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M 10«. Ar-W-rger Anzeiger «nd Tageblatt. Teile 4. 18SS Kapelle des Königlich sächsischen 1. Jäger-Bataillons Nr. 12; Nachm. Uhr: Zusammenkunft im Saale des „Bairischen Garten", Weihe und Uebergabe des von den Damen gestifteten Banners; Nachm. 3 Uhr: Großer Preiskorso durch die Straßen der Stadt, offen für alle Bundesvereine des „Deutschen Rad fahrer-Bundes" vom Gau 21 Sachsen. Einsatz pro Verein 5 Mk. 1. Preis im Werthe von 50 Mk. nebst Ehrenurkunde, gestiftet vom Bicyclisten-Klub Freiberg. 2. Preis im Werthe von 35 Mk. nebst Ehrenurkunde, gestiftet vom Bezirk Freiberg des D. R. B. 3. Preis im Werthe von 20 Mk. nebst Ehrenurkunde. Gefahren wird nach den Bestimmungen des „Deutschen Radfahrer-Bundes". Nennungen zum Preiskorso sind unter Beifügung des Einsatzes bis zum 6. Mai Abends 7 Uhr an den Bezirkswart Herrn Wold. Patzig, Freiberg zu richten. Außer Preisbewerb fahrende Vereine, die mit mindestens 15 Mitgliedern antreten, erhalten eine Ehren urkunde. Das Fest sowie der Preiskorso finden bei jeder Witterung statt. Wend Uhr: Beginn des Saalfestes, bestehend aus Kunst- und Reigenfahren, Preisvertheilung und Festball iin Saale des „Bairischen Garten". Montag, den 11. Mai, früh 8 Uhr: Ausfahrt nach den königl. Muldnerhütten, Besichtigung derselben und event. Einfahrt in eine der königl. Grnben. Sammel platz im Restaurant „Brauhof". — Wie das Wetter im Monat Mai werden wird, dafür ist wohl allgemeinstes Interesse vorhanden. Prof. Falb schildert die Witterung im Monat Mai wie folgt: „Zahlreiche Ge witter und ein rascher Wechsel der Temperaturen charakterisiren diesen Monat. Die Niederschläge treten nur im zweiten Drittel (hm!) etwas stärker hervor. Im Ganzen muß der Monat als trocken (daher die Ueberschwemmungen!) bezeichnet werden." — Da haben wir die Bescheerung! Hätte Falb Regen vorhergesagt, würden wir längst das heißersehnte Frühlingswetter haben. Man müßte dem Falb das Wetterprophezeien polizeilich untersagen! — Wegen zwecklosen Umherlreibens und Trunkenheit wurde gestern Abend ein angeblich in Dresden wohnhaftes Frauenzimmer zur Haft gebracht. — Soeben geht uns der ZeitungSkatalog der seit 10 Jahren bestehenden Annoncenexpedition L. A. Klepzig, Leipzig- Gohlis pro 1896/97 zu, welcher inhaltlich, den früheren Ausgaben gegenüber, bedeutend erweitert, allen Anforderungen zu genügen vermag, die man an ein solches Werk zu stellen berechtigt ist. Die hübsche Ausstattung desselben, die den Katalog zugleich als Schreibmappe verwendbar erscheinen läßt, sowie die demselben beigegebenen Münz- und Maßtabelleu, ein Auszug aus deu posta lischen Bestimmungen und ein ebensolcher über den telegraphischen Verkehr erhöhen den praktischen Werth desselben nm ein Bedeu- tendes. Der beigegebene Notizkalender umfaßt die Monate April 1896 bis März 1897. h Grotzhartmannsdorf, 6. Mai. Der hiesige in. Jagd bezirk ist nunmehr endgiltig auf die Zeit vom 1. September 1896 bis 31. August 1902 an den Besitzer des hiesigen Gasthofes und Bahnhofsrestaurants, Herrn Franz Böhme, für den jährlichen Pachtpreis von 120 Mk. verpachtet worden. Die Verpachtung des ersten hiesigen Jagdbezirkes ist dagegen von der Kgl. Amts- häuptmannschast für ungiltig erklärt und eine Nenwahl eines Jagdvorstandes für diesen Bezirk, sowie die Neuverpachtung ange ordnet worden. L Frauenstein, 6. Mai. Der XIII. Bezirk des Sächs. Bäcker-Verbands Saxonia, umfassend die Städte Freiberg, Brand, Sayda und Frauenstein, hielt gestern im Gasthof zum goldnen Löwen zu Frauenstein seine Jahresversammlung ab, welche durch Abgeordnete aller Innungen zahlreich besucht war. Nach gemein schaftlichem Mittagsmahle wurden bei Beginn der Verhandlung alle Anwesenden durch Herrn Gustav Mühle, Innungs-Ober meister in Frauenstein, willkommen geheißen, während der Obmann des Verbands, Herr Obermeister Fuchs-Freiberg, den Anwesenden für ihr Erscheinen dankte. Alsdann ging man zur Erledigung der Tagesordnung über. Nach Vortrag verschiedener Eingänge, Sonntagsruhe, sowie Anleitung über Erlangung der Rechte des 8 100 e und k der R.