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Katalogabbildungen von Erzeugnissen des Kunstgewerbes Reichsgerichts-Entscheidung vom 4. April 1910. Nachdruck verboten Zwei Kaufleute hatten Entwürfe für Möbel aus Naturholz aus dem Katalog der Möbelfabrik Sch. entnommen und verviel fältigt. Sie waren wegen Verletzung des Kunstschutzgesetzes von der Strafkammer beim Amtsgericht Sondershausen bestraft worden. Auf ihre Revision erklärte der 3. Strafsenat des Reichs gerichts : „Ohne Rechtsirrtum hat das Urteil die in Frage kommenden Möbel aus Naturholz als Erzeugnisse des Kunstgewerbes und die Zeichnungen im Katalog als Entwürfe für Erzeugnisse des Kunst gewerbes im Sinne des § 2 Abs. 2 des Kunstschutzgesetzes vom 9. Januar 1907 angesehen und als unter dem Schutz des genannten Gesetzes stehend erachtet. Während die Erzeugnisse des Kunst gewerbes unter der Herrschaft des Gesetzes vom 9. Januar 1876 nur Geschmacksmusterschutz in Anspruch nehmen konnten, ge nießen sie jetzt den gleichen Schutz wie Werke der bildenden Künste. Das Merkmal eines Werkes der bildenden Künste ist individuelle künstlerische Schöpfung. Im Sinne des Kunstschutzgesetzes ist daher jedes Erzeugnis des Kunstgewerbes gleichzeitig ein Werk der bildenden Künste. Denn auch vom kunstgewerblichen Erzeug nisse wird verlangt, daß es eine individuelle künstlerische Leistung erkennen lasse, und nur, wo eine solche vorliegt, kann von dem Vorhandensein eines Erzeugnisses des Kunstgewerbes gesprochen werden, während Formschöpfungen, die, ohne die Eigenschaft der individuellen künstlerischen Leistung zu haben, nur als Vor bilder für die geschmackvolle Darstellung gewerblicher Erzeug nisse dienen sollen, lediglich reine Geschmacksmuster und als solche auf den Musterschutz beschränkt sind. Stellen sich solche Form schöpfungen gleichzeitig als individuelle künstlerische Leistungen dar und gewinnen sie damit den Charakter von kunstgewerblichen Erzeugnissen, so können sie gleichzeitig Geschmacksmuster- und Kunstschutz genießen. Im vorliegenden Falle stellt das Urteil mit hinreichender Deutlichkeit fest, daß die im Sch.sehen Ge schäft nach den M.sehen Entwürfen hergestellten Möbel eine indi viduelle künstlerische Leistung erkennen lassen. War dies der Fall, so waren sie Erzeugnisse des Kunstgewerbes und gleich zeitig Werke der bildenden Kunst; die von den Angeklagten ver vielfältigten Entwürfe zu diesen kunstgewerblichen Erzeugnissen waren daher nach § 2 Abs. 2 des Kunstschutzgesetzes geschützt. Völlig gleichgültig für die Frage der Strafbarkeit der Angeklagten ist es, ob der Sch.sehe Katalog den Namen eines Urhebers oder Herausgebers trug und ob die Angeklagten sich über die Persön lichkeit des Schutzberechtigten klar waren; es genügte, daß sie, wie festgestellt, wußten, es handle sich um schutzgenießende Ent würfe für kunstgewerbliche Erzeugnisse, zu deren Vervielfältigung ihnen die Genehmigung des Berechtigten fehle." Die Revision wurde deshalb verworfen. (Aktenzeichen: 3 D 22. 