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zögert, weil das vom Kaiser erlassene Edict unzureichend gewesen sei und durch die Aufnahme einiger nothwendi ger Anordnungen erweitert werden müsse; aber es glaubt Niemand recht an diese Erklärung. China thut nur, was Rußland wünscht, und so lange dieses die Unterzeichnung des Beitrages nicht billigt, wird nichts aus demselben. Es wird dann auch ausdrücklich ge meldet, Chinas Haltung zeuge von Mißtrauen, und er wecke den Eindruck, als suche es eine Gelegenheit, den Vertrag nicht anzuerkennen. So ist es. Zu bemerken ist noch, daß jetzt auch Amerika Handelsvertragsverhand lungen mit China eingeleitet hat. Aus dem Muldeuthale. »Waldenburg, 2. September. Beim hiesigen Stadt, rath ist eingegangen Reichs-Gesetzblatt Nr. 39, ent haltend : Verordnung zur Ausführung des Gesetzes, be treffend die Freundschaftsverträg» mit Tonga und Samoa und den Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsver trag mit Zanzibar. *— Aus Anlaß des heutigen Sedantages fand heute früh von 6 bis i/,7 Uhr Läuten mit sämmtlichen Glocken und von 6 bis 7 Uhr Weckruf durch die Straßen der Stadt und mittags von Vzl2 bis i/,1 Uhr Fest musik auf dem Marktplatze statt. Tie öffentlichen und viele Privatgebäude hatten Flaggenschmuck angelegt. In der Aula des hiesigen Fürstlich Schönburgischen Seminars, sowie in den einzelnen Klassen der hiesigen Bürgerschule wurde aus gleichem Anlasse Festactus abgehalten. *— Tie Niederschlagsmenge betrug im Monat August nach den auf hiesiger meteorologischer Station erfolgten Messungen 112,7 anm, und zwar 29,« win in der ersten, 48,in der zweiten und 34,« in der dritten Decade. *— Unserem Berichte über das 8. Gauturnfest des Niedererzgebirgischen Turngaues in Callenberg ist noch nachzutragen, daß in dem BegrüßungscommerS am Sonnabend Abend im Saale des Plauenschen Hofes der erste Festvorsitzende Herr Oberlehrer Cantor Hesse die Erschienenen mit herzlichen Worten begrüßte und ein dreifaches Gut Heil auf Se. Majestät den König Georg daran knüpfte. Auch wurde ein Huldigungstelegramm an den König abgesandt. Gegen 10 Uhr abends er- schien auch der Vertreter des 14. Turnkreises, Herr Woldemar Bier aus Dresden, um am Fest« theilzu« nehmen. Tie Sieger im Einzelwettturnen am Sonntag sind folgende (die dem Orte folgende Zahl giebt die erreichten Punkte an): 1. Teubert, Tv. I Oberlungwitz 58-/„ 2. Schönfeld, Otto, Tv. Lichtenstein 57, 3. Klüg lich, Tv. Callnberg bei L. 56^, 4. Steiner, Tv. Germania Oberlungwitz 54^/«, 5. Stein, Tv. Neudörfel 54»/«, 6. Schönfeld, Robert, Tv. Lichtenstein 53s/«, 7. Nagel, Tv. Stangendorf 52, 8. Colditz, Tv. Mülsen St. Jakob 51, 9. Reißmann, Tv. Mülsen St. Jakob 49«/«, 10. Weiß, Tv. Germania Oberlungwitz 49^, 11. Heinrich, Tv. Hohenstein-Ernstthal (Neustadt) 48»/«, 12. Franke, Tv. I Oberlungwitz 48»/«, 13. Ebisch, Tv. Germania Neudörfel 48»/«, 14. Penzel, Tv. Ortmanns- dors 47»/«, 15. Neese, Tv. Hohenstein-Ernstthal (Neu stadt) 46»/«, 16. Götze, Tv. Rußdorf 46-/«, 17. Her- mann, Tv. Germania Niederlungwitz 461/«, 18. Otto, Tv. Hohenstein-Ernstthal (Altstadt) 44»/«, 19. Reinhold, Tv. Germania Niederlungwitz 44-/«, 20. Trabisch, Tv. Rußdorf 44^/«, 21. Schlosser, Tv. I Oberlungwitz 44*/«, 22. Trummer, Tv. Rußdorf 44, 23. Grundmann, Tv. Gesau 43^/«, 24. Beckert, Tv. Gersdorf 43, 25. Tost, Tv. Neukirchberg 42-/«, 26. Beck, Tv. Hohenstein-Ernst thal (Altstadt) 42i/«, zy Tautenhahn, Tv. Callnberg b. L. 41-/«, 28. Hüttenrauch, Turnerschaft Hohenstein- Lrnsthal 40i/«, 29. Heine, Tv. Rußdorf 40'/«. Be- lobigungen erhielten: Jakobi, Tv. Hohndorf, Franke, Tv. Turnerschaft Hohenstein, Schrepel, Tv. Callenberg b. W., Fröhlich, Tv. Callnberg b. L-, Hofmann, Tv. Hohenstein (Altstadt), Günther, Tv. Mülsen St. Jakob, Wolf, Tv. Turnerschaft Hohenstein, Arnold, Tv. Hohen stein (Neustadt). *— Ev.