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Nr. 7«. — 8. Jahrgang. Sächsischer Sonntag, 1. April 1888. Der jeden Wochentag Abend (mit Datum des folgende» Tage«) zur Versendung gelangende „SüchfischeLnildcS-Attzciger" mit täglich einem besonderen Untcr- baltungSblatte und mit dem Extrabeiblatt Luftige- Bilderbuch lostet bei den Ausgabe stellen monntlichM Psg., bei denLZvst'Anst- 75 Pf. (1888er ZtgS.-PreiSlsste Nr. 5035.) ....che» Laudbol Illuftrirtk-IahresbuchdesLaubes^nzeigers. i«I>i>kS-Mkjgkk mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. MM Kick, Buchdnickerei. Chemnitz. ^ Theaterstrahe 5 (Fernsprechstelle Nr. 136). Telegr.-Adr-: Lander-Anzeiger, ThemnlH. Mit täglich einen! besonderen Unterhaltungsblatt: i. Kleine Botschaft — 2. Sächsischer Erzähler — 3. Sächsische Gerichts-Zeitnng 4. Sächsisches ÄlUerlei — 5 Jllnsirirtes UnterhaltnngSblatt — 6 Sonntagsblatt — Ertra-Beiblatt: Lnstiges Bilderbuch. Amtliche Bekanntmachungen. Im Handelsregister für den Landbczirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute aus Folium 405 die am 24. März 1888 errichtete Firma Säckel und Wolfs in Harthau eingetragen und zugleich vcrlautbart, daß die Färber Herr Carl Herinan» Säckel und Herr Eduard Wilhelm Ernst Carl Wolfs da selbst Inhaber der Firma sind. Chemnitz, am 38. März 1888. Königliches Amtsgericht. Ueber das Vermögen des Schirmfabrikanten Otto Wilhelm Heinrich Fer dinand Milatz, früher in Chemnitz, jetzt unbelanuten Aufenthalts, wird heute am 27. März 1888 Nachmittags '/,,6 Uhr das Konkursverfahren eröffnet. Der Rechtsanwalt Liede in Chemnitz wird znni Konkursverwalter ernannt. Konkursforderungen sind bis zum 24. April 1888 bei dem Gerichte anzu- nielden. Es wird zur Beschlußfassung über die Wahl eine- andern Verwal ters, sowie über die Bestellung eines Gtänbigcrausfchusscs und eintreteuden Falles über die in 8 120 der Konkursordnung bezeichnet«! Gegenstände auf den 13. April 1888 Nachmittags 4 Uhr und zur Prüfung der angcmeldetc» Forderungen auf de» 9. Mai 1888 Vormittags 10 Uhr vor dem Unterzeich neten Gerichte Termin anberanmt. Allen Personen, welche eine zur Konkurs masse gehörige Sache in Besitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird ausgeaeben, nichts an den Gemeinschuldner oder dessen Abwcsen- heitsvorniilnd Keil in Chemnitz zu verabfolgen oder zu leiste», anch die Ver pflichtung auserlcgt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, ür welche sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehme», icm Konkursverwalter bis zum 37. April 1888 Anzeiche zu machen. Königliches Amtsgericht zu Chemnitz. Telegraphische Nachrichten. Vom 30. März. Köln. Der Rhein steigt weiter. Auch vom Oberrhein wird Steigen gemeldet, desgleichen von den Nebenflüssen, besonders schwillt die Mosel in Folge eines Wolkenbruches stark an. Hier ist mau be schäftigt, die im Hafen lagernden Güter eiligst zn bergen. Das Wetter ist regnerisch. Luzern. Bei den drei Kapellen oberhalb Fiesso ging heute Vormittag 7 Uhr an gleicher Stelle, wie im Februar, eine Grund- lawine nieder und überschüttete die Gotthardbahn und den Tessin in einer Länge von zweihundert und einer Höhe von fünfzehn Nietern. Die sofort in Gang gesetzten RänmungSarbeiten werden den heutigen und morgenden Tag in Anspruch nehmen. Personen- und Güter verkehr werden an der Untcrbrcchungsstelle durch Umsteigen und Umladcn bewerkstelligt. Konstantinopel. Zwischen der Türkei und Griechenland herrscht angeblich starke Spannung. Die Pforte soll militärische Vorsichtsmaßregeln