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Nr. 19/1916 PAPIER-ZEITUNG 345 Die vierte Kriegsanleihe Seit Kriegsbeginn wendet sich die Reichsfinanzverwaltung in regelmäßigen Zeitabschnitten an das gesamte Volk, an die Großkapitalisten und kleinen Sparer, an die Großindustrie und die Handwerker, an alle Erwerbs- und Berufskreise, um sich immer neue Mittel zur Wehrhaftmachung des Vaterlandes und zur Fortführung des Krieges bis zum siegreichen Ende zu holen. Das ist eine Bekundung der allgemeinen Wehrhaftigkeit, deren Inanspruchnahme ebenso selbstverständlich ist wie ihre Befolgung. Darüber herrscht im Deutschen Reich kein Zweifel. Niemand, der mit offenen Blicken die weltgeschichtlichen Er eignisse an sich vorüberziehen sieht, ist in Unkenntnis über die Bedeutung des Geldes bei diesen Geschehnissen. Er weiß, daß der Kiieg nicht nur Geld kostet, sondern auch immer teurer wird. Heute muß Deutschland täglich fast das Doppelte der Summe aufwenden, die es in den Anfängen des gewaltigen Ringens um seine Existenz ausgegeben hat. Und daß die Auf bringung dieses notwendigen Aufwands nicht versage, ist eine -der wesentlichen Vorbedingungen des Sieges. Die Feinde ver künden den Zusammenbruch der deutschen Finanzen. Wir aber werden ihnen beweisen, daß die Stützen ungebrochen sind, und daß die Kraft des Volkes unerschöpfbar ist. Im Zeichen unbedingter Gewißheit des militärischen Sieges der Zentralmächte erscheint die vierte deutsche Kriegsanleihe. Das ist die beste Vorbedingung des Erfolges. Und die Aus stattung der neuen Schuldverschreibungen ist wieder ein Be weis dafür, daß das Deutsche Reich für das, was es fordert, die -entsprechende Gegenleistung zu bieten gewillt ist. Die vierte Kriegsanleihe stellt der deutschen Finanztechnik insofern ein glänzendes Zeugnis aus, als sie die erste Abweichung von dem ’ fünfprozentigen Kriegszinsfuß bringt. Es erschien zweckmäßig, den Versuch mit der Einführung eines neuen Anleihetyps zu machen; und so entschloß sich die Reichsfinanzverwaltung, neben der fünfprozentigen Reichsanleihe wieder Reichsschatz anweisungen zur Wahl zu stellen, diesmal aber viereinhalb prozentige. Damit ist. was die Verzinsung betrifft, eine neue Art von Schuldverschreibungen in die Reihe der deutschen Reichs- und Staatsanleihen eingeführt, während die Art selbst bekannt und beliebt ist. Die beiden eisten Kiiegsanleihen hatten gleichfalls Schatzanweisungen gebracht. Das erste Mal im festen Betrag von 1 Milliarde, auf die 1340 Millionen gezeichnet wurden; das zweite Mal, unbegrenzt, mit einem Zeichnungs ergebnis von 775 Millionen. Bei der dritten Anleihe wurde das Doppelangebot unterbrochen, um jetzt wieder aufgenommen zu werden. Die Reichsschatzanweisung ist ein allgemein be liebtes Papier, das immer wieder seine Abnehmer findet. Und der Ausgabekurs von 95 v. H. bietet bei der Rückzahlung zu 100 v. H. einen sicheren Kursgewinn von 5 v. H. Das ist ein Reiz, der nicht unterschätzt werden wird. Die reine Verzinsung des 4% prozentigen Papiers beträgt 4.74 v. H. Dazu ist aber der Verlosungsgewinn zu rechnen, der zum erstenmal am 1. Juli 1923 fällig wird. An diesem Tage beginnt die jährliche Rück zahlung