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und TagMalt Amtsblatt für dir löniMcn und ftüdtisihcn Behörden zn Freiberg und Brand. 6S Erscheint jeden Wochentag Nachmittags 6 Uhr für den andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mark 2d Psg-, zweimonatlich I M. 50 Ps. und eimnonatlich 75 Pf. Inserate werden bis Vormittag 11 Uhr angenom- ! men und beträgt der Preis sür die gespaltene Zeile l oder deren Raum lb Psg ff 43. Jahrgang. Mittwoch, den 25. März» Auktion. Sonnabenv, den 28. dieses Monats Nachmittags 2 Uhr sollen bei Nr. und sonstige zu ein Handwagen 14 Berggasse hier die Ladeneinrichtung eines Produktenhandelsgeschästs letzterem gehörige Geräthe, verschiedene Handelsartikel, ein Schrcibsekretär und mit Leitern gegen sofortige Bezahlung versteigert werden. Spezielles Verzeichniß hängt an Amtsgerichtsstelle aus. Freiberg, 24. März 1891. Aktuar 8vki»ISt, G V Bekanntmachung. Am 30. März d. I. (zweiter Osterfeiertag) wird der 11 Uhr 10 Minuten Abends von Dresden-Altstadt nach Tharandt verkehrende Personenzug Nr. 274 bis Freiberg (Ankunft daselbst 12 Uhr 44 Minuten Nachts) weitergeführt werden. Desgleichen wird am 31. März früh der Zug Nr. 253 von Freiberg ans (Abfahrt 5 Uhr) zur Beförderung kommen. Dresden, am 19. März 1891. Königliche Generaldirektlon der Sächsischen Staatseisenbahnen. I1o1lm»riii. Rückblicke. Von allen Seiten wird dem in die Osterferien gegangenen Reichstag das Zeugniß ausgestellt, datz er die kurze Ruhepause, die er sich gönnt, durch eine an Anstrengungen überreiche Arbeits zeit in vollem Maße verdient hat. Nicht weniger als 59 Voll sitzungen hat er seit seinem am 2. Dezember nach längerer Vertagung erfolgten Wiederzusammentritt abgehalten, dazu die ungezählten Kommissionsberathungen, die meistnoch anstrengender sind als die Sitzungen selbst, da sie an die persönliche Antheil- nahme der Mitglieder bedeutend höhere Anforderungen stellen als die Vollsitzungen. Auch das preußische Abgeordnetenhaus hat eine arbeitsreiche Periode hinter sich. Die Berathungen der beiden parlamentarischen Körperschaften haben noch das Eine gemein: daß es ihnen trotz ehrlicher Arbeit nicht möglich ge wesen ist, die ganze Fülle des ihnen zugetheilten Arbeitsstoffes zu bewältigen. Nicht mit Unrecht vergleicht deshalb ein national liberales Blatt die bisherige parlamentarische Session in der deutschen Hauptstadt mit den beiden ersten Akten eines hoch interessanten historischen Dramas. Der Zeitraum von der Er öffnung der Parlamente im letzten Herbst bis zu den Weihnachts ferien bildet den ersten Akt, der uns in die eigentliche Hand lung einführt. In jenem Zeitraum fanden die ersten Lesungen der großen Gesetzentwürfe, die Vorbereitungen in den Kom missionen statt. Die großen Generaldebatten gaben die Ge sichtspunkte, von denen sich die Regierungen und die einzelnen Parteien leiten ließen. Man erkennt deutlich das Streben der Regierung, ebenso klar auch die widerstrebenden Elemente; wir sehen den Kampf der Meinungen hin und her wogen und erwarten mit gespanntester Aufmerksamkeit die Entscheidung, welche m den zweiten Lesungen fallen muß. Den Höhepunkt des Kampfes bringt der Zeitraum von Weihnachten bis Ostern — der zweite Akt des Dramas! Die ersten Lesungen, die Kommissionsberathungen sind zu Ende; im preußischen Abge ordnetenhause ist es hauptsächlich die Steuergesetzgebung, im Reichstage die Arbeiterschutzgesetzgebung, um welche der Kampf am heftigsten entbrennt. Einzelne Episoden erhöhen hier wie dort das Interesse und lassen die Theilnahme an den Ver handlungen nicht erlahmen. In Preußen ist es die Reform des höheren Schulwesens, welche gleichsam als Nebenhandlung die Haupthandlung begleitet; im Reiche geben die Etats der Armee und Marine, sowie die Kolonialpolitik ausreichende Ge legenheit, Freund und Feind zu erkennen. In Preußen bringt die neue Spcrrgcldervorlage ein weiteres Spannen des Moments in die Handlung