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ZUR ANTHROPOLOGIE DER SPÄTSLAWISCHEN LAND BEVÖLKERUNG VON SCHIRMENITZ, KR. OSCHATZ* Von Klaus Simon Im Jahre 1968 war in unmittelbarer Nähe des Dorfes Schirmenitz bei Anlage einer Kiesgrube ein slawisches Körpergräberfeld des hohen Mittelalters angeschnitten und beim zügigen Kiesabbau zunächst fortschreitend zerstört worden. Rettungsgrabun gen erfaßten leider nur noch das nördliche Drittel des Friedhofes. Die archäologi schen Ergebnisse hat W. Baumann kürzlich bekanntgegeben. 1 Die schlecht erhaltenen Skelettreste schienen zunächst „für spezielle anthropologi sche Reihenuntersuchungen . . . wenig geeignet“ zu sein. 2 Präparation und Bearbei tung haben indessen noch zu etlichen Beobachtungen und einigen bemerkenswerten Einsichten geführt, nicht zuletzt im Hinblick auf eine kulturgeschichtliche Interpre tation. Bedenkt man ferner, wie wenig wir bisher über die slawische Bevölkerung zwischen Neiße und Weißer Elster wissen, 3 wird eine sorgfältige Dokumentation und Auswertung auch kleiner, fragmentarischer Skelettserien wie derjenigen von Schirmenitz gerechtfertigt, ja notwendig. Umfang und Zustand des Materials schränken das übliche Programm anthropolo gischer Untersuchungen stark ein. Andererseits soll ihm durch eine Ausschöpfung gegebener Möglichkeiten ein Höchstmaß an Information abgerungen werden. Han delt es sich auch vielfach lediglich um mehr oder weniger begründete Hypothesen, halten wir es für nützlicher, diese zur Diskussion zu stellen, als auf lange Sicht von vornherein auf Aussagen zu verzichten. Breiter angelegte Vergleiche werden erken nen lassen, inwieweit die Schirmenitzer Befunde glaubwürdig sind und allgemeine Wesenszüge widerspiegeln. Zugleich mag der Beitrag dazu anregen, durch eine stärkere Berücksichtigung der historischen Dimensionen zu detaillierteren bcvölke- rungsgeschichtlichen Ergebnissen zu gelangen. * Herrn Professor (cm.) Dr. sc. med. Dr. rer. nat. Hans Grimm, Berlin, anläßlich seines siebzigsten Geburtstages am 7. 2. 1980 gewidmet. 1 W. Baumann 1977; vgl. auch d e r s. 1976. - Dem kürzlich verstorbenen Ausgräber ver dankt der Verfasser zahlreiche Informationen und weiterführende kritische Anregungen. Seines fachlichen Engagements und seiner selbstlosen Kollegialität sei auch an dieser Stelle dankbar gedacht. 2 W. Baumann 1977, S. 86. 3 Trotz einer Vielzahl bekannter slawischer Gräberfelder (W. C o b 1 e n z 1959, Anm. 7) kann, abgesehen von Einzelfunden, ferner lediglich auf die kleinen Serien von Altlommatzsch, Kr. Meißen (W. Coblenz 1967; H. Bach u. A. Bach 1967a), und Prischwitz, Ot. von Liebon-Zscharnitz, Kr. Bautzen (unbearbeitet; vgl. zuletzt H. Rempel 1966, S. 161 f.), ver wiesen werden.