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unbefestigt. Die Zahl der befestigten Herrensitze liegt in den ausgesprochenen Rode gebieten der zweiten Etappe der feudalen deutschen Ostexpansion im Verhältnis also wesentlich höher als in den Landschaften mit zentralen Altsiedelgebieten. Die Ober lausitz zeigt mit 97 Herrensitzen mit 418 Erwähnungen niedrige Zahlen; 42 be festigte Herrensitze mit 260 Erwähnungen und 55 unbefestigte Herrensitze mit 158 Erwähnungen sind darin enthalten. Dabei ist zu beachten, daß die urkundliche Über lieferung hier etwas später und auch spärlicher einsetzte. Dahinter können nicht nur die Überlieferungsumstände stehen, wie das etwas spätere Einsetzen des Landes ausbaus in dieser Landschaft zeigt (Blaschke 1961; Reuther 1961). Besonders zu beachten ist, daß eine Reihe an den Rodungen und an der Herrschaftsbildung beteilig ter Geschlechter anfänglich oder auf die Dauer ihre westsächsischen Herkunfts bezeichnungen in Namen beibehielt (Helbig 1956). Diese Übersicht zeigt: Wenn auch der Nachweis des Herrensitzes im Einzelfall keine sichere Aussage zur Burg vermitteln kann, so ist doch mit der Urkundenreihe für die einzelne Anlage und im Überblick der Regionen auch mit den indirekten Zeugnissen eine bedeutende Einsicht verbunden. Die Menge der indirekten Erwäh nungen hebt die Masse der Burgen aus der Anonymität und zeigt uns konkret deren gesellschaftliche Träger. Sie vermittelt uns auch Einzelheiten über die Stellung der Burgherren, Burgverwalter und Burgmannen in der feudalen Hierarchie und über ihr politisches Wirkungsfeld (Ebner 1976, S. 39 ff.; Patze 1976, S. 428 f.). So wird im Überblick bestätigt, daß die urkundliche Erwähnung einer Burg nicht allein eine willkommene Verbindung mit der auf Schriftquellen basierenden mittelalterlichen Geschichte ermöglicht, sondern zugleich ein Wertungskriterium darstellt. In der Re gel werden die bedeutenden Burgen mit der Funktion eines regionalen Zentrums als solche direkt in den Urkunden erwähnt. Die kleineren Burgen des niederen Adels werden im Inhalt im Normalfall übergangen, und wir fassen sie nur indirekt als Herrensitz. Zwischen diesen beiden Gruppen ist zugleich ein Feld von Übergängen angesprochen, und im Inneren erscheinen weitere Differenzierungen. In der ersten Gruppe hervorgehobener, direkt erwähnter Burgen finden wir alle vom Reich getragenen Anlagen, die Burgen der Burggrafengeschlechter, die Burgen • der Markgrafen, alle Burgen, die mit der Errichtung der Landesherrschaft in Zu sammenhang stehen, darunter auch solche von Ministerialen, in der Regel alle Mit telpunkte territorialer Herrschaften und militärisch hervorragende Wehranlagen bzw. Brennpunkte bedeutender Auseinandersetzungen (Billig 1962, S. 148 ff.; 1963, S. 313 ff.; Buchner 1982, S. 126 ff.). Die zweite Gruppe umfaßt mit nicht zu übersehenden Abstufungen Burgen, die in herrschaftliche Verhältnisse ein- und untergeordnet sind. Dominierend ist ihr mi- nisterialischer Charakter. Burgen edelfreier Geschlechter sind dabei auch einbezo gen. Die Bewegungen und Veränderung im Ablauf der Entwicklung verdeutlichen Burgen solcher Geschlechter, die ihre Standesqualität wechseln. 6 Diese im Vogtland 6 Z. B. die Herren von Brandis, von Luppa, von Nossen, von Trebsen, von Zschochau, von Mähris. Vgl. Schieckei 1956, S. 16 f„ 19 ff., 73.