angeordnet haben. Politische Rundschau. -V- .. Chemnitz, den 31. März. Deutsches Nekchp---DaZ-Befi»den Kaiser Friedrichs bleibt im Ganzen befriedigend. Die günstigeren Erscheinungen, Abnahme des Hustens und des Auswurfes, das Verschwinden der Auswurffärbnng, halten an, ebenso die Zunahme der Kräfte, und demgegenüber er scheint die Thatsache, daß der Schlaf in den letzten Nächten mehrfach unterbrochen war, weniger bedeutungsvoll. Man nahm an, daß die seit Dienstag eingeführte Massage eine aufregende und den ruhigen Schlaf beeinträchtigende Wirkung gehabt, und es sind entsprechende Maßnahmen getroffen worden, Aehnlichcs künftig zu verhüten. Der Spaziergang, welchen der Kaiser am Mittwoch Mittag zum ersten Male im Charlottenburger Parke machte, ist ihm recht gut bekommen. Festen, sicheren Schrittes ging Kaiser Friedrich, nur manchmal auf den Arm seines Arztes gestützt, auf und ab und sog in tiefen Athem- zügen die kräftigende Frühlingsluft ein. Schnell verstrich die kurze Stunde, in welcher der Kaiser öfters forschend den Blick nach Bäumen und Sträuchern wandern ließ, um zu prüfen, ob sich die Macht des Frühlings schon bemerklich mache. Bald nach dem Spaziergang legte sich Kaiser Friedrich zn erquickendem Schlafe nieder, welcher ungefähr zwei Stunden dauerte. — Donnerstag in den Mittagsstunden war der Kaiser wieder im Freien. Der Platz vor der Orangerie zeichnet sich ganz besonders durch milde und warme Luft aus, weil dort die Zug luft durch die nahe herantrctendcn hohen Bäume des Parkes abgc- halten, dagegen die Sonnenwärme in wirksamster Weise durch Rück strahlung gesteigert wird. An dieser Stelle bewegt sich der Kaiser stundenlang in ungezwungenster Weise, und die ihn dort sehen, sind überrascht durch sein Aussehen, wie durch die Sicherheit seiner Körper haltung. Mittags nach 12 Uhr unternahm der Kaiser, gcmeinschast- lich mit der Kaiserin, eine Ausfahrt im offenen Wagen. Der Kaiser trug Uniform und Miltärmantel mit Pelzkragen, Mütze und schwarze Handschuhe. Schnell und leicht stieg er ohne Hilfe in de» ersten Wagen; neben ihn setzte sich die Kaiserin. In langsamen! Trabe fuhr der Wagen durch das Schloßthor hinaus nach Westend zu. Ein zweiter Wagen folgte mit einigen Herren. Der Gesichlsausdruck des Kaisers war zwar ernst, verrieth aber nichts von einer wirtlich schweren Krankheit. Freundlich grüßte Kaiser Friedrich nach allen Seiten hin das in lautes Hurrah ausbrcchende Publikum. Nach der Rückkehr verweilte der Kaiser noch einige Zeit im Parke und ruhte dann mehrere Stunden. Gerade wie in San Remo nach der Operation, übt auch jetzt die frische Luft einen außerordentlich heil samen Einfluß aus. Ani Donnerstag Vormittag fand bei den Kaiser liche» Majestäten in der Schloßkapelle eine Abendmahlsfeier statt, welche vom Prediger Persius ans Potsdam abgehalten wurde und an der mit den Majestäten der Kronprinz und die Kronprinzessin, die Erbprinzessin von Meiningen und die Prinzessinnen Victoria, Sophie und Margarethe thcilnahmen. Am Freitag befand sich der Kaiser im Ganzen wohl, die Nacht war befriedigend verlaufen. Vor mittags fand in der Schlvßkapelte Gottesdienst statt. Bei dem präch tigen, wenn auch etwas windigen Wetter war der Kaiser Mittags abermals ini Freien und empfing verschiedene Besuche. Mittags kamen Kaiser Friedrich und Kaiserin Victoria mit Gefolge zum Besuche der Kaiserin Augusta nach Berlin und wurden mit unbeschreiblichem Jubel begrüßt. Das Hochrufen und Taschentücherwehen wollte kein Ende nehmen. Die Gesichtsfarbe des Kaisers