-G.-O. betreffend, brachte der Freiberger Jnnungssprechmeister Herr Fiebach einen Geschäftsbericht über Sprechwesen zum Vortrag, über welchen die Herren Obermeister Ziehnert-Savda und Fuchs-Freiberg ihre Zufriedenheit aus sprachen. Als Delegirter für den Deutschen Verbandstag zu Breslau wurde Herr Fuchs-Freiberg und Herr Ziehnert-Sayda als dessen Stellvertreter einstimmig gewählt. Bei dem nächsten Punkt der T.-O., Maximalarbeitszeit im Bäckergewerbe, berichtete der Vorsitzende eingehend über alle bis jetzt gegen diese Ein führung geschehenen Schritte, besprach die am 22. April d. I. im Reichstage eingebrachte Interpellation und verlas nach dem stenographischen Bericht die Rede des Herrn Reichstagsabgeord neten Geheimen Bergrath Merbach. Man beschloß an denselben aus Dankbarkeit für das von ihm jederzeit dem Bäckergewerbe ent gegengebrachte warme Interesse, ein Telegramm nach Berlin zu senden. Schon nach Verlauf von 2 Stunden traf folgende Antwort ein: „Bäckerversammlung Frauenstein. Herzlichen Dank und Glückauf dem Handwerk. Merbach.", welche durch ein jubelndes Hoch auf Herrn Merbach, ausgenommen ward. Nachdem man den Schriftführer des Verbandes einstimmig zum stellvertretenden Obmann gewählt und für den nächsten Ört der Versammlung Freiberg bestimmt hatte, war die Tagesordnung erledigt. Nach Schluß der Versammlung verweilten alle Theilnehmer noch einige Stunden im gemächlichen Beisammensein. Neuhausen, 6. Mai. Ein länger denn 10 Jahre ange strebtes Projekt, die Verlegung eines Theiles der von hier nach Olbernhau führenden Straße zwecks Umgehung der beiden Berge bei der sogenannten Helmertmühle nnd beim Dittersbachcr Gast hofe, geht nun seiner Verwirklichung entgegen. Herr Amtshaupt- mann Dr. Steinert, Freiberg, machte gestern in Gegenwart je eines Vertreters der Kgl. amtshauptmannschaftl. Delegation Sayda, der Kgl. Straßen- und Wasserbauinspektion und des Ritterguts Purschenstein den im Tränknerschen Gasthof zu Dittersbach ver sammelten dabei interessirten Gemeindevertretungen hiervon nähere Mittheilung mit dem Bemerken, daß der so bald als möglich in Angriff zu nehmende Bau in der Hauptsache aus Staatskosten ausgeführt werden soll, die betheiligten Gemeinden aber nur einen kleinen Theil der Kosten zu tragen haben werden. Nm die namentlich'von den Fuhrwerksbesitzern längst gewünschte Realisirung genannten Projektes hat sich Herr Dampsbrauerei- besitzer Glöckner in Neuhausen große Verdienste erworben. Der durch die Blätter gegangenen Notiz über einen bedeuten den Münzenfund in Niederlangenau im Werthe von mehreren Tausend Thalern liegt folgende harmlose Thatsache zu Grunde. Bei dem Reparaturbaue an einem der Gebäude des Rittergutes in Niederlangenau sind 2 ganz werthlose Spielmünzen gefunden worden, die jedenfalls von spielenden Kindern seiner Zeit unter einen Fensterrahmen geschoben und nun van den am Baue be schäftigten Arbeitern aus ihrer unfreiwilligen Jnhaftirung befreit worden sind. Alles über diesen Fund gebrachte Sensationelle ist das Produkt der geschäftigen Fama In Wilsdruff ist gestern Herr