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A 214 Freiberger Anzeiger und Tageblatt. Seite 5. — 15. September. lager in Brand zu stecken, um dadurch eine Untersuchung zu ver- eitrln und die Entdeckung ihrer Schandthaten zu verhindern. Ein sür die That durch Bestechung gewonnener Arbeiter zündete das ganze Lager an, doch wurde der Brand rechtzeitig bemerkt "und glücklich gelöscht, bevor er größere Ausdehnung angenommenshatte. * Das Jveal einer Ehefrau. Auf obige Bezeichnung: dürste wohl kein weibliches Wesen größeren Anspruch erheben i können, als die Gattin eines angesehenen Farmers Namens David s Valter im Staate New-York. Der beneidenswerthe Gemahl dieser Frau, von deren Tugenden jetzt die Welt erfahren soll, feierte vor Kurzem seinen vierzigsten Geburtstag, und da es gleichzeitig die fünfzehnte Wiederkehr des Hochzeitstages war, hatte das in seltenem Glück und größter Einigkeit lebende Pärchen beschlossen, ein großartiges Fest zu veranstalten. Mehr al? fünfzig Personen waren mit einer Einladung bedacht worden and auch pünktlich erschienen. Bevor man sich jedoch zur reich bestellten Tafel niedersetzte, wurde der Hausherr heimlich heraus-, gerufen und die neugierig an die Fenster eilenden Gäste konnten Zeuge einer höchst rührenden Szene sein. Vor das Portal des Hauses war soeben ein elegantes, nagelneues, mit einem pracht vollen jungen Schimmel bespanntes Gig gefahren, das man dem erstaunten Mr. Walter als Geschenk seiner Gattin präsentirte. Mit vor Freude glühenden Wangen trat die hübsche blonde Hausfrau jetzt in die Thüre, wo sie von ihrem aufjubelnden Ehe herrn wie ein Kind in die Höhe gehoben und in das neue Fuhr werk gesetzt wurde. Ihr nachspringeud kutschirte der glückliche Gatte einmal um den freien Platz vor dem Hause und trug dann seine bessere Hälfte im Triumph zu den im Speisesaal ver sammelten Gästen, die das Paar mit enthusiastischen Hochrufe» begrüßten. Nun setzte man sich zur Tafel; doch kaum hatte das Geburtstagskind ebenfalls Platz genommen, als eine neue Ueber- raschung seiner wartete. Unter der Serviette des Hausherrn lag nimlich eine schöne goldene Uhr nebst Kette und ein Ring mit prächtigem Solitair. Beides waren weitere Geschenke der lieben den Gattin, die mit strahlenden Angen die Freude und das Er staunen ihres Mannes beobachtete. Das Staunen des guten Farmers war um so gerechtfertigter, als er sich gar nicht er klären konnte, wo seine verschwenderische Fran das Geld zu der artig werthvollen Geschenken hergenommen haben mochte, da sie kein eigenes Vermögen und auch keine reichen Verwandten besaß, die es ihr hätten geben können. Als Antwort aus seine ver wundert fragenden Blicke blinzelte sie nur listig mit ihren treuen, blauen Augen. Die Ueberraschungen waren aber noch immer nicht zu Ende. Kaum hatte man sich von dem vorzüglich ge ratenen Diner erhoben, als Mrs. Walter den Arm ihres nachdenklich gewordenen Gatten ergriff und ihn, gefolgt von der fröhlichen Schaar der Gäste, in den Hof führte, wo eben eine Heerde von zehn stattlichen Holsteiner Kühen angetrieben wurde, die sänuntlich.an der Stirn ein weißes Täfelchen mit den Worten: .Ich gratulire!" trugen. Als Mr. Walter hörte, daß auch diese acceptable Gabe von seiner Frau hcrrühre, beschlich ihn ein fast unheimliches Gefühl. Ehe er aber noch ein Wort hervorbringen konnte, näherten sich ihm mit zaghaften Schritten seine zwei