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LUMINESZENZAUTORADIOGRAFIE - PRINZIP UND ANWENDUNGSMÖGLICHKEITEN BEI ANSCHLIFFEN AN MITTELALTERLICHER KERAMIK Von Gottfried Boden und Harald W. Mechelk Einleitung Bereits vor mehr als 10 Jahren wurde ein Versuch unternommen, Voraussetzungen, Möglichkeiten und Ziele abzustecken, die bei Keramikerfassungen und -Untersuchun gen berücksichtigt werden sollten und/oder zu erwarten sind (Mechelk 1974). Ein Teil der dort genannten Materialuntersuchungen wurde speziell an sächsischen mit telalterlichen Funden durchgeführt; Teilergebnisse davon konnten 1981 vorgelegt werden (Mechelk 1981). Seit langem und vielfach erprobt, werden Keramiknomenklaturen als Verständi gungsbasis über große Räume diskutiert. Dabei hat sich aber herausgestellt, daß es kein allgemeingültiges Schema geben kann, sondern lokal und temporal weitgehende Abwandlungen möglich sein müssen. 1 Ein Problemschwerpunkt bei der Untersuchung von Keramik aus der Übergangs zeit von der Freihandformung, der Formung auf der Handtöpferscheibe bis zur Her stellung axialsymmetrischer Gefäße auf der frei rotierenden Drehscheibe war und bleibt eine Definition der am Material erkennbaren Rohstoffbeschaffenheiten, ihrer Veränderungen und der äußerlich sichtbaren Herstellungsmerkmale. Sowohl eine visuelle Beurteilung der Originale als auch Formungsexperimente haben gezeigt, daß die Veränderungen der Technik der Formung nicht nur an der veränderten Form er kennbar sind, sondern daß dieser Übergang auch eine grundlegende Änderung der Beschaffenheit der Ausgangsstoffe zur Folge hatte, konkret eine Veränderung von Art und Mengenanteil der Magerungszuschläge zum Rohton und eine optimale Aus wahl des Rohtons selbst. Die Ursachen dieser sichtbaren Veränderungen sind fol gende: Ein freihand oder auf der einfachen - nicht frei rotierenden - Handtöpfer scheibe im Wulst-, Ring- oder Fladenverfahren aufgebautes Gefäß erforderte eine zähplastische und standfeste Tonmasse. Diese Eigenschaft wurde vorzugsweise durch Beimengung organischer Materialien, wie Stroh- oder Heuhäcksel, erreicht. Die Ge fäßherstellung auf der frei und schnell rotierenden Drehscheibe dagegen erforderte eine geschmeidige, hochplastische und dennoch standfeste Tonmasse, und diese Eigen- 1 Z. B. wird die von M. Zapotocky für die nordböhmische rotbemalte Irdenware aufgestellte Nomenklatur bei weiteren Bestandsaufnahmen in dieser Landschaft verwendbar bleiben.