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418 PAPIER-ZEITUNG Nr. 19/1918 Papier-Spinnerei Bleichen und Färben von Papiergarn und Papiergewebe Unter diesem Titel hat die Badische Anilin- und Sodafabrik in Ludwigshafen eine Druckschrift herausgegeben, in der sie Verfahren zur Veredlung von Papiergarn und -Gewebe unter Verwendung der von ihr hergestellten Chemikalien und Farben angibt. Zum Bleichen habe sich die ,,Chlor-Blankit-Bleiche” bewährt: Man kocht vor dem Bleichen das Papiergarn oder -Gewebe einige Zeit unter Sodazusatz aus, bleicht dann mehrere Stunden in kalter bis lauwarmer Chlorkalklösung von 2—4 0 Be, säuert ab, spült gut und läßt ein kaltes bis lauwarmes Blankitbad (2—5 g Biankit im Liter Wasser) folgen. Das Blankitbad bewirkt in den meisten Fällen weitere Aufhellung und entfernt die Chlorreste. Papiergarn kann im Strang auf der gewöhnlichen Kufe (zwischen Stöcken gestreckt) gebleicht werden, aber auch in Kreuzspulenform auf sogenannten Berieselungsapparaten, wie sie auch zum Bleichen von Baumwollkops und Kreuzspulen dienen. Stückware wird am besten auf dem Jigger gebleicht. Bei manchen Papiersorten bewirkt schon 1—2 stündige lauwarme Behandlung mit 2—5 g Biankit im Liter Wasser beträchtliche Auf hellung; so werden auch Kreuzspulen durch halbstündiges Kochen im Schaumbad unter Zusatz von 4 k Kalz.-Soda oder Pottasche | r. v und 4 g Biankit ! im Liter Wasser wesentlich aufgehellt. Mit der Permanganat-Bleiche wird meist kein besserer Effekt erzielt als mit Biankit allein. Chlor- und Permanganat-Bleiche ist sehr umständlich, ohne besondere Weiße zu liefern. Für Halb- bis Dreiviertcl-BIeiche (gute Aufhellung) biete Decrolin gute Dienste. Für Decrolin-Bleiche auf der Klotzmaschine und auf dem Jigger werden Vorschriften gegeben. Zum Bläuen gebleichter Ware werden einige Marken alkali-, säure-, licht- und lagerechter ,,Indanthren-Blau” empfohlen, welche genau wie Ultramarin, in der Schlichte, im Apparat oder in einem besonderen kalten Bläubad ver wendet werden, jedoch da wasserunlöslich, sich in Apparaten mit Flottenzirkulation oder für Schaumfärberei nicht eignen. Beim Färben von Papiergarn in Strangform ringelt sich der Papier faden im nassen Zustand zusammen, wodurch das Umziehen fast unmöglich wird, und ungleiche Färbung entsteht. Einlegen der Roh garne während mehrerer Stunden in warmes Wasser beugt dem bei manchen Papieren vor. Das Färben von Papierstranggarn vollzieht sich im allgemeinen wie das von Baumwollgarn. Mit substantiven Farbstoffen färbt man kochend unter Zusatz von 5—10 kg kalz. Glaubersalz oder Gewerbesalz auf 100 kg Ware. Die Bäder ziehen bei dunkleren Tönen nicht aus und werden nach entsprechender Aufbesserung weiterbenützt. Dem Ringeln der Garne läßt sich vorbeugen, indem man die Stränge auf Holzhorden legt und diese übereinandergeschichtet, mit genügendem Abstand von der auf dem Boden liegenden Dampf- heizschlange in die Kufe legt. Das Garn ruht dann unbeweglich in der Flotte, kann sich also nicht in dem Maße ringeln Wie auf Stöcken. Der einströmende Dampf bewirkt genügende Flottenbewegung. Diese Arbeitsweise ist nur für substantive und Schwefelfarbstoffe zu empfehlen. Das Garn läßt sich auf solche Weise auch im Schaum färben. Für das Färben im Strang werden besonders geeignete Farben angegeben. Für besondere Waschechtheit stehen die „Entwicklungsfarben” zur Verfügung. Basische Farbstoffe werden meist nur zur Erzielung besonders lebhafter Töne benützt, an deren