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HL 182. —«.Jahrgang Abonnementspreis: Der unöatteiische — jeden Wochentag Abend (mit dem Datum des folgenden Taaes) zur Versendung gelangende — Landes-Anzeiger mit Beiblätter» kostet monatlich 60 Pfg. bei den Ausgabestellen in Chemnitz und den Vororten, sowie bei der Post. (Eingetragen iinter Nr. 4833.l Z«9. «4. Quartal erscheintsür Abonnenten Sächsisches Eisrnbaou.stiahrvlanheft. Im 4. Quartal erscheint für Abonnenten SahreSbnch («eihnachtSbeigabe) d. Anzeigers. Verlag: Alexander Wiede, Buchdruckcrri, Chemnitz. Sächsischer Mrs-MriM mit „Ghemnitzev Sta-t-Anzeigev". Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Mittwoch, 11. August IM. JusertiousprekS:, Raum einer schmalen Korpuszelle 18 Pfg.« — Reklame (lspalüge Petitzeile) 30 Pfg. — Bei Wiederholung großer Annoncen Rabatt. Bei Bestellungen von Auswärts wolle man Jnsertionsbetrag (in Briefmarken) beifüg«» (le ö Silben Korpusschrist bilden ca. 1 Zelle). Annoncenannahme nur bis Vormittag. Inserate nehmen außer der Verlag»« Expedition die Annoncen - Bureaux «» Erpeditioa und Redaktion: Chemnitz, Theaterstraße Nr. S. Telegramm-Adr.: Wiede'« Anzeiger, Chemnitz. Fernfprechstelle Nr. 136. WM«: „Tägliches UnterhaltungsblsN" mit humoristisch illllstmtes Somtazrblait „Lustiges Bilderbuchs Telegraphische Skochrichten. Bom 9. August. Ga st ein. Kaiser Franz Joseph ist gestern Abend um 7 Uhr hier eingetroffe«; er wurde vom Prinzen Wilhelm, dem Fürsten Bismarck, Prinzen Reuß und dem Gefolge des Kaisers Wilhelm vor dem Badeschloß empfange». Der Kaiser umarmte und küßte den Prinzen Wilhelm, drückt« dem Fürsten Bismarck sehr warm die Hand und sprach mit dem Befolge. Er begab sich darauf in das Schloß, wo ihn Kaiser Wilhelm und die Kaiserin Elisabeth am Fuße der Treppe erwarteten. Beide Monarchen umarmten und küßten sich wiederholt und zogen sich dann in di« Gemächer des Kaisers Wilhelm zurück, wo sie mit der Kaiserin und dem Prinzen Wilhelm etwa 20 Minuten verweilten. Die Kaiserin fuhr in die Billa Meran zurück, der Kaiser von Oesterreich begab sich zu Fuß nach seinem Absteigequartier im »Hotel Straubinger", hierbei wie bei seiner Ankunft von der dichtgedrängten Menge mit enthusiastischen Hochrufe» begrüßt. Gast ein. Als Kaiser Franz Joseph gestern Abend von seiner ersten Begegnung mit Kaiser Wilhelm nach dem Hotel sich begab, war der deutsche Kaiser auf den Balkon des BadeschlofseS getreten, von der versammelten Menge mit Hoch» und Hurrahrnsen begrüßt. Franz Joseph wandte sich rasch nm, salutkrte lächelnd vor dem Kaiser Wilhelm, welcher seiuerseit» Franz Joseph herzlichst zuwinkte. Das Publikum begleitete den Vorgang mit langanhaltenden Jubelrufeu. Beide Majestäten zogen sich daraus in ihre Gemächer zurück. Darauf stattete Prinz Wilhelm von Preußen Namens des Kaisers Wilhelm dem österreichischen Kaiser einen Gegenbesuch ab. Abends halb neun Uhr begab sich Franz Joseph mit dem Prinzen Wilhelm nach dem Badeschloß zurück; er «ahm daselbst den Thee ein, woran auch der Obersthofmeister Fürst Hohenlohe und der Botschafter Prinz Reuß Theil nahmen. Gegen halb 10 Uhr kehrte Franz Joseph von Prinz Wilhelm begleitet unter abermaligen enthusiastischen Kundgebungen der versammelten Menge nach dem Hotel Straubinger zurück. Wir«. Di« ungarischen Universitäten worden bei de« Ein ladungen zur Heidelberger Jubelfeier übergangen «nd find deshalb dort nicht erschienen. »Nemzet* «blickt