jüngsten, ganz in duftiges Rosa gekleideten Töchterchen und über reichten ihm ein silbernes Tablett, anf dem in Reihen geordnet MO Dollars in Gold aufgeschichtet lagen. Sprachlos vor Rührung und Staunen blickte sich der Mann nach seiner Ge mahlin um, die nun mit fast verschämtem Erröthen eingestand, daß dieses Geld und sämmtliche Geschenke das Resultat ihrer während der letzten fünfzehn Jahre gemachten Ersparnisse seien. Und so war cs in der That. Mr. Kalter hatte dieses Kleinod von einer Frau als ganz armes Mädchen geheirathet und damit nicht geringe Unzufriedenheit bei ß«a Angehörigen und Verwandten verursacht. Scho» »in diesen Mosen Menscben zu beweisen, daß eine sparsame und wirth- fchastliche Gattin einem Manne oft eher zu Wohlstand verhelfen kau« als eine Reiche, die große Ansprüche macht, hatte Mrs. Walter stets heimlich gearbeitet nnd sich mit dem ihr reichlich gegebenen Wirthschastsgeld so gut einzurichteu gewußt, daß sic monatlich 20 bis 30 Dollars erübrigen konnte, ohne ihre in Gatten etwas davon merken zu lassen. Neueste Nachrichten. Kiel, 13. September. Die Prinzessin Heinrich wird ihre Reise nach Kiautschou an ihren Aufenthalt in Rußland auschluße» und sich von Odessa über Konstantinopel nach Port Said begebe». Bon hier wird die Prinzessin den deutschen Postdampser benutz m. Wiesbaden, 13. September. Zum Gerücht von der Hier- berkunft Esterhazys meldet der „Rhein Kurier", daß auf dem hiesigen Postamt eine Postkarte mit der Adresse: „An de» Major Esterhazy Wiesbaden", eingelaufcu sei. Möglicherweise handelt se sich um einen schlechten Scherz. Wien, 13. September. Stach dem heute ausgcgebcmm Ceremoniell für die Leichenfeier wird der Sarg am Donnerstag, den 15. September, abends 10 Uhr vom Westbahnhofe in feier lichem Zuge nach der Hofburg geführt und am Freitag von 8 bis 5 Uhr, am Sonnabend von 8 bis 12 Uhr für daS Publikum ausgestellt sein. Ain Sonnabend Nachmittag 4 Uhr erfolgt die feierliche Ueberführung des Sarges nach der Kapuziuerkirche, wo in Gegenwart des Kaisers nnd der fremdländischen^Majestäteii die Einsegnung der Leiche erfolgt. Dann wird der Sarg in die Gruft hinabgetragen, wohin der Kaiser folgt. Nach nochmaliger Einsegnung und Beendigung der Gebete wird der Snrgschlüssel dem Guardian der Kapuziner übergeben. Wien, 13. Sept. Wie eine Lokalkorrespondcnz meldet, treffen die Könige von Rumänien und Serbien zur Leichenfeier hier ein. Wien, 13. September. Nach der Ansicht der hiesigen Polizei trägt die Hauptschuld au der Ermordung der Kaiserin der Polizei-Kommissar von Territet, welcher in jeder Beziehung ver säumt hatte, die in allen Ländern übliche und vorgeschriebcne Ueberwachung hoher reisender Persönlichkeiten durchzuführcu. Weder hat er die Genfer Polizei von der Abreise der Kaiserin "ach Genf unterrichtet, noch die Kaiserin dnrcy die ihr znr Ver fügung stehenden Detektivs überwachen lassen. Budapest, 13. September. Die Magazine des Westbahnhoss sind nachts nicdergcbrannt. Triest, 13. September. (Meldung des Wiener K. K. Korrespondenz-Bureaus). Im Laufe des gestrigen Abends wurden hier 5 Personen wegen Ausschreitnngeu verhaftet. Gegen 10 Uhr zogen an 200 Personen zum italienischen Turnverein, nm den selben gegen einen vermeintlichen Angriff zu schützen. Polizei und Militär, welche das Ganze für eine Demonstration hielten, umzingelten den Trupp und verhafteten 120 Personen; bei «nigsn wurden Waffen gesunden. Um 10>/, Uhr nachts herrschte Ruhe, um Mitternacht kehrte das Militär in die Kasernen zurück. Genf, 13. September. Nachts. Nachstehend seien noch einige ergänzende Einzelheiten von den Trauerceremonien des heutigen Tages mltgethcilt. Der Todtenschein wurde um 3 Uhr Nachmittag von dem General Berseviczi, dem Verwaltungsrath der Stadt Genf und dem Standesbeamten Renaud ausgestellt. Nachdem der Sarg plombirt war, verlas ein Beamter ein Protokoll des Inhaltes: „Soweit die Stadt Genf in Betracht kommt, ist indem Sarge eingeschlossen der Leichnam einer vor dem Hotel „de la Paix" ermordeten Person, deren Autopsie Genfer Aerzte vor nahmen." Soweit Oesterreich in Betracht kommt, stellt das Protokoll fest, daß cs diejenige der Kaiserin war. Das Schrift stück wurde im Namen der Schweiz von vr. Reverdin und dem Generalproknrator unterzeichnet. An dem Sarge befinden sich zwei in Blei gefaßte Glassenster mit verschließbarem Schiebedeckel. Den j einen dazu gehörigen Schlüssel erhielt der General Berseviczi, i den zweiten der Ordner der Leichenbegängnisse. Um 4 Uhr er schien Monsignore de Ruez, der in Freiburg residirende Bischof s von Lausanne in Genf mit mehreren Geistlichen, um an der Leiche ein Gebet zu verrichten. Die eigentliche religiöse Feier fand nachmittags 5 Uhr im engsten Kreise statt; nur das Gefolge der verewigten Kaiserin war zugegen. Die Prozession, welche im Innern des Hotels Beaurivage zusammentrat und aus dem Kruzifixträger, vier Chorknaben und fünf Geistlichen im Ornat bestand, betrat die von der Kaiserin bewohnten Räume. Die Trauerceremonie dauerte 20 Minuten. Der Bischof, von sechs Geistlichen der Parochie Paquis assistirt, segnete den Sarg ein. Die meisten Konsuln kamen im Laufe des Tages in das Hotel Beaurivage, um den Vertretern des Kaisers Besuche abzustatten. Zwei städtische Beamte überbrachten im Namen der Stadt Gens einen Kranz. Mailand, 13. September. Der wegen Vertheilung anf- rührerischcr Manifeste verhaftete Siles wurde heute vom Pvlizei- inspektor verhört. Er erhob Einspruch dagegen, daß man ihn sür einen Anarchisten halte und sagte, er sei Sozialist. Er habe sich längere Zeit in London aufgehnlten, von wo er sich in den letzten Tagen nach Italien begebe» hatte. Von London aus habe er unter dem Pseudonym Cajo Niacco Mittheilnngen an das Journal „Avanti" gesandt. Heute wurde Siles in das Zellen- gefängniß überführt. Paris, 13. September. Die Nachmittags-Sitzung des Minister raths diente die Erörterung der Folgen einer etwaigen Demission des Kabinets, wodurch die Einberufung der Kammer nöthig würde. Brisson konnte mittheilen, daß ihm von Deputirten zahlreiche Kundgebungen zugegangen sind und daß, von den bonlaugistischen Schreiern abgesehen, die große Mehrheit der Nothwendigkeit der Revision zustimme. Ferner ließ Brisson keinen Zweifel darüber und Bourgeois stimmte ihm darin zu, daß die Kammer volle Aufklärung erhalten werde, falls sie mit der Krisis besaßt werde. Schließlich wurde die Debatte abgebrochen, um einen Konflikt, der unausbleiblich geworden war, aus Rücksicht auf die Reise Faures zu den großen Manöver» zu verschieben. Brisson wollte den Aufschub verhindern, doch schnitt Sarrien die Diskussion ab durch die Bitte, daß man ihm Zeit zur Beendung seines Studiums des Dossiers lassen möge. Zurliuden betrachtete sich als Demissionär und bleibt in Paris, doch wird