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selbst nicht original. Der neue Brauch wurde an der mittleren Oder von den keltischen Nachbarn entlehnt, und es ist nicht abwegig zu vermuten, daß er bestimmte kriege rische Gesellungsformen widerspiegelt, wobei insbesondere an die im keltischen Be reich wenigstens seit dem 4. Jh. ausgeprägte Gefolgschaftsstruktur zu denken ist. Bemerkenswert erscheint, daß an der Saale eine allmähliche Umsetzung von Grabsitte und Grabzubehör, aber unter Beibehaltung der gleichen Art Bewaffnung, erfolgte, so daß schließlich nur noch die Beigabe von Schild, Lanze und Schwert die Linie zum Waffengrab der Oder-Warthe-Gruppe herzustellen erlaubt. Die neue Sitte erlangt wenige Jahrzehnte später allgemeine Geltung. Als Beispiel diene Grab 1908 E 23 aus Großromstedt, stratigraphisch und nach der halbkugeligen Form des Schild buckels eines der ältesten Gräber des bekannten elbgermanischen Friedhofs links der Saale". Das Stichwort Großromstedt 40 bezeichnet aber auch jenen Anstoß aus dem Nord harzgebiet, der während der augusteischen Zeit 41 ' für ein halbes Jahrhundert dem gesamten hier betrachteten Raum den Stempel einheitlicher elbgermanischer Kultur aufprägte. Die clbgermanische Welle, das Ergebnis einer kurzfristigen Überwan derung, erreichte auf einer nur schmalen Brücke entlang der Elbe auch das böhmische Becken 47 . Im Gefolge dieses Vordringens haben die nachmals bedeutendsten südger manischen Einheiten, deren Namen wir kennen, Hermunduren und Markomannen, ihre abschließende Formung erfahren 48 . Das seit dem Beginn u. Z. bestehende nahe Verhältnis zwischen diesen beiden Stämmen deckt sich voll mit dem archäologischen Sachverhalt, welcher eine relative Einheitlichkeit zwischen Werra und oberer Elbe bis zum Ende der augusteischen Ära zu erkennen gibt; ein relatives Bild deshalb, weil diese Einheit mit dem steigenden Druck der Hermunduren auf die Markoman nen in Böhmen seit dem Fall Marbods im Jahre 19 u. Z. keinen Bestand mehr hatte und sich in den Landschaften westlich der Saale sehr bald archäologisch - kaum aller dings politisch - andere Zusammenhänge zeigen. Daß sich dennoch von Anbeginn im elbgermanischen Material Unterschiede zwischen Böhmen und dem Gebiet nördlich der Gebirge abheben, sei doch am Rande erwähnt. Diese Unterschiede betreffen hauptsächlich Besonderheiten der Tongefäße. Hieran scheint sich auch ein geringes zeitliches Gefälle auszudrücken 49 . Böhmen erlag den elbgermanischen Eindringlingen etwas später als das Land an Saale und Unstrut. Ein andersartiges Bevölkerungssubstrat, bestimmt durch die keltische Vorbevölkerung, sicherte Böhmen dann für die erste Jahrhunderthälfte u. Z. den unbedingten Vor- 44 G. E i c h h o r n 1927. Zu Grab 1908E23 siehe K. P e s c h e 1 1968, S. 192; d e r s. 1976, Abb. 4, 6; d e r s. 1977, Abb. 4, 6. Der Schildbuckel irrtümlich als Stangenbuckel ergänzt bei G. Eich horn 1927, S. 103. 45 Gliederungsversuche :R.Hachmann 1950/51 b, S. 17 ff.; d e r s. 1960, S. 102 ff.; R. C h r i s t - lein 1964, S. 242 ff.; K. P e s c h e 1 1968, S. 192 f. 46 So prinzipiell zu Recht bereits W. Schulz 1928, S. 49 ff., 77 ff. 47 K.Motykov 1963 ; d i e s. 1965, S. 103 ff. 48 M. Jahn 1941, S. 64 ff.; J. W e r n e r 1942, S. 1942, S. 148 ff.; K. P e s c h e 1 1977, S. 115 ff. 49 K. Peschel 1977, S. 135 ff. 50 K. Motykovä 1963; R. Wolgiewicz 1970, S. 229 ff; R. Köhler 1975.