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Erscheint täglich mit Ausnahme der Tags nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 5« Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Donnerstag, den 22. September 219. 1881. ^Waldenburg, 21. September 1881. Präsident Garfield Das Gefürchtete ist nun doch »och eingetreien, der Präsident der nordamerikanischen Union, Garfield, ist nach beinahe drei Monaten der meuchlerischen Kugel zum Opfer gefallen; am 19. d. abends 10 Uhr 50 Minuten hat ihn der Tod von seinen Leiden erlöst. Kurz vor 10 Uhr abends besuchte Ov. Bliß den Präsidenten Garfield und fand den Puls 106 und den Gesammtzustand des Kranken eine ruhige Nacht verheißend. Garfield erklärte, er fühle sich ganz erträglich und sank kurz darauf in einen etwa 15 Minuten dauernden Schlaf, aus dem er mit großen Herzschmerzen erwachte, Vv. Bliß, herbei gerufen, fand Garfield substantiell pulslos, den Herzschlag saft unkennbar und erklärte, daß der Präsident im Sterben liege. Seine Gemahlin und die übrigen Aerzke wurden berzugerufen. Um 10 Uhr 50 Minuten erklärten die Aerzte, daß der Tod ein- gelreten sei. vr. Bliß glaubt, der Tod des Prä sidenten sei infolge einer Herzneuralgie hervorgerufen und durch verdicktes BlM, welches den Blutumlauf verhinderte, eingetreten. Die Oeffnung der Leiche sollte am 20. d. stattfinden. In wieweit den Aerzten Garfields eine Schuld an dessen Tode beigemefsen werden kann, mag hier unerörtert bleiben, sicher darf aber wohl sein, daß in den Blättern drüben der Vorwurf von Neuem auftauchen wird, daß Amerikas größte Kurpfuscher an dem Belt dieses Mannes gestanden haben. In ganz Amerika herrscht die tiefste Trauer' Von vielen Kirchen der Union ertönte noch am Abend des 19. Trauergeläute. Der Gouverneur von Washington hat einen dreißigtägigen Trauer schmuck des Capitols angeordnet. James A. Garfield war am 13. November 1831 im Siaate Ohio geboren, war also nahezu 50 Jahre alt. In Ohio besaßen die Eltern in der Grafschaft Cuyahoga eine Farm, die etwa 18 englische Meilen von der jetzt beoeutenden Stadt Cleveland am Eriesee entfernt liegt. Der Vater starb, als James noch kaum das zweite Lebensjahr über schritten hatte und die Mutter stand nun allein mit ihren vier Kindern, zwei Knaben und zwei Mädchen, auf der Farm. Die Lust zum Seeleben veran laßten den Knaben, auf einem der Schiffe in Cleve land Unterkommen zu suchen. Allmählich avancirte er zum Steuermann und machte auch als solcher mehrere Fahrten mit, wobei er sich etwas Geld erwarb. Ein kaltes Fieber, das ihn befiel, nöthigte ihn jedoch, das Schiffsleben vor der Hand aufzugeben und zur Mutter zurückzu kehren. Von dieser Zeit an vertiefte er sich ganz und gar in die Bücher. 1849 trat er in eine höhere Lehranstalt ein und studirte mit solchem Eifer und Erfolg, daß er 1850 als Lehrer an einer Bezirksschule wirken konnte. 1854 bis 1856 be suchte er das William's College. 1857 wurde er Sprachlehrer an dem Institute zu Hiram (Ohio) und 1858 Präsident desselben; gleichzeitig ließ er sich als Advocat nieder und wurde zum Mitglied des Senats von Ohio gewählt. Bei Beginn des Bürgerkrieges 1861 warb er als begeisteter An hänger der Union das 42. Regiment der Ohio- Freiwilligen an, wurde dessen Oberst und kämpfte mit Glück in Ost-Kentucky. Am Tage des Sieges von Prestonburgh ward er Brigade-General und nach der Schlacht bei Shiloh (16. April) Stabschef des Generals Nesecrans. Wegen tapferer und wichtiger Dienste in der Schlacht von Chickamauga (19. September 1863) erhielt er den Titel und Rang eines Generalmajors. Im October 1863 wurde er im 19. Bezirke Ohios zum Mitglieds des Congreffes ernannt. Hier gehörte er zu den angesehensten Mitgliedern der republikanischen Par tei und wurde 1877 Führer derselben. 