hinein; im Reiche bietet der Antrag auf Auf hebung derlandwirthschaftlichenZölleAnlaß zu den heftigsten Aus einandersetzungen zwischen den einzelnen Parteien. Die Handlung ist auf dem Gipfelpunkte des Interesses angelangt. Jntrignen werden von den heimlichen Gegnern der Regierung gesponnen, um dieselbe den bisherigen Freunden abwendig zu machen; eine allgemeine Unsicherheit, Unzufriedenheit, ein banges Ahnen fast vor der kommenden Katastrophe beherrscht weite Kreise des deutschen Volkes — da tritt, nur von Wenigen vorherge- fehen, die Katastrophe urplötzlich ein, die Freund von Feind trennt und die Klarheit der parlamentarischen Situation wieder herbeisühren soll. Der Reichskanzler, als der Mittelpunkt der dramatisch bewegten Handlung, schleudert den herandrängenden Mächten der zerstörenden N»gation den Bannstrahl entgegen, er streift mit gewaltigem Ruck die Banden ab, welche ihn und die Regierung zu umstricken drohten, der Sieg neigt sich auf die Seite der Regierimg und der ihr nahestehenden Parteien. Aber nicht ohne Opfer ist der Sieg erfochten! Nicht ohne Zu- ßeständnisse an eine andere Macht, die jeden Augenblick bereit tst, wieder wie in früheren Jahren die Waffen gegen die Re gierung selbst zu tragen. Der Sieg der Regierung ist kein ungetheilter; ste muß die Siegesfreude mit dem Zentrum theilen und der Freundschaft des Zentrums ein Opfer bringen. Die Sperrgelder-Vorlage ist das erste Zugcständniß an die Partei des Herrn Windthorst; die Folge derselben ist der Sturz des bisherigen Kultusministers v. Goßler, der bislang mit seltenem Opfermuth den zuweitgehenden Forderungen der katholischen Partei entgegengetreten ist. Herr v. Goßler geht, der Führer des Zentrums hat über ihn gesiegt, aber den Sieger in diesem Kampfe ruft eine höhere Macht ab — Windihorst sällt als Sieger im Kampf, aber noch auf dem Sterbebette hält er, vordem der eifrigste Kämpfer, eine Friedcnsrede, und die letzten Worte des schon von der Hand des Todes berührten ersten Vertreters der kämpfenden Kirche waren: „Wir wollen unseren Verstand zusammenhalicn und zum Frieden Alles ordnen. Also auf friedliches Wiedersehen, meine Herren!" Mit diesen Friedensworten des Vorkämpfers der ultramontanen Richtung der katholischen Kirche klingt der zweite Akt des par mmentarischen Dramas erschütternd und versöhnend züglest aus. „Aus friedliches Wiedersehen!" so möchte man den in die Osterferien eilenden Abgeordneten zurufen. Auf friedliches Wiedersehen, um ein versöhnendes Ende des parlamentarischen Kampsspieles im dritten und letzten Akt herbeizusühren. Am heftigsten stießen die Gegensätze in der Berathung des Etats zusammen, den der Reichstag, noch bevor er die Osterferien antrat, fertig gestellt hat. Gleichzeitig trat hierbei unverkenn bar zu Tage, daß die Zusammensetzung des am 20. Februar 1890 gewählten Reichstages eine andere war, als die des Kartellrcichstags: Es wurde der Regierung recht schwierig gemacht, ihre Forderungen nur einigermaßen durchzubringen. Namentlich bei den Forderungen für die Kolonialpolitik, beim Militäretat (UnterosfizierSprämien!) und beim Marineetat zeigte es sich recht empfindlich, daß in dem neuen Reichstag die Freisinnigen mit den Sozialdemokraten, soweit das Zentrum mir ihnen geht, der Politik der Regierung einen empfindlichen Widerstand entgegenzusetzen vermögen. Nur durch die Mit wirkung des Zentrums wurde beim Kvlonialetat nach bedeu tenden Streichungen das Nothdürstigste bewilligt. Betreffs der UnterosfizierSprämien mußte die Militärverwaltung an nehmen, was ihr die Gnade Windthorst's reichte. Am wenig sten befriedigend war das sogenannte Kompromiß, welches die Regierung bezüglich der erforderlichen -Schiffsbauten eingehen mußte, falls sie nicht ganz leer ausgehen wollte: Nur um den Preis, daß die Regierung auf den bereits vom letzten Reichs tag bewilligten Bau einer Panzerkorvette verzichtete, wurden zwei Panzerfahrzeuge für die Küftenvertheidigung