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Schönburger Tageblatt Mittwoch, den 28. Juli 1926 Nr. 173 48 JahMNg Erhöhung der direkten Steuern in Frankreich Amtlicher Teil. Anzeigen bis vorrn. 9 Uhr am Ausgabetag erbeteo Ausgabe nachmittags 'j,3 Ubr in der Geschäftsstelle in Waldenburg Sa., Oberes le 38. ErfüllungS- ort Waldenburg. Filialen in Altstadt Waldenburg bei Lerrn Otto Förster; in Callenberg bei Lerr» Friedr. Lermann Richter; in Langenchursdorf bei Lerrn Lermann Esche; in Wolken bürg bei Lerr« Linus Friedemann; in Penig bei Firma Wilhelm Dabler; in Ziegelheim bei Lerrn Eduard Kirsten. Am Aalle höherer Gewalt. Krieg. Streit, Bussperrung, Maschinen- druch, L.brungen im Betrieb der Drucker,- oder unser Liefer« hat der Bezieher keinen Anspruch auf Erhalt dec Zeitung oder Kürkzabtnng des Bezugspreises. Mr Richtigkeit der durch Fern sprecher «ufgegebenen Anzeigen üb« iehmen wir keine Gewähr Erscheint werktägl. Nachm. Bezugspreis monat lich im voraus 150 R.-Pfg. freibl., ausschl. Tragerl. Einzelne Nr. t O Reichspf., Sonntags-Nr. 20 R.-Pf. Anzeigenpreise: k aesp. Petitzeile 0,15 R.-Mark, v. außerhalb des Bezirkes 0,20 R.-Mark, 3gesp. Retlamezeile 0,45 R.-Mark, Linweise auf Anzei gen und Eingesandte 0,10 R.-Mark, Nachweise- und Offertengebühr 0,20 R.-Mark, Rabatt nach Tarif. Schwieriger Satz (Tabellen) mit Aufschlag. Gegründet 1878. Fernsprecher Nr. V. Postschließfach Nr. 8 Postscheckkonto Amt Leipzig Nr. 4436. Bankkonto: BereinSbant zu Eolditz Filiale Waldenburg Stadtgirokonts Waldenburg 16. Rabatte gelten nur bei pünktlicher Zahlung, bet zwangsweiser Eintreibung der Rechnungsbeträge wird jeder Nachlaß hinfällig. Zugleich weit verbreitet in den Ortschaften der Standesamtsbezirke Altstadt Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenleuba- Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Langenchursdorf, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Reichenbach, Remse, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. unü Valienburger Ammer Dieses Bia« eut-SU die amtliche» Bekanntmachung«» de« Amtsgericht- u«d de« StadtratS z» Waldenburg. Ferner veröffentliche« zahlreiche andere staatliche, städtische u. Gemeinde-Behörden ihre Bekanntmachungen im Schö^ Tageblatt. Verantwortlich für Redaktion, Druck und Verlag E. Kästner in Waldenburg Sachsen. d.« und («. L) _ «„io,.,,, W-ld.nbu-s r.chl.n. Auf Blatt 171 de, hiesigen Handelsregisters, die Firma Friedr. Ferd. Helbig, Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Altwalden- bürg betr., ist heute eingetragen worden: Die Gesellschaft ist aufgelöst. Zum Liquidator ist bestellt der Kaufmann Paul Otto Schäfer in Chemnitz. Amtsgericht Waldenburg, den 24 Juli 1926. Reich-Präsident vsn Hindenburg wird seine» Nr!«»- erst Mitte «ngnst antreten. Die Wirtschaftspartei hielt in Görlitz einen Parteitag ab. Auf dem Linieaschiss „Hannover",find 1SV Matrosen an BergiftnngSerscheinnnge» erkrankt. Der Bau des Elfter-Saale-SanalS wurde -»schlossen. DaS Kabinett Poincarö stellt sich heute der Kammer vor. Die Frankenbesserung setzte sich gestern fort. Die englische Bereinigung der Seeleute ist aus der inter- «ationaleu Transportarbeiter-Bereinigung ausgetreten. Der spanische Diktator Primo de Rivera will einen B olkSentscheid über das gegenwärtige Regime herbeifähren. Die Pariser Sowjet-Botschaft dementiert die Gerücht« über eine Bergiftung des Kommissars Dserschinski. An der poluisch-rnssischen Grenze kam es zu Grenz- zwischensalleu. In