Pascha, die Uebergabe Dul- cignos 8 Tage nach der Unterzeichnung der Conven tion zu bewerkstelligen. Aus dem Muldenthale. "Waldenburg, 28. October. I. I. E. E. der Graf Görtz-Schlitz und Gemahlin sind von hier nach Schloß Schlitz, S. D. Prinz Otto von Schön burg-Waldenburg und S. D. Prinz Friedrich von Löwenstein sind nach Leipzig weiter gereist. — Der Reichsverein in Glauchau will sich vom sächsischen Reichsverein lossagen und dafür einen politischen Verein nach dem Vorbilde des Chemnitzer Vereins der Liberalen gründen. Nächsten Montag soll in einer Generalversammlung darüber beschlos- fen werden. Die Mitglieder sehen nicht ein, wofür sie ihr Geld immer nach Leipzig schicken sollen.