bewilligt, deren Bau als unbedingt nothwendig anerkannt werden müßte. Und dies Wenige, das die Regierung erreichte, hat sie oben drein ausschließlich der versöhnlichen Stimmung Windt horst's zu danken! Eine Gewähr für die Zukunft fehlt also gänzlich! Es würve zu weit führen, auf die mannigfachen Fragen einzugehen, die bei der Etat-Berathung zur Erörterung kamen. Kurz sei deshalb nur Folgendes rekapitulirt: Bei der Bera thung des Marine-Etats fielen Streiflichter auf unsere deutsche Marine, die einige recht bedenkliche Mängel erkennen ließen, und nicht geeignet waren, das Vertrauen auf die zukünftigen Leistungen der deutschen Seemacht sonderlich zu erhöhen. Auch das Fehlen einer jeden Vertretung Deutschlands zum Schutze seiner Interessen in Chile gab mehrfach zu Erörterungen An laß, ohne daß es den Regierungsvertretern gelungen wäre, eine allseitig befriedigende Erklärung abzugcben. Zu lebhaften Auseinandersetzungen hat ferner die von freihändlcrischer Seite in die Debatte gezogene Frage der Berechtigung der Kartelle geführt, die in der Annahme einer Resolution gipfelte, in welcher die Regierung um Vorlegung von Nachweisungen über die Schienensubmissionen der Reichseisenbahnen ersucht wird, ebenso von Uebersichten über die Ausnahme-Tarife für zu exportirendc Kohlen. Beim Postetat wurden Wünsche nach Herabsetzung der Trapsportgebühren und der Sähe für Zei tungstelegramme laut, die jedoch von dem Staatssekretär von Stephan mit ziemlicher Schroffheit zurückgewiesen wurden. Zur Annahme gelangte noch eine Resolution, welche eine Re vision des Reglements sür Dienstreisen der Reichsbeamten im Sinne einer Herabsetzung der bisherigen Bezüge wünschte. Mehrere Tage verwendete der Reichstag ferner auf eine gründ liche Erörterung der Frage der Getreidezölle, wobei sich eine Zweidrittelmehrheit des Hauses für die Beibehaltung derselben aussprach. Nicht möglich ist es dem Reichstage gewesen, noch vor den Osterferien die so vielfache Interessen berührende und deshalb so vielumstrittene Arbeiterschutzvorlage zu bewältigen. Sie bleibt seine Hauptaufgabe nach Ostern. Erledigung fanden dagegen das Gesetz über die Vereinigung von Helgoland mit dem deutschen Reiche, der Handelsvertrag mit der Türkei, die Novelle zum Patentgesetz, das Gesetz über die Stellung der Kaiserlichen Schutztruppe in Ostafrika, die Vorlage über die Prüfung des Laufs der Handfeuerwaffen und eine Abänderung des Strafgesetz buches zum Schutze der Telegraphenanlagen. Der Erledigung harren noch die Vorlage zum Branntwein- und Zuckersteuer- gcsctz, der Gesetzentwurf über das Telcgraphenmonopol, die Vorlage über den Schutz von Gebrauchsmustern, die Kranken- versichcrungsnovclle und das Uebereinkommen betreffs des internationalen Frachtverkehrs — Arbeit genug für den Rest der Session! Tagesschau. Freiberg, den 24. März. Ter deutsche „Reichs-Ain." veröffentlicht folgenden Kaiser lichen Erlaß an den Reichskanzler: „Ich habe aus Ihrem Berichte vom 10. d. M. mit lebhaftem Interesse von der be ¬ deutenden Steigerung, welche der Geschäftsverkehr der Reichs- rank in allen Zweigen ihrer Verwaltung im abgelaufenen Ge- chästsjahre erfahren hat, Kenntniß genommen. Obwohl diese — dem Geschäftsumsatz wie der Höhe des Reingewinns nach — bisher nicht erreichte Entwicklung nicht als Zeichen einer lesonders günstigen Lage der allgemeinen wirthschaftlichen Ver- MÜisse betrachtet werden kann, insofern sie nicht sowohl in einem Aufschwung von Handel und Industrie, als vielmehr in einer dem Kreditbedürfniß nicht entsprechenden Flüssigkeit der Zirkulationsmittel ihre vornehmlichste Ursache hat, so ist doch andererseits gerade der Verwaltungsbecicht des verflossenen Jahres mir ein erneuter Beweis dafür, daß die Reichsbank auch unter schwierigen Verhältnissen es versteht, den an sie herantretenden Anforderungen deS Kreditverkehrs in vollem Umfange gerecht zu werden und den Platz, der ihr als dem ersten