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30 PAPIER-ZEITUNG Nr. 1 Gewerbliche Riesenbetriebe in Preußen 1907 und 1895 Die gewerbestatistische Unterscheidung der gewerblichen, Handels- und Verkehrsunternehmungen in Preußen nach der Zahl der darin beschäftigten Personen gibt, wenn nicht die Teilbetriebe, sondern die Gesamtbetriebe (d. h. im wesentlichen die Unternehmungen) der Auszählung zugrunde gelegt werden, die Möglichkeit, die Entwicklung von Gewerbe, Handel und Verkehr nach der Richtung auf Riesenunternehmungen in lehr reicher Weise darzustellen. Als »Riesenbetriebe« betrachten wir die Unternehmungen mit je über 1000 beschäftigten Per sonen. Dieses Merkmal ist gewählt, obschon die Betriebsgröße, insbesondere soweit die Warenerzeugung in Betracht kommt, nicht lediglich durch die Personenzahl gekennzeichnet wird; die Ergänzung der menschlichen Arbeitskraft durch motorische Kräfte, Maschinen und Arbeitsvorrichtungen aller Art hat bei dem heutigen Stand der Technik eine so große Bedeutung, daß sie das wirtschaftliche Gewicht der Personenzahl nicht selten an zweite Stelle drängen. Aber nach irgend einem Merkmal muß man greifen, wenn die größten wirtschaftlichen Unternehmungen aus der Menge aller übrigen herausgehoben werden sollen. Bei früherer Gelegenheit war bereits mitgeteilt worden, daß, bei Fortlassung der Alleinbetriebe und der Nebenbetriebe, in Preußen 1895 751814 und 1907 1012 093 Gesamtbetriebe (Unter nehmungen) ermittelt worden sind, woraus sich für die gewerb liche Entwicklung Preußens eine Richtung auf »Konzentration« ergibt. Zu gleichem Ergebnis führt die Betrachtung der »Riesen betriebe«, deren Vermehrung seit 1895 und Ausstattung mit menschlichen und motorischen Arbeitskräften folgende Zahlen kennzeichnen. An Unternehmungen (ohne die Eisenbahnen, Post und Telegraphie) mit je mehr als 1000 beschäftigten Per sonen fanden sich in Preußen 1895 208 mit 408778 Personen und 552 741 verwendeten Pferdestärken, 1907 aber 385 mit 987 467 Per sonen und 1832172 PS; die Zunahme seit 1895 betrug also 85,10 v. H. der Betriebe, 141,57 v. H. der Personen und 231,47 v. H. der Pferdestärken. Da sich im gesamten Gewerbe Preußens in der gleichen Zeitspanne die Betriebe nur um 10,60 v. H., die Personen nur um 43,29 v. H. und die Pferdestärken nur um rund 130 v. H. (ohne Berücksichtigung der elektrischen Kilowatt) vermehrt haben, so ist die Entwicklung der Riesenbetriebe un gleich viel stärker gewesen und somit ein beredtes Zeichen der Entwicklungsrichtung. Dies ist auch den folgenden Zahlen über die Riesenbetriebe zu entnehmen. Auf solche entfielen von 1000 Personen aller Gesamtbetriebe 1895 69,6, 1907 118,5, und von 1000 PS 254,5 bzw. 352,7; im Durchschnitt arbeitete ein Riesen betrieb 1895 mit 1965, 1907 mit 2565 Personen und mit 2657 bzw. 4759 PS. In den Gewerbegruppen zeigen sich erhebliche Unterschiede, wie es nach der Natur der darin zusammengefaßten Unter nehmungen nicht anders sein kann. Die folgende Tabelle weist dies im einzelnen nach. Riesenunternehmungen finden sich garnicht in der Tierzucht und Fischerei, in der Industrie der Holz- und Schnitzstoffe, in den künstlerischen Gewerben und im Gast- und Schankwirtschaftsgewerbe, im Jahr 1907 auch nicht in der Industrie der Leuchtstoffe, Fette, Oele usw., 1895 nicht in den Reinigungsgewerben und im Versicherungsgewerbe. Die größte Bedeutung haben die Riesenunternehmungen in der Gruppe III (Bergbau, Hütten, Salinen, Torfgräberei); von 1000 Arbeitern entfallen hier 1907 717,8 und von 1000 PS 778,9 auf