Volltext Seite (XML)
254 PAPIER-ZEITUNG Nr. 15/1916 Nach dem Kriege soll keineswegs eine Knappheit künstlich aufrecht erhalten werden. Wollen aber die Verbände wieder daran arbeiten, die früheren Uebelstände bezüglich der Preisbildung zu verhüten, so müssen sie die große Uebererzeugung einzuschränken suchen. Andernfalls werden alle Anstrengungen nutzlos bleiben, oder höchstens für einzelne Sorten Teilerfolge zu verzeichnen sein. G. Sensenhauser, zurzeit im Felde New Yorker Papiermarkt New York, 15. Janua 1916 Der Markt für alle Sorten Papier ist fest. Dazu tragen das Fehlen von Farbstoffen und die Knappheit von'Sulfitstoff bei. Die Papierfabriken sind so beschäftigt, daß sie Bestellungen nur ohne Festlegung dei Lieferzeit annehmen. Mehrere Hersteller von Bücherpapier haben die Preise ihrer Erzeugnisse um rund 5 Dollar die amerikanische Tonne (909 kg) erhöht. Dabei waren Bücher papiere die letzten, deren Preis sich gebessert hat. Die Metalltuch fabriken vergrößern sich um dem starken Bedarf der Papier fabriken entsprechen zu können, und sind meistens ein halbes Jahr mit der Ablieferung der bestellten Siebe im Rückstand. Zeitiinos- papier ist sehr gefragt, und Vorräte davon sind im Markte nicht vorhanden. Einige Fabriken planen, auch des Sonntags zu arbeiten, um mehr berstellen zu können. Für die Ausfuhr herrscht starker Bedarf, jedoch können die Ausfuhrhäuser nur wenig Ware erhalten, da auch der inländische Markt versorgt werden muß. Der Preis für Seidenpapier ist so gestiegen, daß mehrere Fabriken jetzt 50 Cents für das engl. Pfund bester weißer Seidenpapiere in kleineren Posten und 471/2 Cents in Wagenladungen fordern. Auch Pack- seiden sind im Preise fester geworden. Kraftpapier ist sehr knapp und erzielt 41/2 Cents für das Pfund. Der Preis dürfte bald auf 5 Cents steigen, und selbst für diesen Preis ist mir wenig zu haben. Braunholzpapiere sind in guter Nachfrage und dienen zum Teil als Ersatz für die sehr teuren Kraftpapiere. Zellstoffpapiere gingen gleichfalls in die Höhe. Der Tütenmarkt ist lebhaft, und man er wartet baldige Preissteigerung. Auch der Pappenmarkt ist fest und belebt. Altpapier ist sehr gesucht und dürfte bald im Preise steigen, was auf die Pappenpreise von Wirkung sein wild. Paper Trade Journal (Schwedisches Ausfuhrverbot auf Holzzellstoff In der Londoner Fachzeitschrift „Paper Trade Review” vom 28. Januar wird eine Umfrage veröffentlicht, welche ge nanntes Fachblatt an verschiedene vom Ausfuhrverbot berührte Kreise gerichtet hat. Herr Becker, Leiter des Londoner Papier- stoff-Einfuhrhauses Becker & Co., meint danach, daß diese Maßnahme Schwedens Kanada zugute kommen werde, dessen Zellstofferzeugung sich sehr erheblich erweitern könne. (Be merkung der Schriftleitung: Diese Hoffnung ei scheint unbe rechtigt, da die kanadische Zellstofferzeugung ausverkauft ist und Jahre vergehen, bevor sie wesentlich erweitert werden kann.) Herr Andrews vom Papierstoff-Einfuhrhaus Andrews & Co.. Ltd., in London meint, die schwedische Regierung werde ihre Maßregel nicht aufrecht erhalten können, denn dadurch werde in erster Linie die schwedische Zellstoffindustrie ge schädigt, die auf die Ausfuhr nach England angewiesen sei. Herr Nicoll von Berner & Nielsen in London sagt, das Ausfuhr verbot sei zu einer Zeit erlassen worden, als die Schiffahrt in der Ostsee durch Eis gesperrt ist, also auch sonst erhebliche Mengen von Stoff von Schweden nicht nach England befördert werden könnten. Das Ausfuhrverbot werde also, wenn cs nur wenige Monate aufrecht erhalten wird, die englische Papier herstellung nicht wesentlich beeinträchtigen, eher könne diese durch das Einfuhrverbot der englischen Regierung auf Papier stoffe Schaden erleiden. Andere befragte Einfuhrhändler sind der Ansicht, daß der Schritt der schwedischen Regierung nur unternommen wurde, um von England Kohle zu erlangen, und daß für diesen Gegendienst Ausfuhrerlaubnis für Zellstoff von der schwedischen Regierung gewährt werden dürfte. Aehnlich sprachen sich auch mehrere Papierfabrikanten aus. Dagegen führte Herr H. P. Spicer von der Londoner Papiergroßhandlung Spicer Brothers Ltd. folgendes aus: „Das Ergebnis des Ausfuhrverbotes wird sein, daß Papiernot im Lande entsteht. Es ist Sache der Regierung, dafür zu sorgen, daß Schweden das Nötige von uns erhalte, damit wir von dort Zellstoff erhalten. Ob eine Papiernot bald eintritt, hängt davon ab, wie groß die in England vorhandenen Zellstoffvorräte sind. Angeblich sind diese nicht unbedeutend, jedoch muß bedacht werden, daß es in der letzten Zeit schwierig war, genügend Schiffsraum für Zellstoffladungen zu erhalten. Andere große Zellstofflieferer als Schweden besitzt England zurzeit