-luth. Männer, und Jünglingsvereine in Sachsen, soweit sie zum „Bunde" gehören, gab es Ende 1901 195 mit 11,795 Mitgliedern, gegen 188 Vereine mit 11,152 Mitgliedern im Vorjahre. Dazu kommen noch 30 Vereine mit ca 1200 Mitgliedern, die sich dem Bunde noch nicht angeschlossen haben. Nach den Alters klassen ergeben sich als Mitglieder 2082 Männer und 2812 Jünglinge über und 6901 unter 17 Jahren. Sie vertheilen sich auf 25 Männervereine, 39 Männer- und Jünglingsvereine, 128 Jünglingsvereine, 2 Christ- liche Vereine junger Männer und einen Jugenbund für entschiedenes Christenthum. 175 Vereine werden von Geistlichen geleitet. — Durch eine geschickte Finanzoperation des Bürger meisters von Glauchau sind dem Stadtsäckel von Glau- chau jetzt 4000 Mk. zugeflossen. Tie Mühle zu Klein- friesen bei Plauen, welche seinerzeit die Stadt Glauchau auf eine Hypothek der Sparkasse im Betrage von 24,000 Mk. übernehmen mußte, ist jetzt für 28,000 Mk. ver kauft worden. Käufer ist ein Privatmann. Die Mühle war seither „das Schmerzenskind der Stadt Glauchau." — Ein seit dem 24. August a. o. als vermißt ge- meldeter 17jähriger Strumpfwirker aus Oberlungwitz wurde am Sonntag Vormittag entseelt unterhalb des städtischen Freibades in Glauchau auf städtischer Flur aus der Mulde gezogen. — Die von dem aufgelösten Verein zur Errichtung eines Robert Schumann-Denkmals in Zwickau der Stadt zur Verfügung gestellten 2131,72 Mk. sollen zur Erhaltung und event. Erhöhung und Einfriedigung deS Schumann-Denkmals, sowie gegebenen Falls zur Unter stützung der Robert Schumann-Stiftung in Zwickau ver wendet werden. Tie städtischen Collegien beschlossen, diese Schenkung anzunehmen. Aus dem Sachsenlande. — Eine rege Thätigkeit herrscht jetzt auf dem Ständehaus-Neubau an der Augustusbrücke in DreSde«. Hohe Falzgerüste ragen in die Luft und deuten schon jetzt an, welch imposanter Staatsbau an dem historischen Schloßplatz in wenigen Jahren erstehen wird. Bis Mitte des Jahres 1905 soll der Rohbau fertiggestellt werden, bis Ende des Jahres der Thurm und im Jahre 1907 soll die Uebergabe erfolgen. Die Kosten des neuen Ständehauses werden 3,783,962 Mark be tragen. — Die Kindergärtnerin Bethge, Tochter eines Bau meisters in Dresden, wurde am Donnerstag vom dorti gen Landgericht wegen Hochstapelei zu 9 Monaten Ge- fängniß verurtheilt. Sie hatte sich im Hotel du Nord eingemiethet und dort unter dem Namen eines Frl. von Boppard erhebliche Schulden gemacht. Ferner hatte sie im Geschäft von Müller und Thiele für 1575 Mark Seidenstoffe bestellt. — Von der Criminalpolizei in Leipzig ist in einem 22jährigen Handlungscommis, der mehrfach criminell vorbestraft ist, ein Gauner festgenommen worden, der auf verhältnißmäßig leichte Weise sich Geld erschwindelt hat. Er Prüft» in dortigen Blättern die Annoncen, nach denen Geld gegen hypothekarische Sicherheit gesucht wurde. Er suchte die Betreffenden auf und bot ihnen Geld an, in einem Falle bis zu 70,000 Mk. Toch ließ er sich jedes Mal vor der Auszahlung wiederum Geld geben, das er angeblich zur Einziehung von Re- ferenzen über den Geldsuchenden verwenden wollte. Dies Geld sahen die Geldsuchenden nicht wieder. — Das Opfer einer nichtswürdigen Denunciation war der im Leipziger Stadttheil