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M'WMM.»- d."B — Nr. 43. — 8. Jalirgann. — WWMDWWWWWWWWWW Sächsischer Der jeden Wochentag Abend (mit Datum de- folgenden Tages) zur Versendung gelangende „Sächsische Landes-Anzeiger" mit täglich einem besonderen Unter« baltunasblatte und mit dem Extrabeiblatt Luftiges Bilderbuch kostet bei den Ausgabe« stellen monatlich 70 Ps»., bei den Post-Anst. 75 Pf. (1888er ZtgS.«PreiSliste Nr. 5035.) Für Abonnenten erst Sommer-«" «Inter.« Jllustr. Kalender des Sächsischen Laudboken. Jftustrirtes Jahresbuch des Laudes-ilnzeigers. i>i«!>ts-Ailiki-ek mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen «nd Thüringen. Dienstag. 21. Februar 1888» »nzelgenvrei-deS „Süchf. LandeS-klnzelgerj"» Raum einer schmalen CorpnSzelle 15 Psg. Bevorzugte Stelle (lsvalt. Petitzeile)SO Pf, BeiWiederholunggroberAunoncenRabatt. Bei Bestellungen von Auswärts wolle Man KM: AeMn Md Buchdrücken». Chemnitz. . Theaterstraße 5 (Fernsprechstelle Nr. IM. Telegr -Adr-: Landes-Anzeiger, Chemnitz. Mit täglich einen: besonderen 4. Sächsisches Allerlei - Unterhaltungsblatt: i. Kleine Botschaft — 2. Sächfischer Erzähler — b. Jllnftrirtes Unterbaltnugsblatt — 6 Sonntagsblatt — Ertra 3. Sächsische Gerichts-Zeitung -Beiblatt: Luftiges Bilderbuch. Amtliche Bekanntmachungen. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgericht« wurde heute auf Folium 810 verlautbart, daß Frau Karoliuc Ernestine »er« ehelichte Rein, geborene Fichtner, in Chemnitz die Firma Ed. Rein u. Co. daselbst von dem bisherigen Inhaber derselben zur Fortsiihrung überlasse» erhalten hat. Chemnitz, am 17. Februar 1888. Königliches Amtsgericht. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute auf Folinm 2854 verlautbart, daß Herr Franz Emil Kurzbach aus der Handelsgesellschaft unter der Firma Theodor Geilert in Chemnitz als Mitinhaber ausgeschicden ist, sowie, daß der seitherige Thcilhaber Herr Franz Theodor Geilert daselbst das Handelsgeschäft der aufgelöste» Gesellschaft unter der bisherigen Firma fortführt. Chemnitz, am 17. Februar 1888. Königliches Amtsgericht- In dem Concursverfahre» über das Nachlaß-Vermögen des verstorbenen Rechtsanwalts Carl Ernst Bleyl in Chemnitz ist zur Abnahme der Schluß rechnung des Verwalters, zur Erhebung von Einwendungen gegen das Schluh- vcrzeichniß der bei der Vertheilung zu berücksichtigenden Forderungen und zur Beschlußfassung der Gläubiger über die nicht verwcrthbarcn Vcrmögensstücke der Schlußtermin auf den 17. März 1888 Vormittags 10 Uhr vor dem Königlichen Amtsgerichte Hierselbst bestimmt. Ehemnitz, den 17. Februar 1888. . Königliches Amtsgericht. In dem Concursverfahre» über das Vermögen 1. der offenen Handels aesellschaft L- O. Lindner u. Co. in Grüna, 2. der Bäckcrcigeschästsinhabcrin Emma Clara vcrchel. Hirche, 3. Carl Louis Weinhold's, in Firma Carl Weinhvld, und 4. Jacob Meherhardt's, in Firma I. Meyerhardt in Chemnitz, ist zur Prüfung der nachträglich angemeldetcn Forderungen Termin auf den 22. Februar 1888 Nachmittags 4 Uhr vor dem Königlichen Amtgerichte hier selbst anberaumt., Chemnitz, den 18. Februar 1888. Königliches Amtsgericht. In demConcursverfahren über das Vermögen des Schnittwaaren-u Consections- geschäftsinhabers Carl Friedrich Wilhelm Schindler in Chemnitz ist zur Beschluß fassnng über Verkauf des Schindlcr'schen Waarenlagers in Bausch »nd Bogen Gläu bigerversammlnngstermin auf den 25. Februar 1888 Vormitlags 10 Uhr vor dem