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PAPIER-ZEITUNG Nr. 6/1918 Zeitungsköpfe Von Professor Dr. Tesch in Köln Schluß zu Nr. 4 Einen ähnlichen wechselvollen Lebenslauf hat das Wort Inserat hinter sich. Ursprünglich ist es eine Abkürzung, der lateinischen Befehlsform inseratur, d. h. es werde eingefügt. Seinen Sitz nahm es zuerst in der Rechtssprache ein. Es bezeich nete Nachschriften, die einer Bittschrift beigelegt wurden. Erst 1801 verzeichnet der Sprachgelehrte Campe die Anwendung „eine Anzeige inserieren”. Die damals auch schon übliche Ver deutschung einrücken oder einsetzen hat sich in unserer Sprach gewohnheit erhalten, und der Gebrauch von inserieren beschränkt sich hauptsächlich auf das Kaufmannsdeutsch. Da jedoch die Hauptwortbildung Einsatz mißverständlich und Einrückung zu lang und zu ungenau ist, so haben die Zeitungen der Ueber- tragung Anzeige den Vorzug gegeben. Es hat sich samt der Zusammensetzung Anzeigenpreis bewährt. Wenn bisher die Uebertragung leicht zu finden war und zu großen Meinungsverschiedenheiten keinen Anlaß bot, so kommen wir jetzt zu einigen Fachausdrücken, die sich gegen Verdeutschungs versuche noch immer spröde auflehnen und zu gereizten Aus einandersetzungen Anlaß geben. Dazu gehört das Wort Manu skript. Es entspricht dem lateinischen manu scriptum und be deutet etwas mit der Hand Geschriebenes. Man hat dafür Hand schrift, Niederschrift, Druckvorlage, Beitrag vorgeschlagen. Auch der fremdwortfrohste Deutsche muß zugeben, daß unsere Sprache mit dieser Auslese einen Reichtum an Ausdrucksmöglichkeiten offenbart, und der ernstlich Suchende kann wenigstens einen Ersatz darunter finden, der seine Ansprüche an Brauchbarkeit und Zweckmäßigkeit befriedigt. Nur die Verdeutschung des hier und da auftretenden Wortes Maschinenmanuskript ist eine Klippe, um die man schwer herum kommt. Die Wortbildung Maschinenmanuskript ist ja eine Sinn Widrigkeit, weil das, was, mit der Maschine hergestellt ist, doch nicht gut als Handschrift bezeichnet werden kann. Vielleicht eignet sich zur Einführung Vorlage in Maschinenschrift oder kurz Maschinenschrift. Der Gedanke, daß jede gewaltsame Uebertragung den Weg zur Verdeutschung verbaut, hat auch das Streben geleitet, das Wort Feuilleton in gutem Deutsch wiederzugeben, feuilleton ist aus dem Französischen entnommen und bedeutet Blättchen. In der Zeitungssprache ist es nicht alt geworden. Der vorhin genannte Campe erwähnt 1813, daß damals Pariser Zeitungen die Einrichtung hatten, ein Winkelchen durch eine Linie abzu trennen, das sie dazu bestimmten, irgend etwas Gelehrtes oder Witziges zu enthalten. Gegen die Herrschaft dieses französischen Eindringlings haben sich indessen viele Herausgeber schon früh gewehrt. In der richtigen Empfindung, daß die Bedeutung Blättchen dem heutigen, namentlich dem geistig hochstehenden Inhalte der unter dem Strich erscheinenden Aufsätzchen nicht gerecht wird, haben sie nach einem bezeichnenderen Ausdruck gesucht. Da sich die Schwierigkeit erhob, für diesen vielseitigen Zeitungsteil einen zusammenfassenden Ausdruck zu finden, so hat die Einbildungskraft die verschiedensten Benennungen ge schaffen, die reizvoll die Erfindungsgabe der Verleger zeigen: Dies und das, Unterhaltungsteil, buntes Allerlei, Blätter und Blüten, Wissenschaft und Leben. Aber diese Schwierigkeiten sind gering im Vergleich zu der Verdeutschung des Wortes Redakteur. Der Streit darüber hat die Herren, die es angeht, in zwei Lager geschieden. Wieder schallt aus dem Blätterwalde heute das Feldgeschrei: Hie Schrift leiter — hie Redakteur und Chefredakteur. Die einen sagen: der Schriftleiter hat zu leiten, die andern sagen: der Redakteur hat nur zu ordnen, und der Schriftleiter gehört eigentlich in die Setzerei. Auch klingt Schriftleiter in der Anrede nicht so ge schmackvoll wie Redakteur. Wieder andere haben sich mit dem Schriftleiter abgefunden, schon aus Rücksicht auf den gemeinen Mann, der den Unterschied zwischen Schriftleiter, Schriftsteller und Schriftsetzer ohne weiteres nicht begreift. Was bedeutet das Wort Redakteur? Es kommt von dem lateinischen redigere, das buchstäblich zurückbringen und uneigentlich auswählen, zu- ammensteilen bedeutet. Ein Redaktor oder in französischer Form Redakteur ist also ein Auswähler, Sichter, Ordner, Zu sammensteller, nämlich von einzelnen schriftlichen Aufsätzen, Beiträgen, Mitteilungen. Der geschriebene Aufsatz ist der Gegen stand seiner Arbeit, das Ziel die Herstellung eines Heftes oder eines Blattes oder einer Zeitung. Da jedoch der Redakteur der eigentliche und verantwortliche Leiter ist, so hat sich der Ausdruck Schriftleiter gebildet und schon ziemlich weit verbreitet. Es