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l4«. Freiberger Anzeiger «nd Tageblatt. Seite S. Tagesschau. Freiberg, den 19. Juni. Ueber die Bedeutung des Wettin-Festes für das deutsche Reich schreibt der „Reichsanzeiger": „Die Jubelfeier des Fürsten hauses Wettin bildet einen Gegenstand der lebhaften, freudigen Theilnahme für das ganze deutsche Volk. Dieses Fest ist ein Ehrentag für das erlauchte Fürstengeschlecht, wie für den säch sischen und thüringischen Volksstamm. Fürsten und Volk hatten in den Jahrhunderten ihrer Zusanimengehörigkeit hervorragend sten Antheil an den verschiedenen Gestaltungen der Geschichte des deutschen Vaterlandes, so auch namentlich in dem letzten Kampfe um die nunmehr festbegründete Einheit Deutschlands. Im König Albert verehrt das deutsche Volk einen seiner Helden des großen Krieges, ebenso nimmt derselbe als treuer Bundes genosse im Frieden im Herzen des deutschen Volkes einen der ersten Plätze ein. Dem Kaiser war es daher ein Bedürsniß, an dem Ehrentage des Wettiner Fürstenhauses Allerhöchstselbst seinen Glückwünschen für das fernere Gedeihen des Hauses Wettin nnd seiner Lande zum Segen und zur Ehre des Reiches Ausdruck zu geben und dem Gefühle der Dankbarkeit und der Verehrung, welches in seinen Fürsten und Stämmen das ge einigte Deutschland an diesem Tage empfindet, durch seine An wesenheit in Sachsens Hauptstadt zu bekunden." — Ein Hand schreiben des Kaisers an den Grvßherzog von Baden sagt, es sei zu seiner Kennlniß gekommen, daß Prinz Maximilian von Baden nach Vollendung seiner Studien und nach Absolvirung des juristischen Doktor-Examens sich auf das Offizier-Examen vorbe reite, um alsdann als Offizier in das Gardekürassier-Regiment ausgenommen zu werden.Dieses veranlasseihn, denPrinzen Maxi milian schon jetzt zum Sekonde-Lieutenant ü la suite der Garde kürassiere zu ernennen, wobei er es dem Prinzen Wilhelm überlaste, den Zeitpunkt des Dienstantritts seines Sohnes zu bestimmen. — Ueber die Beziehungen Rußlands zu Deutschland und Oester reich hat der Londoner „Standard" eine sehr pessimistische Korrespondenz aus Wien veröffentlicht, wonach nicht nur die Begründung eines südslawischen Zarenthums unter dem Fürsten von Montenegro mit russischer Unterstützung, sondern auch die Einbeziehung Serbiens in die russische Interessensphäre geplant sein soll. In Oesterreich verkenne man die in diesen Plänen liegenden Gefahren nicht, und würden Maßregeln gegen etwaige Ueberraschungen getroffen. Aber auch in Deutschland lägen Gründe des Mißtrauens vor, und einer derselben sei vielleicht die Weigerung des Zaren, den St. Petersburger Besuch des deutschen Kaisers in dessen Hauptstadt zu erwidern. Dazu bemerkt die Berliner „Post": „Wir können darauf nur sagen, daß diese düsteren Anschauungen in den hiesigen maßgebenden Kreisen nicht getheilt werden. Wenn der Zar dem Kaiser seinen Besuch auch nicht in Berlin, sondern überhaupt nur auf deutschem Boden, also in einer unserer Seestädte erwidert, so ist damit den Pflichten der internationalen Höflichkeit vollstän dig Genüge geschehen. Daß dafür nicht Berlin, sondern ein kleinerer, weniger geräuschvoller Ort gewählt wird, dürfte auf Rücksichten zurückzuführen sein, welche mit Bedenken der aus wärtigen Politik keinen Zusammenhang haben." — Die inter nationale Jury sür die Bewerbungen um Preise für die beste innere Einrichtung eines transportabeln Lazareths hat ihre Entscheidung getroffen. Die goldene Medaille und 2000 Mk., den höchsten Preis, erhielt vr. L. Gutsch am Depotspital des badischen Landesvereins zu Karlsruhe. — Die seiner Zeit wegen Landesverraths verurtheilten Blech und Schiffmacher sind