Amerika «acht sich »ine Boykott-Bewegung gegen Frankreich bemerkbar. -Waldenburg, 27. Juli 1926. Am heutigen Dienstag wird Poincarö in der Kammer sein Regierungsprogramm entwickeln. Wenn über dieses Programm bisher so wenig verraten wor den ist, so hat das seinen Grund offenbar darin, daß Poincarö noch gar kein Programm hatte, als er sein Kabinett zusammensetzte. Sein einziges Leitprinzip war, dieses Kabinett auf eine möglichst breite Basis zu stellen und möglichst viel leitende „Köpfe" aus allen Parteirichtungen daran zu beteiligen. An „Köpfen" fehlt es also in dem Kabinett Pom- care nicht. Aber es bewährt sich dabei vielleicht auch das Sprichwort: Viele Köpfe, viele Sinne. Es be durfte daher eingehender Kabinettsberatungen am Sonntag und Montag, um alle diese Köpfe unter einen Hut zu bringen. Nach offiziösen Erklärungen scheint das ja auch gelungen zu sein, allerdings nur um den Preis, daß Poincarö auf ein eigentlichere festumrissenes Programm verzichtet hat. Insbesondere will er sich um das Problem der Frankenstabilisie- rung zunächst herumdrücken. Durch den Sturz des Kabinetts Briand—Caillaux gewitzigt, will er auch auf allgemeine Vollmachten verzichten. Ueber die Einzelheiten des sogenannten Pro gramms Poincarös verlautet, daß die Regierung eine Erweiterung des Staatshaushalts um vier bis fünf Milliarden beantragen wird. Dieser Betrag soll zur Ausgleichung des Haushalts sowie zur Amortisierung der Schulden verwendet werden. Weiter wird die Re gierung von der Kammer die Vollmacht verlangen, auf dem Verordnungswege weitere Einschränkungsmatz- nahmcn der öffentlichen Verwaltung durchzuführen. Es wird darauf hingewiescn, daß es sich hierbei nicht um Spezialvollmachten für die Regierung handeln könne, wie sie Caillaux gefordert habe. Ferner wird die Regierung der Kammer die Ratifizierung des englisch- französischen Schuldenabkommens Vorschlägen. Das amerikanisch-französische Schuldenabkommen wird jedoch von der Regierung zunächst gar nicht erwähnt werden. Im Gegensatz zu Den Finanzplänen Caillaux' wird in den Plänen der Regierung eine sofortige Sta bilisierung des Franken nicht vorgesehen sein. Der Ministerpräsident steht auf dem Standpunkt, die in den letzten Tagen eingetretene Besserung des Frankenkurses werde eine Fortsetzung erfahren, auch ohne daß die Finanzpläne der Regierung von der Kammer angenommen worden seien. Nach den letzten Vereinbarungen zwischen der Bank von Frankreich und dem Finanzministerium steht der Regierung ein weiterer Betrag von 30 Millionen Dollar aus der Morgan-Anleihe zur Frankenstützung zur Verfügung. Ferner wird der Regierung die Ab- sickt zuaeschrieben, Kreditverhandlungen mit der hol ländischen und der englischen Regierung aufzunehmen. Diese Annahme stützt sich u. a. darauf, daß Poincarö am Sonntag vor dem Kabinettsrat den Finanzattache der französischen Botschaft in London empfing, der an den letzten Verhandlungen zwischen Caillaux und Chur chill über das englisch-französische Schuldenabkommen vom 12. Juli erheblich beteiligt war. Aus der Umgebung des Ministerpräsidenten wird darauf hingewiesen, daß in den neuen Finanzplänen in keiner Weise von einer Stundung der Schulden die Rede sei. Die Regierung sei bestrebt, durch eine Poli tik des Vertrauens die ausgewanderten Kapitalien wie der zurückzuführen, ferner werde eine Neuausgabe von Bonds der nationalen Verteidigung zu erreichen sein, wodurch die Regierung die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt bekäme, Ueber die Steuerpläne Poincarös verlautet, daß er im Gegensatz zu dem Sachverständigengutach ten auch eine Erhöhung ber direkten Steuern beab sichtigt, wobei besonders an die Erbschaftssteuer ge dacht sei. Fraglich sei, ob Poincarö, obwohl ein Geg ner der Kapitalsabgabe, die Abgabe von Vermögen in milderer Form durchführen werde. Es ist aller dings sehr fraglich, ob die Rechtsparteien die Er höhung der direkten Steuern bewilligen werden, die nach dem Sachverständigenplan bereits ihre Höchst grenze erreicht haben. Ebensowenig si^^^ die Linksparteien sich mit einer starken Erhöhung der indirekten Steuern absinden werden. Parteitag der MrMaDyartei. Für einen Bürgerblock zum Schutze des Privat eigentums. Der sechste öffentliche Parteitag der Reichspartei des Deutschen Mittelstandes (Wirtschaftspartei) wurde am Sonntag in Görlitz mit einer öffentlichen Tagung im großen Saale der /Stadthalle eröffnet. Nach den Begrüßungsansprachen hielt der Partei- vorptzende, Reichstagsabgeordneter Drewitz-Berlin, einen Vortrag über das Thema: „Deutschlands Wie- deraufbau in wirtschaftlicher, kultureller und nationa ler Beziehung". Er führte darin u. a. aus: Seit un gefähr eineinhalb Jahren sei die Reichspartei im Reichstage eine Fraktion geworden und habe als Züng lein an der Wage ausschlaggebende Bedeutung gehabt. Der Wiederaufstieg Deutschlands sei nicht möglich ohne einen zahlungsfähigen Mittelstand. Zusammensassend betonte der Redner, daß, wenn Deutschland sich selbst helfen solle, in erster Linie eine Politik gemacht wer den müsse, die jeden einzelnen Staatsbürger zur Mit arbeit heranzieht. Namentlich müsse der staatlichen Zwangswirtschaft ein Ende gemacht werden. Nicht so ziale Fürsorge, sondern nur Belebung der Wirtschaft könne Helsen, und diese Belebung könne nur eintreten, wenn dit Fesseln der Zwangswirtschaft und die über große steuerliche Belastung beseitigt seien. In längeren Ausführungen behandelte der Redner hierauf das Problem der Arbeitsdienstpflicht. Wer Arbeitslosen unterstützung beziehen wolle, solle dafür auch etwas leisten. Zur Flaggenfrage führte der Redner aus: Nicht auf die Farben, sondern auf den Fahnenträger komme es an, der die Flagge hochzuhalten habe. Reichstagsabgeordneter Prof. Dr. Bred t-Marburg führte in Ergänzung dieses Referats u. a. aus: Gegen über den Versuchen der Deutschnationalen und der Deutschen Volkspartei, ebenso wie den demokratischen Wünschen, die Wirtschaftspartei zu sich herüberzu- ziehcn, sei zu betonen, daß die Mittelstandspartei noch eine junge Partei sei, für die ein Zusammenschluß mit irgend einer anderen Partei in dieser Stunde nicht in Frage kommen könne. Das Streben müsse darauf gerichtet sein, die führende Partei in einem großen Bürgerblock zu wer den, der auf dem Boden des Privateigentums und der Privatwirtschaft stehe. Wenn die anderen Parteien be reit seien, aus dieser Grundlage mit der Wirtschafts- Partei eine Koalition einzugehen, dann sei sie sofort dazu bereit. Zur Flaggenfrage führte der Redner aus, daß mit einer Volksabstim mung der Flaggenstreit in keiner Weise zu lösen sei. Die schwarz-weitz-rote Handelsflagge müsse geschützt werden. Die Fahne, die sich für unsere Partei ge hört, sei ein für allemal die deutsche Handelsflagge, und im Nahmen dxr Reichsverfassung verteidigen wir diese Handelsflagge schwarz-wei-rot gegen alle Angriffe. Der Redner setzte sich dann sehr warm für den Anschluß gedanken ein. Als letzter Redner des Tages sprach Bauernguts