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als oberster Richter an Stelle des Landesherrn im Landgericht (Vogtding) fungierte; auch war die Vogtei Sammelstelle aller Einkünfte aus der Domänenverwaltung, den Regalien und öffentlichen Leistungen. Der Vogt . . . vereinigte so, wie sein Titel es zum Ausdruck bringt, in sich richterliche, militärische und administrative Rechte.“ 28 Als Repräsentant der wiedererrichteten landesherrlichen Gewalt in der Herrschaft Groitzsch machte Markgraf Diezmann bereits 1305 den ehemaligen Reichsmini sterialen Heinrich von Stünzhain als „advocatus noster in Greuczh“ in einer Zeugen liste namhaft, 29 was Rückschlüsse auf die Funktionstüchtigkeit zumindest von Teilen der dortigen Burg zuläßt. Der Nachweis eines Burglehens (jus castrense*) in Groitzsch, das mit umfangreichen liegenden Gütern und Hufenbesitz ausgestattet war und das 1349/50 die markgräflichen Vasallen von Liebenhain innehatten,30 weist ebenfalls auf das Vorhandensein der Burg hin, auf der sie zum Burgdienst verpflichtet waren. 1349/50 wie 1378 muß die Groitzscher Burg als namengebender Mittelpunkt des zu gehörigen Distrikts vorausgesetzt werden; 31 seine Vögte, zu deren Obliegenheiten die bauliche Instandhaltung des Schlosses - so lautet die Bezeichnung von jetzt an - ge hörte, 32 sind 1350-1364 und dann seit Beginn des 15. Jh. fast lückenlos nachweis bar. 33 Das Schloß als solches ist 1377,3 1427,35 1435, 36 1445 37 und öfter archivalisch belegt, bis es in der zweiten Hälfte des 15. Jh. allmählich aus der schriftlichen Über lieferung schwindet. 38 Sie macht insgesamt deutlich, daß es sich in diesen Angaben sehr wohl um Hinweise auf erhaltengebliebene oder neuerrichtete Gebäude im Ge lände der Groitzscher Burg handelt, für die seit dem 14. Jh. die Bezeichnung „Schloß“ aufkam. Man wird an Bauten auf der Wallkrone der südlichen Burghälfte zu denken haben. Das castrum oder Schloß war stets ein Zentrum politischer Macht der feu dalen Herrenklasse, gleichviel, ob es sich um den Mittelpunkt einer landesherrlichen Vogtei oder den Herrensitz einer großen Grundherrschaft handelte. Die Behauptung Jahns, daß der Schloß-Begriff auf den Wirtschaftshof am Schlettcranger übergegangen sei, nachdem König Adolf die Burg zerstört habe, 39 ist abwegig und findet keine Be gründung in den Quellen. Dieser Wirtschaftshof, der offenbar mit zu den 1349/50 genannten Allodien des Burglehens zu rechnen ist, entwickelte sich im Besitze der Burgmannenfamilie von Liebenhain wohl noch im 14. Jh. zu einem gutswirtschaft lichen Vorwerk, bei dem auch ein Rittersitz entstand. Aus dieser Einheit von Sitz 28 H. B. Meyer 1902, S. 54 f. 29 Staatsarchiv Dresden: O. U. 1776, Druck: H. G. L. Wilke 1754, S. 186, Nr. 146. 30 Lehnbuch, 1903, S. 88; vgl. dazu H. Wiemann 1940, S. 76 f. 31 Leh n b u ch , 1903, S. 88 f.; Rcgistrum, 1933, S. 159-162. 32 Vgl. H. B. Meyer 1902, S. 57; A. Gündel 1911, S. 27. 33 Belege bei A. Gündel 1911, S. 24 ff., 31. 34 Staatsarchiv Dresden: Cop. 26, Bl. 149’, Druck: J. G. Horn 1733, S. 650 f. 35 Codex, 1941, Nr. 578. 36 T. Märcker 1842, S. 279 (Lehnregister der Burggrafen von Meißen). 37 A. Gündel 1911, S. 27, 30. 38 1473/74 diente das Schloß noch als Gesindewohnung, vgl. A. Gündel 1911, S. 27, Anm. 5, 69. 39 A. Ja h n 1927, S. 11; d c r s. 1928, S. 9 f.