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noch die große Freude, die Schaffung einer eigenen Schwerpunktarbeitsgruppe für die Kreise Borna und Leipzig erleben zu können, die er noch selbst einrichtete und intensiv anleitete. Zu seinen außerordentlichen fachlichen Leistungen trat noch eine überdurchschnitt liche Einsatzbereitschaft und die in unserer Zeit infolge früher Spezialisierung im mer mehr schwindende breite Basis mit vielseitigster Wirksamkeit und mit fundierten Kenntnissen in allen Perioden der ur- und frühgeschichtlichen Entwicklung unseres Raumes. Schon als Student und junger Absolvent hat er verantwortlich Grabungen größeren Umfanges geleitet und bis zuletzt auch an auswärtigen Forschungsunterneh men internationaler Bedeutung - meist während seiner Urlaubszeit - teilgenommen. Es sei u. a. nur hingewiesen auf die jüngsten Untersuchungen an den paläolithischen Rast- und Werkplätzen von Bilzingsleben und Königsaue, auf die Kampagnen zur Erforschung bandkeramischer Siedlungen im mährischen Mohelnice, die Untersu chungen auf der frühgeschichtlichen Siedlung Feddersen Wierde oder auf ungarischen Gräberfeldern und Siedlungen. Dazu kamen die Erfahrungen bei der Burgwall grabung im mecklenburgischen Behren-Lübchin. In seiner 24jährigen Dresdner Zeit hat Willfried Baumann neben immenser bo dendenkmalpflegerischer Kleinarbeit viele Rettungsgrabungen durchgeführt und un gezählte Bodenaufschlüsse kontrolliert. Dabei hat er stets mit klarem und praktischem Blick das Wesentliche erkannt und die notwendigen Maßnahmen eingeleitet. Dies galt vor allem für das der Vernichtung preisgegebene Kulturgut im Bereiche der Braunkohlentagebaue, für die langen Trassen der Ferngasleitungen, die einen Test für die wirkliche Siedlungsdichte in ur- und frühgeschichtlicher Zeit darstellten, oder für stratigraphische Beobachtungen etwa im Dresdner Stadtkern und in der band keramischen Siedlung mit Abschwemmungshorizonten von Dresden-Prohlis, wie auch unter den Burgwällen Zehren und Dresden-Pillnitz/Kanapee. An größeren Un ternehmungen des Verstorbenen in Sachsen seien hervorgehoben: für das Paläolithi- kum die Fundstellen von Wantewitz und Baselitz und die aufopferungsvolle jahre lange Rettung umfangreichster Bestände aus der weltbekannten Station Markklee berg, deren zeitliche Einordnung erst durch seine Sicherungen möglich wurde und die von ihm meist unter unwirtlichsten äußeren Umständen - z. B. im Katastrophen winter 1977/78 - im Wettlauf mit dem Braunkohlenbagger bearbeitet werden mußte. Es fand sich dann bald eine von seiner Begeisterung und seiner Pflichttreue angesteckte Arbeitsgruppe von Fachleuten und Laienhelfern, die ein Maximum an Kulturgütern mit ihm retten konnte. Hier wirkte sich sein jahrelanger Urlaubseinsatz in Bilzingsleben sowie Königsaue positiv aus, und die Arbeitsgemeinschaft Bilzings leben-Markkleeberg hat sinnbildlich auch in der maßgeblich von Willfried Baumann mitgestalteten Ausstellung im Landesmuseum für Vorgeschichte Dresden „Der Mensch vor 300 000 Jahren. Ausgrabungen zur frühen Menschheitsgeschichte in der DDR“, die wenige Monate vor seinem Tode der Öffentlichkeit zugängig gemacht wurde, Ausdruck gefunden. Aus dem Neolithikum konnten von ihm wichtige Sied lungsareale in Kmehlen mit Hausgrundrissen und von Dresden-Nickern ebenfalls mit mehreren Häusern, einem Depot steinerner Werkzeuge und Halbfabrikate sowie