10.) Diebstahl von Goldabfällen Vor der vierten Strafkammer des Leipziger Landgerichts hatten sich die Presser R., St., M., Schl, und B. gegen die Anklage des Dieb stahls zu verantworten, die gegen sie erhoben worden war, weil sie im Geschäft sich Goldabfälle angeeignet hatten. Der Angeklagte B. ist taubstumm und hatte einen Taubstummenlehrer als Beistand er halten. Der Angeklagte St. ist nach der Schweiz übergesiedelt und war nicht erschienen. Gegen ihn wurde ein Haftbefehl erlassen. Die Angeklagten B., R. und M., die in einer Kolonne in der E.sehen Groß buchbinderei als Presser tätig gewesen sind, werden beschuldigt, sich Abfälle von 20karätigem Blattgold im Werte von 5340 M. angeeignet, verkauft und den Erlös unter sich verteilt zu haben. St. soll sich Goldabfälle im Werte von 1345 M. und Schl, solche im Werte von wenigen Mark angeeignet haben. Die Angeklagten, die sich diese Vergehen in den J ahren 1906 bis 1910 haben zuschulden kommen lassen, erklären sich sämtlich für nicht schuldig und behaupten, daß sie nach altem Brauch ein Recht auf diese Abfälle besäßen. Auch seien die Presser bei der letzten Tarifrevision übergangen worden, indem von Prinzipalsseite gegen eine Erhöhung der Presserlöhne ins Feld geführt worden sei, die Presser hätten ja ihren „Eigentumsgummi”. In einigen Werkstätten sei es aber durch die Werkführer anders geworden. Auch der Direktor Kloth habe früher als Presser seinen eigenen Gummi geführt. Zur Erklärung der Auffassung der Angeklagten ist-nötig, kurz auf die Fabrikationsmethode einzugehen. Nachdem die Vergoldung der Büchereinbände vor sich gegangen ist, wird das überschüssige Blattgold durch die Kehrmaschine entfernt. Die Arbeiter müssen dann mit einem Gummi, der die feinen Goldteilchen aufsaugt, nach radieren, und den vollgesaugten Gummi, der vom Geschäft geliefert wird, wieder an das Geschäft abliefern. Der Gummiballen wird nun mehr dem Feuer überantwortet, der Gummi verbrennt, und das Gold bleibt zurück. Die Angeklagten führten aber neben dem vom Geschäft gelieferten Gummi noch ihren Privatgummi, den sie nach und nach an eine Frankfurter und einige Leipziger Firmen verkauften. Die Angeklagten haben sich nach den geltenden Rechtsanschau ungen einem schweren Irrtum hingegeben. Von der Verteidigung wurde bemerkt, die Arbeiter seien zu ihren Verfehlungen dadurch verführt worden, daß im Betriebe von E. ungenügende Kontrolle geübt wurde. Das Gericht stellte sich auf den Standpunkt, die 'An geklagten hätten gewußt, daß sie sich die Goldabfälle unrechtmäßiger weise aneigneten, und verurteilte daher die Presser R. und B. zu sechs Monaten, den Presser M. zu vier Monaten Gefängnis. Dagegen sprach das Gericht den Presser Sch. frei, da dieser eine andere Arbeit verrichtet hatte, bei der die Abfälle, die er gesammelt hat, weg geworfen worden wären. Gegen den Presser St. wird nach seinem Eintreffen aus der Schweiz gesondert verhandelt werden. [(Leipziger Volkszeitung) Finlands Papierverarbeitungs- und Tapeten industrie 1908 Ueber Finlands Papier- und Papierstoff-Erzeugung im Jahre 1908 wurde hier bereits in Nr. 42, S. 1586, auf Grund eines Auszugs aus der finnischen Industriestatistik für 1908 berichtet. Ueber die Papierverarbeitungsindustrie ist aus dieser selbst folgendes zu entnehmen: Es bestanden 7 Tüten- und Briefumschlagfabriken mit 241 An gestellten und 622 800 finn. Mark Herstellungswert. An mechani scher Kraft waren 1 Verbrennungsmotor von 25 PS und 26 Elektro motoren von zusammen 34 PS vorhanden. Die Zahl der Kartonnagenfabriken mit Kraftbetrieb war 3 (alle in Nylands Län) mit 164 Arbeitern (davon 61 Mädchen unter 18 Jahren und 83 erwachsene Frauen) und einem Herstellungswert von 457 000 f. M. Sie verfügten über 7 Elektromotoren mit 22 