Volltext Seite (XML)
W ZISIS. Zs 215 18»» achte Verbandstag deutscher Allein das, was die englischen Truppen noch erwirrung brachte, war die überraschende Taktik dieser Muskelschwäche des Verurtheilten, gegen die häufig wieder- Es geht eben nichts über einen zur rechten Zeit dem Redakteur bei- Rußland zusammenstürzt! intelligenten Setzer, der springt! Der in Köln tagende „Und eine solche Lösung wird erreicht ohne neue Erregung, ohne die Wiederholung gerichtlicher Verhandlungen, parlamentarischer Interpellationen und neuen Zeitungsstreites". Man traut seinen Augen und Ohren nicht. Jahre lang peinigt und quält man einen unschuldig Verurtheilten, bei der Revision seines Prozesses ver- urtheilt man den Unschuldigen zum zweiten Male, und alle diese Schmach glaubt man mit einem Federstriche zu tilgen, indem man ihn — begnadigt. Dem Auslande ist vieles unfaßbar gewesen in diesem Handel, am unverständlichsten aber würde ihm bei alle dem die Gemüths- und Geistesverfassung eines Volkes sein, das seine Ehre und sein Gewissen dabei zu beruhigen glaubt, wenn es einem Staatsbürger, den es unschuldig entehrt und verurteilt hat und nichts von ihm zurückfordert, als seine und seiner Kinder ehrlichen Namen, — das Gnadenbrot anbietet. Das hieße Kl Lüge und Feigheit des Kriegsgerichts den nationalen Stempel ausdrücken. Freilich, Frankreich nicht nur, sondern die ganze Welt ist der Affäre müde, und Jeder würde erleichtert aus- athmen, wenn er ihrer endlich los und ledig wäre, aber Frank reich hat darin das Gewissen der Menschheit schlagen Hörem Wenn man von Neuem versuchte, es durch ehrlose Mittel zu be täuben, so würde es noch entrüsteter aufbegehren und einem Volke, das sich selbst entehrt, die Gemeinschaft kündigen. Auch müßten die Psychologen nmkehren und sich neue Wege suchen, um das Menschenherz zu ergründen, wenn die Hauptperson des DramaS, wenn Dreyfus selbst einer solchen nationalen Verirrung seine Ehre zum Opfer brächte. Wer das erduldet, was er gelitten, wen unter den Qualen des Bagno und der Seelenfolter der Prozeß verhandlungen nur der Gedanke hochgehalten, seine Ehre zn retten, der beugt sich, wenn er das Ziel vor Augen sieht, nicht unter der Schmach, nur damit seine Peiniger ruhig schlafen können. Indessen, vielleicht täuscht sich die Welt in dieser Menschenscele, wie sie sich in der Seele eines Volkes täuscht, das einst sein Blut für die Menschenrechte vergossen; auch dann wird sie ihr Urtheil nicht ändern, sie wird Dreyfus zu den übrigen legen nnd zwischen sich und Jenen den Scheidestrich ziehen. Gegen die Institution der Kriegsgerichte steht ein Feldzug bevor. Die republikanische „Paix" will die Initia tive dazu ergreifen, gestützt auf die jüngsten Vorgänge in Rennes, wo es sich, wie Jaures sich ansdrückt, herausstellte, „daß die Wahrheit für die militärischen Richter Grade hat," wo der Vor sitzende Jouaust nicht als Richter waltete, sondern sich als ein Subalterner benahm, der den Befehlen seiner Vorgesetzten, der als Zeugen erschienenen Generale, gehorchte und eine Parodie der Rechtsprechung aufführen ließ. Auf Gruud eigener Beobachtungen und ausführlicher Mt- theilungen des Gefängnißarztes äußern sich vr. Pozzi und andere ärztliche Autoritäten: „Würde der Gnadenakt gegen Dreyfus nicht allzulange hinausgeschoben, so wäre gegen die allgemeine - Mit wurden aus XII (1. Rücktranspi Jägerba zuges, der Garnison z hörigen Tr Bautzen-El ach ihren hüllung der sprach zwisck unterhielte», ungsplan er in Petersbm Obersten in Der St- das Pferd g deutschen Ur freund schäft und mit rus Auch da wandt und - beten hat, is Verhüllung Labori mit Fredericks n Der Re des Grafen angespielt, i sei, aber mc geschrieben l schafter schr Freiderger Anzeiger und Tageblatt. Seite S. —15. September Die Gerechtigkeit