hiesigen König!. Amtsgerichte anberaumt. Chemnitz, anr 18. Februar 1888. Königliches Amtsgericht. In dem Concursverfahren über das Vermöge» des Occenomcn und Grundstückspachtcrs Moritz Adolph Koch in Chemnitz ist zur Abnahme der Schlußrechnung des Verwalters, zur Erhebung von Einwendungen gegen das Schlußverzeichniß der bei der Vertheilung zu berücksichtigenden Forderungen und zur Beschlußfassung der Gläubiger über die nicht verwcrthbarcn Vcr- mögensstückc der Schlußtermin auf den 16. März 1888 Vormittags 10 Uhr vor dem König!. Amtsgerichte Hierselbst bestimmt. Chemnitz, den 16. Februar 1888. Königliches Amtsgericht. Telegraphische Nachrichten. Vom 19. Februar. R o m. Aus angeblich durchaus glaubwürdiger Quelle berichtet die offiziöse „Tribuna", freilich unter Reserve, das Gros des Expe- ditiouscorps unter General Marzano werde Mnfang März, nach völliger Befestigung Saatis, mach Europa zurückkehren. In Afrika bleibe» alsdann nur noch 5500 Mann unter General Lanza. Andere Blätter dagegen behaupten, dies sei unwahrscheinlich. Es wäre viel mehr ein Vorstoß der Expedition bis Ginda geplant. Petersburg. Der Tod des Banquicrs Baron Fchlciscn, des belgischen Consnls, verursachte große Bestürzung an der Börse, weil dessen Nachlaß zwei Millionen Rubel Deficit ergab. Er war der Banquicr der ersten Kreise, auch der Großfürsten. — Der „Grashdanin", welcher nach seiner nenlichen Maßregelung gestern plötzlich einen Artikel in deutschfreundlichem Sinne brachte, erklärt heute, von jetzt an seine journalistischen Bestrebungen vornehmlich auf die Wiederherstellung der Monarchie in Frankreich zu richten, da nach seiner Ansicht nur mit einem monarchisch regierten Frankreich ein russisches Bündniß möglich ist. — Wie es heißt, soll das Berliner Depot der russischen Rcichsgestüte geschlossen werden. Kon stantin opel. Zufolge eines im Mdizkivsk entdeckten Komplottes ist der vor einigen Monaten nach Aleppo verbannte Tscherkesse Ahmed behufs Uebcrnahme seines früheren Postens als Geheimpolizei Chef des Palais telegraphisch hierherbcrufen. Im Palais soll ziemliche Aufregung herrschen. — Die Pforte beschloß definitiv die Einberufung von hunderttausend Mann, die Ausführung ist aber vom finanziellen Arrangement abhängig. Zwischen Peters burg und hier finden Verhandlungen statt, um die Räumungsfrage von Bosnien und der Herzegowina mit der Lösung der bulgarischen Frage zu verquicken. Politische Rundschau. Chemnitz, den 20. Februar. Deutsches Reich. Das neueste amtliche Bulletin aus San Remo lautet: San Rcmo, 19. Februar, 10 Uhr 45 Minuten Vor mittags. Die Wunde Sr. k. k. Hoheit des deutschen Kronprinzen fährt fort, sich bei bestem Aussehen zu verkleinern. Kein Fieber, Husten wie gestern, etwas mehr Auswurf, Appetit mehrt sich. Mackenzie. Schräder. Krause. Hovell. von Bergmann. Bramann. — Das im Allgemeinen befriedigende Gesa»»» befinden hält also an. Der etwas vermehrte Auswurf ist nun freilich kein günstiges Zeichen, aber da das gute Aussehen der Wunde fortbesteht, kan» man ihn auch kein ungünstiges Symptom nennen. Sehr erfreulich ist die Mehrheit des Appetites und das Anhalten des besseren Schlafes. Auf das Letztere muß man schließen, da von Schlafstörungen keine Rede ist. Daß das amtliche Bulletin von dem eigentlichen Halslcidcn nichts sagt, bestätigt, daß die Aerzte zu einem abschließenden Urthcil noch nicht gekommen sind. — Die „Voss. Zeitung" verbreitet in einem am Sonnrdrid Abend ausgcgebencn