gestern ohne Ausweisungsdekret aus dem Gefängniß in Magdeburg entlasten worden. Am nächsten Sonnabend werden in Wien die österreichisch ungarischen Delegationen zusammcntreten, welche Kaiser Franz Joseph schon am Tage daraus in Audienz zu empfangen gedenkt. Die ungarische Delegation hielt bereits am 17. d. M. nach der Sitzung des Abgeordnetenhauses eine Berathung be hufs Aufstellung einer Kandidatenliste für das Bureau und die einzelnen Ausschüsse ab. — Gegenüber der Acußerung eines Berliner Blattes versichert der „Pester Lloyd", daß die Quelle seiner Mittheilungen über die deutsch-russischen Beziehungen hoch über den Verdacht erhaben sei, bewußt oder unbewußt einer Börsenaktion oder irgend einem anderen Nebenzwecke zu dienen. — Der Führer des czcchischen Turnvereins „Sokol" nach Paris, vr. Podlipny, ist vorgestern nach Prag zurückgekehrt. Auf dem Bahnhofe hatte sich eine zahlreiche Menschenmenge angesammelt, welche ihn mit lebhaften Zurufen begrüßte. Or. Podlipny hielt eine Ansprache, in welcher er sagte, er sei von den Pariser Turnern beauftragt worden, deren Grüße und Sympathien nicht nur allen Sokols, sondern der ganzen czechi- schen Nation auszusprechen. Diese Mittheilung wurde mit stürmischen Slava-Rufen auf Frankreich ausgenommen. Mit großer Entschiedenheit bestreitet die Note des schweize rischen auswärtigen Departements an den deutschen Gesandten, daß zwischen den schweizerischen Behörden und den deutschen Sozialisten ein Einverständniß bestehe. Die schweizerische Polizei könne nicht alle Vorfälle voraussehen und verhindern. Bei gewissen Vorfällen hätten Agenten, die mit der deutschen Polizei in Verbindung gestanden, sich eingemischt. Die Neu tralität der Schweiz werde als Prinzip des öffentlichen Rechts in Europa bezeichnet, was von Niemandem, am allerwenigsten von der Schweiz, bestritten werde. Die Letztere werde fort fahren, die Neutralität gewissenhaft zu beachten. In der italienischen Deputirtenkammer erfolgte die Fort setzung der Berathung des Kriegsbudgets. Gegenüber der Tagesordnung des Abg. Baccarini, welche den Kredit sür Afrika auf 8 Millionen Lire herabmindern und weitere Besitzer greifungen von der Ermächtigung des Parlaments abhängig machen wollte, vertheidigte der Minister-Präsident Crispi das Vorgehen der Regierung in Afrika. Bei der Abstimmung wurde, nachdem Crispi die Vertrauensfrage gestellt hatte, der Antrag Baccarinis verworfen und das vom Abgeordneten Bac- celli beantragte Vertrauensvotum für die Regierung mit großer Mehrheit angenommen. Nachdem er in der belgischen Repräsentantenkammer den Eid geleistet hatte, interpelliere gestern der Depntirte Janson die Regierung über den Prozeß in Mons und charakterisirtc besonders die Tragweite desselben für die Brüsseler Wahl. Janson fügte hinzu, das Ministerium und die Majorität müßten sich entweder unterwerfen oder abdanken, denn das öffentliche Gewissen habe gesprochen. Der Redner wurde mehrmals von der Rechten unterbrochen, welche verlangte, daß er zur Ordnung gerufen werde, als er sagte, er glaube nicht an das Wort des Ministers Beernaert. Der Abgeordnete gab alsdann eine historische Darstellung der Komplotangelegenheit und behauptete, das Ministerium habe die Unitriebe der ^Aents provoeatenrs gekannt. Der Ministerpräsident Beernaert erklärte darauf, Janson glaube mit Unrecht, daß die Thatsache seiner Wahl ihm das Recht gebe, die Entlassung des Ministeriums zu verlangen; dasselbe habe niemals diese Absicht gehabt und werde auch seine Entlassung nicht nehmen. Beernaert bemerkte im weiteren Ver laufe seiner Rede, nur der König habe das Recht, die Kammer aufzulösen und Janson sei von dem Könige