Bolkmarsdorf an gestellte Volksschullehrer Heyde geworden. Während er sich zur Erholung im Elternhause zu Zwickau befand, lief bei der Staatsanwaltschaft Leipzig eine Denunciation der Mutter des Schulmädchens Munkelt ein, wonach dir Lehr»r mit dem Mädchen unsittlichen Verkehr ge trieben haben sollt«, durch den dieses Mutter werde. Der Lehrer ward verhaftet und nach Leipzig zuriick- transportirt; hier aber stellte sich bei der Gegenüber stellung heraus, daß das Mädchen auf Veranlassung ihrer Mutter, der Frau des Schneiders Koschinsky, zu der falschen Aussage verleitet war, die Frau selbst aber zu dem sträflichen Thun durch ihren Mann, der seine Stieftochter mißbraucht hatte, angestiftet war. Koschinsky selbst war der Vater des inzwischen geborenen Kindes. Er wurde zu 6^/, Jahren Zuchthaus, seine Frau zu 2 Jahren Gefängniß uud deren Tochter zu 2 Wochen Ge- fängniß verurtheilt. — Am Sonntag wurden in ChtM«itz in ihren Wohnungen ein Kasfirer und ein Zimmerpolier erhängt aufgefunden. Im Zrisigwald daselbst fand man einen Mann erschossen auf. — In Anbetracht des Wohnungsmangels, der zur Zeit in Plane« i. 8. herrscht, war zu befürchten, daß für die Offiziere und Militärbeamten, di« im October nächsten Jahres nach Plauen versetzt werden, nicht ge nügend Wohnungen zur Verfügung steh»n wtrden. DaS Kriegsministerium hatte sich deshalb mit dem Etadtrath daselbst ins Einvernehmen gesetzt. Daraufhin ist die städtische Abth«ilung für Baupolizeisachen mit mehreren Baumeistern in Verbindung getreten, und diese haben sich bereit erklärt, geeignete Wohnungen für die Offiziere, Militärbeamten rc. deS im Herbste 1903 dort eintreffen den 134. Jnfanterie-Regiments zu erbauen und recht zeitig bereit zu stellen. — Die vogtländische BiSmarksäule auf dem Kemmler bei Plauen, ausgeführt nach dem preisgekrönten Keis- Unterhaltungstheil. Äug' um Auge, Zahn um Zahn. Roman von Karl Eden. 47) (Fortsetzung.) XIV. In den Krallen des Bären. Während der Zug weiter eilte, lag Donnington regungslos auf dem Fußboden und hörte wie im Traum daS Gelächter der Gensdarmen. Jeden Augenblick hoffte er, von den gräßlichen Traumbildern befreit zu werden, doch es war leider kein Traum; langsam er wachte er und suchte sich seine Lage klar zu machen. „Es muß ein Jrrthum sein, irgend ein Versehen eines untergeordneten Polizisten!" In einer Stunde, hoffte er, werde sich alles aufklären, vielleicht schon auf der nächsten Station. Jetzt ging der Zug langsamer, die Bremsen knirschten und bald kam der Zug zum Stehen. Auf dem Bahnsteig hörte man die Stimmen der Bahnbeamten, neue Passagiere stiegen ein, jetzt wurde auch di« Thür hinter Donnington geöffnet, und er war überzeugt, unter höflichen Entschuldigungen seine Freiheit wieder zu erhalten. „Was für einen Galgenvogel habt Ihr hier, Brüder chen?" fragte eine rauhe Stimme, während der Schein einer Laterne auf Georg fiel. Er versuchte, sich zu erheben, wurde aber brutal zurückgestoßen. „DaS ist ein Vögelchen, das sehr bald eine Hanf- kravatte erhalten wird!" „Wer ist es denn?" fragte der Neuangekommene. „Er hat uns viele Mühe gemacht. Das isk Iwan Iwanowitsch oder Wladimir Nikitzki, der Bruder von dem Teufelsmädchen, das den General Below erschossen hat. Peter!" rief er, „wenn er zu sprechen versucht, so drück' ihm den Knebel noch fester in den Mund!" „Wladimir Nikitzki?" widerholte der Fremde erstaunt. „Euer Glück ist gemacht, Brüderchen nehmt Euch in Acht, daß er Euch nicht davonläuft! Die Nihilisten sind schlau wie zwanzig Füchse! Was für Glück manche Leut« haben! Ich diene