sie, eine starke Vermehrung gegen 1895 mit 556,2 bzw. 544.8; durchschnittlich arbeitete jeder dieser Riesenbetriebe 1907 mit 2855 Personen und 7896 PS, 1895 mit 2003 bzw. 3673. Hinsichtlich der Durchschnittszahl der beschäftigten Personen sind 1907 noch bedeutender die Riesenbetriebe in der Gruppe XXI (Verkehrsgewerbe), V (Metallverarbeitung), XI (Lederindustrie), für welche sich 3367 bzw. 3171 und 3089 Personen berechnen. Seit 1895 ist die durchschnittliche Personenzahl der Riesenbetriebe am meisten in der Lederindustrie gestiegen, von 1058 auf 3089, ferner in den Gruppen V (Metallverarbeitung) von 1679 auf 3171, XVII (Polygraphische Gewerbe) von 1341 auf 2384, und XIX (Handelsgewerbe) von 1005 auf 1881. Ein Rückgang ist nur zu verzeichnen für VII (Chemische Industrie) von 1948 auf 1891 und ein Stillstand für IX (Textilindustrie) mit 1673. Noch bedeutender sind die Veränderungen in der Durch schnittszahl der Pferdestärken der einzelnen Gruppen. In der Gruppe X (Papierindustrie), in der 1895 allerdings nur ein Riesenbetrieb mit 130 PS gezählt wurde, arbeiteten die 1907 vorhandenen 4 mit durchschnittlich 1785 PS. Eine Herabsetzung hat nur stattgefunden für Gruppe XVI (Baugewerbe) von 1375 auf 581 und XVII (Polygraphische Gewerbe) von 346 auf 250 PS. Die Pferdestärken sind aber heute lange nicht mehr so wie 1895 die üblichen motorischen Arbeitskräfte; sie sind in erheb lichem Umfang durch elektrische Kräfte ersetzt. Nun muß zwar der elektrischen Kraft, die ja nur durch Umwandlung einer anderen Kraft geschaffen wird, immer eine gewisse Anzahl von Pferdestärken zugrunde liegen, und man könnte annehmen, daß diese in den Betrieben erscheinen sollte. Das ist aber bei der Leistungsfähigkeit der Elektrizität nicht nötig und dann nicht der Fall, wenn die elektrische Kraft nicht im Betriebe selbst erzeugt wird. Deshalb müßte, wenn man die motorischen Kräfte der Riesenbetriebe vollständig nachweisen wollte, die Leistung der nicht in ihnen selbst liegenden elektrischen Kraftquellen usw. noch hinzugefügt werden. (Aus d. Mittig, d. Kgl. Preußischen Statist. Amtes.) Die geiverblichen Riesenbetriebe in Preußen nach den einzelnen Getverbegruppen, 1907 und 1895 Aus den Gewerbegruppen 1 Gesamtbetriebe überhaupt Riesenbetriebe (mit über 1000 Personen) Auf die Riesenbetriebe entfallen von je 1000 Auf einen Riesenbetrieb entfallen durchschnittlich Betriebe Per sonen Pferde stärken Be triebe Per sonen Pferde stärken Be trieben Per sonen Pferde stärken Per sonen i Pferde- ! stärken I 2 3 4 5 6 7 8 0 10 11 1 12 VI. Industrie der Maschinen, j 1907 47 574 685 591 712 380 83 207 089 113098 i,7 302» 1 158,8 2495 1363 Instrumente, Apparate . . 1 1895 45 529 344 276 140 064 31 74 13t 42 410 o,7 215,3 302,8 2391 1 368 VII. Chemische Industrie . . j 1907 5 479 98 479 101 370 II 20797 18315 2,0 211,2 180,7 I 891 r 665 1 1895 5 432 65 274 43974 5 9 738 3942 0,9 149,2 89,6 1948 788 X. Papierindustrie , . . . 1907 7817 in 025 155 953 4 5167 7 139 0,5 46,5 45,8 1292 1785 1895 7 696 72096 68 635 I 1114 13° o,[ 15,5 i,9 I 114 130 XVII. Polygraphische Ge- 1907 9 509 112955 18 170 I 2384 250 0,1 21,1 13,8 2384 250 werbe 1895 7 117 68 302 8638 I 1341 346 0,1 19,6 40,1 1341 346 XIX. Handelsgewerbe . . . 1907 1895 429 834 347 029 I 202 474 767 233 72 975 29 3'3 ] I I 20 690 1005 18465 0,03 0,00 17,2 1,3 253,o 1881 1005 1 679 Alle XXHGruppen zusammen 1907 1895 1 796 290 1 7°3 456 8 333 o6t 5 876 083 5 194 684 2 I7I 904 385 208 987 467 408 778 1 832 172 552 74i 0,2 0,1 118,5 69,6 352,7 254,5 2565 1965 4 759 2657