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Abb. 39. Schirmenitz, Kr. Oschatz. Streuung von Erwachsenen mit Wachstumslinien {Al, angedeu tet A2) bzw. ohne diese (A4) sowie mit epigenetischen Merkmalen der Gruppe A (Bl, fraglich B2) bzw. B (B4, mit vereinzelten A-Merkmalen B3) im Gräberfeld. Die Strichellinien trennen schema tisch Belegungsabschnitte (vgl. Tab. 13, 14, 25). Der rekonstruierte Ablauf bevölkerungsbiologischer Veränderungen findet in der historischen Überlieferung selbst eine unerwartete und gewiß nicht zufällige Parallele. Zur Erklärung des niedrigen mittleren Sterbealters der Schirmenitzer Erwachsenen war bereits pauschal auf die Auswirkungen von Kriegen und Mißernten hingewiesen worden. 102 Nach der verdienstvollen Zusammenstellung der Hungersnöte im mittel europäischen Mittelalter durch E. Curschmann303 kann die zweite Hälfte des 11. Jh. (entspricht etwa unserem ältesten Gräberfeldabschnitt) bis zu den neunziger Jahren speziell im Elbsaalegebiet als im wesentlichen frei von derartigen Notzeiten betrach tet werden. 1092/93 herrschte dann in Sachsen nach langer Pause erneut allgemein Hunger, verbunden mit Krankheit und Tod: „Magna fames totam saxonium occu- pavit“; “Ubique mortalitas, pestilentia et fames per loca in Saxonia“. 302 303 304 Danach folgte bis über die Mitte des 12. Jh. eine nicht abreißen wollende Kette entsprechen der Katastrophen (mittlere, „kritische“ Phase des Gräberfeldes). Unter Einbeziehung von Angaben für die Nachbarlandschaften sowie ergänzend über anhaltende Regen- 302 Vgl. S. 203 f. 303 Vgl. im folgenden F. Curschmann 1900, Tab. S. 82 ff., Chronik S. 89 ff. 304 So als Beispiele für die Überlieferung Bernoldi Chr. S. S. V, 454, 10; Ann. August. S. S. III, 134, 17 (zit. nach F. Curschmann 1900, S. 123).