erfordert es, zu betonen, daß nicht alle konservativen Blätter der von antisemitischer Seite aus gegebenen Losung Folge leisten, nach welcher Dreyfus, da der Jude nun einmal verbrannt werden muß, nicht für Deutschland, sondern für Rußland Berrath geübt habe. Gerade die beiden leitenden konservativen Blätter, „Kreuzztg." und „Reichsbote", weisen diese letzte Weisheit der antisemitischen Dreyfusfresser von sich. Die „Deutsche Tagesztg." dagegen gehört zu den „Ein geweihten" und bleibt dabei: „In dem Urtheil des Kriegs gerichts ist der Name Deutschlands nicht genannt, es handelt sich auch gar nicht um Deutschland, sondern, wie wir schon mehrfach hervorgehoben haben und wie jeder einiger maßen Eingeweihte (!)längst weiß, um Rußland." — Mit dieser Auffassung steht nun allerdings im Widerspruch, daß Dreyfus verurtheilt wurde, weil er „die im Bordereau aufgeführten" Schriftstücke ausgeliesert habe und das Bordereau doch bekanntlich aus der deutschen Botschaft entwendet wurde. Da hat nun die „Deutsche Tageszeitung" einen intelli genten, offenbar zu den „längst Eingeweihten" zählenden Setzer, der die 4 Worte in der Wiedergabe des Urtheils einfach wegläßt, jedenfalls um den auswärtigen Politikus des Blattes nicht zu blamiren. Dieser Letztere erklärt zwar diese Worte für „ganz gleichgiltig", andere Leute aber meinen, daß mit diesen 4 Worten das ganze Kartenhaus des angeblichen Verraths an Politische Umschau. Freiberg, den 14. September. Deutschland. Die vom „Konf." gebrachte Meldung, daß das russische Kaiserpaar auf seiner Reise nach Darmstadt jetzt Potsdam berühren würde, ist nicht richtig, wohl aber werden die russischen Majestäten voraussichtlich die Prinzessin Heinrich in Kiel besuchen nnd einige Tage dort verweilen. Eine Begegnung zwischen Kaiser Wilhelm und Kaiser Nikolaus ist, wie der offi ziöse Draht meldet, für später in Aussicht genommen. Wie die „Mil. Pol. Corr." hört, wird der Erledigung weiterer Personalfragen erst nach der Rückknnft des Kaisers entgegengesehen werden können. Dies gelte anch nnt Bezug auf die Neubesetzung des Oberpräsidiums von Posen. Es werde in unterrichteten Kreisen nicht für unwahrscheinlich ge halten, daß als Nachfolger des Herrn v. Wilamowitz der Staats sekretär des Innern, Graf Posadowsky ins Auge gefaßt sei. Ob derselbe gerade jetzt geneigt sein möchte, seinen Posten an der Spitze der inner» Reichsverwaltung zu verlassen, stehe dahin. Als sein muthmaßlicher Nachsolger werde der ehemalige Handcls- minister Frhr. v. Berlepsch genannt. (Diese Kombination er scheint um so gewagter, als Frhr. v. Berlepsch stark im national sozialen Lager engagirt ist, der Vollständigkeit halber sei die Nachricht indessen reproduzirt, da die Meldung über den Rück tritt des Grafen Posadowsky nicht zum ersten Mal in die Presse lancirt wird.) Die in ZolaS Brief erwähnte Veröffentlichung der Schriftstücke, die Esterhazys Schuld und Dreyfus' Unschuld beweisen, wird neuerdings in englischen Blättern der deutschen Reichsregierung angerathen. Daraus erwidern jedoch die „Berl. Neuest. Nachr.": Was sollte die Veröffentlichung der „Beweis stücke" nützen ? Die Beziehungen des Obersten v. Schwartzkoppen zu Esterhazy sind von deutscher Seite amtlich bezeugt worden. Sofort waren die Generalstäbler mit der Behauptung zur Hand, daß, wenn Esterhazy ein Verräther war, alsdann Dreyfus sein Komplize gewesen sei. Die englischen Blätter verfallen dem Fehler deS Staatskommissars Carriöre, den Beweis der Unschuld zu verlangen. Dieser Beweis kann dadurch geführt werden, daß die völlige Haltlosigkeit der Anklage nachgewiesen wird. Dies ist durch die deutschen Erklärungen und den Prozeß in Rennes in vollendetstem Maße geschehen. Im letzten Kriege hat das kleine Volk außerordentliche phy sische und moralische