auch versichert, daß sein Verbleiben mit der Einleitung der Strafverfolgung gegen mehrere Offiziere zusammcnhänge, was jedoch uicht wahrschein lich ist. Paris, 13. September. Ein großer Theil der Presse ist geradezu entrüstet über die Vorgänge innerhalb der Regierung. Während man durch die Bestrafung Paty du Elams Zweifel und Erregung neu belebe, schrecke man andererseits vor jeder Verant wortung zurück. Cornely im „Figaro" sagt: „Cavaignac opfert Henry, Zurliuden trifft Paty dy Clam; das ist wirklich eine einzigartige Politik, die Revisionisten zu beruhigen, indem man ihnen Stück für Stück die von ihnen bezeichneten Opfer znm Verschlingen vorlegt. Ich gestehe, daß ich nichts mehr begreife von alledem." Der „Ganlois" führt aus, das Publikum könne mit Recht denken, man mache sich lnstig. Die Staatsmänner erschrecken vor einer eigenen Idee und wagen nicht mehr, sie ausznführen; sic wollen sie anch nicht anfgeben, aus Furcht vor der Lächerlichkeit. Die radikale Presse respektirt schweigend die Schwierigkeiten, die Brisson entgegenstehen, überzeugt, daß er entschlossen sei, anf den Grund zu gehen. Senator Ranc im „Radical" ruft ihm zu: „Vorwärts, Brisson!" Clemenceau schließt: Selbst nach seinen Fehlern fände er Gelegenheit, eine der schönsten Seiten Geschichte; u machen. Sehr drohend äußert die Presse sich vielfach bereits gegen Fanre. In der Dreyfus freundlichen Presse steht der Fall Paty du Clam im Vordergründe des Interesses. Jaurös sagt in der „Petite Republigue": Paty du Clam war der abscheuliche Baumeister der ganzen Dreyfus- Assaire und die Nationalisten werden diesen Schlag um so schwerer verwinde», als Zurlinden ihre höchste Hoffnung war. Ranc im „Radical" schreibt: Was bleibt noch übrig vom Prozeß Dreyfus? Ist es jetzt nicht klar, daß die Richter getäuscht wurden durch eine falsche Untersuchung und durch falsche Zeug nisse? Der Abgeordnete Millerand fragt in der „Lanterne": Mit welcher Stirn will man jetzt noch der Revision widersprechen? Rochefort im „Jntransigeant" klammert sich an den Wortlaut der Note über den Ministerrath und findet, die Strafe Paty du Clams sei viel zu hart sür deu harmlose» Scherz, den er mit Picquart getrieben. Der „Siecle" quittirt die Disziplinirung Patys nnd verlangt die Verhastnng Merciers, der seinerzeit de» Richtern den Befehl zur Verurtheilung des Dreyfus gab. Paris, 13. September. Philibert de Ruge, der Leiter des sür die Revision des Drcysusprozesses eintrctendcn Blattes „La gründe Bataille", wurde heute Abend von vier mit Knütteln be waffneten Männern überfallen und geprügelt. Sein Zustand ist sehr ernst. Einer der Vier wurde vcrbafict. Madrid, 13. September. Die Teputirtenkammer hat das Friedensprotokoll endgiltig mit 151 gegen 48 Stimmen an genommen. Madrid, 13. September. Kammer. Canalejas setzte heute seine Anklagen gegen deu Mariueminister Anno» fort und ver langte, daß die für deu Verlust des Geschwaders und die Kapitu lation Santiagos Bcrcmtwortlichcu zur Rechenschaft gezogen werden. Madrid, 13. September. Nach einer Depesche der „Agencia Fabra" auS Manila werden dortige Privathäuser von den Ameri kanern besetzt nnd Archive vernichtet. Der Gesundheitszustand sei traurig. Santa Cruz habe sich am 1. ds. den Insurgenten ergeben. Letztere werden übermorgen einen Präsidenten der Ausständischeii-Regierung, wahrscheinlich Arellano, ernennen. Konstantinspel, 