darin nach der »F. Zig." lediglich einen »Bockstreich" der Heidelberger Gelehrten-Klique, keines wegs eine Demonstration des deutschen Volkes, welche» die Mission Ungarn» in der Abwehrung der flavischen Fluth vollkommen begreife. Mars rille. Tin Diebstahl von nahezu einer Million Werth- Papiere ist bei hem dänischen Kousnl Jansen in Lette verübt worden. ES wurden bereit» Bnhastnngen vorgenommeu, jedoch ohne daß man de» Diebes bi» jetzt habhaft wnrde. Petersburg. Herr von Mer» ist gestern nach FranzenSbad abgereist, wohin ihn, wie das »Journal de St. MerSbonrg" bemerkt, Familienangelegenheiten rufen und wo rr die Kur gebrauche« wird. Die Botschafter Oesterreich - Ungarns, Italiens, Englands und der Geschäftsträger Deutschlands verabschiedeten sich von ihm am Bahnhofe New-Uork. Nach einer von der mexikanische« Grenze ein- gegangruen Nachricht hätte der Redakteur Eutting, welcher heut« nach Thihnahna abgrführt werden sollt«, den Schutz des Gouverneur» von Texas angernfen. weil er sürchte, ans dem Wege nach Chihuahua ge- tödtet z« werdeu. Oesterreich im Orient. LH Chemnitz, de« 10. August. Alle Großmächte Europa» — mit Ausnahme von Deutschland und Frankreich — könnten 1» Frieden und in dauernder Freundschaft mit einander lebe», wen« der berüchtigte Hexenkessel i« Südoste» unsere» Erdtheile», Orient genannt, nicht exlstirt«. Alle Angeublick« tancht die orientalische Frage au irgend einer Eck« der Balkanhalb- insrl in neuer und in schärferer Form auf. Erst waren es die Ehristrustämmr der Halbinsel, die vom »Joch der Türkei" befreit werde» sollten, «nd da» gab willkommenen Anlaß, di« orientalisch« Frage immer wieder von Neuem aufzurollen- Jetzt find so ziemlich alle Christen befreit; Bo-nieu «nd die Herzegowina stehe» unter österreichischer^ Berwaltuvg, Montenegro, Serbien, Rumänien find vergrößert und ganz unabhängig vom Snltan geworden, Griechen land ist vergrößert, da» Fürstenthum Bulgarien ist gebildet, Rnmelirn hat von der Paschawirthschast nicht» mehr zu befürchten; befreit ist also Alle», wa» zunächst befreit wrrde« konnte. Damit, so meint der schlichte Menschenverstand, hätte eigentlich die Orieutsrage von selbst Ruhe finde« sollen. Gerade da» Gegrntheil ist der Fall. Jetzt stellt sich heran», war von vornherein der Kern aller Orientpolitik war, die Orieutsrage ist keine CivtlisativuS- und Kultur-Angelegenheit, e» ist lediglich eine Machtfrage. Jede der interesfirten Großmächte wünscht die andere dahin, wo der Pfeffer wächst, und möchte sich im Orient den größten Einstich sicher«. Rußland hatte durch den letzte« Türkenkrleg so recht vor den Thoren von Konstantinopel Pofio gefaßt; die Herrlichkeit dauerte aber nur ihre Zeit, sein Bvfluß wurde io Bnlgarieu gebrochen und die Großmächte, namentlich England, sorgten schon dasür, daß der Czar de« äußersten Schritt nicht that und Bulgarien oecupirte. Knrz, Rußland'» Orientpolitik war trotz Batnm ein glanzvoller Reinfall; daher auch die herrschend« Verstimmung in Petersburg «ud der Neid gegen Oesterreich, da» eint» viel größeren Bortheil gewonnen hatte. Oesterreich hatte vom Berliner Cougreß bereit» die Vnwaltnng von Bosnien «ud der Herzegowina zngesprochrn bekommen, wenn diese türkischen Provinzen dem Name« nach auch unter der Oberhoheit de» Sultans verblieben. Der gute Bissen, welchen die europäische« Staatsmänner in Berlin für Oesterreich-Ungarn bereitet hatte«, war freilich etwas gepfeffert; dir