war etwas gelblich, aber sonst daS Aussehen befriedigend. Nach einstündigem Ausenthalt in Berlin erfolgte die Rückfahrt. — Zu den behandelnden Aerzten des Kaisers ist noch der Massagearzt vr. Zabludowski hinzugetreten, welchen der Kaiser aus Vorschlag der anderen Aerzte hinzugezogen hat, um sich von ihm massiren zu lassen. Die Anwendung der Massage bei dem hohen Patienten bezweckt nicht allein, für die mangelnde Körperbewegung durch Uebung und Stärkung der Muskeln einen Ersatz zu schaffen, sondern soll auch aus den gesammten Stoffwechsel im Organismus fördernd einwirken, dadurch den Appetit anregen und vor Allem einen besseren Schlaf hcrbeiführen. vr. Z. hat in der chirurgischen Klinik des Professors von Bergmann als dessen Assistent sich vorzugsweise der Behandlung von Gelenkleide» und der Massagebehandlung gewidmet. — Sicherem Vernehmen nach wird der Aufenthalt des Kaisers im Schlosse zu Charlottenburg noch etwa 3—6 Wochen währen. Erst dann wird der Kaiser nach einem der von den Aerzten vorge schlagenen Aufenthaltsorte sich begeben. Die Wahl des Ortes hat der Kaiser sich selbst Vorbehalten, bis jetzt aber noch keine Bestimmung getroffen. Die Polizeipostenkette am Charlottenburger Schlosse ist aufgehoben, nur ein einziger Schutzmann ist dort postirt und cs ist deshalb sehr gut möglich, den Kaiser, der sich fast täglich mehrere Male am Fenster zeigt, von Angesicht zu Angesicht zu sehe». — Kaiser Friedrich hat in seinem Stellvcrtretungserlaß noch eine nähere Bestimmung der dem Kronprinzen Wilhelm zuzuweisenden Vertretuugsgeschäfle in Aussicht gestellt. Mit der Vorbereitung dieser Anordnungen hat sich auch der letzte Berliner Ministerrath beschäftigt. In den Kreis der Stellvertretung dürften namentlich diejenigen Unter zeichnungen fallen, die sich ans Ernennungen und Verabschiedungen bei den niederen Graden der Verwaltung beziehen (also bei den Militärchargen bis zum Haupiman», bei den Civilcharge» bis zu den Rächen vierter Klasse). An derartigen Unterschriften sollen vom Kaiser Friedrich in der kurzen Zeit seiner Regierung schon etwa 3000 vollzogen sein —, eine Zahl, die das Bedürfniß einer Entlastung deutlich genug beweist. Der Kronprinz verkehrt jetzt direct mit dem Reichskanzler und den Ministern. — Durch kaiserliche Kabinctsordre ist die Einsetzung eine? Aus schusses angeordnet, welcher sich mit der Abfassung eines neuen Reglements für die Infanterie zu befassen hat. Der Ausschuß soll sofort zusammentreten, zu seinem Präsidenten der General der Infanterie von Obernitz bestimmt sein. Letzteres wird aber von der „N. A. Z." bezweifelt. — Wie weit die Erfindung gewisser katholischer Blätter des Auslandes geht, ist aus einer Notiz des „Moniteur de Rome", eines in Rom erscheinenden ultramontaneu Blattes, zu ersehen. Dasselbe berichtet unterm 17. März, die Kaiserin-Wittwc Augusta beabsichtige, znm Katholizismus überzutrctcn und nach Florenz überznsicdelu. (I) — Der Bundesrath wird sich, wie schon mitgetheilt, nach Ostern in erster Reihe mit dem Altersversorgungsgesetz befassen. Man glaubt, daß der Entwurf ziemlich lange Verhandlungen beanspruchen wird und daß erhebliche Abänderungen stattfinden werden. — DaS Sprechregistcr des Reichstages für die letzte Session Wenn man von den Abgeordneten vr. Sattler und vr. Meyer-Jena absieht, welche ahs Berichterstatter für Kommissionen fungirtcn und als solche häufig das Wort nahmen, so folgen sich die Abgeordneten nach der Bethciligung an der Diskussion folgendermaßen: Windthorst sprach 68 Mal, Nickert -19, Singer 34, vr. Meyer-Halle 31, vr. Baumbach 29, Rinkelen 28, von Bennigsen 25, von Kardorff 23, von Helldorff, Klemm und Kulemann je 21 Mal. Der Reichskanzler sprach bei Gelegenheiten, nämlich beim 260-Millionen-Gesetz, zur Wehrvorlage, Mittheilung über den Tod Kaiser Wilhelms, Botschaft Kaiser Friedrichs und Dank des Reichstages an außcrdcutsche Parlamente. 