Eigenschaften entwickelt. Der kurze, aber um so glänzendere Feldzug von 1881 hat nicht nur die Tapfer keit, sondern auch die sonstigen militärischen Eigenschaften der Buren, mit denen sich die Fachmänner bis dahin sehr wenig be schäftigt hatten, in das hellste Licht gestellt. Einer unter diesen erklärte jedoch, daß namentlich die Einnahme des Amajuba- Berges eine Heldenthat sei, auf die die besten Truppen der Welt stolz sein könnten. Selbst ein englischer Kriegsberichterstatter schrieb über diesen denkwürdigen Kampf: „Man kann die Ge schicklichkeit nicht genug bewundern, mit der die Buren einem in sehr starker Stellung verschanzten Gegner gegenüber verstanden, sechs Stunden lang Schritt für Schritt vorzudringen, indem sie sich gegen das Feuer des Feindes deckten, sich im entscheiden- oen Moment zusammenschloffen und mit gewaltigem Anprall die Linie der Vertheidiger über den Haufen warfen. Sie schie nen buchstäblich die in den modernsten Heeresreglements ent haltenen Vorschriften über den Angriff auf eine Stellung zu befolgen." In der That hat sich m jenen früheren Kämpfen General Joubert, der damals den einfachen Titel eines Militär- Kommandanten führte, beim Amajuba-Berge sowohl wie bei Lanas Nek und bei Schuins-Hoogte als ein Kriegsmann in des Wortes vollster Bedeutung erwiesen; wobei man zugleich aner kennen muß, daß er von seinen Truppen vortrefflich verstanden und unterstützt wurde. Durch ihre langen Kämpfe gegen die Zulus, die keineswegs zu verachtende Gegner waren, kriegsge wohnt, waren die Buren trotz ihrer geringeren Bewaffnung keineswegs erschrocken, sich mit einem mit Geschützen und weit tragenden Gewehren ausgerüsteten europäischen Gegner messen zu müssen. Sie waren allerdings ebenfalls mit Präcisions- waffen, wenn auch weniger guten, versehen, bedienten sich dieser jedoch mit unvergleichlichem Geschick. Mit ihren Carabinern brachten sie in Ermangelung von Geschützen die Artillerie der Engländer zum Schweigen, denn sobald dieselbe aufgefahren war, wurden Offiziere, Bedienung, Fahrer und Pferde außer Gefecht gesetzt. mehrinVerwr „ . . „Bauern", besonders die außerordentliche Geschwindigkeit, mit Belastungsz Besitzungen zur „Verhü land, sonder Zwar d Pflicht der' abgegeben, ' Aber ist da einen Unsch sagen, daß Oder noch sondern vi rungsboten „Hamb. Nc jeden Zweis Uno sm suchen ist. wir wollen Hamburger kehrenden Fieberanfälle und die Appetitlosigkeit infolge der Dysenterie mit Aussicht auf Erfolg anzukämpfen. Den Winter müßte Dreyfus in Kairo zubringen und dort sich spezieller Be handlung unterziehen. Derzeit hängt der linke Arm fast schlaff herab, vielleicht gelänge es einem Spezialisten den Muskelschwund aufzuhalten. Die Ersetzung der fünf OberzLhne, welche Dreyfus auf der Teuselsinsel einbüßte, durch künstlich, erschien nothwendig. Der Mcnisterrath wird erst nach der Ent scheidung des militärischen Nevcsionsrathes Ende September über einen Loubet vorzulegcnden Antrag schlüssig werden. Wichtige parlamentarische Gruppen legten der.Regierung nahe, daß nnt der Begnadigung DreyfuS gtckchzeitigl eine Amnestie für alle mit der Affäre zusammenhängenden Delikte erfolgen solle, für Civilisten und Militärs, gleichviel ob sie angeklagt, von einer Anklage be droht oder verurtheilt sein sollten. Davon profitiren also Zola, Reinach, Picquart und Mercier, über dessen Versetzung in dm Anklagestand die Kammer gemäß ihres bekannten Vertagungs beschlusses in einer ihrer ersten Sitzungen zu entscheiden Halm würde. Für eine solche Amnestie wäre eine Majorität vor handen." Da Nachrichten von Air, wo jetzt die Katastrophe der Foureau-Lamy-Expedition sich abgespielt haben soll, nach Tripolis mindestens 2 Monate brauchen, so müßte der letzte Kampf mit den Tuaregs etwa im Juni oder anfangs Juli