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Freitag, Nr. 42, 16. Hctober 1863. vresdea, « der Expedi- tt»«, kl. Meißn. Gaffe Nr. » -v babru. -Lin unterhaltendes Wochenblatt für den Würger und Landmann. Redacteur und Verleger: Friedrich Walther. Anstalten» MchW Dochtillmg. Z Politische Weltschau. Deutschland. In der am 8. Oct. abgehaltenen Bundes tags-Sitzung haben die Regierungen von Oesterreich, Preußen, Sachsen und Hannover ihre Bereitwilligkeit erklärt, den an sie er gangenen Aufforderungen, die Execution auszuführen und die hier auf bezüglichen Einleitungen zu treffen, nachzukommen. Sachsen und Hannover haben an diese Erklärung einige Wünsche geknüpft, welche in der Hauptsache dahin gehen, daß den beiden Regierungen zur Bestreitung der Kosten Vorschüsse aus der Bundeskasse ge währt werden und die Aufstellung der österreichischen und preu ßischen Reserve rechtzeitig gesichert, auch bei einer längeren Dauer der Execution eine Ablösung der sächsischen und hannöver'schen Truppen eingeleitet wird. Hannover beantragte noch überdies, daß Oesterreich und Preußen schon bei Beginn der Execution ein gleichmäßiges Contingent in Holstein einrücken lassen sollen, sobald die Wahrscheinlichkeit dafür spricht, Dänemark werde der Execution Widerstand entgenstellen. Ferner wird behauptet, daß hannöverischerseits der Oberbefehl über die Executions- truppen beansprucht werde, während derselbe unzweifelhaft Sachsen zukommen würde, welches in seiner Stellung beim Bunde Han nover voransteht. Wenn wirklich eine solche Differenz obwalten sollte, so wird sie sicherlich beseitigt werden, ohne die Aus führung der Execution aufzuhalten. Dagegen liegen andere An zeichen vor, welche eine weitere Vertagung der beschlossenen Bundesmaßregel immerhin nicht ganz unwahrscheinlich machen. Außer der bereits erwähnten englischen Depesche soll nämlich neuerdings auch Frankreich sich sowohl bei der deutschen Bun desversammlung, als in Kopenhagen für eine friedliche Aus gleichung der deutsch-dänischen Streitfrage verwendet haben. Aber auch die dänische Regierung ist darauf bedacht, durch ein höchst geschicktes Manöver einen neuen Anhaltepunkt für eine weitere Verschleppung der holsteinischen Frage zu gewinnen. Sie ist nämlich bemüht, die dem Reichsrathe im Entwürfe vorgelegte neue Verfassung für Dänemark -Schleswig mit möglichster Be- chleunigung zur Annahme zu bringen. Ist diese Annahme er- olgt und somit das Herzogthum Schleswig thatsächlich dem Königreiche Dänemark einverlribt, so hofft man einerseits, Eng land und Frankreich durch den Umstand, daß nun auch Schles wig an den liberalen Institutionen des Königreichs theilnehmen soll, noch mehr für die Unterstützung der dänischen Politik zu gewinnen; andererseits macht es aber die Erreichung jenes Zieles, nämlich die Begründung eines selbständigen unabhängigen Dänemark-Schleswig, dem.Kopenhagener Kabinet mögltch, nunmehr die Bekanntmachung vom 30. März d. I., auf deren Beseitigung der deutsche Bund insbesondere dringt, ohne Weiteres zurückzuziehen. Der dänische Minister Lehmann hat es selbst ausgesprochen, daß mit der Annahme der neuen Ver fassung des dänischen Reichs der eigentliche Zweck erreicht werde, den man mit jener Bekanntmachung im Auge gehabt habe, es sei daher ziemlich gleichgiltig, was alsdann aus derselben werde. Es ist nach alledem Vorkehrung getroffen, die Annahme der neuen Verfassung noch vor Ablauf der von der Bundesver sammlung gestellter^ dreiwöchentlichen Frist durchzusetzen, und alsdann wird wahrscheinlich die von bundeswegen angefochtene Bekanntmachung als überflüssig beseitigt werden. Daß hiermit