Kreditinstitut im Reiche zugewiesen ist, auszufüllen. Auch das überaus günstige finanzielle Ergebniß zeugt ebenso wohl von der Umsicht in der Leitung, als von der Pflichttreue in der Ausführung. Ich beauftrage Sie, allen Betheiligten meine Anerkennung und Zufriedenheit auszusprechen. Berlin, den 18. März 1891. Wilhelm I. L." Die Nachricht, der Kaiser werde in Altona beim Grafen Walder- see mit dem Fürsten BiSmarck zusammen kommen, ist unbe gründet, da jetzt gemeldet wird, daß der Kaiser über Stettin nach Kiel reist. Auch die andere, den früheren Reichskanzler betreffende Nachricht, daß derselbe in Berlin ein Grundstück er worben habe, stellt sich als Erfindung der „Freis. Ztg." her aus. Man wird sich in Zukunft Fragen gegenüber, welche den Fürsten Bismarck betreffen, nur auf offiziell beglaubigte Meldungen beschränken müssen, da es feststeht, daß der Fürst die Freiheit seiner gegenwärtigen Stellung jeder anderen Situa tion vorzieht. Die Kandidatur des Fürsten Bismarck wird jetzt von einem nationalliberalen Wahlkomitö in Geestemünde mit einem Wahl aufrufe befürwortet, in welchem es heißt: „Wir wollen mit dieser Kandidatur nicht den Parteimann, sondern den Begründer des deutschen Reiches, den größten Staatsmann des Jahr hunderts und aller Zeit, den Fürsten Bismarck ausstellen und dadurch unsern Wahlkreis einer hohen Ehre und Auszeichnung theilhastig werden lassen, wie kein anderer Wahlkreis des großen deutschen Reichs sich deren rühmen kann." Die „Times" läßt sich aus Philadelphia vom 21. d. M. melden: „Die Verhandlungen mit Deutschland wegen Wieder zulassung der Einfuhr amerikanischen Schweinefleisches machen keine Fortschritte. Das Washingtoner Kabinet erwägt die Angelegenheit und Präsident Harrison wird wahrscheinlich schließ lich den deutschen Rübenzucker mit einem Wiedervergeltungs- zoll belegen, falls Deutschland das Verbot der Einfuhr ameri kanischen Schweinefleisches nicht wieder aufhebt." — Diese Drohung wird in Deutschland sicher ihre Wirkung verfehlen. Das „Wolfsche Bureau" bemerkt übrigens zu dieser Miltheilung: „Nach unseren Informationen schweben überhaupt keine bezüg lichen Verhandlungen — was vorstehende Meldung erledigen dürfte." — Die „Allgemeine Fleischerzeitung" erfährt aus bester Quelle, der Wortlaut der amerikanischen Bill und die Einzel bestimmungen über die strengere Untersuchung des Schweine fleischexportes sei dem amerikanischen Gesandten in Berlin noch nicht zugegangen, liege somit auch noch nicht dem Bundesrathe vor, der überdies durch die österreichisch-deutschen Verhand lungen stark in Anspruch genommen sei. Günstigen Falls dürfte bis zur Entschließung des Bundesraths über die Auf hebung des Schweinefleischeinfuhrverbots noch einige Zeit ver gehen. Die mehrerwähnte leidige Angelegenheit des Staatssekretärs von Bötticher wird allem Anschein nach im Abgeordneten hause ein Nachspiel haben. Die freisinnige Presse ist, ohne freilich den Beweis dafür zu liefern, der Ucbcrzeugung, daß die für Herrn von Bötticher zur Verwendung gelangte Summe aus dem Welfenfond stamme. Ihre Auszahlung sei eine „krasse Gesetzesverletzung" gewesen, für welche namentlich Fürst Bis marck zur Verantwortung gezogen werden müsse. Andererseits wird mehreren Blättern aus Hamburg gemeldet, daß daS Herrn von Bötticher für seinen Schwiegervater gewährte Darlehen thatsächlich der Privatschatulle dss Kaisers entstammt und durch eine Hypothek auf das Gut des Schwiegervaters Bötticher'» sichergestcllt wurde. Die Hypothek soll auf den vollen Betrag von 350 000 Mark und ausdrücklich aus den Namen der Kaiser lichen Privatschatulle lauten. — Jedenfalls werden Anträge sür das Abgeordnetenhaus vorbereitet, welche eine Neurege lung bezw. Auflösung des Welfenfonds bezwecken. Dieser Fond, der 16 Millionen Thaler beträgt, stellt bekanntlich die Abfindungssumme dar, welche ursprünglich König Georg V. von Hannover ausbezahlt werden sollte, dann aber wegen der