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Nr. 65/1915 PAPIER-ZEITUNG 1273 Verein Deutscher Pappenfabrikanten Dem schon im Bericht über die Dresdener Hauptversammlung vom 5. Juni erwähnten, von Dr. Alfred Kubatz erstatteten Ge schäftsbericht über das Jahr 1914/15 entnehmen wir: Nach einer Einleitung, in der auf den Einfluß des Weltkrieges auf die Pappenfabrikation hingewiesen wird, werden die Kriegs aufgaben des Vereins gewürdigt. Soweit diese den Kriegsausschuß der deutschen Industrie, den Kriegsausschuß für das deutsche Papierfach, Lieferungs- und Abnahmeverpflichtungen sowie Feld postfragen betreffen, sind sie unseren Lesern aus den von uns ge brachten Berichten des Kriegsausschusses für das deutsche Papier fach zum größten Teil bekannt. Der Geschäftsführer des Vereins Deutscher Pappenfabrikanten, Dr. Alfred Kubatz, hat in diesem Kriegsausschuß von Anfang an eine äußerst rührige und erfolgreiche Tätigkeit entfaltet. Er würdigt in seinem Bericht die Verdienste des Vorsitzenden dieses Kriegsausschusses, Herrn Carl Rudolf Bergmann, der die sehr schwierigen Sitzungen des Kriegs-Aus schusses in der vortrefflichsten Weise geleitet und es verstanden habe, sich ergebende Gegensätze auszugleichen. Die Bemühungen und Erfolge des Kriegsausschusses um die Zulassung von Pappschachteln zum Feldpost-Verkehr werden im Bericht ausführlich geschildert. Ueber die Versorgung der Pappenfabrikanten mit Betriebsmitteln heißt es im Bericht u. a.: Das Deutsche Reich sollte von seinen Feinden in diesem Kriege in jeder Hinsicht ausgehungert werden; auch von allen Gegenständen, die dem gewerblichen Gebrauch dienen, wurde die Zufuhr nach Möglichkeit unterbunden. Es war infolgedessen notwendig, mit den vorhandenen Vorräten und den geringen Zufuhren aller derjenigen Stoffe, die wir nicht — wie das erfreulicherweise zum größten Teil der Fall ist — in eigenem Lande herstellen, hauszuhalten. Die bald nach Kriegsbeginn auf Veranlassung des Reichsamtes des Innern eingerichtete Zentralstelle für Ausfuhrbewilligungen der Papierindustrie stellte gegen Ende November fest, daß trotz der Beschlagnahme aller irgendwie in Betracht kommenden Kupfer vorräte die Ausfuhr von Metalltüchern noch ziemlich groß war. Es haben infolgedessen, um den Bedarf der Halbstoff-, Papier- und Pappenindustrie an Sieben zu sichern, zwischen den Vertretern der Papierindustrie einerseits und des Metalltuchvereins, dem mit Ausnahme von sechs, allerdings ziemlich bedeutenden Firmen, sämtliche Metalltuchfabriken angehören, eingehende Verhandlungen stattgefunden, die ihren einstweiligen Abschluß durch die am 18. Fe bruar 1915 gegründete Vermittlungsstelle für Bezug und Ausfuhr von Metalltuch fanden. Zweck der Vermittlungsstelle ist, dafür zu sorgen, daß genügend Kupfer für die Anfertigung von Drähten, aus denen das Metalltuch hergestellt wird, vorhanden ist. Infolge dessen muß jeder Bezieher neuer Siebe von Metalltuch die gleiche Gewichtsmenge an alten Sieben zugunsten der Vermittlungsstelle für Metalltuch an die Treuhand-Gesellschaft der Kriegsmetall-A.