1880 stand er an der Spitze der Delegation von Ohio und vertrat auf dem Concreffe in Chicago im Juni die Candidatur seines Landsmannes, des Finanzministers Sherman. Als weder Grant noch ein anderer Candidat die Majorität erringen konnte, ward im 35. Wahlgange Garfield zur Wahl gestellt, und da ihm alle bisher gegen Grant abgegebenen Stimmen im 36. Wahlgange zufielen, am 8. Juni einstimmig als der republikanische Candidat für die bevorstehende Präsidentenwahl proclamirt. Am 1. December 1880 wurde er zum Präsidenten gewählt und am 4. März d. I. übernahm er das hohe Amt in Washington. Als Präsident suchte Garfield der Corruptiou und Beutesuchi in der amerikanischen Beamleuwelt ent gegenzuarbeiten und seiner Energie gelang es auch, diesen Augiasstall einigermaßen zu räumen. Sein Nachfolger, Chester A. Arthur, hat bereits am 19. d. abends in seiner Wohnung vor zwei Richtern des obersten Gerichtshofes des Staates New-Aork den Eid geleistet. Der neue Präsident stimmt in seinen politischen Anschauungen leider nicht mit dem verstorbenen Präsidenten überein, er gehört der sogenannten Grant Partei an, jener Partei, welche den Aemterschacher in seiner bösar tigsten Gestalt betrieben hat. Wird er gegen den Willen des Volkes diesem Principe wieder zusteuern? Vorläufig bleibt das noch abzuwarten. Möge das amerikanische Volk an der Bahre des gemordeten Präsidenten sich geloben, nicht eher zu ruhen, bis die ganze Beamtenwelt gereinigt und so die Schmach der Nation ausgelöscht ist, dann ist James Garfield nicht vergebens für seine Nation gestorben. Ein konservatives Wahlprogramm. Im zweiten Berliner Neichstagswahlkreise hat das Comit^ der vereinigten antifortschrittlichen Par teien folgende gedruckte Ansprache Haus für Haus verbreiten lassen: „Was will die Vereinigung der antifortschrittlichen Parteien im 2. Reichstagswahlkreise? Diese Frage möchten wir heute unsern deutschen Mitbürgern beantworten, denn die Zeit der Neuwahl zum Reichs tage rückt heran. Wir wollen durch gemeinsame Arbeit die mit dem Judenthum verbundene Berliner Fortschrittspartei besiegen, ihren Vertreter in unserem Wahlkreise aus dem Reichstage entfernen, und ihn durch einen Mann ersetzen, der auf dem Boden der Anschauun gen steht, welche wir hier darlegen. Wir glauben, daß für lange Zeit die Kämpfe um Erringung neuer politischer Freiheiten oder um die Behauptung schon errungener in den Hintergrund treten werden, gegen die dringende Nothwendigkeit, allen Klassen unseres Volkes wieder gesunde Existenz bedingungen zu schaffen. Wirthschaftliche und sociale Aufgaben so wie Angelegenheiten, welche die sittliche Seite des Volksleben berühren, werden daher für die Folgezeit unsere gesetzgebenden Körperschaften beschäftigen müssen. Wir können unseren allgemeinen politischen Stand punkt darum kurz in die Worte fassen: Wir stehen treu zu Kaiser und Reich und auf dem Boden des verfassungsmäßigen Rechtes. Wir halten eine Revision der Preßgesetzgebung für unerläßlich, um dem Einzelnen besseren Rechts schutz gegen Verleumdungen durch die Presse und dem ganzen Volke die Bürgschaft zu geben, daß seine geschichtlichen und religiösen Heiligthümer nicht un gestraft verunglimpft werden dürfen. Wir