165 Abgeordnete betheiligten sich überhaupt an der Debatte. — Der ehemalige sozialdemokratische Reichstagsabgeordncte Max Kayser, an welchem kürzlich die Operation der Kehlkopfansschneidung vorgenomme» wurde, ist trotz der ausgesuchtesten Pflege in Breslau gestorben. Kayser ist 1853 in Tarnvwitz in Oberschlesien geboren und war einer der besten Redner der Sozialdemokraten im Reichstage, in welchem er von 1878 bis 1887 saß. Sein Kehlkvpfleiden machte erst die Tracheotomie, dann die Entfernung des Kehlkopfes nöthig, und an den Folgen dieser Operation ist er gestorben. — Aus dem Rcichslande wird mitgetheilt, daß den wegen Hoch- und Landesverrathes vcrnrthciltcn Elsaß-Lothringern vom Kaiser Friedrich eine Amnestie nicht gewährt werden wird. — König Malietva von Samoa, welcher bekanntlich seiner deutschfeindlichen Bestrebungen wegen gefangen genommen wurde, ist, wie aus Kamerun gemeldet wird, thatsächlich dorthin verbannt. Mit seinen drei Begleitern ist er unweit des Rcgierungsgcbäudes unter- gcbracht. — Die vor Kurzem in Berlin gebildete „Deutsch-Afrikanische Mincngesellschaft" ist mit der „Dcutsch-Wcstafcikanischcn Compagnie" der Herren Zehlicke und Brückner vereinigt worden. Die letztgenannte Gesellschaft will, um ihre Engrosschlächterei mit dem Goldsuchen zu verbinden, das Betriebskapital erhöhen. — Das Reichsgesetzblatt ver kündet die kaiserliche Verordnung betreffend das Bergwesen und die Gewinnung von Gold und Edelsteinen im südwestafrikanischcn Schutz gebiet. Frankreich. General a. D. Boulanger hatte eine Unterredung mit Doumer, mit welchen! er in Laon zur Stichwahl steht. Doumer verpflichtete sich, in der Kammer für Boulanger cinzutreten, und daraufhin hat der General auf seine Candidatur verzichtet; er wird aber in dem nächsten Bezirke, in welchem eine Ersatzwahl stattfindet, als Kammercandidat auftrete». In einem Manifest a» seine Wähler sagte Boulanger, er sei schuldlos aus der Armee gestoßen, er danke für die ihm dargebrachte glänzende Kundgebung, die zugleich eine ernste Mahnung an die Regierung enthalte. Seine Achtung vor dem all gemeinen Stimmrecht verbiete ihm aber die Annahme der Wahl in Laon, da er nicht gegen, sondern »eben Doumer ausgestellt sei. Diesen bitte er zu wählen. In Paris werden die Bvulangcr-Kundgebniigcn Abeudgewohnheiten der Menge. Es findet Abend für Avend vor Bvulanger's Hotel eine stürmische Kundgebung statt. In der Kammer herrscht nicht die Spur der so nöthigen Einmüthigkeit. Eine Inter pellation, welche auf den Sturz des Ministeriums Tirard hinziclt, ist eingebracht. Der zum künftigen Premier auscrsehene Floqnet hat aber keine Lust, in dieser gefährlichen Zeit das Staatsrudcr zu über nehmen, er bittet deshalb seine Anhänger, es noch beim Alten zu lassen. Wahrscheinlich wird deshalb der Interpellation die Spitze abgebrochen, sodaß das Ministerium im Amte bleibt. Was aber gegen den immer frecher auftrctenden Boulangismus geschehen soll, weiß Niemand. — Gegen die boulangistische „Lanterne" ist die gerichtliche Verfolgung eingeleitet wegen Beleidigung des Präsidenten Carnot, den sie beschuldigt hatte, er verhandele mit dem König von Belgien über die Rückkehr der Orleans. — Boulanger erklärte den Wählern des Departements du Nord: „Als ich Minister war, sagte ich, wenn ich den Krieg wollte, wäre es thöricht, wenn ich nicht darauf vorbereitete, wäre es verächtlich. Meine Ansicht hat sich nicht verändert.