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Amtsblatt für die königlichen and städtischen Behörden zu Freiberg und Brand Berauttv örtlicher Redakteur: Iuliu» Brau« i« Freiberg. 5. Erschein jeden Wochentag Abend« V,7 Uhr für den !i andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mark 2Ü Pf., ! zweimonatlich 1 M. bv Pf. und eimnonatlich 7Ü Pf. ,. 37. Jahrgang. —— Donnerstag, den 8. Jamar. Die Bormimbschaft. II. Die Erziehungsart des Mündels, den Betrag der Unter haltungskosten und den künftigen Beruf desselben bestimmt das Gericht unter Gehör des Vormundes mit Berücksichti gung der elterlichen Anordungen und bei der Berufswahl auch der Wünsche des Mündels. Der Lehrvertrag ist von dem Vormund abzuschließen, dem Vormundschastsgericht aber zur Bestätigung vorzulegen. Der Mündel ist dem Vormund zu väterlichem Gehorsam verpflichtet. Bei an haltender übler Aufführung kann mit Genehmigung der Obervormundschaft der Vormund gerichtliches Einschreiten oder Unterbringung in einer Besserungsanstalt veranlassen. Zur Verheirathung des Mündels hat der Vormund recht zeitig die Genehmigung der oberoormundschaftlichen Behörde zu beantragen. Wenn die Vermögenszinsen des Mündels zur Bestreitung der Erziehungskosten oder eines Aufwandes für den gesicherten Lebensunterhalt des Pflegebefohlenen nicht ausreichen, kann mit gerichtlicher Bewilligung das Stammvermögen angegriffen werden. Für vermögenslose Waisen ist die Unterstützung der zur Unterhaltsgewäh rung verpflichteten Verwandten, der Gemeinde-Armenpflege oder mildthätiger Vereine in Anspruch zu nehmen. An jedem Jahresschluß ist mit der Vormundschaftsrechnung ein Bericht über die persönlichen Verhältnisse des Mündels zu erstatten, auch wenn sich im Laufe des Jahres dabei keine Veränderungen ergaben. Bevormundete können ohne Genehmigung des Vormundes und des Vormundschasts- gerichts Vermächtnisfe und Anwartschaften weder annehmen noch ausschlagen. Ausgenommen bei besonders vorthell haften Pacht- und Miethverträgen dürfen Vormünder Verträge nur bis nach Jahresfrist nach erlangter Voll jährigkeit des Mündels abfchließen. Zu allen Prozessen, deren Werthobjekt 300 Mark übersteigt, zu Vergleichen und Uebereinkommen auf Schiedsspruch ist die obe. vormund schaftliche Genehmigung erforderlich. Dasselbe ist der Fall bei allen größeren für die Pflegebefohlenen vorzunehmenden Bauten, Verpachtungen, Vernuethungen, die Aufnahme von Darlehen, Veräußerungen und Verpfändungen, Fortfüh rung oder Auflösung eines Geschäfts, den Ankauf unbe weglicher Sachen und für die Abtretung von Forderungen des Mündels. Bei Verheirathung einer Minderjährigen geht die Ver waltung und der Nießbrauch ihres Vermögens an ihren Ehemann über. Die Ausantwortung baarer Gelder und Aktien kann der Ehemann jedoch erst dann fordern, wenn seine Ehefrau volljährig geworden ist. Die in den Händen des Vormundes befindlichen Geldvorräthe sind stets binnen zwei Monaten in inländischen Staatspapieren, diesen ge setzlich gleichgestellten Kreditpapieren, gegen mündelmäßige Hypothek oder auch in einer staatlich bestätigten Sparkasse zins bar anzulegen. Ist dies in genannter Zeit nicht möglich, so sind die Gelder an die Obervormundschaft abzuliesern. Be wegliche Sachen, die sich ohne Nachtheil nicht bis zur Mündigkeit aufbewahren lassen, müssen veräußert werden. Verheirathete Mündel können Möbel und Pretiosen aus gehändigt erhalten. Mit Ausnahme der gewöhnlichen Ge legenheilsgeschenke darf der Vormund keine Schenkungen feiner