die Bundesversammlung sich nicht für befriedigt crackten k^nrr Lürrfundzwanzigster Jahrgang. IV. «Quartal. und wird, bedarf keines besonderen Nachweises; wohl aber kann dieser dänische Schachzug zu neuen diplomatischen Verhandlungen führen, durch welche die angedrohte Execution noch weiter vertagt wird. Der Executionsbeschluß vom 1. Ott. ist dem dänischen Kabinet am 6. Oct. ofsiciell notificirt worden; die erste drei wöchentliche Frist läuft daher am 27. Oct. ab. Wenn nun auch bis dahin wirklich kein neuer Versuch gemacht werden sollte, die Verhandlungen wieder aufzunehmen, so bleibt dann immer noch die Möglichkeit offen, daß nach Art. 10 der Executionsordnung der dänischen Regierung nochmals eine Frist von drei Wochen zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten gestellt wird. Es käme dann Ende November heran. Die nothwendige Präsenthaltung der Executionstruppen bis dahin wird freilich ein gutes Stück Geld kosten; an die Ausführung der Execution selbst wird man aber unter den obwaltenden Verhältnissen füglich nicht eher glauben können, bis die hierzu bestimmten sächsischen und hannö verschen Truppen den holsteinischen Boden betreten haben. Wie die Köln. Zeit, mittheilt, wird die englische, gegen die Bundesexecution gerichtete Note demnächst ihre Beantwortung finden. Die vereinigten Ausschüsse haben darüber einen Bericht erstattet, welcher, zwar in milder Form, doch entschieden das Recht des Bundes im eigenen Hause wahrt und jede Einmischung in die inneren Angelegenheiten desselben zurückweist. Man er wartet, daß schon am 15. October darüber von der Bundesver sammlung Beschluß gefaßt werden wird. Die Mitglieder des Nationalvereins kommen endlich zu der Einsicht, daß thr Programm mit der preußischen Spitze und der Ausschließung Oesterreichs außerhalb Preußens, besonders aber in Süddeutschland im Volke keinen Boden findet, so lebhaft auch die Agitation dafür betrieben wird. Diese Wahrnehmung hat den Nationalverein zu Frankfurt a. M. veranlaßt, bei der Ende dieser Woche in Leipzig stattfindenden Generalversammlung auf eine Abänderung jenes Programms anzutragen. Der darauf abzielende, vom Frankfurter Verein einstimmig angenommene Antrag geht dahin: „1) Wir wollen kein Deutschland ohne Oesterreich; 2) es ist von jeder Spitze abzusehen, vielmehr die Hauptaction auf die Berufung eines deutschen Parlaments zu legen." Man ging dabei davon aus, daß die Fürsten selbst erklärt haben, eine Centralgewalt beim Bunde zu schaffen, daß man ihnen daher auch die Erledigung dieser Frage selbst überlassen müsse. Die Führung Preußens stoße nicht allein bei den Fürsten, son dern auch unter dem Volke auf Widerspruch; man müsse sich daher lediglich auf die Durchführung der Volksrechte beschränken und die Vertretung nach außen als eine untergeordnete Frage betrachten. Die Frankfurter Anträge werden, wenn sie bei der Leipziger Generalversammlung Annahme finden, sonach die Par teistellung des Nationalvereins wesentlich umgestalten. Doch ist diese Annahme noch keineswegs gesichert, denn vielen Wortführern des Vereins ist die preußische Spitze so tief in den Leib gedrungen, daß sie sich nur schwer wieder davon losmachen können. Die in München im Vereine mit einem Vertreter Oester reichs abgehaltene Vorkonferenz mehrerer Zollvereinsregierungen ist schon am 11. Oct. wieder geschloffen worden; es haben sonach nur einige Sitzungen stattgefunden. Uebel: die getroffenen Ver einbarungen wird man wohl erst bei der am 3. Nov. in Berlin beginnenden officiellen Zollvereinsconferenz Genaueres erfahren. Doch mehren sich die Anzeichen, daß trotz aller vorhandenen 4r