damit nicht bctrant. Der Ministerpräsident stellte sodann auf das Entschiedenste in Abrede, von der Thätigkeit der ^xents provooatours Kenntniß gehabt zu haben. Hiernach folgte ein lebhafter Wortwechsel unter den Deputirtcn; mehrere derselben wurden zur Ordnung gerufen. Schließlich hob der Präsident der Kammer angesichts der herrschenden Erregung die Sitzung auf. Die Straßen beim KammergebäudewareuvonderPolizei gesperrt; in den angren zen- den Straßen hatte sich eine große Menschenmenge angesa mmelt. In Folge der Aufhebung des französischen Levante- Geschwaders haben die Minister der Marine und des Auswärtigen beschlossen, daß das Haupt-Evolutions-Geschwader die Bezeich-. nung „Geschwader des westlichen Mittelmeeres und der Levante" annehmen soll. Somit wird dieses Geschwader den ganzen orientalischen Dienst besorgen. — In der gestrigen Sitzung der französischen Deputirtenkammer beantragte der Dt- putirte Roche die Herstellung des Kredits von 915000 Frks. zur Beendigung des Baues mehrerer Panzerschiffe. Der Ma rineminister erklärte, dieses genüge nicht; er werde demnächst die Bewilligung eines Kredits von 50 bis 60 Mill. Franks verlangen. (Bewegung.) Der Antrag Roche wurde sodann abgelehnt und das Marinebudget genehmigt. — Der französische Staatsrath hat einen Antrag angenommen, nach welchem die Verwaltung der Ausstellung aufgefordert werden soll, inu Verein mit der Regierung die Mittel zu berathen, um die Hauptgebäude der Ausstellung zu erhalten und den gegenwär tigen Garten in Squares umzubilden. Ferner wurde beschlossen, die Pariser Wagenvermiether zu verpflichten, den Forderungen der streikenden Kutscher nachzugeben. — Gelegentlich eines, vorgestern Abend in Paris veranstalteten Gastmahls der repu blikanischen Vereinigung, an welchem 300 Personen theilnah- men und bei welchem Ferry präsidirte, wies letzterer m länge rer Rede auf die Nutzlosigkeit und die Gefahren einer Ver- ässungs-Revision und der Einsetzung einer konstituirenden Ver- ammlung hin, betonte die Nothwendigkcit des religiösen Friedens und gab dem Vertrauen Ausdruck, daß die Nachkom men der Männer des Jahres 1789 sich niemals in die Arme eines Diktators werfen würden. Nach einer Mittheilung der „Nowoje Wrcmja" ist die Re vision des russischen Handelsvertrages mit Japan eingelcitet. —Wie in Petersburg amtlich bekannt gemacht wurde, sollen künftig. Wollenlumpen und Wollenabfälle mit einem Einfuhrzoll von einem Goldrubel, Schießpulver und Sprengstoffe mit einem solchen von 1,40 bez. 3 Goldrubel per Pud belegt werden. Der Zoll auf Rohwolle, Kunstwolle und auf gekämmte, gesponnene und gedrehte Wolle soll um 20 bis 100 Proz., auf Stärke um 7 Proz., auf Wachs um 25 Proz. erhöht, dagegen der Zoll auf Reis um 20 Prvz. ermäßigt werden. — Der „Grashdanin" versichert auf das Bestimmteste, Rußland halte die Existenz, Montenegros und Serbiens unter den historischen Dynastien für uothwendig. Das panslavistische Blatt „Nowosti" be gründet die Nothwendigkeit weiterer russischer Rüstungen mit der großen Kriegsbereitschaft Oesterreichs. — Der Odessaer Korrespondent des „Standard" meldet, die russische Regierung habe für die Jekatcrinoslawer Eisenbahn zu Truppentransporten 40 Lokomotiven und 1000 Waggons bestellt. Kolonialpolitisches. Die letzten Nachrichten, welche sowohl über Zanzibar als über Banana über den Afrikazug Stanleys und Emins kamen, sind überaus dunkel. Wir erfahren daraus nur so viel Sicheres, daß Stanley nnd Emin während der ver flossenen Wintermonate in der Gegend zwischen dein Viktoria- Nyanza-See und der Küste umherstreiften, ohne die letztere zu erreichen. Aus den sehr nothdürftigen Meldungen hat nun