13. September. Alle Zeitungen bringen Nachrichten über den Tod der Kaiserin von Oesterreich, doch wird keine Veröffentlichung über die Ursache des Todes von dör Censur gestattct. Lie Schiffe haben die Flaggen auf Halbmast gezogen. Eigene Drahtberichle. (Nach Schluß der Redaktion eingegangen.) Dresden, 14. September. Der König reist heute Abend 6 Uhr 20 Min. nach Wermsdorf, von wo nach zweitägigem , Aufenthalte die Rückfahrt nach Strehle» erfolgt. Bou dort tritt am Freitag der Monarch die Reise nach Wien an. Wien, 14. September. Die „Neue Freie Presse" meldet Nach dem Wunsche des Kaisers wird Kaiserin Elisabeth an der Seite des Kronprinzen Rudolph ihre letzte Ruhestätte finden. Da aber vorläufig neben dem Sarkophage des Kronprinzen jener des Erzherzogs Karl Ludwig steht und dieser daher erst ent fernt werden muß, wird die Beisetzung der Kaiserin vor der Hand nur provisorisch stattfinden. Am Sonntag früh erhielt der Kaiser den letzten Brief von der Hand der Kaiserin. Sie schrieb, daß sie sich außerordentlich wohl fühle und ganz glücklich sei über den günstigen Erfolg der Nauheimer Kur. Sie fühle sich so kräftig, daß sie bereits wieder kleinere Touren ohne irgend welche Er müdung machen könne. Auch drückte sich die Kaiserin ganz ent zückt über den Aufenthalt am Genfer See auS. Wie«, 14. September. Von einem Privatkorrespondenten- Die „Nene Freie Presse" meldet: Das Testament der Kaiserin- welchcs beim Oberhosmarschallamt liegt, ist Montag eröffne* worden. Dasselbe wurde in Ofen im Jahre 1895, zu einer Zeit, wo sich die Kaiserin nicht ganz wohl befand, abgefaßt. Es ist ziemlich kurz gehalten, und soll von der Kaiserin eigenhändig geschrieben sein. Der Kaiser hatte Kenntniß von dem Inhalt der letzten Verfügung der Monarchin. Nach den Bestimmungen des Testamentes soll das Schloß m Lainz der Lieblingstochter der Kaiserin Erzherzogin Marie Valerie zufallen, während das Schloß „Acbilleion" auf Korfu in den Besitz der Erzherzogin Gisela übergehen soX. Der Kaiser behält jedoch auf Lebenszeit das Nutzungsrecht über beide Schlösser. Das Baarvermögen ist für die Enkelkinder be stimmt, von denen die Erzherzogin Elisabeth, die Tochter der Kronprinzessin-Wittwe Stephanie, einen größeren Theil als die übrigen erhalten soll. Das Testament enthält ferner Legate für die Hofdamen und Personen aus der Umgebung der Kaiserin. Budapest, 14. September. Sämmtliche MorgenblStter veröffentlichen an der Spitze des Blattes einen Aufruf an die Bevölkerung zur freiwilligen Subskription zu einem Denkmal sür die edelste Frau und die unvergeßliche Dulderin, die schon in dem Herzen der Nation sich ein Denkmal gesetzt habe, so hehr und so strahlend, daß die Zeit es nie und nimmermehr werde umzu stürzen vermögen. Ein Werk solle aufgebaut werden, welches der Welt verkünden soll, daß die Königin Elisabeth von ihren getreuen Ungarn geliebt war, wie keine vor ihr. Genf, 14. September. Luccheni wird wahrscheinlich hier im Oktober in einer außerordentlichen Schwurgerichtssession ab- geurtheilt werden. Der Mörder hat Untergebenen des Unter- suchungsrichters gegenüber geäußert, wenn er sich in Italien befunden hätte, hätte er den König Hnmbert ermordet. Der Untersuchungsrichter verhörte eine Anzahl Zeugen; dabei stellte sich heraus, daß nach dem Attentate zunächst alle Anwesenden meinten, Luccheni habe die Kaiserin durch einen bloßen Faust schlag niedergeschlagen. Erst