nicht, denn die kanadische Herstellung wird hauptsächlich für die Vereinigten Staaten ge braucht, und Kapital zur Vergrößerung der dortigen Zellstoffabriken ist kaum vorhanden, da alles flüssige Geld für Kriegs- und Munitions zwecke verwendet wird. Falls wir aus Schweden keinen Zellstoff erhalten, werden wir nach jeder Richtung mit Papier sparen und den Umfang unserer Zeitungen beschränken müssen." Die Jahreseinfuhr Englands an Holzzellstoff betrug im Jahre 1915 402 841 engl. Tonnen (zu 1016 kg) im Werte von 23 Millionen Lstr. = rund 55 Millionen M., davon kamen aus Schweden 294 479 Tonnen im Werte von nahezu 23 Millionen Pfund Sterling, also lieferte Schweden im letzten Jahre ungefähr 3 des gesamten Zellstoffbedarfs von Großbritannien. Einheimisches Nadelbaumharz Von B. Haas Von den bisher als Ersatz für ausländisches Kolophonium vorgeschlagenen Leimmitteln hat sich keines so bewährt wie das einheimische Nadelbaumharz. Voraussichtlich wird in folgedessen die Verwendung, von Nadelbaumharz auch nach dem Kriege zunehmen. Durch solche Zunahme würde Deutsch land von denPreis-Schwankungen des ausländischen Kolophoniums unabhängiger. Daß einheimisches Nadelbaumharz bisher kaum verwendet worden ist, liegt daran, weil Kolophonium sich bis kurz vor dem Kriege ziemlich preiswert beschaffen ließ, und weil bei Beginn der Kolophoniumteurung die Verwertung des Nadelbaumharzes mit zu geringen Mitteln und mit geringem Weitblicke einsetzte. Die durch den Krieg verursachte Zwangs lage hat Abhilfe geschaffen. Wir lachen heute nicht mehr über das unbeholfene Gebaren der österreichischen Pech- oder Kien- bauern, bedauern vielmehr, die Arbeit jener Kienbauern früher so wenig beachtet zu haben. Bei umfangreicher Gewinnung von Nadelbaumharz muß die Forstwirtschaft darüber schlüssig werden, bis zu welchem Umfange gewisse Nadelholzbestände zeitweise entharzt werden dürfen. Nun hat sich gezeigt, daß durch das zeitweise Abnehmen des Nadelbaumharzes das weitere Fortkommen der Bäume nicht gefährdet ist, wenn die Abnahme mit Sorgfalt erfolgt. Ferner wurde gefunden, daß raschwüchsige Nadelbäume fast stets das meiste und für Papierleimung das beste Harz ergeben. In vieler Beziehung kann dieser Harzreichtum als Folge einer Holzkrankheit bezeichnet werden, da rasch wüchsige Nadelbäume meist von Holzkrankheiten befallen werden, wenn sie ein Alter von 20—-25 Jahren erreicht oder überschritten haben. Die sichtbaren Krankheitserscheinungen sind zumeist Flecht- oder Mooswucherungen, Ast- und Laub verkümmerungen, Zopffraß, Rindenschäle und Rinden-Ver färbungen, und die erst nach dem Fällen solcher Bäume kennt lichen Holzkrankheiten sind Kern-, Rot-, Blau-, Grün- oder Graufäule. So habe ich die frisch gefällten raschwüchsigen Nadelbäume einer mehrere qkm bedeckenden Waldlichtung untersucht, wobei fast alle Stämme kernfaul waren. Die Rasch- wüchsigkeit der Nadelbäume rührt eben meist von überreich licher Nahrungsaufnahme her. An die erwähnten raschwüchsigen Waldbestände grenzten z. B. sehr langsam wachsende Bestände gleicher Nadelbaumart, der Boden war aber hier dicht und ärmer an Nährstoffen, während er dort lockerer und auch gehaltvoller war. Auch sind raschgewachsene Hölzer als Zell stoffholz aus zwei Gründen wenig wert: sie geben geringe Zellstoff Ausbeute und harzreichen Zellstoff. Gehaltvoller und lockerer Boden wurde bisher mit Nadel bäumen gewöhnlich nur dann bestockt, wenn damit der Schutz jener Flächen verbunden war, denn raschwüchsiges Nadelbaum holz ist selbst für Heizzwecke minderwertig. Kann man aber von diesen Bäumen mehrere Jahre hindurch vor ihrer Fällung Harz gewinnen, wobei die Bäume in mancher Beziehung vorteil haft beeinflußt werden, so wird die Forstwirtschaft solche Flächen in größerem Umfange als bisher mit Nadelbäumen bestocken. Reichskommissar für Aus- und Einfuhrbewilligung. Nach Be kanntmachung des Stellvertreters des Reichskanzlers vom 1 I. Fe bruar 1916 ist zur Erledigung der anläßlich der Ausfuhr-, Durch fuhr- und Einfuhrverbote dem Reichskanzler obliegenden Geschäfte eine besondere Dienststelle eingerichtet worden. Mit ihrer Leitung wird der Präsident des Kaiserlichen Statistischen Amts Delbrück betraut. Er führt im amtlichen Verkehr die Bezeichnung „Reichs kommissar für Aus- und Einfuhrbewilligung". Seine Geschäfts räume befinden sich in Berlin W, Lützowufer 8. Infolge dieser Bekanntmachung sind sämtliche Anträge, be treffend die Ausfuhr-, Durchfuhr- und Einfuhrverbote, sofern sie nicht zunächst den Zentralstellen für Ausfuhrbewilligung zuzu stellen sind, nicht mehr an das Reichsamt des Innern, sondern an den Herrn Reichskommissar für Aus- und Einfuhrbewilligung, Berlin W 10, Lützowufer 8, zu richten.