statt- gesunden haben. Die Expedition hatte Wargla im Süden voa Algerien und Tunesien im letzten Oktober verlassen, Air im Mai dieses Jahres erreicht. Air liegt ca. 400 Kilometer nordwestlich vom Tschad-See. Da der feindliche Charakter der Tuaregs, durch deren Gebiet die Expedition marschiren mußte, bekannt war, so war diese ganz hervorragend militärisch organisirt und ausge- rüstct; sie umfaßte 285 Scharfschützen, die mit Repetirgewehrea und 120 Patronen pro Mann ausgerüstet waren, und führte zwei Gebirgskanonen mit sich. Die militärische Leitung unterstand dem Major Lamy. Jede Vorsichtsmaßregel zum Schutz gegen Ueberfälle war getroffen und es wurde bestimmt erwartet, daß diese Expedition stark genug wäre, um allen offenen Augusten der Tuaregs zu widerstehen. Herr Foureau war einer der besten Kenner der Sahara, deren nördliche Regionen er in 9 Expedi tionen durchquert hatte. Seine Begleiter waren Dorian, Villatle, vom meteorologischen Institut in Algier, und ein Tourist Namens Leroy. Major Lamy wurde unterstützt von Hauptmann Reibell und vier Leutnants der Scharfschützen. — In Birel Ghani« nicht weit von Air, wurde im Jahre 1881 Oberst Flatters von Tuaregs überfallen und mit seinen 90 Soldaten getödtet. - Nach der Ermordung des Oberstleutnants Klobb und Lieutenants Meynier durch die Voulet-Chanoine-Expedition erhielt die Foureau-Lamy-Expedition den Auftrag, die aufrührerischen OsfiM zu verfolgen. Serbien. Die drei ersten Verhandlungstage im Belgrad« Hochverrathsprozesse haben einen ungünstigen Eindruck hi»^' lassen. Der Attentäter Knezewitsch hat bisher drei verschied^ Aussagen gemacht. Deprimirend wirkten das kränkliche Aussehen Pasitschs und dessen fahle Gesichtsfarbe, welche auf viele aus gestandene Leiden schließen läßt. Sämmtliche bisher vernommenen Angeklagten widersprachen den in der Anklageschrift gegen m erhobenen Anschuldigungen und betheuerten ihre Ünschuw- Besonders unglaubwürdig schien die „Aussage" PajüschA Pasitsch beschuldigte, über die Dynastie Obrenowitsch abMg gesprochen zu haben, da es allgemein bekannt ist, daß PastqH ein äußerst verschlossener Mensch und mit Meinungsäußerungen sehr zurückhaltend ist. Beim Verhöre Tauschanovitschs machte M noch stärker der Eindruck geltend, daß die gegen ihn vorgesuhrten Zeugen wenig Glauben verdienen. Der Verlauf des Prozeße» bringt jedenfalls immer mehr den Eindruck hervor, daß zwischen dem Attentat und der „Verschwörung" kein Zusammenhang besteht. Transvaal. Nach einer Meldung aus Pretoria wird in dem britischen Ultimatum die Antwort innerhalb 48 Vtunoe verlangt. Den „Har allgeht, schreck Seit Für Nachr." jede um sie in Pa Anstrengung- Was ist der 5 und will selb keck verfällt? gen, sie werd, ung. Und Erstaunlich n nicht von He wurden! S Mertian de L saitenmacher spielen könne Wir habe barung von er hat sein L land verrath, die jeden Zwc von unterrich also weiß mi es nicht, der Blatt, das hi als der früh« als unschuld Das sind die der Alster w< marcks zu pf genau, die R „die russische sind die „Ha anderen Blä an die drei o sch« Warte", „Staatsbürg „Kreuzztg." als unschuld Schmerz der Also an Zweifel aus! Denn Herr j Zeugen find weil er die fi fremd« Mack 12. August 6. Januar 1! lich gesagt, > funden wort hat sicherlich schickt verhül meinte er di er Baron M Der ehre „Libre Parc Potsdam irr aber er verh nicht in Pot- sondern oie Gewerbevereine beschloß am Schluß der vorgestrigen Berathungen auf Grund der Vorkommnisse in Rennes auf den Vorschlag des Vorstandes, daß kein Mitglied des Ver bandes in Paris aus st eilen solle. Der Verband sei der Ansicht, daß es nach den Vorgängen der letzten Tage un- thunlich erscheine, der Ausstellung das unbedingt nöthige Ver trauen entgegenzubringen. Das Dreyfus-Urtheil sei eine beleidigende Mißachtung