Echtheit keine hohen Anforde rungen gestellt werden. Sie ziehen auch ohne Gerbstoffvorbeize genügend auf. Bei hartem Wassei empfiehlt es sich, den Farbstoff unter Zusatz von Essigsäure zu lösen und zu färben. Empfehlenswerte Marken werden aufgeführt. Sauerziehende Farbstoffe werden für Garnfärberei nur zur Er zielung lebhafter Töne in Ausnahmefällen gebraucht. Sie werdei in kurzgehaltenem heißem Bad unter Zusatz von etwas Alaun auf gefärbt. Man schleudert nach dem Färben gleichmäßig ab und trocknet sofort ohne zu spülen. Solche Färbungen sind weder Wasser- noch waschecht. Kryogen-(Schwefel-)farbstoffe sind anzuwenden, wenn auf Echtheit Wert gelegt wird, z. B. für Waren, die beim Tragen und Waschen stark abgenützt werden, also für militärische Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände, Arbeiterkleider, Schuhstoffe u. dgl. Man löst die Schwefelfarbstoffe mit etwa der gleichen Gewichts menge konz. Schwefelnatrium durch Uebergießen mit kochendem Wasser und färbt heiß bis kochend unter Zusatz von etwas Soda oder Pottasche, Glaubersalz oder Gewerbesalz. Indanthren-Farbstoffe, die alle übrigen Farbstoffgruppen an Echtheit übertreffen, werden unter Benützung von Natronlauge und Hydrosulfit gelöst und teils kalt, teils bei 40—60 0 C. gefärbt. Wenn auch die Haltbarkeit des Papieigarnes und -Gewebes begrenzt ist, somit die Echtheit der Farbstoffe nicht solche Rolle spielt wie bei Baumwollwaren, so seilten doch für Wandbespann-, Möbel-, Dekorations-, Tischdeckenstoffe, Markisen, Vorhänge, Mützenbänder echte Farbstoffe, nur die Indanthren-Farben verwendet werden. Für Militärwaren, bei denen lebhafte und echte Farbtöne verlangt werden, wie für Achselklappen, finden sie bereits Verwendung. Das Färben von Papiergarn in Kreuzspulenform, wofür die Fabrik besondere Musterkarten herausgegeben hat, kann auf mecha nischen Färbeapparaten (Pack- oder Aufstecksystem) mit Flotten zirkulation oder „im Schaum” geschehen. Für beide Verfahren eignen sich in der Hauptsache substantive und Schwefelfarben. Das Färben auf mechanischen Apparaten mit Flottenzirkulation entspricht der Färberei von Stranggarn, nur wird auf solchen Apparaten mit sehr geringer Flottenmenge gearbeitet, man braucht infolgedessen Weniger Farbstoff und Salz als bei der Stranggarnfärberei. Das „Färben im Schaum” hat gegenüber der Stranggarnfärberer und dem Färben nach dem Aufstecksystem den Vorzug der besseren Durchfärbung und kann ohne größere Anschaffungskosten auf einer gewöhnlichen Holzkufe ausgeführt werden. Für 100 kg Ware genügt eine Kufe von 1,60—1,80 m Höhe, 1 m Breite und 1 m Tiefe mit am Boden liegender indirekter Dampfheizung. Man füllt die Kufe zu etwa 1/3 mit Farbflotte, setzt das schaumbildende Mittel Solvenol O hinzu, treibt zum Kochen und hängt die in ein Lattengestell verpackte Ware in genügendem Abstand von der Flottenoberfläche in die Schaum zone ein. Auch eine gewöhnliche.Garnkufe kann, wie aus einer Ab bildung in der Druckschrift auf der letzten Seite ersichtlich ist, verwendet und darin 60—80 kg Spulen in einem Posten gefärbt werden. Bei durchschnittlich 2 stündiger Färbedauer wird in den meisten. Fällen gute Durchfärbung erzielt, falls die Spulen nicht zu fest gewickelt sind und nicht viel mehr als 10—12 cm Durchmesser be sitzen. Gewisse Papiere erhalten erst nach vorausgegangener % stün diger Abkochung im blinden Schaumbad befriedigende Durchfärbung.. In manchen Fällen kann das Vorkochen auch durch einen Zusatz von. 2 g