* So dann constatirte er die Unthätigkeit des Parlamentes. Die letzten Ereignisse hätten dargcthan, daß zwischen der Kammer und den Be strebungen des Landes eine Entfremdung eingetrctcn sei. Das einzige Heilmittel gegenüber der Machtlosigkeit der Kammer sei die Auflösung derselben und eine Revision der Verfassung. — Die Deputirtenkammer genehmigte gestern das vom Senat abgeänderte Budget. Die Inter pellation an die Regierung wegen der Boulangerfrage wird voraus sichtlich keinen Ministerwcchsel zur Folge haben. Alle Parteien be- ralhcn, was geschehen soll, haben aber bisher nichts finden können» was eine sichere Mehrheit verbürgte. Italien. Bei dem Empfange des außerordentlichen deutschen Abgesandten Fürsten Hohenlohe sagte König Humbert u. A.: „Sie kennen seit lange meine und Italiens Zuneigung für den dahinge- schiedcnen Kaiser, dessen Verlust wir beweinen und dessen ruhmreiches Andenken wir verehren. Der Tiefe dieser Gefühle kommt nur die Innigkeit des Wunsches gleich, welchen ganz Italien, sowie ich und meine Familie für die Wiederherstellung der Gesundheit des Kaisers Friedrich hegen und gehegt haben, der in Italien die Erinnerung einer unvergänglichen Freundschaft zurückließ. Unser Zusammentreffen in San Pier d'Arena ist mir unvergeßlich. Mit Bewunderung ge denke ich der Energie, mit welcher der Kaiser den Anstrengungen einer langen Reise und den GemüthSbewcgungen Trotz bot, denen er entgegenging, um eine heilige Pflicht zu erfüllen. Die Freund schaft, welche der neue Kaiser seit Jahren für mich hept und die ich brüderlich erwidere, ist ein Pfand für die intime Verbindung, welche stets zwischen Deutschland und Italien bestehen wird. Ich bin gewiß, der treue Dolmetscher der Gefühle meines Volkes zu sein» indem ich meiner Genugthuung über die zwischen unseren beiden Ländern be stehende Allianz Ausdruck verleihe und den Wunsch ausspreche, daß die Beziehungen, wenn möglich, noch enger werden. Ich bitte Sie, Sr. Majestät von Neuem mein Beileid auszusprechen und die Wünsche zu wiederholen, welche ich für seine glückliche Regierung hege." — Eigenhändige Briefe des Kaisers Friedrich und des Zaren sind im Vatikan eingegangen. — Die „Solferino"-Angelegenheit gilt als bei gelegt, nachdem konstatirt ist, daß auf französischer Seite ein sehr entschuldbares Versehen vorlag, weil das italienische Schiff die fran zösischen Hafenvorschriften außer Acht gelassen hatte. — In der Nacht zum Freitag explodirte unter dem Portal der Kathedrale zu Livorno gegenüber dem Polizeiamt eine mit Eisenstücken gefüllte Bombe. Die Kirche ist stark beschädigt, Menschen sind nicht verletzt. Viele Ver haftungen. England. Das neueste Heft der hervorragenden britischen „Zeitgenössischen Revue" enthält einen allgemein bemerkten Artikel aus der Feder Professor Max Müllers in Oxford über Friedrich lll., den deutschen Kaiser. Der hervorragende Gelehrte bezeichnet als wichtigstes Werk, welches dem neuen Kaiser zu vollbringen bleibe, dis. Errichtung eines Deutschland, Oesterreich, Italien, Spanien und Schweden umfassenden Fliedensbundes und die Feststellung der Be dingungen, unter welchen England offen dem Bunde beitreten könne. Rußland. Von London aus war berichtet worden, die rus sische Negierung werde demnächst neue Vorschläge in Sachen der bul