-G. in Berlin abführen und erhält dann den von der Regierung fest gesetzten Höchstpreis für das aus den alten Sieben gewonnene Kupfer nach Abzug von Verwaltungs- und Verhüttungskosten. Den Vorsitz in der Vermittlungsstelle führt der Vorsitzende des deutschen Metalltuch-Vereins, als Mitglieder gehören der Ver mittlungsstelle die Herren Generalsekretär Ditges, Stadtrat Kaul, Dr. Kubatz und Kommerzienrat Steinbock an. Die Vermittlungs stelle hat bisher 3 Sitzungen abgehalten, in denen die Geschäfts tätigkeit sowie die Verteilung der Drahtmenge an die einzelnen Metalltuchfabriken geprüft wurde. Die Vermittlungsstelle hat sich als eine gute und notwendige Einrichtung erwiesen. Infolge der Beschlagnahme der Wollvorräte ergaben sich bei der Versorgung mit Filztuch große Schwierigkeiten. Zunächst wollten die Filztuchfabrikanten, die in der Vereinigung deutscher Filztuch fabrikanten zusammengeschlossen sind, nicht darauf verzichten, Filztuch auszuführen, da sie glaubten, über genügend Wolle zu ver fügen. Dies stellte sich indessen bald als irrig heraus, und infolge dessen wurde zunächst die Ausfuhr von Filztuch verboten. Dann wurde zwischen dem Kriegsministerium einerseits und den Ver bänden der Filztuchfabrikanten und der Papier-, Pappen-, Zellstoff und Holzstoff-Fabrikanten anderseits ein einstweiliger Vertrag vereinbart, der aber infolge des Einspruches des Kriegsbekleidungs amtes nicht zustande gekommen ist. Zurzeit werden für je 100 kg Neufilze 100 kg Altfilze einer vom Kriegsministerium hierfür be stimmten Firma kostenlos zur Verfügung gestellt. Die Harzbeschaffung ist durch die Tätigkeit der Harz-Ab rechnungsstelle gesichert. Kartoffelmehl konnte, nachdem eine Art Versorgungsstelle der Papierindustrie für Kartoffelmehl bei der Trocken-Kartoffel- Verwertungsgesellschaft eingerichtet wurde, freigegeben werden. Die Schwierigkeiten bei der Versorgung mit Schmieröl dürften behoben sein, nachdem es gelungen ist, aus Teeröl einen geeigneten' Schmieröl-Ersatz zu gewinnen. Immerhin ist nach wie vor größte Sparsamkeit mit allen Schmiermitteln geboten. Der Bericht empfiehlt dann den Pappenfabriken, die noch dem Verein nicht angehören, diesem beizutreten, und fordert die Mitglieder auf, diese Werbearbeit durch persönliche Bemühung zu fördern. Die letzten Abschnitte des Berichts sind gewidmet: den handels politischen Aufgaben, den Verkaufsbedingungen, Kartellverhand lungen und der Marktlage für Pappen. Auch die Verhandlungen mit den Vereinen Deutscher Stroh pappen-, Preßspan- und Rohpappen-Fabrikanten werden erwähnt. Als Anlagen sind abgedruckt: das ,,Merkblatt" über Papp kartone für Feldpakete und Feldpostsendungen, herausgegeben vom Kriegsausschuß für das deutsche Papierfach, und die vom selben Kriegsausschuß ausgearbeiteten „Vorschriften und Rat schläge“ betreffend die Verpackung von Feldpost-Sendungen. Lieferpflicht und Betriebseinstellung Aus Oesterreich Am 29. Dezember 1914 bestellte ich, wie auch schon 1913, 400 Ztr. Strohpappen in verschiedenen Stärken, zur Ablieferung für 1. Juni 1915 zu einem fest vereinbarten Preise, bei der Stroh pappenfabrik X in A, Deutschland. Der Auftrag wurde mir am 6. Januar 1915 genau bestätigt, ohne jede Bemerkung, daß etwa' die Lieferung wegen Mangels an Rohstoff oder Stillstand der Fabrik, nicht zur Erledigung kommen könne. Nachdem X Pappen nach dem 1. Juni mir nicht zugehen ließ, verlangte ich am 12. Juli deren sofortige Ablieferung. Statt dessen schrieb mir X, daß er nicht liefern könne, weil er den Betrieb der Pappenfabrik schon lange, auch aus Mangel an dem nötigen Personal, eingestellt habe. Um mich von der Richtigkeit dieser Mitteilung zu überzeugen, habe ich Er kundigung eingezogen, welche