Besetzung der Provinzen kostete Blut und namentlich beim Simm auf Serajewo, welches die türkische Be völkerung erbittert vertheidigte, mußte mancher Soldat ln'S Gras beiße». Auch macht di« Verwaltung dieses östeneichisch-nngarischen Reichslande» heute noch einen Zuschuß nöthig; aber Oesterreich hat damit eine feste Position gtwonneu, von der an» r» leicht in die Händel der Balkanstaatrn eingreifeu kann. Oesterreich hält auch seine Hand ans Serbien; da» tirsverschnldete Land ist an Oesterreich fest gekettet, und Oesterreich ist e» ja auch gewesen, welche» »ach den wiederholte« Niederlage« der Serben einem Vormarsch der Bulgaren ans Belgrad hemmend in de» Weg trat. Durch Serbien ist die ein- llnßrelche Stellung der Wiener Regierung im Balkan verstärkt, sie steht mitten aus dem Boden der Bakanwirrrn. während Rußland fernab fitzen «nß. I» Serbien ist die Bevölkerung von der öfter- reichische« Freundschaft zwar sehr wenig erbaut; sie träumt von einem einem großserbischtu Reiche unter einem neuen Czar in Belgrad, aber wo di« Bajonette de» AnSschlag geben, kommt e» bekanntlich auf di« BolkSstkmme nicht viel an, die Macht giebt den AnSschlag. Bon der Gestaltung der Dinge im Orient wird di« Freundschaft zwischen de« Dreilaisermächteu adhängrn. In Rußland weiß man ehr wohl, daß Oesterreich der gefährlichste Nebenbuhler im Balkan elbst ist, daß England erst späte», bei der Frage von Conflantinoprl, « Betracht kommt. Die Balkauhalbinsel ist groß, «ud man könnte ich über die Thrilnng, wenn die» die Geschicke einst wollten, wohl einigen; aber wer vermag e» denen Recht z« machen, die nicht Etwa» habe« wollten, sondern Alle», und diese Herren von Nimmersatt find die Panslavipe« in Rußland. Czar Alexander hat in de« letzten Deceuuieu manche trübe Erfahrungen gesammelt, im Krieg« «nd im Friede» nicht gerade immer Erfreuliches erlebt, und dkShalb hört er — vorläufig — nicht anf die Worte Jener, di« schon in der jetzigen Position Oesterreich» im Orient eine Beleidigung jür Rußland erblicken, und denen die Tage von Plewna a«S dem Gedächtniß ent- schwnude» find. Ob er aber ganz von aller Eifersucht anf den Nachbar frei ist? Wer weiß da»; die bulgarische Angelegenheit hat den sonst gwmüthlgen Ezareu recht reizbar gemacht. Alle» da» ist aber kein Symptom ernster Feindschaft. Oesterreich hat bisher die Weg« Rußland» im Orient nicht direct gekreuzt, und in absehbarer Zeit wird da» auch kau« geschehen; aber bei den „Zwischensällen", die im Orient möglich, ist er Aufgabe der Fürsten und Staatsmänner, solchen Zrr- würfniffeu von vornherein vorzubeugrn. Politische Rundschau. Chemnitz, den 10. August. Deutsches Reich. Wie di« offlciöf« »Köln. Ztg." meldet, ist anznnehme», daß die Verhandlungen zwischen Berlin «nd Rom über die weitere Revision der prenßischen Maigesrtze in der Hauptsache zum Abschluß gelangt find. — Da» Urtheil im Freiberger Socialistenproeeß wird wahrscheinlich Rechtskraft gewinne», da «» auf einer vom Reichs gericht bereits bestätigten «uffaffnng vom Begriff einer Verbindung im Sinne de» Artikel» 129 de» Strafgesetzbuches bernht. Der Meinung vieler liberaler Blätter, daß das Urtheil anch anf andere Parteien augewendet werde» könne, tritt die „Freist Ztg." mit der Erwägung entgegen, daß wohl «ine Verbindung, wie ff« jetzt für die Sockal- demokrätw iMgenommew worden sei, anch für all« andere« Parteien konflrnirt werde« könne, daß aber dies« Verbindung nach dem Urtheil