garischen Frage machen. Dem ist indessen nicht so. Man hofft in Petersburg, es werde durch entsprechende Geldsendungen nach Bul garien gelingen, den Coburger in kurzer Zeit aus dem Sattel zu heben. Ob das so schnell geht, bleibt indessen abzuwartcn. — Die russische Regierung hat jetzt den lange erwarteten Schritt gethan, eine Pctrolcmnröhrenleitnng vom kaspischen nach dem schwarzen Meere zu concessionircn. Auf diese Weise wird der ungeheure Reichthum der kaspischen Pctroleumquelle», einige dortige Brunnen geben mehr als alle amerikanischen zusammen, endlich Europa zu Gute kommen. Orient. Die bulgarische Regierung ersuchte die Pforte um Aufklärung über die türkischen Truppcnaufstellungen an der rumelischen Grenze. — Der Rubel hat auch in Rumänien versucht, Unruhen ins Werk zu setzen, hat aber nur einen schmählichen Mißerfolg und die verdiente Mißachtung geerntet. Ueber die unerhörten Vorgänge, die sich in Bukarest abgespielt, wird von dort des Genaueren ge meldet, daß die mit russischem Golde erkaufte Opposition es darauf abgesehen hatte, einen Aufstand hervorzurufen. Schon am Mittwoch Morgen wurde ein revolutionärer Aufruf, von sämmtlichen oppositio nellen Abgeordneten unterschrieben, verthcilt. Um 1 Uhr gingen die Führer der Opposition entblößten Hauptes, von einem 300 Mann starken Gcwalthaufen begleitet, »ach der Kammer. Die zwanzig Mann zählende Wache, die den Eingang in den Hof des Kammer», gcbändes besetzt hielt, vermochte dem Haufen nicht Stand zu halwn. Die Menge brach ein und von mehreren Exccdenten wurden Revolver schüsse abgefeuert. Ein Schuß wurde vom Abgeordneten Filippescu abgegeben, die Kugel streifte den- Abgeordneten Jnpurescu und traf einen THUrstchcr, der sofort todt nicderfiel. In der Kammer selbst waren nur wenige Abgcordn'te versammelt, hingegen waren die Tribüne» dicht besetzt. Der Kammerpräsident General Lecca ver langte sogleich von der Regierung die zur Sicherheit der Volks vertretung nothwendigen Truppen. Inzwischen suchten die Oppo sitionsführer das Volk durch Brandreden aufzurcizen. Das Volk blieb aber ruhig, nur der kleine bezahlte Haufen lärmte und schrie, wurde aber durch Militär, welches mit gefälltem Bajonnet vorging, bald zur Ruhe gebracht. Allgemein herrscht die Ucberzeugung, daß es beim Sturm ans die Kammer eigentlich auf den Ministerpräsidenten Bratiano abgesehen gewesen ist, der aber zur selbe» Zeit Audienz beim König hatte. Unter der lärmenden Menge auf der Straße be wegten sich der russische Gesandte Hilrowo und dessen Secretäre. Die Regierung ist entschlossen, bei Wiederholung dieser Unruhen mit rück sichtslosester Strenge Vorzugehe». — Wie aus Konstantinopel be richtet wird, stürmten dort Soldatcnweibcr das Finanzministerium. Sie konnten erst durch hcrbeigeholte Truppen zerstreut werden. Eine Ofsicierswittwe, welche an der Außenseite des Hauses emporkletterte» um durch ei» Fenster einzustcigen, fiel herab und blieb todt. Der Sultan ließ den bedrängten Frauen Unterstützung aus seinen Privat- mittel» zukvmmen. Afrika. Aus Zanzibar meldet die „Times", der verstorbene Sultan Said Bargasch habe gewünscht, daß sein Sohn Khaled, welcher jetzt 13 Jahre alt ist, ihm auf dein Throne folgen möchte, allein die diplomatischen Vertreter Englands und Deutschlands, in deren Händen die ganze Sache ruhe, hätten den nächstälteste» Bruder des Tobte», Seyid Khalifa, zum Sultan eingesetzt. Khalifa sei ein ruhiger Mann, das Volk mit seiner Thronbesteigung zufrieden und es haben sich auch nicht die geringsten Ruhestörungen ereignet.