glauben, daß unsere Gerichtsordnung, vor nehmlich in Bezug auf die Kostensätze, die Vormund schaftsordnung, das Hypolhekenwesen, die Concurs- und Subhastationsordnung einer Revision dringend bedürftig ist. Wir treten ein für die von dem Fürsten Reichs kanzler in Aussicht genommene und vorbereitete sociale und wirthschaftliche Reform, deren Grundzüge wir in Folgendem zu erkennen meinen: Umformung der Gewerbeordnung im Sinne einer Einschränkung der Gewerbefreiheit. (Hausier handel, Wanderlager.) Neubelebung des Jnnungs- wesens auf zeitgemäßen Grundlagen. Gewerbe kammern. Schaffung von staatlichen Creditanstalten für die Bedürfnisse des Handwerks, dagegen Be schränkung der Wechselfreiheit. Schutz für die freie Arbeit gegen die schädigende Concurrenz durch die Zuchthausarbeit. Schutz der Arbeiter in Bezug auf Erhaltung ihrer Gesundheit, ihrer Erwerbsverhältniffe und der Sittlichkeit. Arbeiterversicherungswesen: Un fallversicherungs- und Jnvalidenversicherungsgesetz unter Festhaltung des Zuschusses aus Neichsmitteln. Sonntagsruhe. Sorge für Wittwen und Waisen. Wir denken uns die obige Gesetzgebung überall zutreffenden Falls auch auf Arbeiterinnen ausgedehnt. Schutz der nationalen Arbeit. Schaffung eines Volkswirlhschaftsrathes für das deutsche Reich; Schutz zölle nach Maßgabe der zu bekämpfenden Concurrenz des Auslandes. Forderung öffentlicher Arbeiten von Reichswegen, z. B. Canalanlagen im Interesse des inländischen Handels und Verkehrs. Anregung und Unterstützung der Neichsregierung für Erwerbung von Colonieen behufs Erweiterung der Absatzgebiete für Handel und Industrie. Ent sprechende Regelung des Auswanderungswesens. Stärkere Heranziehung des Kapitals zu directer Besteuerung als Ausgleich für die bestehenden oder noch einzusührenden indirecten Steuern. Möglichste Einschränkung der directen Steuern durch Einführung von indirecten zur Entlastung der unteren Steuer stufen bis zum Einkommen von etwa 3000 Mark. Hohe procentnale Börsensteuer rc. Aufhebung der Miethssteuer. Erhaltung eines tüchtigen Bauernstandes. Schutz des Grundbesitzers überhaupt durch Reformirung des Grundschuldwesens. Beilegung des Streites zwischen Staat und Kirche auf dem Grunde möglichster Unabhängigkeit ver Kirche vom Staate. Wahrung des christlichen Charak ters des deutschen Staats. Daher: Trennung der Kinder nach dem religiösen Bekenntniß in allen Schulanstalten, Ertheilung des Religionsunterrichts unter Mitbetheiligung der betreffenden Kirche oder Religionsgemeinschaft Obwohl wir gern anerkennen, daß ein großer Theil der geplanten socialen und wirthschaftlichen Gesetzgebung des Fürsten Reichskanzlers sich mehr oder weniger direct gegen die Ueberwucherung der deutschen Nation durch das Judenthum richtet, so glauben wir dennoch, daß es nothwendig sei, in einem politischen Programme die Judenfrage noch besonders hervorzuheben. Wir meinen, daß ohne die directe Berücksichtigung derselben eine ersprieß liche Gesetzgebung unmöglich ist. Wir verlangen daher, daß auf dem Wege der Verwaltung, so weil dies angänglich ist, oder durch Normalivgesetze fol gendes bestimmt werde: Wiedereinführung der confessionellen Statistik. Entfernung der jüdischen Elemente aus dem Richter stande. Wiedereinführung der christlichen Eides formel. Ausschluß der Juden von der Lehr- und Erziehungsthätigkeit an Volksschulen und höheren Lehranstalten und aus allen obrigkeitlichen Stel lungen. Erschwerung der Niederlassung auslän discher Juden durch gesetzliche Bestimmungen. Nur