au und für sich nicht strafbar sei, sondern nur der Zweck, die Ver- breitung einer verbotenen Zeitschrift nämlich, zu einer strafbare« ge- worden fest — Die „Nation" faßt die Folgen der Bernrlheilnug folgendermaßen zusammen: »Das Urtheil wird in politischer Beziehung zur Folge haben, daß der gesetzlichen Ausnahmestellung, in welcher die Socialdemokraten leben, uene Gegner erwachsen, und daß an» jene« Schichten der Bevölkerung, in denen da» Gefühl mit dem Ver stände leicht durchgeht, vielfach aus der Sympathie mit den verfolgten Männern ein« Sympathie mit den verfolgten Lchreu erwächst. Wir beklagen, gerade von unserem antisocialistischeu Standpunkte au», die» Proeeßverfahreu «nd den Ausgang, de» e» genommen hat, auf da» Tiefste." — Wie bestimmt verlautet, hat die Berliner Polizei in der letzten Zeit zahlreiche Haussuchungen bei Personen auSgefithrt, welche im Verdacht sockaldemokratischer Gesinnung stehe«. Die Haus suchungen haben fich nicht nur ans Arbeiter erstreckt» sonder« in mehreren Fällen auch auf Personen, welche den besitzenden Klaffen angehören undsbisher, wenigsten» öffentlich, fich nicht au der Agitation für die Soeialdemokratie betheiligt haben. I« einen Zusammenhang mit den Verhaftungen von Socialdemokraten in Hamburg find diese Haussuchungen nicht zu bringen. Die Polizei glanbte vielmehr neue Fäden der geheimen socialdemolratischen Organisation in die Hand bekommen zu haben. Doch scheint sie sich in einem Jrrthum befunden zu haben, da die Haussuchungen resultatlos Verliesen. Schweiz. Die schweizerischen BefestignngSarbeiten ans der Südseite de» St. Gotthardt find bis nächste» Jahr verschoben worden. Frankreich. In Park» find am Sonnabend ea. 1000 Kellner, Köche re. durch die Straßen gezogen, um vor de« «nstrllnngSburean», von welchen sie ihrer Ansicht nach anSgebentet werden, Knndgebungen zu veranstalten. Verschiedene Exrrfs« kamen vor, so daß di« Polizei «inschreiten und Verhaftungen vornehmen mußte. — Am Sonntag haben die Generalraths-Stichwahlen in Frankreich stattgefunden, bei denen die Republikaner ebenfalls de« Löwenanthril gewannen. 141 Republikaner «nd 33 Conservativ« find gewählt. Erster« gewannen 16, letztere verloren 32 Sitze. — Die gambettistlsche» Blätter bekämpfen heftig die Ernennung eine» päpstlichen Vertreter» in Peking. Sie be zeichnen da» als einen Eingriff in Frankreich» Rechte und als einen Bismarck erwiesenen Liebesdienst. Die Radikalen find aber ganz damit einverstanden. — Den großen franzSfischen Herbst« anöveru wrrdeu die beiden deutschen Militär-Attachö» in Paris beiwohnen. Belgien. Am Sonntag fand eine Arbeiterknudgebung in Brüssel statt. Etwa 1600 Personen durchzogen mit rothen Fahnen unter dem Gesänge der Marseillaise die Straße»; die Rnhe wnrde aber nirgends gestört. — Mit den belgischen Finanzen steht «»schlecht; da» diesjährige Defizit dürft« 30 Millionen betrage«. — Die Ver handlungen vo, dem Tribunal in Charleroi wegen der Plünderung de» Klosters Soleilmont haben jetzt ihr Ende gefunden. 