die Regierung des Kongostaates folgende sehr wahrscheinliche An nahme zusammengestellt. Nach der Begegnung der beiden Forscher, welche bekanntlich nicht in Wadelai, sondern weiter südlich in der Gegend zwischen oem Albert Nyanza-See und dem Viktoria Nyanza-See stattfand, machten sie sich auf, um die Küste zu erreichen. Hierbei hatten sie nun gerade das Gebiet der Uganda- und Unyoro-Neger zu durchziehen, welche seit Monaten im blutigen Kriege mit einander lagen. In Folge des Krieges und der damit verbundenen landesüblichen Ver- Zum 15. Juni. Von E. Thieme. (Verspätet cingctrofscn.) LostNjtit! An allen Enden kosen glM f die Flur erhellt, Grüße, welche Kosen spenden, Sind an alle Welt bkkellt. Ildes Herz, das, von dem Wehen Keiner Liebe ilt beseelt, wird der kosen Gruß verstehen, Wenn auch Laut und Wort ihm fehlt Lächelnd blickt die Jungfran nieder Auf dir Gab' aus treuer Hand, Denn die kose an dem Mieder Spricht: Lr ist dir jugewandt! Müdes Herz im kuhehasen, Steht dein Grab in kosenschein, kannst du leicht und selig schlafen, Trene Liebe wiegt dich rin Habt ihr Kosen nicht norm Jahre LirbrsMgniß ausgedrückt, Da ihr eines Edlen Lahre Keich mit eurer Pracht geschmückt? Heute tön' durch seiueu Frieden Wieder, was die Liebe spricht: Von der Welt bist du geschieden, Aber ans den Herren nichts Evas Roman. Bon H. Abt. 21. Fortsetzung. Herr Schulze sei nicht zu Hause, sei in Kissingen zur Kur und käme erst in zurück. Westerholm, der sich so jäh in seiner festen Hoffnung ge täuscht sah, hatte in momentaner Rathlosigkeit den Redeschwall der Frau über sich hin rauschen lassen. Nun aber wandte er sich und ging, kaum einen kurzen Gruß zurücknickend, mit hastender Eile davon. Er winkte die Droschke, die ihn herge bracht, zu sich zurück und fuhr wieder nach dem Bahnhof. Die Fahrt nach Kissingen, wohin Westerholm sich ein Billet gelöst, schien seiner Ungeduld, die nicht mehr so von froher Hoffnung gestützt wurde, unerträglich lang. Gegen Abend endlich langte er an. Mit Hilfe der Kurliste hatte er Herrn Schulzes Wohnung schnell ermittelt. Doch als er in dem Logirhaus nach seinem Zimmer fragte, gab ihm der Wirth den Bescheid, Herr Schulze sei heute Morgen, unmittelbar nachdem er einen ihm von Dresden aus nachgesandten Eilbrief erhalten, abgereist; wohin habe er nicht gesagt, habe auch nicht bestimmt, wann er zurück komme. Sein Zimmer habe er noch auf eine Woche im Voraus bezahlt, auch habe er seine Sachen zum größten Theil hier gelassen und nur einen kleinen Handkoffer, den er selbst an die Bahn getragen habe, mitgenommen. Diese neue Enttäuschung hatte Westerholm zunächst so hart getroffen, daß unter derselben für einen Augenblick all' seine Hoffnung zusammenbrach. Bald aber raffte er sich wieder zu neuem Muthe auf. Hatte er denn im Gegentheil nicht etwas gewonnen? Der Brief, auf den hin Schulze so plötzlich abge reist, kam von Eva, dessen war er sicher. Nun blieb nur noch, was unschwer sein mußte, zu ermitteln, wohin Herr Schulze gereist war. Nachdem Westerholm von dem Wirth ein Zimmer sür sich gemiethet hatte, begab er sich auf den Bahnhof zurück. Daselbst interpellirte er unter genauer Personalbeschreibung Friedrich August Schulzes den Billeteur. Der Mann des Schalters strengte sein Gedächtniß an und meinte, daß ein Herr, der unfehlbar der Gefragte sein müsse, heute Morgen ein Billet nach Frankfurt gelöst habe. Gleichzeitig besann er sich aber, daß ein Zweiter, auf den die Beschreibung ebenfalls passe, ein Billet nach Greifswald genommen habe. Darauf starrte er Westerholm noch eine Weile fragend an; da derselbe sich aber weder für ein Billet nach Frankfurt noch nach Greifswald ent