Pflegebefohlenen annehmen. Der Vormund hastet für alle Unterlassungen, alle absichtlichen Verschuldungen oder Vernachlässigung seines Fleißes, den er sonst in seinen eigenen persönlichen Angelegenheiten anzulegen pflegt. Er ist ui allen seinen Mündel betreffenden Handlungen dem Vormundschastsgericht verantwortlich und hat daher in allen Zweifelssällen dasselbe um Rath und Beistand an zugehen. Jeder mit der Vermögens Verwaltung betraute Vormund ist verpflichtet, der Obervormundschaft jährlich Rechnung abzulegen und zu diesem Zwecke ein Tagebuch zu halten, in welches er die bei der Vormundschaftsführung vorge kommenen Einnahmen und Ausgaben genau nach der Zeit folge emträgt. Die Vormundschaftsrechnung muß eine ge ordnete Zusammenstellung unter Beifügung der vorhan denen Belege, sowie einen Kassenabschluß umfassen. Sind Ausstellungen gegen eine Jahresrechnung nicht gemacht, so erhält der Vormung von dem Gericht einen Justifikations- schein. Dem Mündel bleibt cs unbenommen, Ausstellungen über die Vormundschaftsführung nach Beendigung der Vor mundschaft felbst geltend zu machen Die Bevormundung erreicht ihr Ende mit dem Tode des Bevormunderen, oder im Falle der Adoption, wenn der Mündel die Volljährigkeit erreicht oder vom Landesherrn für volljiährig erklärt wird. Tas Vormundschaftsamt endigt ! mit dem Tode des Vormundes, i^enn der Vormund wegen Unfähigkeit zur Führung, Pflichtwidrigkeit oder Ungeschrck- " lichkeit entlassen wird, oder schließlich, wenn er nach I0>äh- riger Thätigkeit oder vermöge anderer gesetzlicher Gründe fern Amt niederzulegcn berechtigt ist. Im Todesfälle sind eine Erben bezw. seine Mitvormünder verpflichtet, von dem Ableben dem Vormundschaftsgericht ohne Verzögerung Anzeige zu machen Die Erben haben das verwaltete Mündelvcrmögen herauszugeben und über die Verwaltung innerhalb zweier Monate, vom Todestage an gerechnet, Rechnung abzulcgen, angefangcne Geschäfte, wenn sie nicht ohne Nachtheil abgebrochen werden können, solange fortzu- ctzcn, bis das Vormundschaftsgericht andere Anordnungen getroffen hat. Nach Beendigung seiner Vormundschaft hat er Vormund dem etwa bestellten neuen Vormund oder dem elbständig gewordenen Pflegebefohlenen das verwaltete Vermögen auszuantworten und innerhalb zweier Monate eine Schlußrechnung vorzulegen. Nach Erfüllung aller einer Verbindlichkeiten erhält der Vormund die bestellte Sicherheit zurück; ferner wird ihm auch Alles, was er bei Führung der Vormundschaft nothwendiger oder nütz- cher Weise aufgewendet oder verlegt hat, soweit es nicht bereits geschehen, unter Rückgabe des Vormundschaftsscheines zurückerstattet. Ebenso kann er von Demjenigen, welchem er das Vermögen ausacantwortet hat, eine vor Gericht oder vor Notar ausgestellte Quittung, sowie eine Erklä- ung über die Richtigkeit seiner Rechnung fordern und im Veigeruugsfalle im Prozeßwege gerichtlich erwirken. Außer der hier besprochenen Altersvormundschaft ür Minderjährige giebt es auch noch die Zustands vormundschaft für Geisteskranke und Gebrechliche, sowie die Vormundschaft für die unter Kuratel gestellten Ver schwender. Für Taubstumme ist die Vormundschaft nur obligatorisch, wenn dieselben sich nicht durch verständliche Zeichen auszudrücken vermögen. Solche Taubstumme aber, die das können, ferner nur taube, oder nur stumme, blinde, gebrechliche, geistesschwache und andere Personen, die wegen hres Zustandes der vormundschaftlichen Fürsorge (Kuratel) »edürsen, können auf ihr Verlangen, oder auch, wenn das