Ludigol, bromsauren Alkalien oder Perborat zum Liter Färbebad ersetzt werden. Das Färben von Papiergeweben, wofür die Badische Anilin- und Sodafabrik vier Musterkarten herausgegeben hat, kann auf zweierlei Art geschehen: 1. Das Färben auf dem Jigger vollzieht sich in gleicher Weise wie das von Baumwollstückware und unterscheidet sich von. der Färberei des Stranggarnes dadurch, daß hierbei viel geringere Flottenmengen benötigt werden, wodurch sich der Verbrauch an Farbstoff und Salz wesentlich verringert. Gefärbt werden die Gewebe mit den gleichen Stoffen wie die Papiergarne. 2. Man läßt die Ware auf der Klotzmaschine oder dem Foulard mehrere Male durch die warme bis heiße Farbstofflösung laufen... quetscht breit ab und trocknet. Die so hergestellten Färbungen sind weder wasser- noch waschecht. Zum Färben eignen sich alle sub- , stantiven, basischen und sauerziehenden Farbstoffe, Schwefel- und Küpen-Farbstoffe eignen sich für diese Verwendung nicht. Der Farbstofflösung können Stärke, Leim, Gummi, Dextrin oder sonstige neutrale Appreturmittel zugesetzt werden. Diese Arbeitsweise läßt sich mit einem Wasserdichtmachei® verbinden, wenn man der Farbflotte (nur substantive Farbstoffe!) etwa 10 g Seifeauf den Liter zusetzt, die Ware mehrere Male passierem läßt und dann eine öder mehrere Passagen durch die kalte Lösung von essig- oder ameisensaurer Tonerde oder Alaun gibt. Färben mit Indigo und Indigofarbstoffen eignet sich für Papier garn kaum, da das strangweise Färben wegen des Zusammenringelns des Garnes sich schwer durchführen läßt; auch Würde das Garn durch das Auswinden nach dem Färben leiden. Für das Färben von Papiergeweben mit Indigo ist die Roulette küpe am geeignetsten. Die Arbeitsweise ist dieselbe wie bei Baum wollstückware. Die Rohware wird vor dem Färben gut ausgekocht; gebleichte Gewebe Werden heiß genetzt. Man färbt dann auf der Hydrosulfit- oder Zinkkalk-Küpe mit 2 bis 4 Zügen, je nach der Tiefe des gewünschten Tones. Nach dem Vergrünen wird bei Zink- kalk-Küpen-Färbungen abgesäuert und gespült, bei Hydrosulfit- küpen-Färbungen nur gespült. Unterwasserjigger sind für Papiergewebe nicht gut geeignet, da. Färbungen mit langen Zügen auf der Hydrosulfit-Küpe nicht genügend aufziehen. Papiergewebe verhält sich in dieser Beziehung ungünstiger als Baumwollstückware. Die Zinkkalk-Küpe kann des Bodensatzes wegen für Unterwasserjigger nicht verwendet werden. Helle lebhafte Töne von guter Echtheit kann man auf dem gewöhnlichen Jigger mit gewissen Indigofarben färben. Für „Reserveartikel” und kupferfreien „Reservepapp” Werden Vorschriften angegeben. Das Weichmachen der Papiergewebe geschieht je nach Art der Ware entweder durch Einverleibung von Seife, nötigenfalls unter Zusatz weicher Fette, oder durch mechanische Behandlung wie Brechen- Kalandern u. dgl., oder auf beide Arten. Das Wasserdichtmachen geschieht mit Seife und Fett mit Ton erdenachbehandlung. Gleichzeitig mit dem Wasserdichtmachen kann man das Gewebe durch Versetzen der Seife-Fett-Emulsion mit China Clay füllen. Erhöhung der Festigkeit der Gewebe namentlich in feuchtem Zu stand wird mit Hilfe von Leim und Formaldehyd oder Gerbstoff,, ferner durch das Wasserdichtmachen erreicht. Zur Vermeidung der Schimmelbildung auf Papiergarn empfiehlt die Badische Anilin- und Sodafabrik Behandlung mit Betanaphtol- Zu diesem Zwecke werden 1 % Teile Betanaphtol mit 1 Teil Natron lauge von 40 0 Bö gelöst, sodann 1 Liter dieser Lösung mit 100 Litex Wasser vermischt.