Bürgermeister Heinrich Ficker nach nur ganz kurzem Krankenlager verschieden. Der allseitig beliebte und hochgeachtete Mann hat 22 Jahre seines Amtes in treuer Pflichterfüllung gewaltet. lieber den bevorstehenden Besuch des deutschen Kaisers und der deutschen Kaiserin in Dresden wird von dem Oberhof- marschallamt bekannt gegeben, daß die Ankunft der Majestäten am Sonnabend, den 9. Mai, Vormittags 11 Uhr 35 Min. auf Halte stelle Strehlen erfolgt. Offizieller Empfang findet auf Wunsch der Herrschaften nicht statt. Alsbald nach der Ankünft werden sich der König und die Königin von Sachsen, die am 8. Mai früh 3 Uhr 54 Min. von Sibyllenort in Strehlen eintreffen, mit dem Kaiser und der Kaiserin nebst Gefolge von Strehlen aus mittelst Wagen nach der Gartenbau-Ausstellung begeben. Die Fahrt geht durch die Querallee des königl. Großen Gartens, die Fürsten straße, Comeniusstraße, Canalettostraße und Stübelallee zum Hauptportale des Ausstellungspalastes. Nach Besichtigung der Ausstellung werden die Majestäten ein von der königlichen Haupt- und Residenzstadt angebotenes Dejeuner äinatoire im Ausstellungs- Palaste annehmen. Danach erfolgt die Rückfahrt der Majestäten nach Strehlen vom Südportale durch die Linnestraße, Johann Georgen-Allee, Moritzstraße, König Johann-Straße über den Altmarkt und durch die See-, Prager- und Wiener Straße. Nach mittags um 6 Uhr findet in der königl. Villa Strehlen königliche Familientasel statt, während sich die Suiten zu gleicher Zeit im königl. Residenzschlosse zur Marschallstafel vereinigen. Die Ab reise der Majestäten des Kaisers und der Kaiserin erfolgt Abends 8 Uhr 20 Min. von Haltestelle Strehlen aus nach Frankfurt a. M. Tags darauf Nachmittags ^/»5 Uhr gedenken König Albert und Königin Carola sich wieder nach Sibyllenort zu begeben. — Gestern Nachmittag gegen 4 Uhr nahmen vor dem Landgericht Dresden die Schlnßvorträge in dem Prozeß Schanz, der nunmehr schon 5 Tage lang das weitgehendste Interesse der Juristen und des Publikums wachhält, ihren Ansang. Assessor Dr. Döhn, Ver treter der Königl. Staatsanwaltschaft, wies zunächst auf die be trübende Erscheinung der Gegenwart hin, daß sich Vertreter eines Standes straffällig machten, denen das Publikum großes Ver trauen entgegenbringe. Auf den Geisteszustand des schwerbelasteten, 67 Jahre alten Angeklagten eingehend, führte Redner aus, es sei nach Einleitung des Strafprozesses zunächst auf Antrag des Gerichtsarztes Medizinalrath Dr. Donau beschlossen worden, den schon monatelang inyaftirt gewesenen Angeschuldigten in der Irren- Heilanstalt Sonnenstein beobachten zu lassen. Der Geh. Medizinal rath Dr. Weber, Leiter der Heilanstalt, sei dann zu dem Resultat gelangt, daß sich Schanz bei Begehung der strafbaren Handlungen nicht in einer krankhaften Störung der Geistesthätigkeit befunden habe. Seitdem wäre Alles ausgeboten worden, um das Gegentheil zu beweisen, um das Damoklesschwert der verneinten Frage, ob geisteskrank, zu beseitigen. Nach der umfänglichen Beweisaufnahme vor dem Gerichtshof sei die Frage und zwar definitiv zu Un gunsten des Angeklagten, aufs Neue verneint worden, denn Dr. Weber habe sein früheres Gutachten vollständig aufrecht er halten. Es sei übrigens nicht der geringste Anhalt dafür vor handen, daß ein gewisser Zustand des Irrsinns, mit dem Schanz in den Jahren 1856 bis 1861 belastet gewesen, wiedergekehrt sei. Daß der Angeklagte nach Ansicht des ärztlichen Sachverständigen eine psychopathisch belastete Persönlichkeit mit einem gewissen Mangel von ethischem Gefühl sei, könne nicht in Frage kommen, denn er, Schanz, sei