Extrablatt folgende Nachricht aus San Remo, welche den ganzen Ernst der Lage zeigt: Sau Remo, Sonntag Mittag. Der Kronprinz verbrachte wiederum eine bessere, wenngleich noch immer durch Husten gestörte Nacht. Es ist noch Schleimabsondcrung und Auswurf vorhanden, der Appetit ist gut. Von einer beabsichtigten Acndcrung im Personal der Aerzte oder einem demnächstigen, anders als freiwilligen Weggange eines derselben ist nicht die Rede. Alle- sammt wechseln regelmäßig Tag und Nacht im Dienst beim Kron prinzen ab. Bestimmt in Abrede stellen kann ich alle Gerüchte von neuen Anschwellungen, zu befürchtenden Complicationen und der gleichen. Trotzdem aber darf nicht gerade von günstiger Entwickelung geredet werden. Wer die nunmehr vorliegenden Berichte Mackenzie's und Virchow's richtig zu lesen versteht, wird in ihnen die volle Recht fertigung der Haltung der hiesigen Aerzte finden, welche stets vor allzu optimistischer Auffassung der Lage warnten. Die Befriedigung über die gelungene Operation und den normalen Fortgang des Ver- narbungsprocesses, ohnehin durch unliebsame Begleiterscheinungen, wie Kopfschmerz, Husten, Schleimabsonderung, letzthin auch Mattigkeit und geringen Blutauswurf, eingeschränkt, darf noch nicht zur Annahme einer günstige» Wendung des Leidens verleiten. Auch von einer Um- stoßung der durch Mackenzie mitbestätigtcn Novemberdiagnose kann nicht die Rede sein, weil ebensowenig die Abwesenheit, wie Anwesen heit von Krebs bewiesen ist. Wie die früheren verzweifelten und hoffnungslosen Auffassungen, so würde jetzt eine optimistische Stimm ung und Bcurtheilung voreilig sein. Viele schließen sogar aus den beiden Gutachten Virchow's und Mackenzie's, daß die Aerzte nicht Alles, was sie wissen, sagen wollen. Jedenfalls warnt schon der außerordentliche Lakonismus 3^: Bulletins, das Stillschweigen über die Gestaltung des Kehlkvpfleidens vor dem Glauben an eine nahe, wesentliche Besserung. Auch wenn kein Krebs vorhanden, bleibt die Krankheit ernst genug. Trösten kann nur die Gewißheit, daß die hier versammelten Aerzte und Chirurgen Alles anfbieten werden, was Menschen vermögen. — Ich erfahre noch, daß Mackenzie Sonnabend, wie schon mehrmals, die Stimme des Kronprinzen untersuchte und ziemlich gut, sogar besser als vor der Operation fand. — Zum Vortragenden Rathe bei deni Prinzen Wilhelm von Preußen, welcher den Prinzen über die ganze Politik auf dem Laufen den zu halten hat, ist der Director im Ministerium des Innern, Herr von Zastrow, ernannt. Hieraus sind auch wahrscheinlich die thörichten Gerüchte, der Prinz solle zum Stellvertreter des Kaisers für einen Theil der Rcgierungsgeschäste ernannt werden, entstanden. Es ist ein wahres Glück, daß der Kronprinz den Preßstrcit über diese Schelm von Bergen. Historische Novelle von A. von Limburg. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Plötzlich blieb sie stehen, riß ihm das kurze, breite Schwert aus der Scheide und machte einen festen Schnitt damit in den Teppich. „Schaut da hindurch," herrschte sie ihm leise zu, „und sagt mir, ob Ihr den Ritter kennt, der dort vor der Kaiserin kniet?" Der Wächter, fast betäubt von dem ganzen Vorfall, gehorchte schweigend und sah durch die Ritze. „Heilige Jungfrau," murmelte er dann entsetzt und taumelte vor Schrecken wieder zurück, „das ist ja . . . ." Das Fräulein hatte Mühe, die kaum hörbaren Worte zu ver nehmen; als sie dieselben aber dennoch verstand, da tönte ein unter