der von deutscher amtlicher Stelle gegebenen Er klärungen und habe daS Vertrauen in die französischen Rechts anschauungen, sowie den moralischen Kredit Frankreichs tief erschüttert. Oesterreich. Dem sattsam bekannten Wiener Mechaniker und antisemitischen Abgeordneten Schneider wird die hohe Ehre zu Theil, seine Prosa in der „Libre Parole" veröffentlicht zu sehen, da er der Stimmung unter den Wiener Antisemiten den Stempel auf drückt: „Das gerechte Verdikt von Rennes", telegraphirt der Abgeordnete Schneider an das Pariser Antisemiteublatt, „trifft nicht nur Dreyfus, sondern den ganzen internationalen Judaismus. Alle christlichen Nationen der ganzen Welt werden sich mit der fran zösischen Nation freuen. Jeder wackere Mann, welchem Lande immer er angehören mag, wird glücklich darüber sein, daß das Recht gesiegt hat. Wir beglückwünschen Frankreich. Möge es eine neue Aera beginnen, die Aera der Beschlagnahme der von den Juden gestohlenen Güter und der Wiedereinsetzung der Menschen in ihre Rechte." — Der Wiener und der Pariser Anti semitismus, jeder ist des andern vollkommen würdig. England. Der Entrüstungssturm wegen des Urtheils gegen Dreyfus dauert fort. Außer dem Boykott werden endlose Vor schläge gemacht. Frankreich zu strafen, wovon manche die Tragödie ins Lächerliche ziehen. Man droht keine französischen Weine mehr zu trinken; die Aerzte sollen keine, Patienten nach Frankreich schicken; an den Prinzen von Wales soll petitionirt werden/ nicht mehr nach Frankreich zu reisen u. s. w. — In Barnet wurde von der Volksmenge auf einem Protestmeeting die französische Flagge verbrannt. Die illustrirte Zeitschrift Graphic bestellte die für die Pariser Ausstellung bestimmten, großartigen elektrischen und Druckmaschinenaulagen ab. Im Hyde-Park sollen Versamm lungen stattfinden. Eine gleichlautende Resolution soll von allen Rednertribünen aus vorgelegt werden. Frankreich. Es wird für möglich gehalten, daß der Re gierungs-Kommissar bei dem Revisionsrath den Bericht über die Dreyfus-Angelegenheit vor Montag beendigt haben wird. Der Revisionsrath würde sich alsdann am Montag über die Berufung aussprechen und die Regierung würde am Dienstag in einem Ministerrathe über das Schicksal des Verurtheilten schlüssig werden und beschließen, ob derselbe zu begnadigen sei. Möline richtete an eine Anzahl seiner politischen Freunde ein vertrauliches Schreiben, in welchem er sie um ihre Ansicht über eine sofortige Einberufung der Kammern befragt und die Gründe hervorhebt, wegen deren dieselbe nothwendig sei. In dem Schreiben wird um sofortige Antwort ersucht. — Die „Liberte" berichtet zu der Frage der Einberufung des Parlaments, die Re gierung beabsichtige, die Einberufung der Kammern bis zum Dezember hiuzuziehen und zwar unter dem Vorwande, daß die Deputirtenkammer nach dem Gesetz nicht tagen könne, während der Senat als Staatsgerichtshof versammelt sei. Der Senator Trarieux (nicht Oberst Carrie-re, Wiegestern irrthümlich gedrahtet worden war) hat an den Kriegsminister General Galliffet ein Schreiben gerichtet, in welchem er darauf hinweist, daß aus dem von Cuignet dem Kriegsgerichte vorge legten allergeheimsten Aktenstück hervorgehe, daß er von Agenten des Nachrichtenbureaus lange Zeit überwacht worden sei. Trarieux spricht seine Empörung darüber aus, daß das Nachrichtenbureau die ihm bewilligten Gelder dazu verwende, französische Bürger auszuspioniren. Er protestirt dagegen, daß man versucht habe, mittels des geheimen Dossiers Zeugenaussagen zu entkräften. Unter der Spitzmarke „Begnadigung?" schreibt die „Köln. Ztg.": Wenn man die neuesten französischen Blätter liest, hat man den Eindruck, als ob Frankreich sich mit dem Urtheil der Feigheit abfinden und bei dem Verdammungsspruch über den Juden beruhigen