sehr wohl im Stande, Recht und Unrecht, Strafbares und Strafloses zu unterscheiden. Was die Frage der Bermögensverhältnisse von S. anlange, so sei die Behauptung des Angeschuldigten, er habe jederzeit aus eigenen Mitteln Ersatz leisten können, völlig haltlos. In keinem der Unterschlagungsfälle sei Schanz in der Lage gewesen, sofortigen Ersatz zu schaffen und dessen müsse er sich auch bewußt gewesen sein. Die Betheiligung S.'s an dem später verkrachten Feldschlößchen-Unternehmen (1883) habe den ersten Grund zu seinem Vermögensverfall gelegt. Immer weiter sei es dann rückwärts gegangen, als sich die Lieblings- Projekte des Angeklagten, Jmmobilienbank und„Hohenzollern-Zeche" verwirklichten, betreffs deren Schanz erklärt habe, er könne seinen Verlust mit 6 Ziffern veranschlagen. Von dem Augenblick ab, als ein früherer Compagnon und Neffe, Rechtsanwalt Dr. Reichel, zurückgetreten sei (1891), habe sich der schwerste Vermögensverlust ür S. fühlbar gemacht. Alle Clientel wären dem Neffen gefolgt und es sei nunmehr der Zeitpunkt einer Anzahl von Zwangs vollstreckungen für Schanz eingetreten. Ja, damit noch nicht genug, er, der Rechtsanwalt, sei sogar mehrfach zur Ableistung )es Osfenbarungseides herangezogen worden? er konnte in dem letzten Vierteljahr 1894 seine Miethe nicht mehr zahlen und u. A. betreffs eines für ihn sehr günstig abgeschlossenen Vergleiches nicht mehr die verhältnißmäßig sehr niedrigen monatlichen Ab- chlagszahlungen leisten. Ja, cs sei dann die Praxis von Schanz förmlich sistirt gewesen und in diesen denkbar traurigsten Verhält- üffen habe er in der Hauptsache nur noch von den Zuwendungen fein Dasein gefristet, die ihm von den Verwandten seiner grau gewährt wurden. Uebrigcns gehe aus einer Reihe von Briefen hervor, daß sich Schanz seiner völligen Mittellosigkeit resp. Er satzunfähigkeit bewußt gewesen sei. Hierauf ging der Staats anwalt ausführlich auf die einzelnen Straffälle ein. — Von einem ungenannt bleiben wollenden Gönner des Frcimanrer- Jnstituts wurden der Anstalt am 1. Mai 10000 Mark mit der Bestimmung übergeben, daß die Zinsen dieses Kapitals zu drei Vierteln an bedürftige und begabte, insbesondere fleißige Schüler zur Gewährung von Kost verwendet werden sollen, das über bleibende Viertel aber fortlaufend angelegt werde, bis das werbende Kapital die Höhe von 50000 Mk. erreicht haben wird. Alsdann soll das Gesammterträgniß erstgenannten Zwecken zugeführt werden. — Stadtrath Dr. jur. Faul wird Mitte nächsten Monats ans dem städtischen Dienste ansschciden, um einen: ehrenvollen Rufe zum Eintritte in den Vorstand der dortigen Aktiengesellschaft Dresdner Baugesellschaft Folge zu leisten. — Das Hochwasser nimmt seit gestern Nachmittag immer bedenklichere Dimensionen an, eine ernstliche Gefahr für die Adjacenten dürfte bei den unausgesetzt niedergehenden Regenmassen nicht ausgeschlossen sein. Schon vor gestern Abend gegen 7 Uhr gaben die üblichen zwei Kanouenschläge die Parole „Gefahr zu besorgen", und im Laufe der Nacht vom Dienstag zur Mittwoch erhöhte sich der Wasserstand um etwa 45 Centimeter, so daß der Pegel gestern früh die Höhe von 360 Centimeter über Null anzeigen mußte uud gegen 6 Uhr Abends ein Höchststand des Wassers von 4 Meter erreicht w^rde. In eine ungeheure Wasserfläche von mehr als 1,5 Kilometer Aus dehnung ist das kleine und große Gehege verwandelt worden, deren fluchendes Einerlei gestern nur noch durch einige wenige Wiesenstreifen und die Kronen der alten Linden unterbrochen wurde. In die Schützengasse, Gerbergasse, Känfferstraße, Ziegel straße rc. ist bereits