drückter, triumphirender Laut von ihren Lippen, der in seiner Wildheit nichts Menschliches hatte und dem Zischen einer giftigen Schlange glich. „Wenn Dir Dein Leben lieb ist, Mann," raunte sie dem Ge- ängstigten in's Ohr, „kein Wort von dem, was Du gesehen hast, gegen wen es auch sei. Die Kaiserin wäre verloren, wenn es ruch bar würde, wem sie soeben als ihrem Ritter gedankt hat; Du aber würdest es büßen und eines qualvollen Todes sterben " Der Mann schauderte und vermochte nichts mehr zu antworten. „Warte, bis der Ritter" — sie sprach das Wort in einem nicht zu beschreibenden höhnischen Tone aus — „die Tribüne verlassen hat, sammele Dich unterdessen und geh' wieder zu Deinen Gefährten hinab, indem Du ihnen sagst: die Kaiserin habe gefürchtet, die Stützen des Baldachins seien nicht fest genug, und Du habest sie untersuchen müssen. Nochmals aber: Wenn Dir Dein Leben lieb ist: schweige!" Damit ließ sie den Bestürzten stehen und schlüpfte gewandt hinter den Vorhängen zurück, indem sie ebenso unbemerkt wie vorhin ihren Platz wieder erreichte. Der Kaiserin war indessen die Befangenheit des schwarzen Ritters nicht weiter ausgefallen und sie fuhr ohne Arg zu ihm ge wandt fort: „Ihr liebt es, Euch einsam im Walde aufzuhalten, nehmt des halb als Dank für Eure ritterlichen Dienste dieses Horn, das Euch vielleicht einstmals noch nützlich sein kann." Sie hing ihm bei diesen Worten ein reich verziertes, goldenes Sache nicht in die Hände bekommt. Wenn er nicht schon schwer krank wäre, könnte er es durch die Lektüre werden. — Am Freitag speiste Prinz Wilhelm beim Fürsten Bismarck. — Preußisches Abgeordnetenhaus. Sonnabend-Sitzung. Die Gesetzentwürfe betr. die Vereinigung der Rechtsanwaltschaft und deS Notariates im Gebiete des rheinischen Rechtes und betr. das Grund buchwesen und die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen im Geltungsbereiche des rheinischen Rechtes wurden in erster Lesung berathen und dann einer Kommission überwiesen. Der Etat der An- sicdlungskommission wurde genehmigt. Abg. von Minnigerode be richtete namens der Budgetkommission, daß bis Ende 1687 fünf Quadratmeilen Land in Posen und Westpreußen meist von polnischen Besitzern gekauft wurden. 140 Ansiedlungsstellen wurden geschaffen, die finanziellen Resultate waren im Ganzen günstig. Abg. Ostrowicz (Pole) behauptete, die Kommission nutze die Nothlage der polnischen Besitzer aus, sowie ferner, die Hauptsache der ganzen Kolonisation sei die Verdrängung der katholischen Bewohner. Agg. HaaenS (natlib.), Wehr (freikons.) und Minister Or. Lucius traten diesen Anklagen mit großer Entschiedenheit entgegen. Die Kommission be zahle die ihr angebolenen Güter mit gutem Gelde. Die Besitzer, welche ihren Grund und Boden nicht halten könnten, müßten auf jeden Fall verkaufen, ob das nun an den Staat oder sonst Jemand geschehe, sei doch ganz gleichgiltig. Katholische Ansiedler seien ebenso angenehm, wie die protestantischen, natürlich müßten sie deutscher Abstammung sein und die genügenden Mittel besitzen. Darauf ver tagte sich das Haus auf Dienstag 1 Uhr. (Sekundärbahnvorlage.) — Die Budget-Kommission des Reichstages beantragt beim Plenum, den Nachtragsetat zur Deckung der Zinsen der neuen Wehr- anlcihe unverändert zu bewilligen. Es wurde in de? Kommission zugleich festgestellt, daß bereits im laufenden Etatsjahr Ausgahen an der 280-Millionen-Anleihe geleistet werden können. — Die Vorlage des neuen Gesetzentwurfes