17 Angeklagte wurden sreigesprocheu, 63 rrhiütenGesävguißvon 14 Tagen bi» zu» Jahren. — Der Brüsseler Berichterstatter der »Allgem. Ztg." berichtet au» den Berhandlnngen der „Oowwissian äu tr»v»il-, di« ununterbrochen ihren Fortgang nehmen, u. A. Folgende»: »Au» de« Aussagen der Zengrn geht hervor, daß die Kohlengriibrr im Durch- schnitt 12—18 Fr. in der Woche, also 48—60 Fr. im Monat, ver diene«. Rach einer genau erfolgten Zusammenstellung, welch« die Kommission aus Grund gemachter Erfahrungen selbst vornah«, beläuft sich da» Existenzminimum einer an» fünf Personen bestehenden Arbeiterfamilie anf 100 Fr. im Monat. Darnach verdient also der Kohlengräber im beste« Fall« 40 Fr. weniger als den Mindestbetrag dessen, wa» er zum Lebe« unbedingt nöthig hat. Ist schon diese Thatsache an fich da» Zeichen einer traurigen materiellen Lage, so wirst die Behandlung der Frauen und Kinder rin geradezu furcht bare» Licht auf unsere gesellschaftlichen Zustände. Zahlreich« Mädchen im Alter von 15 bi» 18 Jahren gaben vor der Kommission ,« Protokoll, daß sie um 8 Uhr Morgen» in die Gruben steigen «ud erst nm 9 Uhr, manchmal gar erst «m 11 Uhr Nachts dieselben verlassen. Mau war förmlich bestürzt, von einem stebenzehnjährigen Mädchen zu vernehme«, daß es gezwungen ist, vo« 4 Uhr Morgen» bi» 11 Uhr Nachts zu arbeiten. Wir stehen hier also vor schwache» weiblichen Lesen» welche tief unten in den Schachte« 16, 18 «nd selbst 19 Stande« täglich arbeite«, und die» um einen Lohn von anderthalb bi» zwei Franc». Nach der übereinstimmenden Aussage aller Arbeiterinnen find sie überdies der Gegenstand frivoler Nach stellungen von Seiten der Werkführer. — Wenn die Kommission auch kein andere» Resultat erzielen sollte, so ist «» doch schon «in Verdienst» daß dies« Zustände an'» Licht der Oeffentlichkeit kommen. England. Au» Belfast wird weiter gemeldet: Die Rnhe« stSrnnge» setzten fich anch i« Laufe de» Sonntages fort, e» kam zu wiederholten Zusammenstößen der Menge mit der Polizei, die mehrere Male scharf Feuer gab. Die Zahl der Verwundete« ist ein« ziemlich große, die Behörden haben militärische Verstärkungen verlangt. 800 Man» Infanterie «nd eine Schwadron Kavallerie find anch abgegangeu. Bisher find 11 Verwundete gestorben. Montag früh kam «» zu neuen Zusammenstöße», «ine Person wurde getödtet, mehrere verwundet. Orient. Die Türkei beginnt Militärreformrn. Für alle Mnselmannen i« Alter von 18 bi» 40 Jahren ist allgemeine Wehr pflicht «»geordnet mit 2 Dirustjahren, zunächst in Makedonien, doch werdeu auch in Konstcmtinopel und Asten ähnliche Maßnahmen zur Ausführung gelangen, die General vo« -er Golf« empfohlen hat. Amerika. Aus New - York liegt folgende amtlich« Depesche vor: »Nach hier «ingegangenrr Meldung hat das Gericht in El Paso den Redakteur Cntting z« einem Jahr Zwangsarbeit und 600 Doll. Geldstrafe, an deren Stelle i» UnvermögenSselle eine Gesängnißstrafe von 100 Tagen tritt, verurtheilt." Man darf begierig sei», wa» die Regirrnng der Bereinigten Staate« jetzt thn« wird. Wenn man »ach der Sprache, welche im Eongreß geführt wurde, «rtheile» darf, so wird der Umstand, daß Luttlng, der Bürge» der Bereinigte» Staaten» wegen eine» in seiner Heimath begangene« Vergehen« durch die mexi kanischen Gerichte verurtheilt worden ist, in Washington al» ein« Herausforderung anfgefaßt werden. Ehe der Spruch de» Ge richte» erfolgte, war bereit» für de« Fall, daß derselbe in vernrtheilen- de« Sinne anrfallen sollte, der Wiederznsammentritt de» soeben vertagte» Congresse» in Aussicht gestellt. Sächsisches. — Dresden, 9. August. Bester« früh wurden, insbesondere in dem Birkenwäldcheu nah« der Vogelwiese, 27 Personen im Freien schlafend angetroffen und verhaftet. — In selbstmörderischer Abficht sprang gestern Nachmittag ein 61 Jahre alter, bereit» vor längerer Zeit in öffentlich« Fürsorge genommener