werde. Nachdem man sich von dem ersten Staunen darüber erholt hatte, wie man einem Offizier, s der des Verraths am Vaterlande schuldig erkannt war, mildernde Umstände bewilligen könne, fing man an, das Urtheil zu deuten und auszulegen, und selbst Revisionisten, die in der vordersten Reihe gekämpft hatten, fanden, es sei im Grunde gar nicht so ungünstig. Zwei Militärrichter, so verkündete man, habe man - schon von der Unschuld Dreyfus überzeugt, und die mildernden - Umstände seien zum Mindesten ein Beweis, daß die Uebrigeu in ihrer Ueberzeugung schwankten. Die „Aurore" überschrieb ihre Ausgabe „Dem Siege entgegen"; der „Figaro" sand nicht mehr den Muth der Entrüstung, er giebt heute sogar einem Akademiker Raum, der darüber ganz entzückt ist, daß Frankreich sich so fein ruhig verhält, und meint, die Affaire werde schließlich noch vor dem Friedensrichter enden. Der „Temps", der am Montag das Urtheil mit unerbittlicher Logik zerpflückt hatte, findet heute, daß eitel Friede und Eintracht seine Folge sein werde. Das offiziöse Blatt will damit offenbar der Begnadigung Dreyfus den Weg ebnen, zu der Präsident Loubet entschlossen zu sein scheint. Wer die Begnadigung noch zu kritisiren wage, sagt cs, bekunde „uner trägliche Wildheit", und für die, die an die Unschuld Dreyfus glaubten, müßte diese Maßregel „eine innige Genugthuung" sein: der sie sich ungesehen von der einen zur anderen Flanke begaben und ihr Feuer plötzlich aus Stellungen eröffneten, wo man sie keineswegs vermuthete. Alle diese zur Ueberrakchung des Geg ners so geeigneten Bewegungen wurden zu Pferde ausgeführt; denn die Buren sind in Folge des Jäger- und Hirtenlebens, das sie jederzeit führen, ebenso gute Reiter wie vortreffliche Schützen. In die Nähe des Punktes, den sie angreifen wollen, gelangt, sivringen sie von den Pferden, befestigen dieselben an einem Pfahl und eröffnen ohne Zögern ihr Feuer. Ihre Miliz ist in der Tbat, wie wir schon oben sagten, das Ideal einer beritte nen Infanterie. Gleichzeitig ist aber auch ihre militärische Organisation das Ideal eines Volkes in Waffen. Alle Wehrfähigen greifen that- sachlich zu den Waffen. Die von 18 bis 34 Jahren rücken zu erst aus, darauf die von 35 bis 50 Jahren, die von unter 18 und über 50 Jahre zuletzt. Im Falle der äußersten Gefahr werden sogar oie eingeborenen Schwarzen, die der Herrschaft der Republik unterstehen, aufgerufen; man rechnet unter diesen auf 50 000 Hülfstruppen, die Zulus, Basutos und Zwasis, die den 26 000 Buren unter Umständen eine sehr bedeutende Unter stützung gewähren können. Alle Welt bei den Buren ist in Folge der vortrefflichen Orgdnisation in den 176 Distrikten und 64 Kreisen im Moment marschbereit. Als 1890 die Mib- landers zum ersten Male sieb zu erheben versuchten, erging eine theilweise Mobilmachungsorore um 6 Uhr Abends an drei Di strikte. Am nächsten Morgen um 5 Uhr ritten 800 Buren mit vollständigen Führern in Johannesbura ein. Gegen die Ex pedition Jamesons 1895 wurden 2000 Mann sofort mobilisirt, und der schottische Doktor war sehr erstaunt, den Weg bei Krü gersdorp gesperrt zu finden, während er überzeugt war, daß man in Pretoria von einem Einfall ins Gebiet von Transvaal noch nichts wisse. Dieser letzte zweitägige Feldzug hat die Vortrefflichkeit und zugleich die Einfachheit des Systems der nationalenVertheidiguna der südafrikanischenRepublik vollends bewiesen; ob sich dasselbe freilich für Offensivunternehmungen in großem Stil bewähren würde, ist mit Rücksicht auf die Siche rung des Nachschubs allerdings stark zu bezweifeln. Jeden falls aber würden die Engländer, sollte es zum Kriege kommen, Transvaal gegenüber einen schweren Stand haben und ganz andere Gegner sich gegenüber finden, als in den vorjährigen Kämpfen gegen die Derwische am oberen Nil.