der Schatzanweisungen zum Nennwert, nachdem die Auslosung jeweilig ein halbes Jahr vorher stattgefunden hat. Die Stücke, die . zum ersten Rückzahlungstermin an die Reihe kommen, bringen also, nach rund 7 Jahren, einen Kursgewinn von 5 v. H. Aufs Jahr berechnet: 0,71 v. H., um die sich die jährliche Verzinsung von 4,74 auf 5,45 v. H. erhöht. Bei der Rückzahlung nach 8 Jahren (1. Juli 1924) sind es 5,36 v. H,, nach 9 Jahren (1. Juli' 1925) 5.29, nach 10 Jahren (1. Juli 1926) 5.24 und selbst nach 16 Jahren (1. Juli 1932), im letzten Jahre der Auslosung, noch 5,05 v. H. Die 41 2 prozentigen Reichs schatzanweisungen gehen also während der ganzen Dauer ihrer Gültigkeit mit ihrem Zinsertrag nicht unter 5 v. H. Die letzte Rückzahlung findet am 1. Juli 1932 statt. Wichtig ist, daß ein besonderes Entgegenkommen für die vorzeitig ausgelosten Stücke besteht. Die Schatzanweisungen, die vor dem 2. Januar 1932 ausgelost werden, können in eine viereinhalbprozentige Schuld verschreibung umgetauscht werden, die unkündbar ist bis zum Endtermin der Verlosungszeit, den 1. Juli 1932. Statt der Bar zahlung kann ein solcher Umtausch gewählt werden, der den großen Vorteil bietet, daß der Besitzer des Papiers möglichst lange im Genuß einer viereinhalbprozentigen Verzinsung bleibt, während es nicht sicher ist, öb nicht in der Zeit bis zum 1. Juli 1932 der allgemeine Zinsfuß wieder auf 4 v. H. zurückgegangen ist. Die fünfprozentige Reichsanleihe wird diesmal zu 98,50 v. H. angeboten. Die Ermäßigung des Preises um ein halbes Prozent gegen über dem Ausgabekurs der dritten Anleihe ist geschehen, um den Zeichnern einen Ausgleich für die um ein halbes Jahr kürzere Geltungsdauer der neuen Reichsanleihe zu bieten. Während die dritte Anleihe noch auf 9 Jahre unkündbar war, ist bei der vierten Ausgabe das Ziel des 1. Oktobers 1924 nur noch 8% Jahre entfernt. So wird den Zeichnern für den verhältnismäßig geringen Zeitverlust ein ansehnlicher Vorteil in der Verbilligung des Er werbspreises geboten. Dabei sei wieder darauf hingewiesen, daß der Termin des 1. Oktobers 1924 nur die Unkündbarkeit der Schuldverschreibungen durch das Reich festsetzt. Das Reich muß also bis dahin die fünf Prozent Zinsen zahlen und muß, wenn es sie von dem genannten Tage an nicht weitergewähren will, die Anleihe —- und zwar zum Nennwert —■ zurückzahlen. Natürlich bleibt es ihm aber unbenommen, sie unter den alten Bedingungen über den 1. Oktober 1924 hinaus fortbestehen zu lassen. Auch ist von neuem darauf zu achten, daß die Un kündbarkeit der Anleihe, die einzig und allein einen Vorteil für den Zeichner darstellt, mit der Verwertbarkeit der Stücke nichts zu tun hat. Sie können jederzeit, wie jedes andere Wert papier, durch Verkauf oder Verpfändung zu Geld gemacht werden. Die neue fünfprozentige Reichsanleihe bietet, bei dem Preis von 98,50 und dem Tilgungsgewinn V.n 1,50 v. H. eine Verzinsung von 5,07 plus 0,17 gleich 5,24 v. H. Ein solcher Ertrag von einem Anlagepapier ersten Ranges, dessen Sicherheit durch die Macht und das Vermögen des Deutschen Reiches garantiert wird, setzt bei dem Käufer keinerlei Opfer voraus. Nach 19 Kriegsmonaten ist das Reich