besitzer S ch ö tz l er-Kreuznach über das Thema: „Mit telstand und Landwirtschaft". Am Montag beschäftigte sich der Parteitag mit der Beratung des Parteipro gramms. Ser Zwischenfall von Germersheim. Der Zwischenfall von Germersheim ist von der Interalliierten Rheinlandkommission in überraschend schneller Weise erledigt worden. Kaum hat der deutsche Rheinlandkommissar in Koblenz die Beschwerdenote überreicht, so ist auch schon die Antwort da — in Gestalt einer neuen Verordnung der Rheinlandkom mission. Denn man wird wohl die neue Verordnung über das Verbot von Umzügen, die „militärisches Gepräge" tragen, als Antwort auf die deutsche Be schwerde ansehen müssen; vielleicht als die einzige, die wir überhaupt darauf bekommen. Höchstens wird man dem Rheinlandkommissar noch mitteilen, daß sich die französischen Besatzungstruppen durch den Umzug der deutschen Kriegervereine „provoziert" gefühlt hätten, und daß ihre Ausschreitungen aus diesem Grunde entschuldbar oder doch wenigstens erklärlich seien. Die neue Verordnung der Rheinlandkommission hat ja aber nun dafür gesorgt, daß solche „Provoka tionen" in Zukunft nicht mehr Vorkommen können. Wenn Umzüge nicht mehr stattfinden dürfen, können sie auch nicht durch die französischen Soldaten gestört werden. Kann man sich wohl ein einfacheres Mittel denken, um allem Aergernis ein Ende zu machen? Die Rheinlandkommission hält aber auch darauf, daß ihre Verordnungen durchgeführt werden. Be sonders gefährlich sind ihr ja schon seit jeher Trom meln und Pfeifen erschienen. Es ist zweifellos eine höchst bedauerliche Lücke im Versailler Vertrage, daß man uns diese gefährlichen Kriegswaffen nicht über haupt verboten und ihre restlose Ablieferung erzwun gen hat. So konnte sich jüngst in Bernkastel wieder ein Fall ereignen, daß die Freiwillige Feuerwehr bei einem Umzuge Trommler und Pfeifer voranmar schieren ließ. Der Führer der Freiwilligen Feuerwehr wurde deshalb zu 150 Mark Geldstrafe verurteilt. Wegen desfelbcn Vergehens erhielt der Führer der Freiwilligen Feuerwehr in Ehranq sogar ,200 Marl Geldstrafe. Diese Abneigung gegen Trommeln und Pfeifen mutz wohl noch aus den Zeiten des Krieges stammen, als die Franzosen schon bei den bloßen Klängen des deutschen Sturmmarsches ausrissen. Das wäre doch aber gerade ein Grund zur Duldung dieser Musik instrumente, damit sich die französischen Soldaten an diese Klänge gewöhnen und sch davon überzeugen können, daß es sich dabei um ganz ungefährliche In strumente handelt. Die Vorgänge in Germersheim zeigen überdies, dah sich die Franzosen weder durch Trommeln und Pfeifen noch durch Pauken und Trom- vcten ernstlich bedroht fühlen. Gerade die Rüpeleien der französischen Soldaten beweisen, wie sicher sie sich inmitten dieser gefährlichen Kriegsmaschinen fühlen Sie hätten sonst wohl kaum ben Festzug kn der Weise belästigt, wie es geschehen ist. , _ Der deutsche Botschafter v. Hoesch hat bekanntlich in Paris eine Abschrift der Beschwerdenote an die Rheinlandkommission überreicht. Man darf daraus ge spannt sein, welche Antwort er darauf bekommen wird. Man wird daraus einen Schluß darauf ziehen dürfen, wie man sich in Paris in der Aera Pmncaro mit dem Geist von Locarno abzufinden gedenkt. deutscher Kranlenkaffentag. Krankenkassen und Aerzte. In Düsseldorf begann unter Vorsitz des Präsiden ten Ahrens-Charlottenburg der 30. deutsche Kranken kassentag, zu dem Vertreter des Reichsarbeits-, Wohl fahrts- und Wirtschaftsministeriums, desReichsver-