das Wasser gedrungen, und die Keller der meisten anliegenden Straßen sind schon überschwemmt. Eine fieberhafte Thätigkcit herrschte gestern auf dem Bauplatze der fünften Elbbrücke, da man das Balkenmaterial und das übrige Rüstzeug Zusammentragen, übercinandcrschichten, verklanimern und schließlich verankern mußte. Der Bau der Gerüste zu den beiden letzten Landpfeilern auf dem linken Elbufer war erst seit Kurzem in Angriff genommen worden; diese Gerüste mußten gleichfalls gesichert werden, da sie ganz besonders gefährdet sind. Der Schaden, den das Hochwasser bis jetzt angerichtet hat, ist schon recht beträchtlich. Die Nachrichten darüber aus dem Elbthalc mehren sich stündlich und lassen das Schlimmste befürchten. Di« Elbfelder sind überschwemmt, die jungen Saaten vom Strome fortgeführt, so daß das Feld nochmals bestellt werden muß, die Vorräthe der meisten Holzplätze sind zum Theil fortgeriffen — bei Prag sollen ganze Holzlager sortgeschwommen sein, die stünd lich hier erwartet werden und eine nicht zu unterschätzende Gefahr für die interimistisch aufgebauten Elbbäder bilden — und die Kohlenlagerplätze unterhalb Aussigs sollen nicht wenig geschädigtsein. Auch Dresden selbst und seine Umgegend hat schon nicht geringen Schaden erlitten. Die Immatrikulation des Prinzen Albert, Herzogs zu Sachsen, als Student der Universität Leipzig wird Frertag durch de» Rektor Herrn Geh. Hofrath Professor Dr. Windisch vollzogen werden. — Die einleitenden Schritte zur Konzessionirung der geplanten elektrischen Bahn von Leipzig nach Merseburg find bei der preußischen und sächsischen Staatsregierung bereits gethan. In einer Versammlung der Interessenten, die am 3. Mai in Böhlitz-Ehrenberg stattfand, begegnete das Unternehmen allseitig der lebhaftesten Sympathie. — Vorletzte Nacht ereignete sich in der Zweinaundorferstraße in Anger-Crottendorf ein schrecklicher Unglücksfall. Eine dort wohnhafte 58jährige Wittwe, die an Gicht leidet und darum Arme und Beine mit Gichtwatte eingepaat hatte, wollte, da sie wegen Schmerzen nicht schlafen konnte, auf stehen und Licht machen. Hierbei flog ein Funke des Streichholzes in die Watte, die sofort Feuer fing. Die unglückliche Frau lief lichterloh brennend auf die Treppe hinaus, wo es den auf ihr Wehegeschrei herbeieilenden Hausbewohnern gelang, die Flammen zu ersticken. Schwer verbrannt wurde die Bedauernswerthe ms Krankenhaus gebracht, wo sie gestern Vormittag verstarb. Vom Stadtgemeinderath in Plauen i.B. wurde beschlossen, Herrn Oberbürgermeister Dr. Dittrich auf Lebenszeit zu wähle» nnd ihn: vom 1. Juli 1896 ab einen jährlichen Gehalt von 10000 Mark zu gewähren. Der gesammte Kostenaufwand für das Bismarck-Denkmal fin Reichenbach i. B. wird sich auf rund 11000 Mark belaufen. Der Fonds für dieses Denkmal hat schon die ansehnliche Höhe von 9700 Mark erreicht; die noch fehlenden 1300 Mark hofft manin Kürze durch weitere freiwillige Spenden aufzubringen. Aus Anlaß seiner am 1. Mai gefeierten Silber-Hochzeit hat Stadtrath Herm. Zeiner in Crimmitschau der Stadtgemeide eine Stiftung im Betrage von 10 000 Mark überwiesen. Das zehnjährige Mädchen eines Geschäftsinhabers in Reihen hat sich beim Ausblasen einer Spiritusflamme eine schwere Ver brennung des ganzen Gesichts zugezogen. Das Kind hatte auf der Flamme etwas gewärmt. Als es in die Flamme hineinblies, um sie auszulöschen, erfolgte eine kleine Explosion, welche den Pfropfen an dem Apparate heraus- und den brennenden Spiritus den: unglücklichen Kinde ins Gesicht trieb. Die Kopfhaare fingen Feuer u:ü> der Kopf stand über und über in