Vormundschastsgericht es für nöthig hält, unter Vormund- chaft gestellt werden. Im letzteren Falle kann der Be- chluß im Klagwege angefochten werden. Der Vormund iber einen Geisteskranken oder Gebrechlichen muß dafür orgen, daß sein Pflegebefohlener weder sich noch anderen chaden kann und im Bedürfnißfall in einer Heilanstalt Interkunft findet. Der Vormund über einen Verschwender hat diesen zu einem ordentlichen und regelmäßigen Leben anzuhalten. Wenn Volljährige abwesend sind und über deren Leben oder Aufenthalt keine Nachricht vorhanden ist, so ind denselben zur Verwaltung des von ihnen zurückge- assenen Vermögens oder, falls ihnen nach ihrer Entfernung Vermögen anfällt, zu dessen Erwerbung und Verwaltung, Vormünder zu bestellen (sog. Abwesenheitsvormünder). Derlei Vormundschaft endigt, wenn die Abwesenden zurück kehren oder zur Verwaltung ihres Vermögens besonderen Auftrag geben, ferner wenn deren Tod bewiesen wird oder wenn sie gerichtlich für todt erklärt worden sind. Bestellung und Aufhebung derVormundschaft sind in öffentlichen Blättern >ekannt zu machen. Bei allen diesen obigenArlen dcrVormund- chaft finden die Bestimmungen bezüglich der Führung der Vormundschaft über Minderjährige Anwendung, soweit es die Natur der Verhältnisse zuläßt und nicht andere Be stimmungen vorhanden sind. Wir haben in dem Obigen versucht, einige wissenswerthe Ausschlüsse über das wichtige und ehrenvolle Amt der Vormundschaft und über die mit demselben verbundenen Rechte und Pflichten zu geben. Als ein noch vollständigerer praktischer Wegweiser empfiehlt sich eine kürzlich bei Alexander Köhler m Dresden er schienene Schrift von H. A. Stoehr: „Der Vormund", die geeignet ist, manchen Zweifeln und Uebelständen bei der Ausübung der Vormundschaft wirksam zu begegnen. Tagesschau. Freiberg, den 7. Januar In dem Antwortschreiben des deutschen Kaisers auf die Neujahrs-Glückwunsch-Adresse des Berliner Magistrats heißt es: „Mit ungetrübtem Blick schaue ich in das vergangene Jahr zurück, das sich in meinem Hause und für das gelammte Land als ein gesegnetes erwiesen hat. Wie ich des Allmäch tigen Gnade preise, welche die Kaiserin mit neuer Stärke zu fernerem Wirken ausrüstrt, so erkenne ich dankerfüllt an mir selbst das Walten der göttlichen Vorsehung, welche mich an meinem Lebensabend zu pflichttreuer Aus übung des fürstlichen Berufes befähigt. Wenn ich darin selbst Anstrengungen und Beschwerden nicht scheue, so finde ich außer der eigenen Befriedigung, welche jede ernste Arbeit im Vollbringen gewährt, Ermuthigung dazu in dem Bewußtsein, >aß sie der Förderung nationaler Wohlfahrt gewidmet sind und durch die treue Liebe meines Volkes reich vergolten werden. Getragen von solchem Vertrauen, gereicht es mir ur besonderen Freude, daß meine Bemühungen um die Be- estigung des Friedens durch die persönliche Begegnung mit )en beiden Herrschern unserer großen Nachbarstaaten von Mcklichem Erfolge begleitet gewesen sind. In der Bürg- chast des äußeren Friedens liegt zugleich die Gewähr für eine egensreiche Entwickelung der inneren Verhältnisse. Bei der Lösung dieser zwar umfassenden, aber auch dankbaren Aufgabe wird der Magistrat in der Fürsorge für die zu nehmenden Erfordernisse der Reichshauptstadt nicht Zurückbleiben." DaS Dankschreiben der deutschen Kaiserin schließt mit folgenden Sätzen: „Meine schwankende Gesundheit hat es mir seither nicht gestattet, den Verpflichtungen meines hohen Berufes in dem früheren Umfange zu entsprechen und doch gewähren die dem Schreiben