schied, schloß der Mann höflich aber energisch den Schalter wieder zu. Westerholm fühlte sich von einer Art Wuth erfaßt über diese neue Rathlosigkeit. Sollte er aufs Gerathewohl nach Frank furt oder Greifswald reisen? Eines schien so aussichtslos wie das Andere. Und während er vielleicht Gott weiß welchem Viehhändler nachsetzte, kehrte August Schulze ruhig nach Kis singen zurück. Das einzig Vernünftige war, er blieb vorläufig hier, bis wenigstens der Wirth irgend eine Nachricht von Schulze erhielt. Den nächsten Morgen schon traf dieselbe ein in Form einer mit „Frankfurt" abgestempelten Postkarte, des Inhaltes, der Wirth möge die zurückgelassenen Effekten Friedrich August Schulzes gefälligst nach Dresden senden, da derselbe nicht nach Kissingen zurückkchrc. Wenige Stunden später befand sic!;"Wesicrholm wieder auf der Fahrt nach Dresden. Es schien ihm ganz unzweifelhaft, daß Herr Schulze sofort, nachdem er mit Eva zusammen getroffen, mit dieser nach Dresden zurückgekehrt sei, wo sie in seiner Behausung vorläufig ein behagliches Asyl fand. Diesmal wartete Westerholm nicht rücksichtsvoll, bis der nächste Morgen herankam, direkt vom Bahnhof aus fuhr er nach Schulzes- Wohnnng. Es war 11 Uhr Nachts, als die wohlbeleibte Wirth- schafterin, Frau Kiesewetter, durch ungestümes Läuten an der Klingel aus dem ersten, süßen Schlaf geweckt ward. Sie trat ans Fenster und sah hinab. „Oesfncn Sie mir, ich mnß sofort Herrn Schulze sprechen?'' ries Westerholm herauf. „Ei Härrcheses," trompetete die Kiesewettern herab, „das is ja der Härre von gestern. Ich habb' Sie's ja doch gestern gesagt, daß Härr Schulze erscht in e Wocher vieren Widder gemmt." Damit schlug die Kiesewettern ihr Fenster zu. Westerholm stampfte das Pflaster. „Nächstens wird man mich sür einen Verrückten halten und in ein Narrenhaus stecken! Und vielleicht wäre es nicht einmal so unrecht gethan; denn bei Gott, ich fange nachgerade selbst an, an meinem Ver stand zu zweifeln." Es kam ihm ein Ingrimm gegen sich, gegen seine Frau und vorzüglich aber gegen Friedrich August Schulze. Es war die verdammte Pflicht des Mannes, ihm sofort, nachdem er niit Eva zusammengetroffen, ja nur eine Benachrichtigung von ihr erhalten, Mittheilung davon zu machen. Dachte der Krämer etwa gar daran, sich als den Ritter seiner Frau auf zuspielen? Die Entrüstung, in welche Westerholm sich hineinarbeitete,, wollte nur nicht so recht Vorhalten; vielleicht hatte Schulze ihm in der That sofort Nachricht zukommen lassen, nur hatte er dieselbe natürlich nach Berlin adressirt. Westerholm sandte sofort ein Telegramm dahin ab mit der Ordre, ihm alle ein gehenden Korrespondenzen unverzüglich per Expreß nach Dresden, Hotel Bellevue, zu senden, wo er Wohnung genom men hatte. Am nächsten Morgen hatte Westcrholm doch nochmals Herrn Schulzes Haus aufgesucht. Die Kiesewettern hatte ent setzt ausgekreischt und den Besen, mit welchem sie gerade das Haus fegte, wie eine Brustwehr vor sich hingehalten, da sie den Fremden wieder vor sich sah, von dem sie jetzt fest glaubte^ daß er entweder ein Verrückter sei oder einer, der eine Misse- that im Schilde führte, zu welcher er das Haus auszukund schaften suchte. „Der Härr Schulze is Sie ja merklich nich derheeme, un ich bin äne arme, alte, alleenstchende Wittsrau." Vergebens suchte Westerholm auf die Frau ruhig einzu- reden; aber als er etwas näher an sie herantrat, zeterte sie laut auf. Da riß ihm der ohnehin nur noch sehr dünne Geduldsfaden. „Schweigen Sie nnd nehmen Sic Vernunft an! Halten Sie mich für einen dem Irrenhaus Entlaufenen oder für einen Einbrecher?" Nachdruck verboten. schon seit 14 Tagen drei bis vier Wochen