Volltext Seite (XML)
AFD Arbeits- und Forschungsber. z. sächs. Bodendenkmalpflege 35, 1992 S. 121-137 ASPEKTE DER ENTWICKLUNG VON DER CIVITAS BZW. URBS BUDUSIN ZUR MITTELALTERLICHEN STADTSIEDLUNG Von Jurij Knebel Dem Jubilar haben wir zu danken, daß er mancherlei siedlungsgeschichtliche Probleme auch der Ur- und Frühgeschichte in der Oberlausitz einer Klärung näher gebracht hat, wobei Vergleich und gegenseitige Ergänzung archäologischer und archivalischer Quellen für seine Arbeitsweise bestimmend sind. 1 Die Herausbildung der Oberlausitz als historisch-geographische Großlandschaft beruht im wesentlichen auf den Siedlungs- und Verkehrsbedingungen dieses Naturraumes, die im Laufe der geschichtlichen Entwicklung unterschiedlich wirk sam wurden, überwiegend aber auf einen stärkeren Zusammenschluß und eine historische Integration hinzielten. Als verkehrssperrende Grenzräume schlossen bis ins hohe Mittelalter natürliche Schranken das ehemals wesentlich kleinere zentrale Siedlungsgebiet des Oberlausitzer „Gefildes“ nach außen hin merklich ab: im Westen die Wälder des Westlausitzer Hügellandes, im Süden die Bergwälder des Lausitzer Berglandes und des zerklüfteten Zittauer Gebirges, im Osten die ehemalige Görlitzer Kommunalheide östlich der Lausitzer Neiße und im Norden die stark versumpfte lausitzisch-niederschlesische Heide mit ihren ertragsarmen Böden (Knebel 1965; 1985). Das somit umschriebene „Gefilde“, ein durch Boden und Klima begünstigter 1 Die Verbundenheit des Jubilars mit Land und Menschen der Oberlausitz wird bekundet durch seine aktive Teilnahme an den archäologischen Ausgrabungen auf dem Urnengräberfeld Schafberg bei Niederkaina und der Sumpfschanze in Brohna bei Radibor in den ersten Nachkriegsjahren. Seinen wissenschaftlichen Einstieg in die Urgeschichtsforschung der Oberlausitz gab G. Billig mit seiner Arbeit über „Die Aunjetitzer Kultur in Sachsen“ (ungedruckte Diss., Karl-Marx-Universität Leipzig 1956, Katalog Billig 1959a). Mit großer Sach- und Fachkenntnis rezensierte der Jubilar (Billig 1959b) in der Historischen Jahresschrift des Institutes für sorbische Volksforschung — Letopis — den von Friedrich Lehmann vorgelegten populärwissenschaftlichen Abriß „Aus der Frühgeschichte der Oberlausitz“ (Berlin 1958). Der Erforschung frühmittelalterlicher Burgwälle sowie mittelalterlicher Wasserburgen galt schon immer sein Interesse. Sie führte zu neuen Erkenntnissen der Gesellschaftsentwicklung im sorbischen frühgeschichtlichen Siedlungsterritorium (Billig 1979). Die mittelalterliche Burgenproble matik war für ihn immer ein interdisziplinäres Anliegen, wobei die Siedlungskunde, Namenkunde, Numismatik und eine Reihe von Naturwissenschaften unverzichtbar zum Kreis der an der Burgenfor schung beteiligten Disziplinen gehörte (vgl. Billig 1985; 1989b). Den Fragen und Problemen der Burgwardorganisation, als älteste staatliche Ordnung nach der feudalen deutschen Ostexpansion in die sorbischen Territorien, ist der Jubilar in vielen Arbeitsjahren nachgegangen und hat seine Forschungs ergebnisse in der Monographie „Die Burgwardorganisation im obersächsisch-meißnischen Raum. Archäologisch-archivalisch vergleichende Untersuchungen“ (1989 a) niedergelegt. In ihr wird dem Geschichtsraum der Oberlausitz und deren urbanem Siedlungszentrum Bautzen ein beachtlicher Platz eingeräumt.