Flammen. Zum Glück war die Mutter des Kindes in der Nähe, der es gelang, die Flammen sofort zu ersticken. Trotz der Schwere der Ver brennung hofft der Arzt, daß größere bleibende Nachtheile nach der Heilung nicht zurückbleiben werden. Vor der 4. Civilkammer des Kgl. Landgerichts Dresden unter Vorsitz des Herrn Landgerichtsdirektor Oberjustizrath Dr. Schill and gestern in dem Prozeß der Spareinleger gegen die Mitglieder >es Aufsichtsrathes der verkrachten Pirnaer Vereinsbank der dritte Verhandlungstermin statt. Hierbei begründete der Konkurs verwalter Rechtsanwalt Dr. Helm die Klage betreffs der Konten Emilian Mayer-Hütten, des Holzhändlers Höhne, Wariners und Schmiedel-Hertigswalde. Namentlich wird auch in dem Falle Höhne dem Aufsichtsrath Sorglosigkeit zur Last gelegt, als be hauptet wird, demselben könne der Vermögensverfall H.'s nicht entgangen sein und dies hätte den Aufsichtsrath bestimmen müssen, Maßregeln zu treffen, um eine Sicherheit für die Schuld H.'s bei der Bank zu erlangen. Er hofft, an dem nächsten Verhand lungstermin — den 9. Juni d. I. mit Begründung der Riesen klage fertig zu werden. Der 38jährige Weber Karl Schädel in Raschau, verheirathet und Vater von fünf kleinen Kindern, machte einen doppelten Selbstmordversuch. Er schnitt sich die Pulsadern auf und sprang dann in einen zum Rittergut Raschau gehörigen Teich, woselbst er entseelt aufgefunden wurde. Schwermuth infolge neuerdings eingetretener Erwerbslosigkeit dürfte die Triebfeder zu dem Selbst morde gewesen sein. Die feierliche Enthüllung des Kriegerdenkmals zu Johann- gcorgenstadt findet nächsten Sonntag statt. Außer derWeihc- eierlichkeit wird noch Festgottesdienst und Abends Kommers ver anstaltet. Bei einem in dem Gutsgrundstück Otto Leopold Hönemanns in Naunhof ausgebrocheuen Schadenfeuer wurden das alter- thümliche Wohngebäude mit Schüttboden, das Kuhstall-, Scheunen-, Wagen- und Holzschuppengebände vollständig eingeäschert. Das Wohngebäude diente in den Jahren 1767 bis 1777 dem dort garnisonirenden General von Benckenhof'schen Kürassierregimcnt unter Major von Schönfeld, dann unter Major resp. Oberst- Wachtmeister v. Chalumeau als Magazin. Berg- und Hüttenwesen. -- Allgemeine Knappschafts-Pensionskasse für VaS Königreich Sachsen. In der am 2. Mai d. I. zu Freiberg im Verwaltungsgebäude abgchaltenen Vorstandssitzung wurde der Kassenabschluß und der Entwurf des Geschäftsberichtes für das Verwaltungsjahr 1895 vorgelegt. Beide fanden Genehmigung. Ferner wurde die Tagesordnung für die Generalversammlung, welche anfangs Juni im Saale des Restaurants zum „Bairischen Garten" in Freiberg stattfinden soll, festgestellt. Verschiedenes. * In Oesterreich wird z. Z. ein seltener Glückswechscl viel besprochen, der im Leben eines Mannes cingetreten ist, der bisher sich und die Seinen auf die allerbescheidcnste bürgerliche Art durchbringen mußte. Der also vom Schicksal Reichbedachtc ist Graf Ludwig Porcia, bisher kleiner Beamter im ungarischen Ackerbauministerinm und nunmehr Besitzer eines auf Millionen geschätzten Fideikommisses, Pair von Oesterreich, Träger cincS fürstlichen Namens. Das „Neue Wiener Tageblatt" berichtet über den Fall: Vor einigen Tagen ist in Görz Fürst Ferdinand Porcia im Alter von 62 Jahren gestorben. Der Fürst war Be sitzer der Herrschaften Spital, Afritz, Oberdrauburg und Flasch berg, Pittcrsberg uud Goldcnstcin, Grünburg und Moedcrndorj Sennosctsch und Prein, Obcrst-Erblandhofmeister der Grafjchau von Görz und erbliches Mitglied des Herrenhauses. Dieser große Besitz und die vielen vom Fürsten Porcia vereinigten Würde»