dahin lautete, daß die Pappenfabri kation vor 4—6 Wochen aufgehört habe, also beiläufig am 1. Juni, zu einer Zeit, wo die Firma mir die Pappen hätte abliefern sollen. Offenbar will sich die Firma der Lieferung entziehen, da inzwischen Preisveränderungen eingetreten sind. Ich komme aber in peinliche Verlegenheit, da die Firma es unterlassen hat, mich rechtzeitig zu verständigen, damit ich meinen Bedarf anderweitig decken konnte. Ich kaufte früher Strohpappen in Holland, zog es aber bei gleichen Preisen vor, meinen Bedarf in Deutschland zu decken. Kann die Firma X gehalten werden, mir die Pappen zu den vereinbarten Bedingungen zu liefern (die Pappenfabrikation soll wieder aufge nommen werden), oder ist sie verpflichtet, mir Schadenersatz zu geben, wenn ich jetzt für die Pappen höheren Preis zahlen muß? Jeh fragte einen deutschen Rechtsanwalt, welcher mir erklärte, die Firma müßte entweder liefern oder entschädigen. Kartonnagen-Fabrik Wenn eine Fabrik durch den Krieg oder andere Umstände gezwungen wird, den Betrieb dauernd einzustellen, so kann sie nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch nicht gezwungen werden, ihren Vertrag zu erfüllen. Das Schließen einer Fabrik auf kurze Zeit genügt aber nicht, um den Fabrikanten von allen vor Schließung der Fabrik eingegangenen Verträgen zu entbinden, namentlich wenn in diesen Verträgen keine entsprechende Klausel enthalten ist. Auch hätte die Fabrik ihren Kunden rechtzeitig von der Schließung des Betriebes verständigen sollen, damit er sich anderweitig decken konnte. Da ferner die Schließung des Betriebes erst zu einer Zeit erfolgte, als die Lieferung bereits fällig war, so war sie für die Lieferpflicht bedeutungslos. Aus allen diesen Gründen halten wir die Ansicht des deutschen Rechts anwalts für zutreffend. Ausländischer Zellstoff für Deutschland? Die anfängliche Aufregung über die unerwartete Aufhebung des deutschen Zolls auf Papier-Halbstoffe (Zellstoffe und Holzschliff) scheint sich rasch gelegt zu haben. Man war allgemein der Ansicht, daß diese Maßregel den Schutz unserer Papierverarbeitung, besonders aber die Erreichung billigerer Preise für die Zeitungsverleger be zweckte, und man befürchtete Schädigung unserer Zellstoff- und Holzschliff-Erzeuger. Viele Sachverständige fanden diese Zoll-Auf hebung unnötig und unzeitig. Inzwischen hat sich aber gezeigt, daß diese Fürsorge des Bundesrates angebracht war, denn der Mangel an einheimischen Zellstoffen infolge Fehlens von Rohstoffen wurde mehr und mehr fühlbar, und die Nachfragen unserer Papier fabriken steigerten sich in letzter Zeit sehr bedeutend in allen Sorten. Besonders lebhaft war die Nachfrage für ungebleichte Sulfit- und gebleichte Sulfit- und Sulfat-Zellstoffe. Unsere inländischen Zellstoffabriken zeigten sich diesem Andrange nicht voll gewachsen, denn ihnen fehlten z. T. einige Rohstoffe und besonders auch Ar beitskräfte. Es gibt sogar Fabriken, welche gefangene Russen in größerer Zahl einstellen mußten. Unter diesen Verhältnissen konnte die Zollaufhebung als gute Maßregel erscheinen. Besonders Schweden hätte den Papierfabriken aushelfen können, die Nachfrage nach Zellstoff bei diesem unserem Nachbarstaate soll aber so übermäßig groß sein, daß dort allzu hohe Preise gefordert werden, welche selbst nach Wegfall des Zolles kein Geschäft nach Deutschland ermöglichten. Allerdings hat auch