ausgesprochenen Worte mir die Genug- ;uung, daß meine Bemühungen in diesem Sinne einer ver- tändnißv ollen Theilnahme begegnen. Diese werde ich auch >m beginnenden Jahre für jedes Streben bethätigen, welches die Gegensätze unserer Zeit zu lindern, barmherzige Liebe zu unterstützen und gemeinnützige Werke zu fördern bemüht ist. Möchte, wie im vergangenen Jahre, so auch in der nächsten Zukunft Gottes Hand über dem Kaiser, über der Hauptstadt, wie über dem gesammten deutschen Vaterlande schützend aus- gcbreitet fein." Der „Reichsanzeiger" publizirt eine königliche Verordnung, nach welcher beide Häuser des preußischen Landtages auf den 15. d. Mts. einberufen werden. Die in der Geburtsstadt Grimms, Hanau, am Sonntag Nachmittag begangene Feier des hundertjährigen Geburts tages des großen Sprachforschers und echten Patrioten Jakob Grimm nahm einen schönen Verlauf Der Festrede des Pro fessors Bartsch folgte ein Festspiel von W. Jordan und am Abend ein Bankett, an welchem die Spitzen der Behörden theilnahmen.— Bei der Grimmfeier in der Berliner Universität erschienen der deutsche Kronprinz und der preußische Kultusminister. Unter den Professoren fehlte nicht Wilhelm Grimms Sohn, Pro fessor Hermann Grimm. Die Festrede hielt Professor Wil helm Scherer. — An demselben Sonntag starb in Gotha, 64 Jahre alt, der geniale Architekt Bohnstedt, der es nie verwinden konnte, daß sein preisgekrönter Entwurf zum deut schen Reichstagsgebäude nicht zur Ausführung gelangte. — Am Montag war ein Jahr vergangen, seit der Abg. Eduard Lasker in New-Jork ebenfalls an gebrochenem Herzen starb. An dem Jahrestage seines Todes fand an seinem Grabe in Berlin eine kurze Gedenkfeier statt, welcher hervorragende Mitglieder der freisinnigen Partei, wie Bamberger, Mommsen, Forckenbeck, beiwohnten. — Der Abg. Bamberger hat von seinen Wählern in Alzey anläßlich des Reichstagsbeschlusses vom 1b. Dezember v. I. ein Zustimmungstelegramm erhalten. — Der Reichstagsabgeordnete für den 4. mecklenburgischen Wahlkreis (Malchin-Waren), Rittergutsbesitzer von Maltzahn aus Maxhagen, hat sich wegen des Krachs der Dahmer Zucker fabrik, an der er stark betheiligt war, erschossen. Wie die „Nordd. Allg. Ztg." versichert, ist der Berliner Korrespondent des italienischen ministeriellen Blattes „Diritto", Cirmeni, wegen seiner mit „Mencnio" unterzeichneten Artikel aus Berlin ausgewiesen worden. Diese Aufsätze seien durch aus nicht harmlos gewesen, sondern hätten thatsächlich von Gist und Galle gegen Deutschland und von den gröbsten In jurien gegen hochgestellte Slaatsdiener gestrotzt. Cirmem's Ausweisung verdiene daher nicht die abfällige Kritik der Presse. — In der am Montag stattgefundenen Ausschußsitzung der afrikanischen Konferenz wurde der Entwurf einer Erklärung über den Sklavenhandel festgestellt, in welcher sich die Mächte, welche Souveränetätsrechte oder Einfluß in dem Kongobecken ausübcn, verpflichten, dort weder Sklavenhandel, noch die Durchfuhr von Sklaven, gleichviel welcher Raffe, zu dulden. Abermals ist ein hervorragender Staatsmann der öster reichischen Monarchie aus dem Leben geschieden. Der jetzige Präsident des obersten Gerichtshofes, Fürst Adolf Auersperg, der ehemalige hervorragend versassungsfreundliche Premierminister des liberalen, sogenannten zweiten Bürger- Kabinets, ist vorgestern auf seiner Besitzung Goldegg plötzlich einem Herzschlage erlegen. Die Italiener sehen nicht nur in dem Ausgeben kur I Absicht, Genua zur Kopsstation der neuen deutschen Post-