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folgenschwere Störungen des Vitamin-, Fett- und Kalziumstoffwechsels auszulösen. Starker körperlicher Verschleiß, unzureichende hygienische Verhältnisse und indi viduell erhöhter Bedarf (bei Kindern und Jugendlichen, Schwangeren, Kranken usw.) dürften diese Situation erheblich verschärft haben. Prüft man daraufhin den Zusammenhang von Mortalität und Harrisschen Linien, so finden sich letztere tatsächlich überwiegend bei Jungverstorbenen (7 von 9), wäh rend sie bei den Überaltrigen fehlen (zwei sichere Fälle). 295 Diese und weitere ent sprechende Beobachtungen sind zweifellos mit auf die zunehmende Resorption der Wachstumslinien mit fortschreitendem Alter zurückzuführen. „Allgemein scheint also eine niedrige Linienzahl nicht so sehr die Ursache als vielmehr die Folge eines län geren Lebens zu sein.“ 296 Dies schließt allerdings nicht aus, dafür zugleich einen abweichenden Verlauf des individuellen Wachstums verantwortlich zu machen. Mit anderen Worten: Die vergleichsweise geringen Altersunterschiede zwischen den über wiegend adulten Erwachsenen von Schirmenitz werden die realen Verhältnisse zwar etwas überzeichnen, jedoch nicht völlig verwischen. Dieselbe Tendenz wird ja bei den anderen Befunden ebenfalls deutlich, wie schon ihre häufige Kombination nahe legt (Tab. 25, 27). Die Kartierung (Abb. 38) vermittelt darüber hinaus das von der Streuung der Gelenkbefunde her schon bekannte Bild (Abb. 31): Die patho logischen Befunde konzentrieren sich deutlich im mittleren Belegungsabschnitt; am günstigsten waren die Verhältnisse anscheinend während der Spätphase (s. Abb. 40) .297 Widrige Lebensumstände gleich welcher Art äußern sich am Menschen stets auf der Grundlage einer entsprechenden Disposition. Die Verteilung der behandelten Merk male auf die Individuen der beiden epigentischen Gruppierungen (Tab. 14) ist dem gemäß nicht zufällig. Neben den pathogenen Noxen der Umwelt entschied letztlich die vorgegebene genetische Grundlage (die „osteopathische Konstitution“ 298 ) dar über, ob und in welchem Umfang es zu Erkrankungen und vorzeitigem Tod gekom men ist. So finden sich die Wachstumslinien (ähnlich auch die anderen Symptome 299 ) überwiegend bei Skeletten vom A-Typ bzw. mit A-Merkmalen (10 von 12), während die B-Vertreter diese meist vermissen lassen (4 von 6).300 Ihre Streuung (Abb. 39) 1958, S. 170, Abb. 3. Ähnliche Befunde z. B. C. Wells 1963, Taf. XVII a; J. E. Buikstra 1976, S. 334, 356, 363; I. Kühl 1977, S. 186 f. (nach H. McHenry 1968, Taf. I). 295 Der Zusammenhang zwischen unter- bzw. überdurchschnittlich alten Individuen (vgl. Tab. 15) mit deutlichen bzw. ohne Wachstumslinien (an mindestens drei Stellen der distalen Skelettbereiche; vgl. Tab. 25) ist statistisch auf dem 90-°/-Niveau gesichert, x2 = 4,280 bei n = 11 und f = 1. 296 I. Kühl 1977, S. 182. 297 Nach der Nachbarschaft zu Sk. 46 und dem erreichten hohen Alter könnte es sich bei Sk. 47 um eine Nachbestattung handeln; die pathologischen Veränderungen wären also u. U. auch hier in die Zeit des Mittelabschnitts zu datieren. 298 S. z. B. B. P. Deäk 1966, S. 62, hinsichtlich des Auftretens von Hungerosteopathien während und nach den Weltkriegen in Europa. 299 So gehören 11 von 14 Individuen mit dünner Kortikalis/Kompakta (Tab. 25) und 11 von 13 Individuen mit mehreren Merkmalen (Tab. 27) sicher oder möglicherweise zum A- bzw. A/B-Typ. 300 Nach Tab. 25 ohne unsichere Zuweisungen zum epigenetischen Typ: x2 = 4,033 bei n = 18 und f = 1, Ckore = 0,605.