jetzt schon ..." — Die Pfeife ertönte. — „Adieu, Brüdercheu, und haltet den Burschen fest!" Tie Thür wurde wieder zugeschlagen, und der Zug eilte hinaus in die Nacht, doch Georg wußte nichts mehr davon, denn Wuth und Verzweiflung hatten ihm die Besinnung geraubt, und er lag regungslos auf dem Boden des Wagens. Als er wieder zu sich kam, saß er auf der Bank zwischen zwei Gensdarmen, während ein dritter versuchte, ihm etwas Branntwein einzuflößen, zu welchem Zweck ihm der Knebel aus dem Mund genommen worden war. Tie starke Flüssigkeit wurde so schnell in die Kehle gegossen, daß sie einen heftigen Husten bei dem Gefangenen hervorrief, worüber die Gensdarmen sehr befriedigt zu sein schienen. „Ach, Brüderchen, Du wolltest abfahren und uns so um unsere Belohnung bringen," sagte einer der Be- amten in Civilkleidung. „Das wäre doch nichtswürdig gewesen! Zum Glück haben wir einige Erfahrung in solchen Fällen." „Warum behandelt ihr mich so niederträchtig, wenn ihr doch wißt, daß ich unschuldig und ein Engländer bin? Bindet mir sogleich die Arme los! Ich ver spreche Euch, mich ruhig zu Verhalten, bis ich vor die Behörde geführt werde. Ihr habt einen furchtbaren Jrrthum begangen und werdet für jede unnöthige Niederträchtigkeit, die Ihr mir zufügt, streng bestraft werden; wenn Graf Bodiskow davon hört, wird er..." Ein brüllendes Gelächter unterbrach ihn, und auf rin Wort von einem der Beamten wurde ihm der Knebel heftig in den Mund gestoßen, und gleich daraus lag er wieder auf dem Boden des Wagens halb erstickt vor Wuth. Sechzig Stunden dauerte die Fahrt, sechzig Stunden voll entsetzlicher Schmerzen, voller Wuth, voll Entbehrung! „Steh auf, Iwan Iwanowitsch, dir nächste Station ist Tula!" rief der Anführer der Gensdarmen. Ter Zug hielt auf dem Bahnhof, doch Georg sah nichts da von, da «r wieder in Ohnmacht gefallen war. Hastig wurd« er nach einem Wagen getragen, welcher am Bahnhof wartete; die Reisenden blickten scheu und schweigend auf die traurige Scene, die Gensdarmen stiegen ein, und der Kutscher fuhr in scharfem Galopp die Straße hinab, noch ehe Donnington wieder zur Be sinnung gekommen war, hielt der Wag»n vor dem Ge- fängniß. Er wurde in eine Zelle gebracht und dort auf eine Britsche gelegt, wo er st«rben oder wieder zum Leben erwachen konnte, je nach seinem Belieben. Vor wie vielen Stunden er den Zug verlass«! hatte, wußte er nicht; aber einige Zeit mußte seitdem ver gangen sein, denn damals war es Heller Tag gewesen, und jetzt befand er sich in tiefer Dunkelheit. In einer Ecke der Zelle, unerreichbar für den Gefangenen, hing eine Laterne. Er legte die Hand an seine glühende Stirne; Ketten umschlossen seine Handgelenke, aber die Ellbogen waren jetzt frei, seine Zunge klebte am Gaumen und ein dumpfer bleierner Druck lag auf seiner Stirne. Plötzlich klirrten die Riegel auß»n, die Thüre öffnete sich, und im Halbdunkel sah Georg zwei Gestalten. „Wasser! Wass«r!" stöhnte er in englischer Sprache. „Du spielst Deine Rolle brav, Iwan Iwanowitsch!" erwiderte ein Gefängnißaufseher, „aber es wird Dir nichts Hilfen. Verlangt, was Du brauchst in Deiner russischen Sprache, und, wenn möglich, sollst Du es haben.". In der Stimme lag rin Klang von Gutmüthigkeit, was Georg auffiel; er antwortet» russisch: „Woda! Woda!" „Jetzt sprichst Du virnünftiger," sagte der Aufseher. „Geh', Schtschkow, und bring» »twaS Suppe! In Deiner Abwesenheit werde ich den Gefang«n»n bewachen." D»r Aufseher und der Gefangene schwiegen, während die Fußtritt« sich in der Fern« verlor»». (Fortsetzung folgt.)