betr. die Abänder ung des Genossenschaftsgesetzes an den Bundesrath steht unmittel bar bevor. In etwa zwei Wochen wird das Gesetz dann an den Reichstag kommen. — Zur Lage wird aus Wien telegraphirt: Es liegen allerdings Anzeichen vor, auf die hin man in wohlunterrichteten Kreisen nun mehr mit der Möglichkeit zu rechnen beginnt, daß Rußland mit positiven Vorschlägen in der bulgarischen Frage vorzugehen be absichtigt; indessen sind bis jetzt derartige Vorschläge von Rußland absolut nicht gemacht worden. — Der mit der Petersburger Regier ung in Verbindung stehende „Nord" bespricht nochmals die Rede deS Fürsten Bismarck und sagt, daß der friedliche Eindruck der Rede kein nachhaltiger sein könne, wenn Deutschland nicht durch Thaten beweise, daß cs die Wiederherstellung der gesetzlichen Ordnung in Bulgarien ebenso anstrcbc, wie Rußland. An der Aufrichtigkeit der Friedens liebe Dcutschland's zweifle Niemand. Mit bloßen Friedensworten komme man aber dem Ziele nicht näher. Das ist nun mal wieder Wortverdreherei. Fürst Bismarck hat im Reichstage ausdrücklich er klärt, die deutsche Reichsregierung werde beim Sultan in Sachen Bulgariens Schritte thun, wenn sie von Rußland darum ersucht werde. Warum spricht Rußland kein Wort? — Durch das Abkommen mit Oesterreich-Ungarn vom 8. Dezbr. 1887 ist der deutsch-österreichische Handelsvertrag bis zum 30. Juni 1888 verlängert worden; dabei war den Vertrag-Schließcnden bis bis zum 15. Februar Vorbehalten worden, eine Kündigung deS Vertrages eintreten zu lassen. Nachdem nunmehr von keiner Seite eine Kündigung zum letztgenannten Termine erfolgt ist, wird derselbe auf unbestimmte Zeit fortbestehen mit der Maßgabe, daß der Vertrag erst nach Ablauf eines Jahres von dem Tage an außer Kraft tritt, an welchem er von der einen oder anderen Seite gekündigt wird. — Der Erlaß der kaiserlichen Verordnung betr. die Regelung des Bergbaues und die Gewinnung von Gold im südwestafrikanischen Schutzgebiet wird für die nächste Zeit erwartet. Ende dieses Monats wird der Neichskvmmissar I)r. Göring die Rückreise nach Afrika an- treten. Er wird von den Herren begleitet sein, die auserlesen worden Jagdhorn um, das an einem kunstvoll aus feinen Lcderstreifen ge flochtenen Gehänge getragen wurde. „Doch nun, Herr Ritter, auf Wiedersehen morgen Abend, beim fröhlichen Mummenschanz im Römer! Uns soll doch wundern, ob Ihr als rascher Tänzer ebenso Hervorragendes leisten werdet, als heute auf dem Turnierplatz in den ritterlichen Spielen. Und — hütet Euch sein, daß Ihr nicht alsbald erkannt werdet; meine Edelfräulein haben scharfe Augen und flinke Zungen!" Eine freundlich hohcitvolle Bewegung winkte ihm gnädige Ent lassung. Er erhob sich und wandte sich zum Gehen, aber als er sich grüßend neigte, begegneten seine Augen noch einmal denen Ilse Frybcrg's und sendeten eine Welt von Gedanken, Wünschen und heißem Dank zu ihr hinüber. Und sie verstand auch ohne Worte die stumme Sprache dieser beredten Blicke und wußte, daß nur sie cs war, für die er einzig das Wagniß, in Frankfurt zu erscheinen, unternommen, für die er gekämpft und so viel Muth und Kraft entfaltet hatte. Sie wußte, daß es ihr Handschuh war, den er getragen — genau an Form und Farbe wie der der Kaiserin — aber doch nur der ihre. Es erschien ihr so süß, dies kleine Geheimnis) zwischen ihnen Beiden, viel schöner und lieber, als wenn es gleich die ganze Welt gewußt hätte, daß er ihr Ritter sein wollte. Ilse besaß keine