Arbeiter von der Kanasgaff« au» in die Weißeritz. Hinter dem Hotel zur Reichspost blieb er au dem dort angebrachten Rechen hängen «ud wnrde von dem Gerber Tanuert wieder heranSgezogen. — Gestern Nachmittag hat die Zaust der Taschendiebe auf der hiesigen Vogelwiese wieder recht gute Ge schäft« gemacht. Zahlreiche Portemonnaie» mit Geld, eine Brieftasche mit Legitimationspapieren, ein große» goldene» Kreuz, ein schwere- goldenes Armband, Taschenuhren und vieles Andere fielen den Lang fingern zur Beute. — Leipzig, 9. August. Heute früh fand mau in der Stallung seine» Dienstherr« in der Uorkstraß« einen 70 Jahre alten Dienst- knecht aus RückmarSdorf erhängt auf; derselbe halte wegen Krankheit und daran» entstandenen Lebensüberdrusses seinem Leben freiwillig ein Ende gemacht. — Drei junge „Herren" insnltirten vergangene Nacht in der UniversitätSstraße eine mit ihrem Manne, einem Mechanik«», ruhig ihres Weges gehende Frau aus schamlose Weise. Der Mann war kurz resolvirt und hieb mit seinem Stocke gehörig auf die Leute los, so daß eine allgemeine Schlägerei entstand, der ein Schutzmann durch Sistiruug der Betheiligtrn nach dem Nasch markt« ein Ende machte. — Gestern Vormittag meldete fich i« Krankenhause ei« 35 Jahre alter Kaufmann aus Stuttgart und suchte Aufnahme. Derselbe hatte fich seiner Angabe zufolge am Abend vorher im Rosenthal die Pulsader geöffnet und die ganze Nacht daselbst zngebracht. Er hatte einen großen Blutverlust er litten und fich nur mit großer Mühe bi» zum Krankenhaus« ge schleppt. Lebensüberdruß soll der Grund zum Selbstmordversuch gewesen sein. — Vorgestern Vormittag ist in Neureudnitz da» 3jährige Töchtercheu eines MarkthelferS von einem beladenen Sandwagen überfahren worden. Das Kind hat so schwere Verletzungen dadnrch erlitten, daß es bald im Krankenhause, woselbst man eS untergebracht hatte, verstorben ist. Ob den Führer des Geschirres eine Schull» trifft, wird die Untersuchung ergebe«. — Gestern fand im Kranken haus« ein 14 Jahre alter Bursche Aufnahme. Derselbe hatte fich im Teich zu Mölkau gebadet und mit dem Oberkörper znerst ins Wasser gestürzt, wobei er mit dem Kopfe auf einem Steine aufge schlagen war; er erlitt dabei einen Schädelbruch. — Osch atz, 8 August. In der Nähe de» benachbarten Dorfe» WellerSwalde, anf der sogenannten Mark Jerusalem, stieß man kürz lich bei der Bearbeitung de» Feldes, ungefähr in der Tiefe einer Ackerfurche, auf Gemäuer. Mau forschte nach und fand einen mit Ziegelsteine« getäfelten leeren Raum von der Größe eine» Billards, in welchem mehrere Aschenkrüge oder Urnen mit Thränennäpfche» standen. Die Krüge, an das Tageslicht gebracht, zerfielen, nur die Thränennäpfcheu blieben ganz. Man nimmt wohl nicht mit Unrecht an, daß zur Sorbenzeit, also vor ungefähr 1000 Jahre», hier mög licherweise unsere heidnischen Vorfahren ihren Göttern Opfer dar- brachten. Weitere Nachforschungen, für welche fich der OrtSgeistliche besonders iuteresfirt, blieben zur Zeit erfolglos. — Colditz, 6. Aognst. Da» 17jährige Dienstmädchen R. de» Fleischermeister» Anrich hier, welcher wegen einer geringfügigen Beleidigungsklage anf gestern Nachmittag vor den Friedensrichter geladen war. hat, au» Furcht vor etwa zu erwartender Strafe, gestern Bormittag gegen 10 Uhr den Versuch gemacht, fich dnrch Erhänge« zu entleiben, ist jedoch hierbei vom Lehrling gestört worden und kurz daranf vom »urich'schtn Hof« an» in den Mühlgraben gesprungen,