als Luccheni festgenommen war, erfuhr man von ihm selbst, was er gethan. Mehrere Gendarmen sagen ans, sie hätten Luccheni vor dem Hotel Beau Rivage herumstehen sehen; das giebt Luccheni zu, ebenso, daß er mit einem weißbärtigen Mann, der einen Sonnenschirm trug, ge sprochen habe, von dem schon die Rede war. Doch sei jener, wie man glaubt, nicht ein Mitschuldiger von ihm und ein Italiener es müßte vielmehr ein Eingeborener von Genf sein, mit de n er gesprochen habe. Ein Zeuge sagt aus, er ging kurz nach 11/2 Uhr die Rue des Alpes hinunter, um anf das Dampfschiff zu gehen, da hörte er die Schreie: „Haltet ihn fest!" und uy einen Mann mit größter Geschwindigkeit in wahrhaften Spr mgor daher lausen; er stürzte sich auf ihn, packte ihn an den t nneu und am Oberkörper und überwältigte ihn, ohne daß der Mtmn besonderen Widerstand leistete oder gegen ihn schlug. Mehrere österreichische Beamte sind hier eingetroffen, um Untersuchungen anzustellen und Erkundigungen einzuziehen. Der Chef der Genfer Sicherheitspolizei Kohleuberg begleitet sie überall hin. Sie wohnten einem Theil des Verhörs bei, nanrentlch um zunächst etwas über das Vorleben des Mörders und die Oertlichkeiten zu erfahren, wo er sich früher anfhielt. Die Aerzte haben heute dem Untersuchungsrichter das Protokoll über die gerichtsärztliche Fest stellung übergebe». Lausanne, 14. September. Hier entwickelt die Polizei wieder -eine fieberhafte Thätigkeit, um alle Fäden der Ver bindungen Lucchenis aufzudecken. Mehrere Verhaftungen haben abermals stnttgefunden; wer irgendwie verdächtig ist, wird von der Polizei einem Verhör unterworfen. So wurde auch ein Italiener Namens Cnrti verhaftet, der gestern Abend in einer Wirthschaft sich äußerte: „Luccheni hatte Recht, die Kaiserin zu tödten; sür einen Franc würde ich meinen Mann auch stellen, selbst wenn cs mir den Kopf kosten sollte." Brüssel, 14. September. Die Königin, die sich in Spaa befindet, leidet seit einigen Tagen an einer mit rheumatischen Schmerzen verbundenen Erkältung. Loudon, 14. September. Wie die „Times" aus Kandia von gestern melde», verlangt Admiral Noel in dem dem türkischen Befehlshaber übergebenen Ultimatum, daß die Rädelsführer bei den letzten Metzeleien ihm binnen 48 Stunden ausgeliesert und daß anch die die Stadt beherrschende» Forts und Wälle ihm über geben werden. Parrs, 14. September. Eine dem Elysee nahe stehende Persönlichkeit erklärte einem Mitarbeiter des „Gaulois" gegen über: Präsident Fanre werde die Revision des Dreyfus-Prozesses anch weiterhin entschieden bekämpfen. Angesichts der gegen General Mercier nnd die Mitglieder des Kriegsgerichts vom Jahre 1894 erhobenen Beschuldigungen hat sich Präsident Faure daran erinnert, daß er der oberste Ches sei. Wenn das Ministerium trotzdem die Revision vornehme, werde Faure vielleicht dem Parlament in einer eingehend begründeten Botschaft seine eigene Demission überreichen und vor der Nationalversammlung neuer dings seine Kandidatur mit der Präsidentschaft aufstellen. Die Wahl oder Niederlage Faures werde zugleich die endgiltige Lösung der Revisionsfrage bedeuten. Yokohama, 14. September. (Meldung des Reuterschen Bureaus). Aus Söul wird gemeldet, der König und der Kron prinz von Korea erkrankten am 11. abends plötzlich nach dem Abendessen. Es wird Vergiftung vermutbet. Beide befinden sich auf dem Wege der Wiedcrgeuesung. wuHen verhasiet.