scheint, als ob der Krieg sein Vordringen begünstigt und dem Redakteur samt dem wenig schönklingenden Chefredakteur trotz ihres Sträubens ein Ende macht. Die Aussicht für den Sieg der Verdeutschungen ist nicht gut zu bestreiten, wenn man ihr Wesen richtig versteht. Verdeutschen heißt nicht übersetzen, sondern Ersetzen. Nicht die wörtliche Uebertragung, sondern Wiedergabe des Sinnes muß als Leitstern über der Verdeutschungsarbeit stehen. Die Entscheidung für die Annahme des Ersatzwortes liegt bei uns selbst. Nur müssen wir uns von der Gewohnheit freimachen, alle Schwächen des Fremdworts, was Länge, Betonung, Unverständlichkeit anbetrifft, mit aller Nachsicht durchgehen zu lassen, an das deutsche Wort dagegen, was Kürze, Schönheit, Deutlichkeit anbelangt, die höchsten Ansprüche zu stellen. Wir müssen auch bei dem Ersatz- gschäft den Gesetzen des Sprachlebens freien Lauf lassen. Ein Wort entsteht, indem wir mit einem Laut einen bestimmten Sinn verbinden. Wenn wir auf diese Art bei einem Fremdwort verfahren, so ist es nicht mehr als billig, daß wir dasselbe Recht des Sprachgebrauchs auch dem deutschen Worte einräumen. Freilich kann bei Fachausdrücken, wo das Gemeinschaftsgefühl mitspricht, nicht der Geschmack eines Einzelnen Richter sein. Die Fachleute müssen entscheiden. Darum hat man den bewährten Weg eingeschlagen, für die Verdeutschung von Fremdwörtern Fachausschüsse zu bilden, die aus Fachleuten und Sprachkun digen bestehen. Für die Presse ist ein solcher Fachausschuß im Verein zur Bekämpfung des Fremdwortunwesens in einem Regierungsbezirk gegründet worden. Dasselbe wird in den Kreisen des Leipziger Buchgewerbes geplant. Somit ist die rein persön liche Angelegenheit der Verdeutschung zu einem Verhandlungs gegenstande des Faches verdichtet und die Aussicht günstiger geworden, daß die Sprache der Zeitungen immer mehr deutsch wird. Dann werden hoffentlich auch die Klagen aufhören, daß es in den Köpfen der Zeitungen nicht ganz richtig ist. Papier für Schulhefte Auf eine in der Papier-Zeitung enthaltene Mitteilung hin hatten wir uns zwecks Beschaffung von eidesstattlichen Versicherungen ödere sogenannten Heeresscheinen an die Kriegswirtschaftsstelle für das Deutsche Zeitungsgewerbe gewandt. Wir erhielten von ihr das beigeschlossene Schreiben vom 24. Dezember 1917. Nach Durch sicht dieses Schreibens sind wir genau so klug wie vorher, denn am Ende des Schreibens benennt sich die Kriegswirtschaftsstelle für die Zuteilung von Rohstoffen als nicht zuständig, sagt uns aber auch nicht, welche Behörde für die Zuteilung zuständig ist. Wir wissen tatsächlich nicht, wohin wir uns noch wenden sollen, um Papier für die Fabrikation von Schulheften zu erhalten. Wir wenden uns deshalb nochmals an Sie, vielleicht können Sie uns doch irgendwelche Finger zeige wegen Beschaffung des Papieres geben. Papierverarbeiter Wir baten Herrn Rechtsanwalt Lammers in Charlottenburg, der als Vertrauensmann der Papier-Hersteller und der Behörden die Zellstoff-Zuteilung leitet, um Aeußerung zu obiger Frage. Er gab uns folgende Auskunft: Es ist schon möglich, daß der Bedarf an Schulheften gegenwärtig nicht mehr so glatt befriedigt werden kann wie bisher. Auch die Schulen müssen sich entsprechend der allgemeinen Papierknappheit einschränken. Bei der Zellstoffverteilung ist der Zellstoff den Papierfabriken mit der Maßgabe überwiesen worden, daß die aus dem Zellstoff hergestellten Papiere in erster Linie zur Befriedigung des dringenden Heeres- und Staatsbedarfs Verwendung finden müssen. Unter letzteren Bedarf fällt auch der Bedarf an Lehrmitteln, also auch an Schulheften. Demgemäß sind die Papierfabriken gehalten, den Privat bedarf solange zurückzustellen, als noch dringende Heeres- oder Staatsaufträge vorliegen. Ist der bisherige Lieferant des Frage stellers mit Heeres- und Staatsaufträgen voll besetzt, so muß Frage steller erst versuchen, das Papier an anderen Stellen zu erhalten. Grundsätzlich kann eine Sonderfreigabe von Zellstoff für staats wichtige Einzelaufträge nur dann erfolgen, wenn nachgewiesen wird, daß der Auftrag bei allen in Betracht kommenden Papierfabriken nicht mehr untergebracht werden konnte, und wenn das Papier auch im Handel nicht mehr zu haben ist. Es kann demgemäß nicht jeder Abnehmer damit rechnen, daß er die bestellenden Behörden und Verbraucher in der bisherigen Weise glatt bedienen kann. Papier-Spinnerei Verein Deutscher Papiergarnspinnereien. Der Verein hat seinen Sitz zur besseren Fühlungnahme mit den Behörden und den befreun deten Verbänden nach Berlin verlegt. Das Amt des Syndikus ist auf Herrn Gerichtsassessor a. D. Dr. Giehler, Charlottenburg 2, Harden bergstr. 9 a, übergegangen.