Spur von Eitelkeit; sie verlangte nicht nach der Ehre und dem Ruhm, die einer Dame daraus erwachsen, wenn solch' tapferer Ritter für sie kämpfte, — mochte doch ihrer Herrin Beides zu Theil werden, wenn ihr nur das Bewußtsein blieb, daß er sie in seinem Herzen zu seiner Dame auserkoren hatte. Und er, beruhigt durch ihr süßes, verständnißvolles Lächeln, wußte nun auch, daß sie es begriffen, wie er eigentlich willens ge wesen war, es zu offenbaren, daß er ihr seine Dinste geweiht habe und wie er nur durch ihre Warnung dahin gebracht sei, es zu unter lassen — er ging jetzt von dannen mit einem Gefühl von Glück im Herzen, wie er es nie für möglich gehalten hatte zu empfinden. Auch die Sorge, die sie um ihn verrieth, indem sie noch einmal mit ihrer kleinen Hand das Zeichen machte, er möge sein Visir wieder herablassen, erhöhte dieses Glück. Er folgte ihrer Weisung und ging fort wie Einer, der in einem seligen Traume dahin wandelt und fürchtet, zu erwachen. Nachdem der geheimnißvolle Fremde die Bahn verlassen, hatten nur noch einige wenig bemerkenswerthe Kämpfe stattgefunden; die allgemeine Theilnahme fing an zu erlahmen, denn schon waren lange Stunden seit dem Beginne des Turniers vergangen und der kurze herbstliche Tag neigte sich seinem Ende zu. Auf ein Zeichen des Wappenkönigs erklärten die Herolde das Turnier für beendet und die ganze glänzende und erlesene Versamm lung trat den Heimweg nach der Stadt an, in derselben feierlichen Reihenfolge, in welcher der Zug sich herbewegt hatte. Vielfach wurde auch noch nach dem fremden Ritter ausgeschaut, der die Theilnahme aller Anwesenden in so hohem Grade erregt hatte, aber nur einige, die cs zufällig bemerkt, hätten angeben können, wie er noch vor Schluß des Festes den Platz verließ, sein Roß, das ein ebenfalls schwarz geharnischter Knappe mit Herabgelassenein Visir hielt, bestieg und, im rasendsten Galopp davon reitend, in wenig Augen blicken verschwand. Der noch vor kurzer Zeit so belebte Schauplatz aufregender Be gebenheiten lag bald darauf einsam und verlassen, nur vom ausgehen den Monde beschienen da, nachdem auch die guten Bürger Frankfurts und das übrige Volk die sicheren Mauern der nahen Stadt wieder ausgesucht hatten. Heinz, der Narr, war einer der Wenigen, die an diesem Tage hatten zu Hause bleiben müssen, da er sich nicht an dem Feste be theiligen durfte. Fluchend und tobend nur hatte er sich in sein Schick sal ergeben, denn seine Schwäche erlaubte ihm nicht, ein Pferd zu besteigen, um hinaus zu reiten, während er noch weniger den Weg zu Fuß gehen konnte. Nur das Versprechen seiner Herrin, ihn von dem Mummenschanz am anderen Tage wenigstens nicht auszuschließen, indem er hingctragen werden sollte, beruhigte ihn einigermaßen wieder, denn er war in steter Sorge, seiner geliebten Gebieterin könne in seiner Abwesenheit irgend eine Gefahr erwachsen. Daß er selbst die am wenigsten geeignete Persönlichkeit war, sie zu beschützen, machte er sich wohl nicht klar. In dumpfer Ahnung fühlte er nur, daß etwas Unheilvolles über ihrem Haupte schwebe, und hätte willig sein Leben hingegcben, sie davor zu bewahren. Er nahm sich vor, sie noch einmal dringend vor thörichten Unbesonnenheiten zn warnen; wußte aber gleichwohl, daß ihr leichter Sinn schwerlich seine wohl gemeinten Rathschläge berücksichtige» würde, und beschloß deshalb, sie bei dem am folgenden Tage statthabenden Feste keine Minute aus den Augen zu verlieren. Forticbuna iolgt.