imstande, Schuld-Ver schreibungen anzubieten, die ebenso würdige Zeugnisse seines Kredits wie vorteilhafte Kapitalsanlagen sind. Von einer Be grenzung der Anleihebeträge wurde, nach den guten Erfolgen der drei ersten Anleihen, sowohl für die Reichsanleihe wie für die Schatzanweisungen wiederum abgesehen. Immerhin könnte, bei sehr großem Zeichnungsergebnis, die Reichsfinanzverwaltung sich möglicherweise genötigt sehen, den Betrag der Schatz anweisungen zu begrenzen. Allen denen, die mit ihrer ganzen Zeichnung an der Anleihe beteiligt werden wollen, sei daher empfohlen, sich bei der Zeichnung auf Reichsschatzanweisungen, wie dies auf dem grünen Zeichnungsschein vorgesehen ist, damit einverstanden zu erklären, daß ihnen eventuell auch Reichs anleihe zugeteilt wird. Die Bedingungen für den Zeichner sind mit den bekannten Bequemlichkeiten ausgestattet. Die Dauer der Zeichnungen erstreckt sich wieder über einen Zeitraum von beinahe drei Wochen, und die Zahl der Zeichnungsstellen ist so groß, daß sie alle Wünsche und Wege umfaßt. Auch die Post nimmt wieder Anmeldungen an allen Schaltern entgegen, doch ist darauf zu achten, daß bei der Post Vollzahlung bis zum 18. April zu leisten ist, und daß nur Reichs anleihe, nicht auch Schatzanweisungen, bei der Post gezeichnet werden kann. Die Stückelung dei fünfprozentigen Reichsanleihe und der Reichsschatzanweisungen ist wiederum auf die kleinsten Sparer zugeschnitten, und die Einzahlungen, auch für den kleinsten Betrag von 100 M., sind so verteilt, daß die sofortige Bereitschaft baren Geldes nicht nötig ist. Vom 31. März an können die zugeteilten Beträge voll bezahlt werden. Wer das nicht will, kann seine Einzahlungen an vier Terminen, vom 18. April bis 20. Juli, leisten. Teilzahlungen werden nur in Beträgen für Nennwerte, die durch 100 teilbar sind, angenommen. Wer 100 M. zeichnet, braucht erst am 20. Juli zu zahlen. Für die Zeit zwischen dem Zahlungstage und dem Beginn des Zinsen laufes (1. Juli 1916) werden dem Zeichner Stückzinsen vergütet, und zwar auf die Reichsanleihe 5, auf die Schatzanweisungen 41 v. H. Wer Vollza.hlung am 31. März leistet, bekommt die Stückzinsen auf 90 Tage, bei Zahlungen am 18. April auf 72 Tage, am 24. Mai auf 36 Tage. Diese Zwischenzinsen haben die Be deutung, daß der in neuer Kriegsanleihe angelegte Betrag von dem Augenblick an Zinsen trägt, in dem er eingezahlt worden ist. Sowohl auf die Reichsanleihe als auf die Reichsschatz anweisungen werden die am 1. Mai 1916 fälligen 80 Millionen Mark 4 prozentiger Schatzanweisungen des Reiches in Zahlung genommen, und zwar so, daß dem Besitzer 4 v. H. Zinsen vom Verrechnungstage, bis zum Fälligkeitstage in Abzug gebracht werden. Er tritt dafür schon vom Verrechnungstage, statt vom 1. Mai, an in den Genuß der 5 oder 412 prozentigen Ver zinsung. Unter normalen Umständen bekäme er das Geld für die 4 prozentigen Schatzanweisungen erst am 1. Mai, könnte also mit dem Gelde, das er für sie erhält, erst von diesem Tage ab Kriegsanleihe bezahlen. Dieser Schwierigkeit wird er durch den Umtausch enthoben. Auch die im Laufe befindlichen unver- zinslichen Schatzscheine des Reichs werden in Zahlung genommen. M ete , ■