PS. Hierzu kommen noch 3 Kartonnagenfabriken mit Handbetrieb mit 40 Arbeitern und 62 600 f. M. Herstellungswert. Es gab 4 fabrikmäßig betriebene Buchbindereien (und Geschäfts bücherfabriken) mit 280 Angestellten (davon 58 Mädchen unter 18 Jahren und 152 erwachsene Frauen), und ihre Erzeugung hatte den Wert von 804 100 f. M. 3 dieser Fabriken lagen in Helsing- fors und eine, mit Buchdruckerei verbunden, in Abo. An mecha nischer Kraft wurden nur 7 Elektromotoren mit 5 PS angewendet. Außerdem bestanden 68 Buchbindereien als Handwerksbetriebe mit 411 Angestellten ‘davon 53 Knaben und 69 Mädchen unter 18 Jahren, 161 Männer und 121 Frauen) und einem Herstellungs wert von 696 900 f. M. Als mechanische Kraft waren nur 4 Elektro motoren mit 9 PS in Verwendung, bg. Urheberrecht und Preßrecht im Meisterkursus. In den Be stimmungen über die Meisterprüfung im Buchdruckgewerbe wird unter anderem von dem Prüfling auch Kenntnis der gesetzlichen Stellung als Gewerbetreibender und insbesondere Kenntnis des Urheber- und Verlagsrechts, vor allem des Preßrechts, verlangt, und zwar soll der Prüfling diese Kenntnis in mündlicher Prüfung nachweisen. Bisher wurde allerdings in Buchdruckerkreisen der wichtigen Materie des Urheber- und Preßrechts nicht die genügende Aufmerksamkeit geschenkt und deshalb ist auch in dem Vorbe reitungskursus, den die Berliner Typographische Gesellschaft in Gemeinschaft mit der Handwerkskammer veranstaltet, ein Unter richt im Urheber-, Verlags- und Preßrecht vorgesehen. In den Vorträgen, die Herr Fritz Hansen, Berlin, am 16., 23. und 30. Januar im Papierhause zu Berlin halten wird, ist als allgemeines Lehrziel gesetzt: Einführung in das Urheber-, Verlags- und Preßrecht mit besonderer Berücksichtigung des Druckgewerbes. Vermittlung der Kenntnis des literarischen Urheberrechts und seine Beziehungen zum Kunst- und Photographieschutz und zum Verlagsrecht. Der Lehrstoff ist wie folgt verteilt: Das geschützte Werk. Der Urheber. Die Rechte des Urhebers. Beschränkung der Rechte des Urhebers. (Was darf aus Zeitungen und Zeitschriften abge druckt werden? Manuskriptsendungen usw.) Verletzung des Ur heberrechts. Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen. Inter nationales Urheberrecht. Die Verwertung des Urheberrechts. (Ver lagsverträge, Urheberrechtsverträge.) Der Vortragende wird die Gesetze über das Urheber-, Verlags- und Preßrecht vorwiegend an Hand von Beispielen aus der Praxis erörtern. Oesterreichisches’Einfuhrverbot gegen Nachahmungen von Pa piergeld auf Gebrauchsgegenständen. Am 16. Dezember 1910 ist folgende Ministerialverordnung erschienen: „Nachbildungen von Papiergeld, Banknoten und Wertpapieren, das sind Druckerzeug nisse oder sonstige Reproduktionen, durch die in- oder ausländisches Papiergeld, Banknoten sowie öffentliche Wertpapiere täuschungs fähig, d. i. derart nachgeahmt werden, daß hierdurch, wenn auch nur bei oberflächlicher Betrachtung, der Anschein echten Papier geldes beziehungsweise solcher Wertpapiere vorgetäuscht wird, ferner die zur Herstellung solcher Druckerzeugnisse geeigneten Platten sind in der Einfuhr verboten. Zu diesen Nachbildungen gehören u. a.: Waren, welche mit solchen Druckerzeugnissen ver bunden sind, z. B. Papiertassen, Juxgegenstände, Ansichtskarten, Reklamezettel usw. Hingegen fallen literarische Werke mit derlei Reproduktionen nicht unter das Verbot."